T-426/21 – Assaad/ Rat

T-426/21 – Assaad/ Rat

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:T:2023:114

Vorläufige Fassung

Urteil des Gerichts (Vierte erweiterte Kammer)

8. März 2023(*)

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Syrien – Einfrieren von Geldern – Beurteilungsfehler – Rückwirkung – Vertrauensschutz – Rechtssicherheit – Rechtskraft“

In der Rechtssache T‑426/21,

Nizar Assaad, wohnhaft in Beirut (Libanon), vertreten durch M. Lester, KC, sowie G. Martin und C. Enderby Smith, Solicitors,

Kläger,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch T. Haas und M. Bishop als Bevollmächtigte,

Beklagter,

erlässt

das Gericht (Vierte erweiterte Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung der Richter S. Gervasoni, L. Madise und P. Nihoul, der Richterin R. Frendo und des Richters J. Martín y Pérez de Nanclares (Berichterstatter),

Kanzler: I. Kurme, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 22. September 2022

folgendes

Urteil

1        Mit seiner auf Art. 263 AEUV gestützten Klage beantragt der Kläger, Herr Nizar Assaad, die Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses (GASP) 2021/751 des Rates vom 6. Mai 2021 zur Durchführung des Beschlusses 2013/255/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Syrien (ABl. 2021, L 160, S. 115), der Durchführungsverordnung (EU) 2021/743 des Rates vom 6. Mai 2021 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 36/2012 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien (ABl. 2021, L 160, S. 1), des Beschlusses (GASP) 2022/849 des Rates vom 30. Mai 2022 zur Änderung des Beschlusses 2013/255/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Syrien (ABl. 2022, L 148, S. 52) und der Durchführungsverordnung (EU) 2022/840 des Rates vom 30. Mai 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 36/2012 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien (ABl. 2022, L 148, S. 8), soweit diese Rechtsakte ihn betreffen.

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits und Sachverhalt nach Klageerhebung

2        Der Kläger ist ein Geschäftsmann mit syrischer, libanesischer und kanadischer Staatsangehörigkeit.

3        Der Rat der Europäischen Union hat es auf das Schärfste verurteilt, dass in Syrien friedliche Proteste gewaltsam unterdrückt wurden, und hat die syrischen Sicherheitskräfte aufgefordert, Zurückhaltung zu wahren, statt Gewalt anzuwenden. In diesem Zusammenhang erließ er auf der Grundlage von Art. 29 EUV den Beschluss 2011/273/GASP vom 9. Mai 2011 über restriktive Maßnahmen gegen Syrien (ABl. 2011, L 121, S. 11). In Anbetracht der ernsten Lage verhängte der Rat ein Waffenembargo, ein Verbot der Ausfuhr von Ausrüstung, die zur internen Repression verwendet werden kann, Beschränkungen für die Einreise in die Europäische Union sowie das Einfrieren der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen bestimmter Personen und Organisationen, die für das gewaltsame Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung in Syrien verantwortlich sind.

4        Die Namen der Personen, die für die gewaltsame Repression gegen die Zivilbevölkerung in Syrien verantwortlich sind, sowie die Namen der natürlichen oder juristischen Personen und Organisationen, die mit ihnen in Verbindung stehen, sind im Anhang des Beschlusses 2011/273 aufgeführt. Gemäß Art. 5 Abs. 1 dieses Beschlusses kann der Rat den Anhang auf Vorschlag eines Mitgliedstaats oder des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik ändern. Bei Erlass des Beschlusses war der Name des Klägers darin nicht aufgeführt.

5        Da bestimmte der gegen die Arabische Republik Syrien ergriffenen restriktiven Maßnahmen in den Anwendungsbereich des AEU-Vertrags fallen, erließ der Rat auf der Grundlage von Art. 215 Abs. 2 AEUV die Verordnung (EU) Nr. 442/2011 vom 9. Mai 2011 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien (ABl. 2011, L 121, S. 1). Diese Verordnung stimmt inhaltlich im Wesentlichen mit dem Beschluss 2011/273 überein, sieht aber Möglichkeiten einer Freigabe der eingefrorenen Gelder vor. Die in Anhang II der Verordnung enthaltene Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen, die entweder als verantwortlich für die in Rede stehende Unterdrückung oder als mit diesen Verantwortlichen in Verbindung stehend eingestuft werden, entspricht derjenigen im Anhang des Beschlusses 2011/273. Nach Art. 14 Abs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 442/2011 ändert der Rat Anhang II entsprechend, wenn er beschließt, die genannten restriktiven Maßnahmen auf eine natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung anzuwenden, und überprüft im Übrigen die darin enthaltene Liste in regelmäßigen Abständen, mindestens aber alle zwölf Monate.

6        Mit dem Durchführungsbeschluss 2011/515/GASP des Rates vom 23. August 2011 zur Durchführung des Beschlusses 2011/273 (ABl. 2011, L 218, S. 20) und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 843/2011 des Rates vom 23. August 2011 zur Durchführung der Verordnung Nr. 442/2011 (ABl. 2011, L 218, S. 1) (im Folgenden: Rechtsakte von 2011) wurde der Name von Herrn Nizar Al-Assaad in Zeile 3 der Liste in Abschnitt A (Personen) des Anhangs I des Beschlusses 2011/273 und in Zeile 3 der Liste in Anhang II der Verordnung Nr. 442/2011 (im Folgenden: Listen von 2011) aufgenommen.

7        Die Listen von 2011 enthielten keine Angaben zur Identität von Herrn Nizar Al-Assaad. Die Aufnahmegründe lauteten wie folgt:

„Sehr enger Vertrauter einflussreicher Regierungsbeamter. Finanzierung der Shabiha-Miliz in der Region Latakia.“

8        Mit Schreiben vom 16. September 2011 richteten die Vertreter des Klägers ein Schreiben an den Rat, in dem sie mitteilten, dass der Name des Klägers, den sie in Zeile 3 der Listen von 2011 eingetragen sahen, falsch transkribiert worden sei. Sie erklärten, der Name des Klägers sei „Nizar Assaad“ und nicht „Nizar Al-Assaad“. Bei dieser Gelegenheit erläuterten sie, der arabische Name des Klägers laute أسعد, was sich vom Namen des Präsidenten Bashar Al-Assad, nämlich الأسد, unterscheide. Außerdem beantragten sie Zugang zu den Akten des Rates und die Streichung des Namens des Klägers in den Listen von 2011. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2011 wandten sie sich erneut an den Rat mit der Bitte um Stellungnahme zu ihrem Schreiben vom 16. September 2011.

9        Am 19. Oktober 2011 erhob der Kläger beim Gericht Klage u. a. auf Nichtigerklärung der Rechtsakte von 2011, soweit diese ihn betrafen. Die Klage wurde unter dem Aktenzeichen T‑550/11 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen.

10      Mit Schreiben vom 27. Oktober 2011 wandten sich die Vertreter des Klägers erneut an den Rat. Dieser antwortete mit Schreiben vom 28. Oktober 2011 und erklärte, der Kläger sei nicht die Person, die in den Listen von 2011 aufgeführt sei. Dabei handele es sich um den Cousin des Präsidenten Bashar Al-Assad.

11      Mit Schreiben vom 3. November 2011 forderten die Vertreter des Klägers den Rat auf, die Angaben zur Identität der in Zeile 3 der Listen von 2011 genannten Person zu korrigieren und ein Schreiben an das Gericht zu richten, um diesem im Wesentlichen die tatsächliche Situation des Klägers zu erläutern.

12      Am 14. November 2011 erließ der Rat den Beschluss 2011/735/GASP zur Änderung des Beschlusses 2011/273 (ABl. 2011, L 296, S. 53) und die Verordnung (EU) Nr. 1150/2011 zur Änderung der Verordnung Nr. 442/2011 (ABl. 2011, L 296, S. 1) (im Folgenden: Rechtsakte von November 2011), mit denen die Einträge zum Namen und die Angaben zur Identität der Person, deren Name in Zeile 3 der Listen von 2011 eingetragen war, geändert wurden, um zum einen ihren arabischen Namen, nämlich Image not found, und zum anderen die folgenden Informationen hinzuzufügen: „Vetter von Bashar Al-Assad; früherer Leiter der Firma ‚Nizar Oilfield Supplies‘“. Außerdem wurde der Name in lateinischen Buchstaben mit „Nizar Al-Assad“ wiedergegeben.

13      Mit Schreiben vom 15. November 2011 setzte der Rat die Vertreter des Klägers von dem Erlass der oben in Rn. 12 genannten Rechtsakte in Kenntnis und erklärte, die Rechtsakte von 2011 bezögen sich nicht auf den Kläger.

14      Der Rat hielt es in seinem Beschluss 2011/782/GASP vom 1. Dezember 2011 über restriktive Maßnahmen gegen Syrien und zur Aufhebung des Beschlusses 2011/273 (ABl. 2011, L 319, S. 56) angesichts der sehr ernsten Lage in Syrien für erforderlich, dass zusätzliche restriktive Maßnahmen verhängt werden. Der Klarheit halber wurden die durch den Beschluss 2011/273 verhängten Maßnahmen und die ergänzenden Maßnahmen in einem einzigen Rechtsinstrument zusammengefasst. Der Beschluss 2011/782 sieht in Art. 18 Beschränkungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet der Union für Personen vor, deren Name in Anhang I aufgeführt ist, und in Art. 19 das Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen der Personen und Organisationen, deren Name in den Anhängen I und II aufgeführt ist.

15      Am 21. Dezember 2011 erhob der Rat beim Gericht gemäß Art. 114 Abs. 4 und 7 der Verfahrensordnung des Gerichts in der Fassung vom 19. Juni 2013 eine Einrede der Unzulässigkeit wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses des Klägers.

16      Die Verordnung Nr. 442/2011 wurde durch die Verordnung (EU) Nr. 36/2012 des Rates vom 18. Januar 2012 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien (ABl. 2012, L 16, S. 1) ersetzt.

17      Mit Beschluss vom 24. Mai 2012, Assaad/Rat (T‑550/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:266), wies das Gericht die Klage des Klägers mit der Begründung als unzulässig ab, dass er, da er nicht die in den Listen von 2011 aufgeführte Person sei, kein Rechtsschutzinteresse habe.

18      Der Beschluss 2011/782 wurde durch den Beschluss 2012/739/GASP des Rates vom 29. November 2012 über restriktive Maßnahmen gegen Syrien (ABl. 2012, L 330, S. 21) ersetzt.

19      Am 22. April 2013 erließ der Rat den Durchführungsbeschluss 2013/185/GASP zur Durchführung des Beschlusses 2012/739 (ABl. 2013, L 111, S. 77) und die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 363/2013 zur Durchführung der Verordnung Nr. 36/2012 (ABl. 2013, L 111, S. 1). Mit diesen Rechtsakten wurden die Einträge zum Namen der in Zeile 3 der Listen von 2011 aufgeführten Person sowie die Angaben zu ihrer Identität geändert. Diese Einträge waren nunmehr in Zeile 36 der Liste in Abschnitt A (Personen) des Anhangs I des Beschlusses 2012/739 und in Zeile 36 der Liste in Abschnitt A (Personen) des Anhangs II der Verordnung Nr. 36/2012 (im Folgenden zusammen: Listen von 2013) enthalten.

20      Zum Namen der betreffenden Person war Folgendes eingetragen:

„Nizar (Image not found) Al-Assad (Image not found) (alias Al-Assaad, Al-Assad, Al-Asaad)“

21      Bei den Angaben zur Identität der betreffenden Person hieß es, dass es sich um den „[früheren] Leiter des Unternehmens ‚Nizar Oilfield Supplies‘“ handele.

22      Die Aufnahmegründe waren hingegen dieselben wie in den Rechtsakten von 2011.

23      Mit Schreiben vom 25. April 2013 forderten die Vertreter des Klägers den Rat auf, die Hinweise auf „Assaad“ und „Al-Assaad“ und den Namen des Klägers auf Arabisch – der ihrer Meinung nach falsch geschrieben war – zu streichen und eine Anmerkung aufzunehmen, dass es sich bei der Person, deren Name in die Listen von 2013 eingetragen war, um den Cousin von Bashar Al-Assad handele.

24      Am 4. Mai 2013 veröffentlichte der Rat eine Berichtigung der oben in Rn. 19 genannten Rechtsakte (ABl. 2013, L 123, S. 28), mit der die Einträge zum Namen und zu den Angaben zur Identität der Person, deren Name in Zeile 36 der Listen von 2013 eingetragen war, geändert wurden, wobei zum einen die Namen „Al-Assaad“, „Al-Assad“ und „Al-Asaad“ gestrichen und die dort enthaltenen arabischen Namen durch den arabischen Namen Image not found ersetzt wurden und zum anderen folgende Information hinzugefügt wurde: „Cousin von Bashar Al-Assad“.

25      Der Beschluss 2012/739 wurde durch den Beschluss 2013/255/GASP des Rates vom 31. Mai 2013 über restriktive Maßnahmen gegen Syrien (ABl. 2013, L 147, S. 14) ersetzt.

26      Am 12. Oktober 2015 erließ der Rat den Beschluss (GASP) 2015/1836 zur Änderung des Beschlusses 2013/255 (ABl. 2015, L 266, S. 75). Am selben Tag erließ er die Verordnung (EU) 2015/1828 zur Änderung der Verordnung Nr. 36/2012 (ABl. 2015, L 266, S. 1).

27      Der Wortlaut der Art. 27 und 28 des Beschlusses 2013/255 wurde durch den Beschluss 2015/1836 geändert. Diese Artikel sehen nunmehr Beschränkungen der Einreise in oder der Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten sowie das Einfrieren von Geldern von Personen vor, die mit den in Abs. 2 Buchst. a bis g dieser Artikel genannten Kategorien von Personen in Verbindung stehen, „die in Anhang I aufgeführt sind“, außer „wenn ausreichende Angaben darüber vorliegen, dass [diese Personen] nicht oder nicht mehr mit dem Regime in Verbindung stehen oder Einfluss auf dieses ausüben oder keine reale Gefahr besteht, dass sie restriktive Maßnahmen umgehen“.

28      Mit der Verordnung 2015/1828 wurde vor allem der Wortlaut von Art. 15 der Verordnung Nr. 36/2012 geändert, um die neuen Aufnahmekriterien aufzunehmen, die durch den Beschluss 2015/1836 festgelegt und in den Beschluss 2013/255 eingefügt wurden.

29      Am 28. Mai 2018 erließ der Rat den Beschluss (GASP) 2018/778 zur Änderung des Beschlusses 2013/255 (ABl. 2018, L 131, S. 16) und die Durchführungsverordnung (EU) 2018/774 zur Durchführung der Verordnung Nr. 36/2012 (ABl. 2018, L 131, S. 1). Mit diesen Rechtsakten wurden die Einträge zum Namen der in Zeile 36 der Liste in Abschnitt A (Personen) des Anhangs I des Beschlusses 2013/255 und in Zeile 36 der Liste in Abschnitt A (Personen) des Anhangs II der Verordnung Nr. 36/2012 (im Folgenden zusammen: fragliche Listen) aufgeführten Person wie folgt geändert: „Nizar (Image not found) al-Asaad (Image not found) (alias Nizar Asaad)“. Die Angaben zur Identität und die Aufnahmegründe waren dieselben wie in den Rechtsakten von 2011.

30      Am 17. Mai 2019 erließ der Rat den Beschluss (GASP) 2019/806 zur Änderung des Beschlusses 2013/255 (ABl. 2019, L 132, S. 36) und die Durchführungsverordnung (EU) 2019/798 zur Durchführung der Verordnung Nr. 36/2012 (ABl. 2019, L 132, S. 1) (im Folgenden zusammen: Rechtsakte von 2019). Mit den Rechtsakten von 2019 wurden die Angaben zur Identität der in Zeile 36 der fraglichen Listen genannten Person sowie die Gründe für die Aufnahme ihres Namens geändert.

31      Bei den Angaben zur Identität hieß es nur noch, dass die betreffende Person männlichen Geschlechts sei.

32      Die Aufnahmegründe wurden wie folgt geändert:

„Führender syrischer Geschäftsmann mit engen Beziehungen zum Regime. Cousin von Bashar Al-Assad und mit der Assad- und der Makhlouf-Familie verbunden.

War in dieser Eigenschaft Teil, Nutznießer oder anderweitig Unterstützer des syrischen Regimes.

Führender Ölinvestor und früherer Leiter des Unternehmens ‚Nizar Oilfield Supplies‘“.

33      Am 11. September 2019 veröffentlichte der Rat eine Berichtigung der Rechtsakte von 2019 (ABl. 2019, L 234, S. 31, im Folgenden: Berichtigung von 2019), mit der er die Einträge zum Namen der in Zeile 36 der in den fraglichen Listen genannten Person änderte. Dort hieß es nunmehr „Nizar (Image not found) Al-Assad (Image not found) (alias Al-Asad, Assad, Asad)“.

34      Am 28. Mai 2020 erließ der Rat den Beschluss (GASP) 2020/719 zur Änderung des Beschlusses 2013/255 (ABl. 2020, L 168, S. 66) und die Durchführungsverordnung (EU) 2020/716 zur Durchführung der Verordnung Nr. 36/2012 (ABl. 2020, L 168, S. 1). Mit diesen Rechtsakten wurden die Einträge zum Namen der in Zeile 36 der fraglichen Listen genannten Person wie folgt geändert: „Nizar (Image not found) AL-ASSAD (Image not found) (alias al-Asad; Assad; Asad)“. Die Aufnahmegründe waren dieselben wie in den Rechtsakten von 2019.

35      Mit Schreiben vom 23. Juni 2020 baten die Vertreter des Klägers unter Bezugnahme auf die oben in den Rn. 29, 30 und 34 genannten Rechtsakte den Rat, zu bestätigen, dass der Name des Klägers nicht in die fraglichen Listen aufgenommen worden sei (im Folgenden: Schreiben vom 23. Juni 2020).

36      Mit Schreiben vom 12. Februar 2021 teilte der Rat den Vertretern des Klägers mit, dass er nach einer erneuten Prüfung der in seinen Akten enthaltenen Informationen der Ansicht sei, dass der Kläger tatsächlich die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person sei (im Folgenden: Schreiben vom 12. Februar 2021). In diesem Schreiben teilte der Rat den Vertretern des Klägers auch seine Absicht mit, die restriktiven Maßnahmen gegen den Kläger mit einer neuen Begründung aufrechtzuerhalten, mit der klargestellt werden solle, dass der Kläger tatsächlich die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person sei. Als Anlagen zu diesem Schreiben übermittelte der Rat die Dokumente WK 4069/2019 INIT vom 21. März 2019 und WK 985/2021 INIT vom 22. Januar 2021. Er forderte die Vertreter auf, bis zum 26. Februar 2021 Stellung zu nehmen.

37      Mit Schreiben vom 26. Februar 2021 legten die Vertreter des Klägers dem Rat ihre Stellungnahme vor. Im Wesentlichen kritisierten sie, dass der Rat seine Auffassung in Bezug auf den Kläger geändert habe und ihn nunmehr als die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person betrachte. Außerdem gingen sie auf die Gründe für die Aufnahme und die Informationen in den Dokumenten WK 4069/2019 INIT und WK 985/2021 INIT ein. Ferner legten sie mehrere Schreiben von Personen und einer Organisation vor, die sich zur Situation des Klägers äußerten.

38      Am 6. Mai 2021 erließ der Rat den Durchführungsbeschluss 2021/751 und die Durchführungsverordnung 2021/743 (im Folgenden zusammen: Rechtsakte von 2021).

39      Zum Namen des Klägers wird angegeben, es handele sich um „Nizar AL-ASSAD (alias al-Asad, Assad, Asad, Assaad, Asaad, Al-Assaad) (Image not found; Image not found; Image not found; أسعد)“.

40      Bei den Angaben zur Identität heißt es, dass der Kläger männlichen Geschlechts und am 2. März 1948 oder am 23. März 1948 oder im März 1948 geboren sei. Er besitze die syrische, die libanesische und die kanadische Staatsangehörigkeit. Außerdem werden die Nummern des syrischen (Nr. 011090258), des libanesischen (RL0003434) und des kanadischen (AG629220) Reisepasses des Klägers angegeben.

41      Die Aufnahmegründe lauten wie folgt:

„Führender syrischer Geschäftsmann mit engen Beziehungen zum Regime. Steht in Verbindung mit den Familien Assad und Makhlouf.

War in dieser Eigenschaft Teil, Nutznießer oder anderweitig Unterstützer des syrischen Regimes.

Führender Ölinvestor sowie Gründer und Leiter des Unternehmens Lead Contracting & Trading Ltd.“

42      Mit Schreiben vom 7. Mai 2021 teilte der Rat den Vertretern des Klägers mit, er sei der Ansicht, dass keines der von ihnen vorgebrachten Argumente seine Beurteilung in Frage stelle. Im Übrigen wies er darauf hin, dass sie bis zum 1. März 2022 erneut Stellung nehmen könnten.

43      Mit Schreiben vom 28. Mai 2021 setzte der Rat die Vertreter des Klägers davon in Kenntnis, dass dessen Name auch nach einer Überprüfung der fraglichen Listen darin aufgeführt sein werde.

44      Mit Klageschrift, die am 14. Juli 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.

45      Mit Schreiben vom 13. April 2022 hat der Rat den Vertretern des Klägers mitgeteilt, dass er beabsichtige, die restriktiven Maßnahmen gegen den Kläger aufrechtzuerhalten, und dafür die in den Rechtsakten von 2021 enthaltenen Gründe zu ändern und am Ende wie folgt zu ergänzen: „Mehrheitsanteilseigner des Unternehmens Syrian Olive Oil Private JSC, Hersteller von Speiseölen mit Sitz in Syrien“.

46      Als Anlage zu seinem Schreiben vom 13. April 2022 hat der Rat den Vertretern des Klägers das Dokument WK 5366/2022 INIT vom 11. April 2022 übermittelt und ihnen die Möglichkeit gegeben, bis zum 29. April 2022 zu dem neuen Grund für die Aufnahme und zum Dokument WK 5366/2022 INIT Stellung zu nehmen.

47      Mit Schreiben vom 28. April 2022 haben die Vertreter des Klägers dem Rat ihre Stellungnahme vorgelegt.

48      Am 30. Mai 2022 hat der Rat den Beschluss 2022/849 und die Durchführungsverordnung 2022/840 (im Folgenden zusammen: Fortsetzungsrechtsakte von 2022) erlassen. Mit dem Beschluss 2022/849 wurde die Gültigkeit des Beschlusses 2013/255 bis zum 1. Juni 2023 verlängert. Der Name des Klägers wurde in Zeile 36 des Abschnitts A (Personen) der fraglichen Listen belassen. Der Erlass der restriktiven Maßnahmen gegenüber dem Kläger wurde auf dieselben Gründe wie die in den Rechtsakten von 2021 genannten Gründe gestützt.

II.    Anträge der Parteien

49      Der Kläger beantragt,

–        die Rechtsakte von 2021 und die Fortsetzungsrechtsakte von 2022 (im Folgenden zusammen: angefochtene Rechtsakte) für nichtig zu erklären, soweit sie ihn betreffen;

–        dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

50      Der Rat beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen;

–        hilfsweise, für den Fall, dass die angefochtenen Rechtsakte für nichtig erklärt werden, anzuordnen, dass die Wirkungen des Beschlusses 2022/849, soweit sie den Kläger betreffen, aufrechterhalten werden, bis die teilweise Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung 2022/840 wirksam wird.

III. Rechtliche Würdigung

51      Der Kläger stützt seine Klage auf fünf Klagegründe, mit denen er erstens Beurteilungsfehler, zweitens einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, drittens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, viertens einen „Befugnismissbrauch“ und fünftens einen Verstoß gegen die Rechtskraft rügt.

52      Der zweite und der dritte Klagegrund sind zusammen zu prüfen, da der Grundsatz des Vertrauensschutzes eine Ausprägung des Grundsatzes der Rechtssicherheit darstellt (vgl. Urteil vom 12. April 2013, Du Pont de Nemours [Frankreich] u. a./Kommission, T‑31/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:167, Rn. 301 und die dort angeführte Rechtsprechung). Außerdem beruhen diese beiden Klagegründe auf derselben Prämisse, nämlich dass die angefochtenen Rechtsakte insofern rückwirkend seien, als sie zum ersten Mal festlegten, dass es sich bei der in Zeile 36 aufgeführten Person seit dem Erlass der Rechtsakte von 2011 um ihn handele.

53      Vor der Prüfung dieser Klagegründe ist der Gegenstand der vorliegenden Klage zu präzisieren und die Zulässigkeit der vom Kläger im Rahmen der Erwiderung vorgelegten Beweise zu erörtern.

A.      Zum Gegenstand und zum Umfang der vorliegenden Klage

54      Mit seiner Klage verlangt der Kläger nur die Nichtigerklärung der Rechtsakte von 2021 und der Fortsetzungsrechtsakte von 2022, soweit sie ihn betreffen.

55      Es ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger tatsächlich die Person ist, auf die sich die angefochtenen Rechtsakte beziehen, und es wird nicht bestritten, dass er spätestens seit dem Erlass dieser Rechtsakte restriktiven Maßnahmen unterliegt. Die Parteien streiten sich jedoch darüber, ob der Kläger vor dem Erlass der Rechtsakte von 2021 restriktiven Maßnahmen unterworfen war.

56      In diesem Zusammenhang vertritt der Kläger im Wesentlichen die Auffassung, er habe diesen Maßnahmen nicht unterlegen, wie der Rat vor der Übersendung des Schreibens vom 12. Februar 2021 wiederholt anerkannt habe. Der Rat ist wiederum der Ansicht, ihm sei ein Fehler unterlaufen, als er angenommen habe, dass der Kläger nicht die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person sei, obwohl es sich in Wirklichkeit um den Kläger gehandelt habe, und zwar seit dem Erlass der Rechtsakte von 2011. Unter diesen Umständen habe er mit den Rechtsakten von 2021 die Angaben zur Identität der in Zeile 36 der fraglichen Listen genannten Person klären und die Aufnahmegründe so ändern wollen, dass daraus eindeutig hervorgehe, dass es sich um den Kläger handele und sein Name seit den Rechtsakten von 2011 in den fraglichen Listen eingetragen sei. Der Kläger schließt hieraus, dass die angefochtenen Rechtsakte rückwirkend gälten, was der Rat bestreitet.

57      Daher ist zum einen zu prüfen, ob die in den angefochtenen Rechtsakten angegebenen Aufnahmegründe hinreichend belegt sind. Dies wird im Rahmen des ersten Klagegrundes untersucht werden, mit dem Beurteilungsfehler geltend gemacht werden. Zum anderen ist die Frage einer möglichen Rückwirkung der angefochtenen Rechtsakte zu klären, was im Rahmen der gemeinsamen Prüfung des zweiten und des dritten Klagegrundes erfolgt, mit denen ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes bzw. ein Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit gerügt werden.

58      Dagegen geht aus den Rn. 49 und 54 dieses Urteils hervor, dass das Gericht nicht mit der Frage der Rechtmäßigkeit der vor den angefochtenen Rechtsakten erlassenen Rechtsakte befasst ist. Es geht mit anderen Worten weder um die Frage, ob die in diesen Rechtsakten genannten Aufnahmegründe rechtlich hinreichend belegt sind, noch darum, ob die Angaben zur Identität in diesen Rechtsakten hinreichend genau sind, um zu belegen, dass der Kläger tatsächlich die von diesen Rechtsakten erfasste Person ist.

B.      Zur Zulässigkeit der vom Kläger im Rahmen der Erwiderung vorgelegten Beweise

59      Der Rat macht geltend, dass die meisten der vom Kläger vorgelegten Bescheinigungen über seine geschäftlichen Interessen im Zusammenhang mit Unternehmen wie Lead Contracting and Trade Company (im Folgenden: Lead Syria in Liquidation), Lead Contracting and Trading Limited (im Folgenden: Lead UAE), Gulfsands Petroleum und Cham Holding vor der Klage erstellt worden seien und der Kläger keine Rechtfertigung für die verspätete Vorlage dieser Dokumente vorgebracht habe.

60      Auf eine Frage in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, der Rat habe nicht präzisiert, welche der Dokumente im Anhang der Erwiderung er als verspätet ansehe. Jedenfalls seien die der Erwiderung beigefügten Dokumente als Antwort auf die vom Rat in der Klagebeantwortung vorgebrachten Argumente vorgelegt worden.

61      Art. 85 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts bestimmt, dass Beweise und Beweisangebote im Rahmen des ersten Schriftsatzwechsels vorzulegen sind. Abs. 2 dieses Artikels fügt hinzu, dass die Parteien für ihr Vorbringen noch in der Erwiderung oder in der Gegenerwiderung Beweise oder Beweisangebote vorlegen können, sofern die Verspätung der Vorlage gerechtfertigt ist. Im letztgenannten Fall entscheidet das Gericht gemäß Abs. 4 dieses Artikels über die Zulässigkeit der vorgebrachten Beweise oder Beweisangebote, nachdem es den anderen Parteien Gelegenheit gegeben hat, hierzu Stellung zu nehmen (Urteil vom 13. Dezember 2018, Post Bank Iran/Rat, T‑559/15, EU:T:2018:948, Rn. 74).

62      Außerdem ist Art. 85 Abs. 2 der Verfahrensordnung im Zusammenhang mit Art. 92 Abs. 7 der Verfahrensordnung zu sehen, der ausdrücklich vorsieht, dass Gegenbeweis und Erweiterung der Beweisangebote vorbehalten bleiben. Folglich sind nach ständiger Rechtsprechung der Gegenbeweis und die Erweiterung der Beweisangebote im Anschluss an einen Gegenbeweis der Gegenpartei von der Präklusionsvorschrift von Art. 85 Abs. 2 der Verfahrensordnung nicht erfasst (vgl. Urteil vom 18. September 2017, Uganda Commercial Impex/Rat, T‑107/15 und T‑347/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:628, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

63      Im vorliegenden Fall ist mit dem Kläger festzustellen, dass der Rat kein genaues Verzeichnis der der Erwiderung beigefügten Dokumente, die er als verspätet betrachtet, erstellt hat. In Anbetracht der oben in Rn. 59 genannten Unternehmen ist jedoch davon auszugehen, dass er sich auf die Anlagen C.4 bis C.6 (zu Lead Contracting and Trade Company), C.8 bis C.10 (zu Lead Contracting and Trading Limited), C.11 und C.14 (zu Gulfsands Petroleum) und die Anlage C.16 (zu Cham Holding) bezieht.

64      In Rn. 79 seiner Klagebeantwortung hat der Rat ausgeführt, dass der Kläger weder einen Nachweis für die Liquidation der mit ihm verbundenen Unternehmen noch einen Nachweis über den Verkauf der von ihm an diesen Unternehmen gehaltenen Beteiligungen vorgelegt habe. Außerdem hat er in den Rn. 80 bis 83 der Klagebeantwortung den Beweiswert der von Dritten stammenden Schreiben in Zweifel gezogen, die der Kläger als Anlagen zu seiner Klageschrift vorgelegt hat, um nachzuweisen, dass er keine geschäftlichen Interessen mehr in Syrien habe.

65      Damit wurden die Beweise des Klägers, mit denen er belegen möchte, dass er an den oben in Rn. 59 genannten Unternehmen keine Beteiligungen mehr hat, als Antwort auf das Vorbringen des Rates vorgelegt.

66      Ebenso sollen die weiteren Beweise, die der Kläger als Anlagen zur Erwiderung vorgelegt hat, deren Zulässigkeit der Rat im Übrigen nicht bestreitet, die Argumente stützen, die der Kläger auf das oben in Rn. 64 wiedergegebene Vorbringen des Rates in der Klagebeantwortung entgegnet hat.

67      Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass alle vom Kläger als Anlagen zu seiner Erwiderung vorgelegten Beweise dazu dienen, auf die in der Klagebeantwortung vorgebrachten Argumente des Rates einzugehen, und sie daher zulässig sind.

C.      Zum ersten Klagegrund: Beurteilungsfehler

68      Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, dem Rat sei ein Fehler unterlaufen, als er seinen Namen in die fraglichen Listen eingetragen habe, da er die Kriterien für die Aufnahme nicht erfülle. Hierzu macht er geltend, er sei zwar in der Vergangenheit als Geschäftsmann in Syrien aufgetreten, derzeit aber nicht mehr in diesem Land tätig. Außerdem behauptet er, nicht mit den Familien Assad oder Makhlouf verbunden zu sein. Auch unterhalte er keine Verbindungen zum syrischen Regime.

69      Der Rat tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen und ist im Wesentlichen der Auffassung, er habe die Stichhaltigkeit der Aufnahmegründe belegt.

1.      Einleitende Erwägungen

70      Die durch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gewährleistete Effektivität der gerichtlichen Kontrolle erfordert u. a., dass sich der Unionsrichter vergewissert, ob die Entscheidung, mit der restriktive Maßnahmen erlassen oder aufrechterhalten werden und die eine individuelle Betroffenheit der betroffenen Person oder Organisation begründet, auf einer hinreichend gesicherten tatsächlichen Grundlage beruht. Dies setzt eine Überprüfung der Tatsachen voraus, die in der dieser Entscheidung zugrunde liegenden Begründung angeführt werden, so dass sich die gerichtliche Kontrolle nicht auf die Beurteilung der abstrakten Wahrscheinlichkeit der angeführten Gründe beschränkt, sondern auf die Frage erstreckt, ob diese Gründe – oder zumindest einer von ihnen, der für sich genommen als ausreichend angesehen wird, um diese Entscheidung zu stützen – erwiesen sind (Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 119).

71      Der Unionsrichter hat bei dieser Prüfung gegebenenfalls von der zuständigen Unionsbehörde vertrauliche oder nicht vertrauliche Informationen oder Beweise anzufordern, die für eine solche Prüfung relevant sind (vgl. Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 120 und die dort angeführte Rechtsprechung).

72      Im Streitfall ist es nämlich Sache der zuständigen Unionsbehörde, die Stichhaltigkeit der gegen die betroffene Person oder Organisation vorliegenden Gründe nachzuweisen, und nicht Sache der betroffenen Person oder Organisation, den negativen Nachweis zu erbringen, dass diese Gründe nicht stichhaltig sind (Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 121).

73      Hierzu braucht die betreffende Behörde dem Unionsrichter nicht sämtliche Informationen und Beweise vorzulegen, die mit den Gründen zusammenhängen, die in dem Rechtsakt, dessen Nichtigerklärung beantragt wird, angegeben werden. Die vorgelegten Informationen oder Beweise müssen jedoch die Gründe stützen, die gegen die betroffene Person oder Organisation angeführt werden (Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 122).

74      Übermittelt die zuständige Unionsbehörde relevante Informationen oder Beweise, muss der Unionsrichter die inhaltliche Richtigkeit der vorgetragenen Tatsachen anhand dieser Informationen oder Beweise prüfen und deren Beweiskraft anhand der Umstände des Einzelfalls und im Licht etwaiger dazu abgegebener Stellungnahmen, insbesondere der betroffenen Person oder Organisation, würdigen (Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 124).

75      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind bei der Beurteilung der Begründetheit der Aufnahme eines Namens in eine Liste die Beweise nicht isoliert, sondern in dem Zusammenhang zu prüfen, in dem sie stehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. April 2015, Anbouba/Rat, C‑630/13 P, EU:C:2015:247, Rn. 51, und vom 21. April 2015, Anbouba/Rat, C‑605/13 P, EU:C:2015:248, Rn. 50).

76      Im Rahmen der Beurteilung des Gewichts der betroffenen Belange, die zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen gehört, kann dem Zusammenhang, in dem diese Maßnahmen stehen, sowie der Dringlichkeit des Erlasses solcher Maßnahmen, mit denen Druck auf das syrische Regime ausgeübt werden soll, damit es die gewaltsame Repression gegen die Bevölkerung beendet, und der Schwierigkeit Rechnung getragen werden, in einem Staat, in dem Bürgerkrieg herrscht und den ein autoritäres Regime regiert, präzisere Beweise zu erlangen (Urteil vom 21. April 2015, Anbouba/Rat, C‑605/13 P, EU:C:2015:248, Rn. 46).

77      Im Licht dieser Erwägungen ist der erste Klagegrund zu prüfen.

2.      Zu den Gründen für die Aufnahme und zur Bestimmung der Aufnahmekriterien

78      Die allgemeinen Aufnahmekriterien, die in Art. 27 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 des Beschlusses 2013/255 in der durch den Beschluss 2015/1836 geänderten Fassung genannt sind und in Bezug auf das Einfrieren von Geldern in Art. 15 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 36/2012 in der durch die Verordnung 2015/1828 geänderten Fassung übernommen werden, sehen vor, dass gegen Personen oder Organisationen, die Nutznießer oder Unterstützer des syrischen Regimes sind, restriktive Maßnahmen verhängt werden. Ebenso bestimmen Art. 27 Abs. 2 Buchst. a und Abs. 3 sowie Art. 28 Abs. 2 Buchst. a und Abs. 3 des Beschlusses 2013/255, die in Bezug auf das Einfrieren von Geldern in Art. 15 Abs. 1a Buchst. a und Abs. 1b der Verordnung Nr. 36/2012 übernommen wurden, dass die Kategorie „führende Geschäftsleute, die in Syrien tätig sind“ restriktiven Maßnahmen unterliegt, es sei denn, es liegen ausreichende Angaben darüber vor, dass sie nicht oder nicht mehr mit dem Regime in Verbindung stehen oder Einfluss auf dieses ausüben oder keine reale Gefahr besteht, dass sie restriktive Maßnahmen umgehen. Schließlich sehen Art. 27 Abs. 2 letzter Satz und Abs. 3 sowie Art. 28 Abs. 2 letzter Satz und Abs. 3 des Beschlusses 2013/255, die in Bezug auf das Einfrieren von Geldern in Art. 15 Abs. 1a letzter Satz und Abs. 1b der Verordnung Nr. 36/2012 übernommen wurden, vor, dass Personen und Organisationen, die mit Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die eines der Kriterien für die Aufnahme in die Liste erfüllen, in Verbindung stehen, restriktiven Maßnahmen unterliegen, es sei denn, es liegen ausreichende Angaben darüber vor, dass sie nicht oder nicht mehr mit dem Regime in Verbindung stehen oder Einfluss auf dieses ausüben oder keine reale Gefahr besteht, dass sie restriktive Maßnahmen umgehen.

79      Wie oben in Rn. 41 ausgeführt, lautet die Begründung für die Aufnahme des Namens des Klägers in die fraglichen Listen wie folgt:

„Führender syrischer Geschäftsmann mit engen Beziehungen zum Regime. Steht in Verbindung mit den Familien Assad und Makhlouf.

War in dieser Eigenschaft Teil, Nutznießer oder anderweitig Unterstützer des syrischen Regimes.

Führender Ölinvestor sowie Gründer und Leiter des Unternehmens Lead Contracting & Trading Ltd.“

80      Aus den Gründen für die Aufnahme des Namens des Klägers in die fraglichen Listen ist zu schließen, dass sein Name erstens aufgrund seines Status als führender, in Syrien tätiger Geschäftsmann entsprechend dem Kriterium, das in Art. 27 Abs. 2 Buchst. a und Art. 28 Abs. 2 Buchst. a des Beschlusses 2013/255 in der durch den Beschluss 2015/1836 geänderten Fassung genannt ist und in Bezug auf das Einfrieren von Geldern in Art. 15 Abs. 1a Buchst. a der Verordnung Nr. 36/2012 in der durch die Verordnung 2015/1828 geänderten Fassung übernommen wurde (Kriterium des führenden, in Syrien tätigen Geschäftsmanns), zweitens aufgrund seiner Verbindung mit dem syrischen Regime entsprechend dem Kriterium, das in Art. 27 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 des Beschlusses 2013/255 und in Art. 15 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 36/2012 genannt ist (Kriterium der Verbindung mit dem Regime), und drittens aufgrund seiner Verbindung mit Mitgliedern der Familien Assad und Makhlouf entsprechend dem Kriterium, das in Art. 27 Abs. 2 letzter Satz und Art. 28 Abs. 2 letzter Satz des Beschlusses 2013/255 und in Art. 15 Abs. 1a letzter Satz der Verordnung Nr. 36/2012 genannt ist (Kriterium der Verbindung mit einer den restriktiven Maßnahmen unterliegenden Person oder Organisation), aufgenommen wurde.

3.      Zu den Beweisen

81      Zur Rechtfertigung der Aufnahme des Namens des Klägers in die fraglichen Listen hat der Rat das Dokument WK 4069/2019 INIT übermittelt, das öffentlich zugängliche Informationen enthält, d. h. Links zu Websites, Zeitungsartikel und Screenshots aus folgenden Quellen:

–        Website „Syrian Oil & Gas News“, auf der in einer Veröffentlichung vom 31. Juli 2010 ein Foto des Klägers gezeigt und er als Geschäftsmann beschrieben wird, der in Syrien umfangreiche Investitionen getätigt habe, insbesondere durch Lead Syria in Liquidation im Rahmen einer Partnerschaft mit Herrn Ghassan Muhanna; dieser Veröffentlichung zufolge ist dieses Unternehmen eines der ältesten und größten Bauunternehmen im syrischen Ölsektor; in der Veröffentlichung heißt es weiter, der Kläger sei Teilhaber des in der Ölherstellung tätigen Unternehmens Asaad Beitenjaneh & Partners Company for Processing & Refining Edible Oils sowie Leiter der syrischen Zweigstelle der Syrisch-Algerischen Handelskammer und Mitglied im Syrischen Nationalkomitee der Internationalen Handelskammer Syrien; in der Veröffentlichung werden außerdem Projekte und Unternehmen genannt, an denen der Kläger beteiligt gewesen sei, nämlich Cham Holding, United Insurance Company, Al Badia Cement JSC, Bank Audi Syria, Syrian Arab Insurance Company, Aqeelah Takaful Insurance Company und Dajajouna, sowie der Umstand, dass ihm ein Reitstall mit Arabischen Vollblütern gehöre.

–        Website „Aks al Ser“, die in einer Veröffentlichung vom 6. September 2012 berichtet, dass der Kläger laut einer ihm nahestehenden Quelle von Syrien nach Algerien, wo er große Projekte und Investitionen im Öl- und Gassektor habe, geflohen sei, wobei er Millionen von Dollar mitgenommen habe; in der Veröffentlichung heißt es weiter, dass der Kläger dieser Quelle zufolge nach einem Bombenanschlag auf das Hauptquartier der syrischen Sicherheitskräfte damit begonnen habe, seine finanziellen Vermögenswerte aufzulösen und sein Geld von den Banken abzuheben; in der Veröffentlichung wird der Kläger außerdem als einer der bedeutendsten Investoren im syrischen Ölsektor beschrieben, der in der Geschäftswelt als dessen zentrale Figur bekannt sei; weiter wird in der Veröffentlichung angegeben, der Kläger besitze Anteile an Cham Holding, er sei einer der Gründer von Bank Audi Syria sowie Teilhaber von Al Badia Cement und Lead Syria in Liquidation; in der Veröffentlichung wird zudem ausgeführt, der Kläger gehöre zu einer Gruppe von Geschäftsleuten, die vom syrischen Regime profitierten, und er habe Beziehungen zu Entscheidungskreisen, die als Vermittler zwischen dem syrischen Regime und anderen Ländern für die Förderung von Erdöl dienten;

–        Website „Dawdaa“, die in einer Veröffentlichung vom 2. November 2017 mitteilt, unbestätigten Berichten zufolge sei es zwischen dem syrischen Regime und dem Kläger, der für Probleme im Zusammenhang mit Erdöl zuständig sei, zu einem Zerwürfnis gekommen; in dieser Veröffentlichung heißt es weiter, der Kläger sei kein Mitglied der Familie Assad, stehe ihr aber aufgrund seiner Aufgaben weiterhin nahe; außerdem wird in der Veröffentlichung ausgeführt, der Kläger sei ein Geschäftspartner von Herrn Ghassan Muhanna, dem Onkel von Herrn Rami Makhlouf, in ihrem Unternehmen Lead Syria in Liquidation;

–        Website „Syriano“, auf der in einer Veröffentlichung vom 22. Januar 2015 angegeben wird, der Kläger sei zu 50 % an Lead Syria in Liquidation beteiligt, und der andere Anteil werde von Herrn Ghassan Muhanna für Herrn Mohammed Makhlouf gehalten, der dessen Schwager sei;

–        Website „Orient News“, die den Kläger in einem Artikel vom 2. Februar 2015 als „Paten“ des syrischen Ölsektors beschreibt und mitteilt, er sei zusammen mit Herrn Maher Al-Assad, dem Bruder von Präsident Bashar Al-Assad, an dem Bündnis „Öl gegen Nahrung“ beteiligt gewesen;

–        Website „Ayn Almadina“, auf der in einem Artikel vom 22. Juli 2018 der Aufstieg des Klägers aus einfachen Verhältnissen zum reichen Geschäftsmann im Ölsektor geschildert wird, den er seinen Verbindungen zu seinem Cousin, Herrn Mohammed Makhlouf, verdanke; in diesem Artikel wird außerdem angegeben, der Kläger besitze die kanadische Staatsangehörigkeit und habe vor Kurzem die libanesische Staatsangehörigkeit erworben; ferner wird erklärt, der Kläger habe zusammen mit Herrn Mohammed Makhlouf und dessen Schwager, Herrn Ghassan Muhanna, Lead Syria in Liquidation gegründet; in dem Artikel wird zudem erwähnt, die Mutter des Klägers, Frau Jamila Muhanna, sei die Cousine der Ehefrau von Herrn Mohammed Makhlouf.

82      Der Rat hat außerdem das Dokument WK 985/2021 INIT vorgelegt. Das Dokument enthält einen ersten Teil, der in drei Abschnitte unterteilt ist und Angaben zur Identität des Klägers, eine Vorstellung des Klägers und eine Beschreibung seiner Verbindungen zum syrischen Regime sowie eine Erläuterung der unterschiedlichen Schreibweisen seines Nachnamens beinhaltet. Ferner hat der Rat als Beweisstück Nr. 3 eine Fotokopie der Reisepässe und Ausweisdokumente des Klägers übermittelt. Abgebildet sind sein libanesischer, sein syrischer und sein kanadischer Reisepass sowie seine Aufenthaltserlaubnis für die Vereinigten Arabischen Emirate als Direktor von Lead UAE. Beim Beweisstück Nr. 4 handelt es sich um eine Bescheinigung betreffend Lead UAE vom 17. September 2018. In dem Dokument sind ferner Links, Zeitungsartikel und Screenshots wiedergegeben. Vier von ihnen sind auch im Dokument WK 4069/2019 INIT enthalten, nämlich die von den Websites „Syriano“ und „Dawdaa“ stammenden Veröffentlichungen sowie die den Websites „Orient News“ und „Ayn Almadina“ entnommenen Presseartikel. Darüber hinaus handelt es sich um Informationen aus folgenden Quellen:

–        Website „Syrian Oil & Gas News“, die in einer Veröffentlichung vom 2. August 2010 dieselben Informationen aufgreift, die in der Veröffentlichung auf dieser Website vom 31. Juli 2010 enthalten waren, und ergänzt, der Kläger sei Teilhaber des Unternehmens Asaad Beitenjaneh & Partners Company for Syrian Olive Oil;

–        Website „Al‑Iqtisadi“, die auf einer am 21. Januar 2020 abgerufenen Seite den Kläger als den Gründer und Direktor des Unternehmens Lead UAE beschreibt, das in der Freihandelszone Jebel Ali in den Vereinigten Arabischen Emiraten registriert sei;

–        Website „Al Khaleej Online“, die in einem Artikel mit der Überschrift „Who steals the Syrian oil?“ (Wer stiehlt das syrische Öl?) vom 8. November 2019, der am 7. November 2019 unter einer anderen Überschrift auch auf der Website „Anadolu Arabic“ veröffentlicht wurde, berichtet, dass Milliarden von Dollar aus dem Verkauf von Erdöl über Unternehmen wie das in Damaskus (Syrien) ansässige Unternehmen Lead Syria in Liquidation auf das Konto der Familie Assad geflossen seien; Lead Syria in Liquidation werde von Herrn Mohammed Makhlouf und seinem Verwandten Nizar Asaad gemeinsam gehalten; Herr Mohammed Makhlouf habe seinen Anteil auf den Namen seines Schwagers, Herrn Ghassan Muhanna, registriert;

–        Website „Al Hewar“, auf der es in einem Artikel vom 14. Mai 2014 mit der Überschrift „Looting of the funds and wealth of the Syrian people under the rule of the Al-Assad family, coalition administration, and the interim government (in number and facts)“ (Plünderung der Gelder und des Reichtums des syrischen Volkes unter der Herrschaft der Familie Al-Assad, der Koalitionsregierung und der Übergangsregierung [in Zahlen und Fakten]) heißt, der Kläger als Verwandter von Herrn Mohammed Makhlouf habe Lead Syria in Liquidation in der Ölindustrie zugunsten der Familie Assad gegründet;

–        das im Jahr 2015 veröffentlichte Buch „The Political Economy of Investment in Syria“ (Die politische Ökonomie von Investitionen in Syrien), in dem es heißt, dass der Kläger, ein wichtiger Geschäftsmann, laut einem Artikel der Website „The Syria Report“ vom 2. Juli 2007 CEO und Hauptanteilseigner von Lead Syria in Liquidation, dem landesweit größten Ölserviceunternehmen, sei und zusammen mit Herrn Rami Makhlouf 23,2 Mio. US-Dollar (ca. 17,23 Mio. Euro) in Gulfsands Petroleum investiert habe, einer im Vereinigten Königreich ansässigen und in Syrien tätigen Ölgesellschaft.

4.      Zur Verlässlichkeit und Relevanz der Beweise

83      Der Kläger stellt die Verlässlichkeit und Relevanz der Beweise in Frage, die der Rat vorgelegt hat, um die Stichhaltigkeit der Aufnahmegründe zu belegen.

84      Als Erstes ist in Bezug auf die Verlässlichkeit der vom Rat vorgelegten Beweise darauf hinzuweisen, dass zum einen im Rahmen der Beurteilung des Gewichts der betroffenen Belange, die zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen gehört, dem Zusammenhang, in dem diese Maßnahmen stehen, sowie der Dringlichkeit des Erlasses solcher Maßnahmen, mit denen Druck auf das syrische Regime ausgeübt werden soll, damit es die gewaltsame Repression gegen die Bevölkerung beendet, und der Schwierigkeit Rechnung getragen werden kann, in einem Staat, in dem Bürgerkrieg herrscht und den ein autoritäres Regime regiert, präzisere Beweise zu erlangen (vgl. Urteil vom 14. April 2021, Al-Tarazi/Rat, T‑260/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:187, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).

85      Zum anderen gilt nach ständiger Rechtsprechung für den Gerichtshof und das Gericht der Grundsatz der freien Beweiswürdigung, und für die Würdigung der vorgelegten Beweise ist allein ihre Glaubhaftigkeit maßgeblich. Darüber hinaus ist zur Beurteilung des Beweiswerts eines Dokuments die Wahrscheinlichkeit der darin enthaltenen Information zu untersuchen, wobei insbesondere die Herkunft des Dokuments, die Umstände seiner Ausarbeitung und sein Adressat zu berücksichtigen sind und die Frage zu beantworten ist, ob es seinem Inhalt nach vernünftig und glaubhaft erscheint (vgl. Urteil vom 14. April 2021, Al-Tarazi/Rat, T‑260/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:187, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

86      Festzustellen ist, dass sich der Kläger auf die Behauptung beschränkt, die Beweise des Rates bestünden aus Berichten vom Hörensagen von Dritten und aus nicht unabhängigen Online-Veröffentlichungen, ohne sein Vorbringen mit konkreten Nachweisen zu stützen. In diesem Zusammenhang hätte der Kläger, da die vom Rat vorgelegten Beweise, die dem Kläger mitgeteilt wurden, aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen, angeben können, welche dieser Quellen seiner Meinung nach zum Beispiel dem syrischen Regime positiv gegenüberstanden. In Anbetracht der oben in Rn. 74 angeführten Rechtsprechung hätte der Kläger insbesondere, auch wenn es dem Rat obliegt, die Aufnahmegründe zu belegen, angeben müssen, welche dieser Beweise Anlass zu Zweifeln an ihrer Verlässlichkeit geben könnten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. April 2021, Al-Tarazi/Rat, T‑260/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:187, Rn. 73).

87      Was als Zweites die Relevanz der vom Rat vorgelegten Beweise angeht, macht der Kläger geltend, die meisten dieser Beweise seien nicht mehr aktuell. Insoweit führt er aus, dass sieben der Beweise älter als sechs Jahre seien und von den drei Artikeln, die noch keine sechs Jahre alt seien, nur einer weniger als zwei Jahre vor dem Erlass der angefochtenen Rechtsakte verfasst worden sei. Darüber hinaus sei die Relevanz vieler dieser Artikel noch geringer, als ihr Erscheinungsdatum annehmen ließe, da sie über Ereignisse berichteten, die vor der Aufgabe der geschäftlichen Interessen des Klägers in Syrien lägen. Letztlich zeigten die Beweise, dass der Kläger als Geschäftsmann in Syrien tätig gewesen sei, was er nicht bestreite, seien jedoch nicht geeignet, nachzuweisen, dass er noch immer ein solcher Geschäftsmann sei.

88      In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es, je älter die Beweise im Verhältnis zum Zeitpunkt des Erlasses von Rechtsakten sind, mit denen restriktive Maßnahmen in Bezug auf eine Person oder Organisation verhängt werden, umso unwahrscheinlicher ist, dass sie für sich allein eine hinreichende Grundlage für die streitigen Rechtsakte bilden können. So gesehen kann der Rat diese Beweise zwar verwenden, muss sie jedoch in Anbetracht der erheblichen Zeit, die zwischen ihrer Veröffentlichung und dem Erlass der streitigen Rechtsakte verstrichen ist, durch andere, neuere Tatsachen stützen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 26. Juli 2017, Rat/Hamas, C‑79/15 P, EU:C:2017:584, Rn. 32 und 33).

89      Im vorliegenden Fall enthalten die verschiedenen vom Rat vorgelegten Beweise größtenteils sich überschneidende Informationen, so dass selbst die ältesten Belege bis zu einem gewissen Grad als Nachweis für die Stichhaltigkeit der Aufnahmegründe relevant sein können.

90      Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die vom Rat vorgelegten Beweise vernünftig und glaubhaft sowie grundsätzlich relevant sind, um die Aufnahmegründe zu stützen.

91      Gleichwohl wird zu berücksichtigen sein, dass die vom Rat vorgelegten Beweise bereits älteren Datums sind, wenn es um die Beurteilung der Frage geht, ob sie in Anbetracht der gesamten Aktenlage ausreichend sind, um die Stichhaltigkeit der Gründe für die Aufnahme des Klägers nachzuweisen.

5.      Zu den Aufnahmegründen

a)      Zum Status eines führenden, in Syrien tätigen Geschäftsmanns

1)      Zu den wirtschaftlichen Interessen des Klägers

92      Zunächst ergibt sich aus den Angaben in fast allen vom Rat vorgelegten Artikeln und Veröffentlichungen – mit Ausnahme des Artikels, der der Website „Orient News“ und der Website „Aliqtisadi“ entnommen ist –, dass der Kläger Gründer und Teilhaber von Lead Syria in Liquidation ist, einer im Öl- und Gassektor tätigen Gesellschaft. Dies wird auch im ersten Teil des Dokuments WK 985/2021 INIT unter der Überschrift „Vorstellung und enge Verbindungen zum syrischen Regime“ mitgeteilt. Außerdem geht sowohl aus der Aufenthaltserlaubnis des Klägers für die Vereinigten Arabischen Emirate als auch aus der Website „Aliqtisadi“ hervor, dass er Lead UAE leitet. Ferner wird auf den Websites „Internet Syrian Oil & Gas News“ und „Aks al Ser“ ausgeführt, der Kläger sei an verschiedenen Unternehmen beteiligt. Schließlich wird in dem Auszug aus dem Buch „The Political Economy of Investment in Syria“ auf die Investition des Klägers in Gulfsands Petroleum verwiesen, einer im Vereinigten Königreich ansässigen und in Syrien tätigen Ölgesellschaft.

93      Die vom Rat vorgelegten Beweise lassen damit darauf schließen, dass der Kläger ein Investor im syrischen Ölsektor ist.

94      Der Kläger tritt dem entgegen und macht im Wesentlichen geltend, er habe in Syrien keine geschäftlichen Interessen mehr.

95      Was als Erstes Lead Syria in Liquidation anbelangt, legt der Kläger den Vertrag von November 2011 vor, mit dem er sich zugunsten von A aus dem Unternehmen zurückgezogen habe, und die Steuererklärungen dieses Unternehmens für die Jahre 2012 bis 2020 zum Beleg dafür, dass das Unternehmen seit 2012 nicht mehr tätig gewesen sei. Außerdem legt er eine Bescheinigung des Handelsregisters von Damaskus vom 5. Januar 2021 vor, in der es heißt, dass die Liquidation von Lead Syria in Liquidation am 8. November 2020, also vor dem Erlass der angefochtenen Rechtsakte, angeordnet worden sei.

96      Dazu ist festzustellen, dass zum einen alle vom Rat zu Lead Syria in Liquidation vorgelegten Beweise aus der Zeit vor dem 5. Januar 2021 stammen. Zum anderen bringt der Rat nichts vor, was die Behauptung stützen könnte, dass Lead Syria in Liquidation noch tätig sei oder die vom Kläger vorgelegten Beweise nicht vernünftig und glaubhaft seien.

97      Daraus folgt, dass der Kläger nachgewiesen hat, dass er nicht mehr an Lead Syria in Liquidation beteiligt war, die jedenfalls zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte nicht mehr tätig war und sich in Liquidation befand.

98      Was als Zweites Lead UAE betrifft, legt der Kläger zwei Dokumente von QNA Auditors, einer in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate) ansässigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, vor, in denen diese bestätigt, dass Lead UAE nicht in Syrien tätig ist. Dabei handelt es sich um ein Schreiben vom 18. Februar 2021 und um eine Tabelle vom 15. November 2021, die von QNA Auditors erstellt wurde, um die Liste der laufenden und abgeschlossenen Projekte von Lead UAE zu bescheinigen. Aus dieser Tabelle geht hervor, dass Lead UAE Bauprojekte in Algerien und Katar durchführt.

99      Dazu ist festzustellen, dass Lead UAE außer in der vom Rat vorgelegten Aufenthaltserlaubnis des Klägers für die Vereinigten Arabischen Emirate nur auf der Website „Al‑Iqtisadi“ erwähnt wird. Auf dieser Website wird jedoch nicht angegeben, wo die Projekte von Lead UAE realisiert werden.

100    Das Vorbringen des Rates, dass aus dem Schreiben vom 18. Februar 2021 nicht klar hervorgehe, ob die darin enthaltenen Erklärungen Lead UAE oder Lead Syria in Liquidation betreffen, ist als unbegründet zurückzuweisen. Der Kläger hat nämlich substantiierte Erläuterungen zur Unterscheidung zwischen Lead Syria in Liquidation und Lead UAE abgegeben. In diesem Zusammenhang hat er zu den beiden Gesellschaften jeweils Nachweise von Stellen wie einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder dem Handelsregister vorgelegt, denen sich entnehmen lässt, dass es sich bei Lead Syria in Liquidation um die Gesellschaft handelt, die der Kläger zusammen mit Herrn Ghassan Muhanna in Syrien gegründet hatte, bevor er sich 2011 aus ihr zurückzog, und dass es sich bei Lead UAE um ein vom Kläger in den Vereinigten Arabischen Emiraten gegründetes Unternehmen handelt.

101    Die große Ähnlichkeit der Namen dieser Unternehmen kann zwar zweifellos zu Verwechslungen führen. Während der Kläger sich jedoch bemüht hat, eine klare Schreibweise zu verwenden und Erläuterungen zu geben, um dem Gericht die Unterscheidung dieser beiden Organisationen zu erleichtern, hat der Rat das Gericht nicht in die Lage versetzt, ohne Weiteres nachzuvollziehen, auf welche Organisation sich die einzelnen Beweise in den Dokumenten WK 4069/2019 INIT und WK 985/2021 INIT, in denen jeweils unterschiedliche Bezeichnungen verwendet werden, beziehen, und stiftet in seinen Schriftsätzen sogar eine gewisse Verwirrung. Schließlich ist festzustellen, dass der Rat in Beantwortung einer Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, dass es tatsächlich um zwei Unternehmen gehe, nämlich Lead Syria in Liquidation und Lead UAE, und dass Lead Syria in Liquidation gemeint sei, wenn auf eine vom Kläger und Herrn Ghassan Muhanna gegründete Gesellschaft Bezug genommen werde.

102    Der Kläger hat somit nachgewiesen, dass Lead UAE, die in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässig ist, was durch die vom Rat vorgelegten Beweise bestätigt wird, keine Geschäftstätigkeit in Syrien ausübt.

103    Jedenfalls hat der Kläger einen Beschluss des einzigen Anteilseigners von Lead UAE, der Gesellschaft B, vom 23. März 2020 vorgelegt, mit dem sein Rücktritt als Direktor zu diesem Datum angenommen wurde.

104    Der Rat hat hingegen nichts vorgebracht, um den Rücktritt des Klägers in Zweifel zu ziehen, noch hat er die Verlässlichkeit der vom Kläger vorgelegten Beweise in Frage gestellt.

105    Daher ist davon auszugehen, dass der Kläger nachgewiesen hat, dass er nicht mehr an Lead UAE beteiligt ist, einem Unternehmen, das jedenfalls nicht in Syrien ansässig ist und dort keine Geschäftstätigkeit ausübt.

106    Als Drittes ist die Beteiligung des Klägers an den verschiedenen Unternehmen zu prüfen, die auf den Websites „Syrian Oil & Gas News“ und „Aks al Ser“ genannt werden.

107    Was erstens die Gesellschaft Asaad and Petngnap & Co anbelangt, die der Kläger – vom Rat insofern unbestritten – mit Asaad Beitenjaneh & Partners Company for Processing & Refining Edible Oils in Zusammenhang bringt, die 2011 in eine Privatgesellschaft mit dem Namen Syrian Private Joint-stock Company for Processing and Refining Edible Oils umgewandelt wurde, legt der Kläger ein von dieser Organisation stammendes Schreiben vom 15. November 2021 vor, in dem bestätigt wird, dass er zu diesem Zeitpunkt keine Anteile an dieser Gesellschaft besessen habe. Diese Mitteilung, in der die Situation des Klägers in Bezug auf diese Gesellschaft zu einem Zeitpunkt nach dem Erlass der Rechtsakte von 2021 beschrieben wird, beweist zwar nicht, dass der Kläger zu dem Zeitpunkt, zu dem der Rat die restriktiven Maßnahmen gegen ihn erlassen hat, keine solchen Anteile hielt. Der einzige vom Rat vorgelegte Beweis dafür, dass der Kläger Anteilseigner dieser Organisation ist, ist jedoch älteren Datums, denn er stammt aus dem Jahr 2010. Außerdem wird diese Information durch keinen sonstigen, aktuelleren Beweis belegt. Der Rat hat nichts vorgebracht, was die Behauptung stützen könnte, dass der Kläger weiterhin an diesem Unternehmen beteiligt sei. Schließlich hat er auch nichts vorgetragen, was die Verlässlichkeit und Relevanz des vom Kläger vorgelegten Beweises in Frage stellen könnte. Unter diesen Umständen bestehen begründete Zweifel daran, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses der Rechtsakte von 2021 noch Anteilseigner der in Rede stehenden Gesellschaft war.

108    In Bezug auf die Fortsetzungsrechtsakte von 2022 ist hingegen davon auszugehen, dass der Kläger, da der von ihm vorgelegte Beweis aus der Zeit vor dem Erlass dieser Rechtsakte stammt und der Rat keine weiteren Beweise beigebracht hat, nachgewiesen hat, dass er zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Rechtsakte nicht mehr Anteilseigner der Gesellschaft Asaad and Petngnap & Co war.

109    Was zweitens die Versicherungsgesellschaft United Insurance Company betrifft, legt der Kläger ein von deren Geschäftsführer stammendes Schreiben vom 16. November 2021 vor, in dem bestätigt wird, dass der Kläger seit 2012 keine Anteile an dieser Gesellschaft mehr besitze. Der Rat legt seinerseits eine einzige Veröffentlichung vor, die belegen soll, dass der Kläger im Jahr 2010 eine Investition in diese Organisation getätigt hat, und trägt nichts vor, was die Verlässlichkeit oder den Inhalt des genannten Schreibens in Frage stellen könnte. Daher ist festzustellen, dass der Kläger nachgewiesen hat, dass er zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte keine Anteile an dieser Gesellschaft hielt.

110    Was drittens die Gesellschaft Al Badia Cement JSC angeht, legt der Kläger ein von dieser Organisation stammendes Schreiben vom 25. April 2021 vor, in dem bestätigt wird, dass er am 25. September 2011 von seinem Amt als Mitglied des Verwaltungsrats zurückgetreten sei und seine Anteile im Jahr 2011 verkauft habe. Zum Nachweis, dass er nicht mehr an dieser Gesellschaft beteiligt ist, legt der Kläger zwei weitere Dokumente vor, die von der Website „WikiLeaks“ stammen und diesen Rücktritt bestätigen. Der Rat trägt seinerseits nichts vor, was die Verlässlichkeit oder den Inhalt dieser Beweise in Frage stellen könnte. Damit hat der Kläger nachgewiesen, dass er zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte nicht mit der betreffenden Gesellschaft verbunden war.

111    Was viertens Bank Audi Syria, nunmehr dem Kläger zufolge und vom Rat unbestritten Ahli Trust Bank, anbelangt, legt der Kläger ein von dieser Bank stammendes Schreiben vom 11. November 2021 vor, in dem bestätigt wird, dass er bis zu diesem Zeitpunkt keine Anteile an ihr besessen habe. Der Rat legt seinerseits nur Nachweise aus den Jahren 2010 und 2012 vor, aus denen hervorgeht, dass der Kläger Teilhaber dieser Bank ist, und trägt nichts vor, was die Verlässlichkeit oder den Inhalt dieses Schreibens in Frage stellen könnte. Es ist daher festzustellen, dass der Kläger nachgewiesen hat, dass er zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte kein Anteilseigner dieser Bank war.

112    Was fünftens die Gesellschaft Syrian Arab Insurance Company betrifft, legt der Kläger ein von dieser Organisation stammendes Schreiben vom 9. November 2021 vor, in dem bestätigt wird, dass der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt keine Anteile an ihr besessen habe. Der Rat legt seinerseits eine einzige Veröffentlichung vor, die belegen soll, dass der Kläger im Jahr 2010 eine Investition in diese Gesellschaft getätigt hat, und trägt nichts vor, was die Verlässlichkeit oder den Inhalt des genannten Schreibens in Frage stellen könnte. Daher ist festzustellen, dass der Kläger nachgewiesen hat, dass er zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte keine Anteile an dieser Gesellschaft hielt.

113    Was sechstens die Versicherungsgesellschaft Aqeelah Takaful Insurance Company angeht, legt der Kläger ein von dieser Gesellschaft stammendes Schreiben vom 10. Mai 2021 vor, in dem bestätigt wird, dass er „bis zum 31. März 2021“ keine Anteile an ihr gehalten habe. Auf eine Frage in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger bestätigt, dass diese Formulierung nur nahelegt, dass er keine Anteile an dieser Gesellschaft besaß. Jedenfalls zeigt dieser Beweis zumindest, dass der Kläger, anders als in einer Veröffentlichung auf der Website „Syrian Oil & Gas News“ angegeben, im Jahr 2010 keine Anteile an dieser Gesellschaft hielt. Der Rat legt seinerseits eine einzige Veröffentlichung vor, die eine Verbindung zwischen dem Kläger und der Versicherungsgesellschaft belegen soll, und trägt nichts vor, was die Verlässlichkeit oder den Inhalt des genannten Schreibens in Frage stellen könnte. Daher bestehen begründete Zweifel daran, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte mit der Versicherungsgesellschaft verbunden war.

114    Was siebtens Dajajouna anbelangt, bei der es sich dem Kläger zufolge und vom Rat unbestritten um eine Marke der Gesellschaft DANZ for Food Industries handelt, legt der Kläger ein Schreiben vom 15. November 2021 vor, in dem erklärt wird, dass er vom 3. Januar 2010 bis zum 15. November 2021 keine Anteile an dieser Gesellschaft besessen habe. Der Rat legt seinerseits eine einzige Veröffentlichung vor, die belegen soll, dass der Kläger im Jahr 2010 eine Investition in diese Organisation getätigt hat, und trägt nichts vor, was die Verlässlichkeit oder den Inhalt dieses Schreibens in Frage stellen könnte. Daher ist festzustellen, dass der Kläger nachgewiesen hat, dass er zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte keine Anteile an dieser Gesellschaft hielt.

115    Was achtens die Gesellschaft Assaad Baitangana and Partners for producing oils betrifft, die der Kläger – vom Rat insofern unbestritten – mit dem Unternehmen Asaad Beitenjaneh & Partners Company for Syrian Olive Oil in Zusammenhang bringt, das 2011 in eine Privatgesellschaft mit dem Namen Syrian Olive Oil Private Joint-stock Company umgewandelt wurde, legt der Kläger ein von letzterer Organisation stammendes Schreiben vom 15. November 2021 vor, in dem bestätigt wird, dass er zu diesem Zeitpunkt keine Anteile an ihr besessen habe. Diese Erklärung, in der die Situation des Klägers in Bezug auf diese Gesellschaft zu einem Zeitpunkt nach dem Erlass der Rechtsakte von 2021 beschrieben wird, beweist zwar nicht, dass der Kläger zu dem Zeitpunkt, zu dem der Rat die restriktiven Maßnahmen gegen ihn erlassen hat, keine solchen Anteile hielt. Der einzige vom Rat vorgelegte Beweis dafür, dass der Kläger Anteilseigner dieser Organisation ist, ist jedoch älteren Datums, denn er stammt aus dem Jahr 2010. Außerdem wird diese Information durch keinen sonstigen, aktuelleren Beweis belegt. Der Rat hat nichts vorgebracht, was die Behauptung stützen könnte, dass der Kläger weiterhin an diesem Unternehmen beteiligt ist. Schließlich hat er auch nichts vorgetragen, was die Verlässlichkeit und Relevanz des vom Kläger vorgelegten Beweises in Frage stellen könnte. Unter diesen Umständen bestehen begründete Zweifel daran, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses der Rechtsakte von 2021 noch Anteilseigner der in Rede stehenden Gesellschaft war.

116    In Bezug auf die Fortsetzungsrechtsakte von 2022 ist hingegen davon auszugehen, dass der Kläger, da der von ihm vorgelegte Beweis aus der Zeit vor dem Erlass dieser Rechtsakte stammt und der Rat keine weiteren Beweise beigebracht hat, nachgewiesen hat, dass er zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Rechtsakte nicht mehr Anteilseigner der Syrian Olive Oil Private Joint-stock Company war.

117    Was neuntens die Gesellschaft Cham Holding angeht, legt der Kläger ein von dieser Organisation stammendes Schreiben vom 12. Mai 2021 vor, in dem bestätigt wird, dass der Kläger seit dem 26. Juni 2014 keine Anteile mehr an ihr besitze. Der Rat legt seinerseits zwei Veröffentlichungen aus den Jahren 2010 und 2012 vor, in denen angegeben wird, dass der Kläger an dieser Gesellschaft beteiligt sei, und trägt nichts vor, was die Verlässlichkeit und die Relevanz dieses Schreibens in Frage stellen oder belegen könnte, dass der Kläger noch immer an dieser Gesellschaft beteiligt war. Daher ist festzustellen, dass der Kläger nachgewiesen hat, dass er zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte keine Anteile mehr an der betreffenden Gesellschaft hielt.

118    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Kläger hinreichende Beweise vorgelegt hat, um die Richtigkeit der Feststellungen des Rates zu seiner Beteiligung an verschiedenen syrischen Organisationen in Frage zu stellen.

119    Was schließlich zehntens die Gesellschaft Gulfsands Petroleum anbelangt, ist zunächst festzustellen, dass der Kläger nicht bestreitet, Anteile an ihr besessen zu haben, er jedoch erklärt, diese Anteile über die Hickam Ventures Ltd gehalten zu haben. In diesem Zusammenhang legt er eine Aufstellung des Beteiligungsportfolios letzterer Gesellschaft zum 31. Dezember 2008 vor, der sich entnehmen lässt, dass Hickam Ventures tatsächlich Anteile an Gulfsands Petroleum besaß. Sodann trägt der Kläger vor, er habe, anders als der Rat behaupte, Gulfsands Petroleum nicht gegründet, und legt hierfür deren Gründungsurkunde vom 2. Dezember 2014 vor, der sich entnehmen lässt, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft weder Gründer noch Geschäftsführer war. Darüber hinaus legt der Kläger eine Übersicht über die Aufteilung der Vermögenswerte und die Entwicklung des Portfolios von Hickam Ventures vor, um zu belegen, dass diese die Anteile an der betreffenden Gesellschaft 2009 veräußert hat. Die zum 31. Dezember 2009 dargestellte Portfolioentwicklung zeigt, dass diese Anteile nicht mehr enthalten sind. Bestätigt wird dies durch die Liste der Anteilseigner dieser Gesellschaft vom 3. Dezember 2010, in der weder Hickam Ventures noch der Name des Klägers aufgeführt sind. Schließlich legt der Kläger eine beglaubigte Liste der Anteilseigner von Hickam Ventures vom 12. Januar 2021 vor, um zu belegen, dass er nicht mehr an dem Unternehmen beteiligt war. Aus diesem Dokument geht in der Tat hervor, dass der Name des Klägers in der Liste der Anteilseigner von Hickam Ventures nicht aufgeführt ist. Der Rat wiederum bestreitet weder substantiiert die vom Kläger vorgetragene Sachverhaltsdarstellung, noch stellt er die Verlässlichkeit oder den Inhalt der vom Kläger vorgelegten Beweise in Frage. Er legt ein einziges Dokument vor, in dem angegeben wird, dass der Kläger eine Investition in diese Gesellschaft getätigt habe, nämlich einen Auszug aus einem Buch aus dem Jahr 2015, der sich auf einen Artikel aus dem Jahr 2007 bezieht. Daher ist festzustellen, dass der Kläger wirksam bestritten hat, dass er zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte an der betreffenden Gesellschaft beteiligt gewesen sei.

120    Nach alledem ist festzustellen, dass der Rat nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass der Kläger geschäftliche Interessen in Syrien hatte.

121    Im Übrigen geht aus der vom Rat vorgelegten Veröffentlichung vom 6. September 2012 auf der Website „Aks al Ser“ hervor, dass der Kläger nach dem Bombenanschlag auf das Hauptquartier der syrischen Sicherheitskräfte damit begonnen hat, seine finanziellen Vermögenswerte aufzulösen und sein Geld von den Banken abzuheben, was das Vorbringen des Klägers, er habe ab 2012 keine Interessen mehr in Syrien verfolgt, stützt.

2)      Zu den Posten des Klägers in mehreren handelsbezogenen Einrichtungen

122    Der Website „Syrian Oil & Gas News“ ist zu entnehmen, dass der Kläger der Leiter der syrischen Zweigstelle der Syrisch-Algerischen Handelskammer und Mitglied im Syrischen Nationalkomitee der Internationalen Handelskammer Syrien ist.

123    Der Kläger bestreitet nicht, dass er der Syrisch-Algerischen Handelskammer und der Internationalen Handelskammer Syrien angehörte.

124    Er legt allerdings, was zum einen die Syrisch-Algerische Handelskammer anbelangt, ein Schreiben vom 1. Juli 2013 vor, das diese Kammer nach dem Erlass des Beschlusses Nr. 247 des syrischen Ministeriums für Wirtschaft und Außenhandel, der die Auflösung der Kammern syrischer Geschäftsleute vorsah, an Bank Audi gerichtet hatte. Dagegen handelt es sich bei den einzigen vom Rat vorgelegten Beweisen um Veröffentlichungen auf der Website „Syrian Oil & Gas News“ aus dem Jahr 2010, d. h. aus der Zeit vor dem Erlass dieses Beschlusses. Außerdem bestreitet der Rat weder die Verlässlichkeit noch den Inhalt des genannten Schreibens und weist auch nicht nach, dass diese Kammer zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte neu konstituiert worden wäre und der Kläger ihr angehört hätte. Da der Kläger nachgewiesen hat, dass die Syrisch-Algerische Handelskammer zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte nicht existierte, kann sein Status als führender, in Syrien tätiger Geschäftsmann nicht damit begründet werden, dass er ihr angehörte.

125    Zum anderen legt der Kläger, was die Internationale Handelskammer Syrien betrifft, ein Schreiben vom 16. Februar 2021 vor, das vom Präsidenten des Syrischen Nationalkomitees dieser Kammer stammt und in dem bestätigt wird, dass der Kläger von seinem Posten im Verwaltungsrat dieser Kammer zurückgetreten und seit 2012 kein aktives Mitglied der Kammer mehr sei. Bei den einzigen vom Rat vorgelegten Beweisen handelt es sich dagegen um Veröffentlichungen auf der Website „Syrian Oil & Gas News“ aus dem Jahr 2010, d. h. aus der Zeit vor dem Rücktritt des Klägers im Jahr 2012. Außerdem zielt das Vorbringen des Rates zu den vom Kläger vorgelegten Schreiben Dritter darauf ab, die darin enthaltenen Aussagen zu den Geschäftstätigkeiten des Klägers in Syrien in Frage zu stellen. Der Rat bringt hingegen nichts vor, um speziell zu widerlegen, dass der Kläger tatsächlich aus dem Verwaltungsrat der Internationalen Handelskammer Syrien ausgeschieden ist, ja er räumt diesen Rücktritt sogar ein, wie er auch anerkennt, dass diese Tätigkeit des Klägers der Vergangenheit angehört. Schließlich stellt er die Verlässlichkeit des genannten Schreibens nicht in Frage. Daher ist davon auszugehen, dass der Kläger nachgewiesen hat, dass er zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte der Internationalen Handelskammer Syrien nicht mehr angehörte. Der Rat hat auch keine gewichtigen und übereinstimmenden Indizien vorgelegt, die vernünftigerweise darauf schließen ließen, dass der Kläger zu dieser Kammer Verbindungen aufrechterhielt, die nach der Aufgabe seiner Tätigkeit in dieser Organisation die Aufnahme seines Namens in die fraglichen Listen rechtfertigten (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 24. November 2021, Assi/Rat, T‑256/19, EU:T:2021:818, Rn. 128).

126    Nach alledem hat der Rat nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass der Kläger der Syrisch-Algerischen Handelskammer und der Internationalen Handelskammer Syrien angehörte.

3)      Ergebnis in Bezug auf den Status des Klägers als führender, in Syrien tätiger Geschäftsmann

127    Da der Rat nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass der Kläger geschäftliche Interessen in Syrien hatte oder Posten in handelsbezogenen Einrichtungen innehatte, ist festzustellen, dass der Rat den Aufnahmegrund, der sich auf die Eigenschaft des Klägers als führender, in Syrien tätiger Geschäftsmann stützt, nicht belegt hat.

b)      Zu den Verbindungen zu Mitgliedern der Familien Assad und Makhlouf

128    Erstens folgt aus den Informationen auf den Websites „Dawdaa“, „Syriano“, „Ayn Almadina“, „Al Khaleej Online“, „Al Hewar“, in dem Buch „The Political Economy of Investment in Syria“ und im ersten Teil des Dokuments WK 985/2021 INIT, dass der Kläger Verbindungen zu Herrn Mohammed Makhlouf und Herrn Rami Makhlouf hat. Zweitens ergibt sich aus den Informationen auf den Websites „Dawdaa“, „Orient News“, „Al Khaleej Online“ und „Al Hewar“ sowie im ersten Teil des Dokuments WK 985/2021 INIT, dass der Kläger Verbindungen zur Familie Assad hat.

1)      Zu den Verbindungen zu Mitgliedern der Familie Makhlouf

129    Festzustellen ist, dass die vom Rat vorgelegten Beweise darauf schließen lassen, dass die Verbindungen des Klägers zu Mitgliedern der Familie Makhlouf zweierlei Art sind, nämlich beruflicher und persönlicher Art. Dies wird im Übrigen in der Gegenerwiderung bestätigt.

130    Was als Erstes die beruflichen Verbindungen des Klägers zu Mitgliedern der Familie Makhlouf anbelangt, ergeben sich diese Verbindungen den Angaben des Rates zufolge zum einen aus der mit Herrn Ghassan Muhanna eingegangenen Partnerschaft, die als Fassade für dessen Schwager, Herrn Mohammed Makhlouf, den Vater von Herrn Rami Makhlouf, im Zusammenhang mit Lead Syria in Liquidation diene, und zum anderen aus der neben Herrn Rami Makhlouf getätigten Investition in Gulfsands Petroleum und den Beteiligungen des Klägers an der von Herrn Rami Makhlouf kontrollierten Cham Holding.

131    Was jedoch zum einen Lead Syria in Liquidation betrifft, hat der Kläger, wie oben aus den Rn. 95 bis 97 hervorgeht, nachgewiesen, dass er das Unternehmen im November 2011 verlassen hat und die Gesellschaft sich zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte in Liquidation befand. Folglich kann sich der Rat nicht auf die Beteiligung des Klägers an dieser Gesellschaft berufen, um nachzuweisen, dass zwischen dem Kläger und Herrn Mohammed Makhlouf zum Zeitpunkt des Erlasses der Rechtsakte eine berufliche Verbindung bestand.

132    Was zum anderen Cham Holding und Gulfsands Petroleum anbelangt, hat der Kläger, wie oben aus den Rn. 117 und Rn. 119 hervorgeht, nachgewiesen, dass er zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte nicht mehr an diesen Gesellschaften beteiligt war. Folglich kann sich der Rat nicht auf die Beteiligung des Klägers an diesen Gesellschaften berufen, um nachzuweisen, dass zwischen dem Kläger und Herrn Rami Makhlouf zum Zeitpunkt des Erlasses der Rechtsakte eine berufliche Verbindung bestand.

133    Was als Zweites die persönlichen Verbindungen des Klägers zu Mitgliedern der Familie Makhlouf betrifft, ergibt sich aus dem Artikel auf der Website „Ayn Almadina“, dass der Kläger der Cousin von Herrn Mohammed Makhlouf ist, während seine Mutter, Frau Jamila Muhanna, die Cousine der Ehefrau von Herrn Mohammed Makhlouf ist. In dem auf der Website „Al Khaleej Online“ veröffentlichten Artikel heißt es, der Kläger sei ein Verwandter von Herrn Mohammed Makhlouf.

134    Im ersten Teil des Dokuments WK 985/2021 INIT wird der Kläger im Rahmen der Vorstellung des Klägers und seiner engen Verbindungen zum syrischen Regime als ein angeheirateter Cousin der Geschwister Assad und Makhlouf beschrieben, da seine Tante mütterlicherseits die Ehefrau von Herrn Mohammed Makhlouf sei, dem Vater von Herrn Rami Makhlouf und Onkel des Präsidenten Bashar Al-Assad.

135    In seinem Schreiben vom 12. Februar 2021 erklärte der Rat erneut, der Kläger sei durch die Heirat seiner Tante mütterlicherseits mit Herrn Mohammed Makhlouf mit der Familie von Herrn Rami Makhlouf und der Familie des Präsidenten Bashar Al-Assad verbunden.

136    Hierzu ist jedoch zunächst festzustellen, dass der Rat, der, wie oben in Rn. 72 ausgeführt, die Beweislast trägt, nur zwei Veröffentlichungen von Websites vorlegt, in denen die Verwandtschaftsbeziehungen zwischen dem Kläger und der Familie Makhlouf erwähnt werden. Auf einer dieser Websites, nämlich „Al Khaleej Online“, wird das Verwandtschaftsverhältnis allerdings nur vage angesprochen und nicht konkretisiert. Sodann weichen die auf der Website „Ayn Almadina“ angegebenen Verwandtschaftsbeziehungen – nämlich dass der Kläger der Cousin von Herrn Mohammed Makhlouf sei, während seine Mutter, Frau Jamila Muhanna, die Cousine der Ehefrau von Herrn Mohammed Makhlouf sei – von den im ersten Teil des Dokuments WK 985/2021 INIT genannten ab. Dort heißt es nämlich, die Tante mütterlicherseits des Klägers, die also die Schwester von Frau Jamila Muhanna wäre, sei mit Herrn Mohammed Makhlouf verheiratet.

137    Folglich bestätigen sich die in den Dokumenten WK 4069/2019 INIT und WK 985/2021 INIT enthaltenen Informationen nicht wechselseitig.

138    Darüber hinaus ist die im Dokument WK 985/2021 INIT enthaltene Behauptung, eine der Tanten mütterlicherseits des Klägers sei mit Herrn Mohammed Makhlouf verheiratet, nicht belegt und vage, da sie nicht durch Beweise gestützt und kein Name genannt wird, um die Ehefrau von Herrn Mohammed Makhlouf zu identifizieren. Außerdem ist die Behauptung des Rates, mit dem Begriff „Tante mütterlicherseits“ könne auch eine Tante der Mutter des Klägers gemeint sein, nicht überzeugend. Im ersten Teil dieses Dokuments wird nämlich die Ehefrau von Herrn Mohammed Makhlouf eindeutig als Tante mütterlicherseits des Klägers bezeichnet. Der Rat hat sich in seinem Schreiben vom 12. Februar 2021 auf diese Verwandtschaftsbeziehung berufen, ohne irgendwelche Vorbehalte zu äußern. Er kann jetzt also nicht vorbringen, dass es sich in Wirklichkeit um eine Tante der Mutter des Klägers handeln könnte. Jedenfalls stellt diese Behauptung eine Hypothese dar, die nicht belegt ist.

139    Schließlich ist das Vorbringen des Rates, Herr Ghassan Muhanna und die Mutter des Klägers seien verwandt, allenfalls eine Hypothese, die erstmals in der Klagebeantwortung aufgestellt wurde und jedenfalls durch keinen der vom Rat vorgelegten Beweise gestützt wird.

140    Der Rat legt außerdem ein den Kläger betreffendes Urteil des Tribunal administratif de Paris (Verwaltungsgericht Paris, Frankreich) vom 13. September 2021 vor, um nachzuweisen, dass anerkannt sei, dass der Kläger verwandtschaftliche Verbindungen zu den Familien Makhlouf und Assad habe.

141    Hierzu ist anzumerken, dass der Rat damit die Entscheidung des französischen Gerichts nicht als einen Beweis anführt, um die Gründe für die Aufnahme des Namens des Klägers in die fraglichen Listen zu stützen, sondern dass er diese Entscheidung vorlegt, um die Beschreibung des Klägers zu bestätigen, die er dem Gericht gegenüber vorgebracht hat. Insofern ist es daher nicht erforderlich, die Zulässigkeit dieses Beweises anhand der Rechtsprechung zu prüfen, nach der die Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts der Union anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses zu beurteilen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. September 2015, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Kommission, C‑398/13 P, EU:C:2015:535, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 4. September 2015, NIOC u. a./Rat, T‑577/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:596, Rn. 112 und die dort angeführte Rechtsprechung).

142    Abgesehen davon ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 263 AEUV nur der Unionsrichter zuständig ist, die Rechtmäßigkeit der Handlungen des Rates zu überwachen. Daher hat das Gericht die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Rechtsakte ausschließlich im Licht der von den Parteien vor dem Gericht vorgetragenen Argumente und Beweise zu beurteilen.

143    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass das Tribunal administratif de Paris (Verwaltungsgericht Paris, Frankreich), das über den Beschluss des französischen Wirtschafts- und Finanzministers vom 12. Februar 2020 (im Folgenden: französischer Beschluss vom 12. Februar 2020) zu befinden hatte, über die sich aus den Rechtsakten von 2019 ergebenden Aufnahmegründe entschieden hat. Die Klagen haben also unterschiedliche Klagegegenstände, so dass das Gericht jedenfalls nicht durch eine etwaige Rechtskraft dieses Urteils gebunden sein kann.

144    In diesem Zusammenhang ergibt sich aus den vom Kläger vorgelegten Auszügen aus dem syrischen Personenstandsregister vom 25. und 26. April 2021 zu seiner Familie mütterlicherseits, deren Verlässlichkeit oder Relevanz der Rat nicht in Frage stellt, dass keine der Tanten mütterlicherseits des Klägers mit Herrn Mohammed Makhlouf verheiratet ist.

145    Zwar weicht die Schreibweise des Vor- und des Nachnamens der Mutter des Klägers in den Auszügen aus dem syrischen Personenstandsregister geringfügig von der Schreibweise in den anderen Beweisen ab („Jamileh“ statt „Jamila“ und „Mhanna“ statt „Muhanna“), doch lassen sich diese Unterschiede durch die Transliteration arabischer Namen in lateinische Buchstaben erklären.

146    Zudem gibt der Rat in seiner Klagebeantwortung selbst an, Frau Jamila Muhanna sei die Mutter des Klägers. Somit ist davon auszugehen, dass sich die Auszüge aus dem syrischen Personenstandsregister tatsächlich auf die Familie mütterlicherseits des Klägers beziehen. Daher ist festzustellen, dass der Kläger tatsächlich nachgewiesen hat, dass keine seiner Tanten mütterlicherseits mit Herrn Mohammed Makhlouf verheiratet war.

147    Folglich ist aufgrund der Widersprüchlichkeit der vom Rat vorgelegten Beweise und in Anbetracht der vom Kläger vorgelegten Dokumente festzustellen, dass der Rat die Stichhaltigkeit der Aufnahmegründe, die die Verbindungen des Klägers zu Mitgliedern der Familie Makhlouf betreffen, nicht hinreichend belegt hat.

2)      Zu den Verbindungen des Klägers zu Mitgliedern der Familie Assad

148    Festzustellen ist, dass die vom Rat vorgelegten Beweise darauf schließen lassen, dass die Verbindungen des Klägers zu Mitgliedern der Familie Assad rein beruflicher Art sind.

149    Aus der Website „Dawdaa“ geht nämlich klar hervor, dass der Kläger kein Mitglied der Familie Assad ist, ihr aber aufgrund seiner Aufgaben weiterhin nahesteht.

150    Der Rat verfolgt insoweit einen nicht ganz eindeutigen Ansatz. Denn er räumt zwar ein, dass der Kläger nicht der Cousin von Präsident Bashar Al-Assad sei, und hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass der Präsident keinen Cousin habe, der denselben Namen wie der Kläger trage. In der Klagebeantwortung erläutert er jedoch, der Kläger könne insofern als ein Cousin des Präsidenten angesehen werden, als Herr Mohammed Makhlouf, der mit dem Kläger durch seine Heirat mit einer Tante mütterlicherseits verwandt sei, der Onkel von Präsident Bashar Al-Assad sei.

151    Hierzu ist zum einen festzustellen, dass sich der Rat nicht formal darauf berufen hat, dass der Kläger der Cousin von Präsident Bashar Al-Assad sei, um die Aufnahme seines Namens in die fraglichen Listen zu rechtfertigen. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass der Rat, wie oben in Rn. 147 ausgeführt, die persönlichen Verbindungen des Klägers zur Familie Makhlouf, über die er mit der Familie Assad verbunden sein soll, nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen hat.

152    Hinsichtlich der beruflichen Verbindungen des Klägers zu Mitgliedern der Familie Assad ergibt sich aus den Informationen auf den Websites „Dawdaa“, „Orient News“, „Al Khaleej Online“ und „Al Hewar“, dass diese im Ölsektor entstanden sind. Im ersten Teil des Dokuments WK 985/2021 INIT wird zum Kläger berichtet, er habe von seinen Beziehungen zu Herrn Bassel Al-Assad, dem am 21. Januar 1994 verstorbenen ältesten Sohn von Herrn Hafez Al-Assad, profitiert, um ein Vermögen aufzubauen.

153    In Anbetracht dessen, dass Herr Bassel Al-Assad im Jahr 1994 verstorben ist, sind nur die Verbindungen des Klägers zu Mitgliedern der Familie Assad zu untersuchen, die sich aus seinen Tätigkeiten im Ölsektor ergeben.

154    In diesem Zusammenhang ergibt sich erstens aus den Artikeln auf den Websites „Al Khaleej Online“ und „Al Hewar“, dass der Kläger über Lead Syria in Liquidation Verbindungen zu Mitgliedern der Familie Assad hatte. Wie jedoch oben in Rn. 97 festgestellt, war der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte nicht mehr an dieser Gesellschaft beteiligt.

155    Zweitens ist zur Partnerschaft des Klägers mit Herrn Maher Al-Assad im Rahmen des Bündnisses „Öl gegen Nahrung“ festzustellen, dass diese nur in dem Artikel auf der Website „Orient News“ erwähnt wird. Dieser Beweis allein – zu dem der Rat im Übrigen weder in seinen Schriftsätzen noch in der mündlichen Verhandlung überzeugende Erläuterungen vorgebracht hat – lässt jedoch nicht erkennen, wie dieses Bündnis gebildet wurde, d. h. durch welche Organisationen, oder welche Wirkungen es hatte. Solche Erläuterungen wären jedoch angebracht gewesen, da sich der Begriff „Öl gegen Nahrung“ zudem bekanntlich auf ein Programm bezieht, das von den Vereinten Nationen zwischen 1996 und 2003 zugunsten des Irak durchgeführt wurde.

156    Drittens ist in der Veröffentlichung auf der Website „Dawdaa“ von einem Zerwürfnis zwischen dem Kläger und der Familie Assad wegen Problemen im Ölsektor die Rede, so dass dieser Beweis eher auf einen Bruch der Verbindungen des Klägers zur Familie Assad in diesem Sektor hindeutet.

157    Folglich hat der Rat kein Bündel hinreichend konkreter, genauer und übereinstimmender Indizien vorgelegt, um nachzuweisen, dass der Kläger aufgrund seiner Tätigkeiten im Ölsektor berufliche Verbindungen zu Mitgliedern der Familie Assad hat.

158    Darüber hinaus heißt es in der Veröffentlichung auf der Website „Dawdaa“, der Kläger stehe der Familie Assad aufgrund seiner Aufgaben weiterhin nahe. Es wird jedoch nicht angegeben, um welche Aufgaben es sich handelt, und nicht erläutert, wie diese eine solche Verbindung begründen können. Da diese Information außerdem nicht durch andere Beweise gestützt wird, ist festzustellen, dass sie das Bestehen von beruflichen Verbindungen zwischen dem Kläger und Mitgliedern der Familie Assad nicht rechtlich hinreichend belegt.

159    Nach alledem hat der Rat die Stichhaltigkeit der Aufnahmegründe, die die Verbindungen des Klägers zu Mitgliedern der Familie Assad betreffen, nicht hinreichend belegt.

3)      Ergebnis in Bezug auf die Verbindungen des Klägers zu Mitgliedern der Familien Makhlouf und Assad

160    Da der Rat nicht bewiesen hat, dass der Kläger Verbindungen zu Mitgliedern der Familien Makhlouf und Assad hatte, sei es auf persönlicher oder beruflicher Ebene, ist festzustellen, dass er den Aufnahmegrund, der die Verbindungen des Klägers zu Mitgliedern der Familien Makhlouf und Assad betrifft, nicht belegt hat.

c)      Zur Verbindung mit dem syrischen Regime

161    Es ist zu prüfen, ob die Situation des Klägers ein hinreichender Beweis dafür ist, dass er Unterstützer oder Nutznießer des syrischen Regimes ist. Dabei sind die Beweise nicht isoliert, sondern in dem Zusammenhang zu prüfen, in dem sie stehen. Der Rat erfüllt die ihm obliegende Beweislast, wenn er vor dem Unionsrichter auf ein Bündel von Indizien hinweist, die hinreichend konkret, genau und übereinstimmend sind und die Feststellung ermöglichen, dass eine hinreichende Verbindung zwischen der Person, die einer Maßnahme des Einfrierens ihrer Gelder unterworfen ist, und dem betreffenden Regime besteht (vgl. Urteil vom 9. September 2016, Tri-Ocean Trading/Rat, T‑709/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:459, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

162    Laut den oben in den Rn. 41 und 78 genannten Aufnahmegründen, die die Stellung des Klägers als führender, in Syrien tätiger Geschäftsmann und seine Verbindungen zu Mitgliedern der Familien Makhlouf und Assad betreffen, war der Kläger Teil, Nutznießer oder anderweitig Unterstützer des syrischen Regimes.

163    Festzustellen ist, dass der Rat (in der französischen Fassung der Aufnahmegründe) die Vergangenheitsform verwendet hat, um anzugeben, dass sich der Kläger am syrischen Regime beteiligt, er von ihm profitiert oder es anderweitig unterstützt hatte („il a participé au régime syrien, en a tiré avantage ou l’a soutenu de toute autre manière“). Dies gilt auch für die deutsche und die spanische Fassung der Aufnahmegründe, in denen es zum Kläger heißt, er „[w]ar in dieser Eigenschaft Teil, Nutznießer oder anderweitig Unterstützer des syrischen Regimes“ bzw. „ha participado en el régimen sirio, se ha beneficiado de él o lo ha apoyado“.

164    In der englischen Fassung der Aufnahmegründe heißt es, der Kläger „has been participating in, benefiting from or otherwise supporting the Syrian regime“. Die Verwendung des „present perfect continuous“ im Englischen legt jedoch nahe, dass sich der Kläger am syrischen Regime beteiligt hat, von ihm profitiert hat und es unterstützt hat und dies weiterhin tut.

165    Auf eine Frage in der mündlichen Verhandlung nach den Zeitformen in den verschiedenen Sprachfassungen der Aufnahmegründe hat der Rat im Wesentlichen erklärt, es sei in erster Linie notwendig, sich auf die Beweise und die verschiedenen Zeiträume zu konzentrieren, in denen das syrische Regime unterstützt worden sei.

166    Festzustellen ist, dass sich die Gründe, aus denen der Rat davon ausgeht, dass der Kläger das syrische Regime unterstützt und daraus einen Vorteil zieht, mit den Gründen überschneiden, die den Rat dazu veranlasst haben, ihn als einen führenden, in Syrien tätigen Geschäftsmann und als eine Person mit Verbindungen zu Mitgliedern der Familien Assad und Makhlouf anzusehen.

167    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die Gründe für die Aufnahme des Namens einer bestimmten Person in gewissem Maß in dem Sinne überschneiden, dass jemand als zu den führenden Geschäftsleuten, die in Syrien tätig sind, gehörend und als Person eingestuft werden kann, die im Rahmen ihrer Tätigkeiten von dem Regime profitiert oder es durch diese Tätigkeiten unterstützt. Dies ergibt sich gerade daraus, dass, wie im sechsten Erwägungsgrund des Beschlusses 2015/1836 festgestellt, die engen Verbindungen zum syrischen Regime und dessen Unterstützung durch diese Kategorie von Personen einer der Gründe dafür sind, weshalb der Rat beschlossen hat, diese Kategorie zu schaffen. Gleichwohl handelt es sich auch in diesem Fall um unterschiedliche Kriterien (Urteil vom 23. September 2020, Kaddour/Rat, T‑510/18, EU:T:2020:436, Rn. 77). Dies gilt auch für Personen, die Verbindungen zu Mitgliedern der Familien Makhlouf und Assad haben, da, wie im siebten Erwägungsgrund des Beschlusses 2015/1836 festgestellt wird, die einflussreichen Mitglieder dieser Familien das Machtzentrum innerhalb des derzeitigen syrischen Regimes bilden.

168    Erstens ist festzustellen, dass der Rat in Bezug auf den Status des Klägers als führender, in Syrien tätiger Geschäftsmann nicht nachgewiesen hat, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte geschäftliche Interessen in Syrien hatte (siehe oben, Rn. 127). Auch hinsichtlich der Verbindungen des Klägers zu Mitgliedern der Familien Makhlouf und Assad hat der Rat nicht nachgewiesen, dass diese bestanden, als er die restriktiven Maßnahmen gegen den Kläger erließ (siehe oben, Rn. 160). Hieraus ist zu schließen, dass der Kläger weder aufgrund seiner Geschäftstätigkeiten in Syrien noch wegen seiner Verbindungen zu Mitgliedern der Familien Makhlouf und Assad mit dem syrischen Regime in Verbindung gebracht werden kann.

169    Zweitens wird in der Veröffentlichung auf der Website „Dawdaa“ zwar auf sonstige Aufgaben des Klägers verwiesen, die er für oder zugunsten des syrischen Regimes wahrgenommen habe, doch wird, wie oben in Rn. 158 ausgeführt, nicht angegeben, um welche Aufgaben es sich handelt, und nicht erläutert, wie diese eine Verbindung des Klägers zum syrischen Regime begründen können. Da diese Information außerdem nicht durch andere Beweise gestützt wird, ist festzustellen, dass sie das Bestehen einer Verbindung des Klägers mit diesem Regime nicht rechtlich hinreichend belegt.

170    Drittens lässt sich den Informationen auf den Websites „Al Khaleej Online“ und „Al Hewar“ entnehmen, dass das syrische Regime von Lead Syria in Liquidation profitiert. Zum einen wurde jedoch oben in Rn. 97 festgestellt, dass der Kläger an dieser Gesellschaft nicht beteiligt ist. Zum anderen hat der Kläger, wie oben in den Rn. 95 und 96 ausgeführt, Beweise dafür vorgelegt, dass diese Gesellschaft seit 2012 nicht mehr tätig ist und sich seit 2020 in Liquidation befindet, so dass, da der Rat weder den Gegenbeweis antritt noch Argumente vorbringt, um die Verlässlichkeit und die Relevanz dieser Beweise in Frage zu stellen, nicht festgestellt werden kann, wie das Regime von der Tätigkeit der fraglichen Gesellschaft profitieren konnte.

171    Viertens und letztens ist festzustellen, dass andere, in den Dokumenten WK 4069/2019 INIT und WK 985/2021 INIT enthaltene Informationen darauf schließen lassen, dass sich der Kläger vom syrischen Regime distanziert hat. So heißt es in der Veröffentlichung auf der Website „Aks al Ser“, der Kläger habe nach dem Bombenanschlag auf das Hauptquartier der syrischen Sicherheitskräfte seine finanziellen Vermögenswerte aufgelöst und sein Geld von den syrischen Banken abgehoben. In der Veröffentlichung auf der Website „Dawdaa“ ist von einem Zerwürfnis zwischen dem Kläger und dem Regime die Rede. Im ersten Teil des Dokuments WK 985/2021 INIT wird schließlich angegeben, der Kläger sei von den wichtigsten Finanzierungsnetzen des syrischen Regimes ausgeschlossen.

172    Nach alledem hat der Rat die Verbindung des Klägers mit dem syrischen Regime nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen.

6.      Ergebnis in Bezug auf den ersten Klagegrund, mit dem Beurteilungsfehler geltend gemacht werden

173    In Anbetracht der oben in den Rn. 127, 160 und 172 gezogenen Schlussfolgerungen hat der Rat die Gründe für die Aufnahme des Namens des Klägers in die fraglichen Listen nicht rechtlich hinreichend belegt.

174    Daher ist dem ersten Klagegrund stattzugeben.

175    Da der erste Klagegrund nur die Begründetheit der Aufnahme des Namens des Klägers in die fraglichen Listen ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der angefochtenen Rechtsakte betrifft, sind noch der zweite und der dritte Klagegrund zu prüfen, um festzustellen, ob diese Rechtsakte, wie der Kläger geltend macht, auch Rückwirkung entfalten, soweit darin festgestellt wird, dass der Kläger die Person gewesen sei, auf die sich die restriktiven Maßnahmen seit dem 23. August 2011 bezogen hätten, und, bejahendenfalls, ob der Rat diesen Rechtsakten zu Recht eine solche Wirkung beigemessen hat.

D.      Zum zweiten Klagegrund und zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit

176    Zur Stützung seines zweiten Klagegrundes trägt der Kläger vor, der Rat habe die angefochtenen Rechtsakte nicht erlassen dürfen, da sie einen unmittelbaren Verstoß gegen das berechtigte Vertrauen darstellten, das dadurch begründet worden sei, dass der Rat in den vorangegangenen zehn Jahren immer wieder bestätigt habe, dass der Kläger nicht die in Zeile 36 der fraglichen Listen aufgeführte Person sei.

177    Mit dem dritten Klagegrund macht der Kläger geltend, die angefochtenen Rechtsakte bezweckten eine unzulässige Rückwirkung und verstießen gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit. Dies sei nicht nur für ihn von Bedeutung, sondern auch für Dritte, die gestützt auf die vom Rat öffentlich gegebenen Zusicherungen, dass er nicht die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person sei, in gutem Glauben mit ihm Geschäfte getätigt hätten.

178    Zum zweiten Klagegrund trägt der Rat vor, dass sich die Rechtsprechung, auf die sich der Kläger für den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufe, nicht auf die Situation des Klägers übertragen lasse, da er nicht Begünstigter eines Rechtsakts des Rates sei. Die Angaben, die zur Identität einer von restriktiven Maßnahmen betroffenen Person gemacht würden, begründeten als solche keine subjektiven Rechte.

179    Zum dritten Klagegrund macht der Rat geltend, dass die angefochtenen Rechtsakte erst am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft getreten seien. Der Kläger habe nicht erläutert, inwiefern diese Rechtsakte Rückwirkung entfalteten, zumal Gelder in der Praxis nicht rückwirkend eingefroren werden könnten. Dieser Klagegrund genüge nicht den Anforderungen von Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und sei schon aus diesem Grund zurückzuweisen.

1.      Zur Zulässigkeit des dritten Klagegrundes

180    Der Rat macht im Wesentlichen geltend, der dritte Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit gerügt werde, sei als unzulässig zurückzuweisen, da der Kläger nicht dargelegt habe, inwiefern die angefochtenen Rechtsakte Rückwirkung entfalteten.

181    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Klageschrift nach Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der gemäß Art. 53 Abs. 1 der Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, und Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung den Streitgegenstand, die geltend gemachten Klagegründe und Argumente sowie eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss. Diese Angaben müssen so klar und genau sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, ermöglicht wird. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt, zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 28. April 1993, De Hoe/Kommission, T‑85/92, EU:T:1993:39, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung). In der Klageschrift ist deshalb darzulegen, worin der Klagegrund besteht, auf den die Klage gestützt wird, so dass seine bloß abstrakte Nennung den Erfordernissen der Verfahrensordnung nicht entspricht. Entsprechende Erfordernisse gelten für eine zur Stützung eines Klagegrundes vorgebrachte Rüge (vgl. Urteil vom 25. März 2015, Belgien/Kommission, T‑538/11, EU:T:2015:188, Rn. 131 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Beschluss vom 27. November 2020, PL/Kommission, T‑728/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:575, Rn. 64).

182    Im vorliegenden Fall macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die angefochtenen Rechtsakte entfalteten Rückwirkung, da sie die rechtliche Lage änderten, in der er sich bis zum Erlass der angefochtenen Rechtsakte befunden habe, nämlich dass er nicht die in Zeile 36 der fraglichen Listen aufgeführte Person gewesen sei.

183    Dies lässt sich insbesondere den Rn. 59 und 60 der Klageschrift entnehmen. Der Kläger hat die Auswirkungen der Rückwirkung der angefochtenen Rechtsakte auf seine rechtliche Lage auch in den Rn. 48 und 49 der Erwiderung erläutert.

184    Der Rat wiederum ist nicht nur in der Klagebeantwortung, sondern auch in der Gegenerwiderung auf das Vorbringen des Klägers eingegangen. In seiner Gegenerwiderung vertritt er außerdem die Ansicht, dass das Vorbringen des Klägers die Umstände des vorliegenden Falls nicht genau wiedergebe, und äußert sich damit zur Begründetheit des Klagegrundes und nicht mehr zu dessen Unzulässigkeit. Im Übrigen ist das Gericht in der Lage, diesen Klagegrund zu prüfen, zu dem insoweit hinreichend genau vorgetragen wurde.

185    Folglich ist der dritte Klagegrund den Vorgaben der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und der Verfahrensordnung entsprechend hinreichend klar und daher zulässig.

2.      Zur Begründetheit des zweiten und des dritten Klagegrundes

186    Nach der Rechtsprechung soll der Grundsatz der Rechtssicherheit, aus dem sich der Grundsatz des Vertrauensschutzes ableiten lässt, die Voraussehbarkeit der unter das Unionsrecht fallenden Tatbestände und Rechtsbeziehungen gewährleisten. Hierzu ist es wesentlich, dass die Unionsorgane die Unantastbarkeit der von ihnen erlassenen Rechtsakte, die die rechtliche und sachliche Lage der Rechtssubjekte berühren, wahren; sie können diese Rechtsakte daher nur unter Beachtung der Zuständigkeits- und Verfahrensregeln ändern (Urteil vom 4. Mai 2016, Andres u. a./EZB, T‑129/14 P, EU:T:2016:267, Rn. 35).

187    Der Kläger ist der Ansicht, dass im vorliegenden Fall mit den angefochtenen Rechtsakten sowohl gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes als auch gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen worden sei, da diese Rechtsakte festlegten, dass sein Name seit dem 23. August 2011 in den fraglichen Listen eingetragen gewesen sei, obwohl der Rat ihn vom Erlass der Rechtsakte von 2011 bis zum Erlass der angefochtenen Rechtsakte nicht als die in Zeile 36 dieser Listen genannte Person angesehen habe.

188    Um festzustellen, ob die angefochtenen Rechtsakte unter Missachtung dieser beiden Grundsätze erlassen wurden, ist daher zunächst zu untersuchen, welche Wirkungen diese Rechtsakte haben, und sodann zu prüfen, ob sie, wie vom Kläger vorgetragen und vom Rat bestritten, Rückwirkung entfalten, indem sie festlegen, dass der Kläger letztlich schon immer die in Zeile 36 der fraglichen Listen aufgeführte Person war, und zwar seit dem Erlass der Rechtsakte von 2011.

a)      Zur Rückwirkung der angefochtenen Rechtsakte

189    In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Rückwirkung eines Rechtsakts in diesem selbst ausdrücklich vorgesehen sein kann, sich aber auch aus seinem Inhalt ergeben kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 1991, Crispoltoni, C‑368/89, EU:C:1991:307, Rn. 17).

190    In den angefochtenen Rechtsakten ist nicht ausdrücklich geregelt, dass sie rückwirkend gelten. Daher ist zu überprüfen, ob sich diese Rückwirkung aus ihrem Inhalt ergibt.

191    Als Erstes ist zu den Rechtsakten von 2021 zunächst festzustellen, dass nach deren zweitem Erwägungsgrund die Angaben zu einer Person, deren Name in den fraglichen Listen eingetragen ist – im vorliegenden Fall die in Zeile 36 genannte Person –, auf den neuesten Stand gebracht werden sollen. Es handelt sich daher nicht um Rechtsakte, mit denen eine erstmalige oder eine erneute Eintragung vorgenommen wird, sondern um Rechtsakte, die ihre Vorgänger fortführen sollen und diese ändern.

192    Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die Anführungszeichen, die den Text im Anhang der Rechtsakte von 2021 umschließen, als eröffnendes Anführungszeichen vor der Ziff. 36 und als schließendes Anführungszeichnen nach dem Zeitpunkt der Aufnahme in die Liste, d. h. dem 23. August 2011, gesetzt sind. Damit wird die gesamte Zeile 36 durch den betreffenden Text ersetzt. Folglich sollte mit den Rechtsakten von 2021, anders als der Rat vorträgt, tatsächlich der 23. August 2011 als das Datum der erstmaligen Aufnahme des Namens des Klägers in die fraglichen Listen festgelegt werden.

193    Schließlich ist, um die Rückwirkung der Rechtsakte von 2021 zu beurteilen, auch die Situation vor deren Erlass mit der Situation nach ihrem Erlass zu vergleichen. Hierzu ist festzustellen, dass die Rechtsakte von 2021 erlassen wurden, nachdem der Rat erkannt hatte, dass ihm hinsichtlich der Identität der in Zeile 36 der fraglichen Listen aufgeführten Person und der Identität des Klägers ein Fehler unterlaufen war. Dies geht aus seinem Schreiben vom 12. Februar 2021 hervor, in dem es heißt, dass „[t]he Council consider[s], after reviewing the information on its file, that [the applicant] is indeed the person listed under entry no 36 in the annexes to the [Decision 2013/255 and Regulation No 36/2012]“ (Der Rat ist nach erneuter Prüfung der in seinen Akten enthaltenen Informationen der Ansicht, dass es sich bei dem Kläger tatsächlich um die in Zeile 36 der Listen im Anhang des Beschlusses 2013/255 und der Verordnung Nr. 36/2012 genannte Person handelt), und mit dem er den Vertretern des Klägers eine Frist einräumt, innerhalb derer sie eine Stellungnahme ihres Mandanten zu den neuen Aufnahmegründen, die der Rat in Bezug auf den Kläger zu beschließen beabsichtigt, abgeben können, wobei es sich genau um die in den Rechtsakten von 2021 genannten Aufnahmegründe handelt.

194    Daraus folgt, dass die Rechtsakte von 2021, indem sie die Zeile 36 der fraglichen Listen so ändern, dass deutlich wird, dass die Änderung den Kläger betrifft, und angesichts des Kontexts, in dem sie erlassen wurden, in Bezug auf die rechtliche Lage des Klägers Rückwirkung entfalten.

195    Dies wird dadurch bestätigt, dass der Rat, wie er sowohl in der Klagebeantwortung als auch in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, mit den Rechtsakten von 2021 die Unklarheiten hinsichtlich der Identität des Klägers beseitigen wollte.

196    Die oben in Rn. 194 gezogene Schlussfolgerung wird durch das Vorbringen des Rates nicht in Frage gestellt.

197    Erstens macht der Rat geltend, die Rechtsakte von 2021 entfalteten keine Rückwirkung, da Gelder nicht rückwirkend eingefroren werden könnten.

198    Es trifft zu, dass Gelder einer Person oder Organisation im Prinzip nur für die Zukunft eingefroren werden können, ebenso wie im Übrigen Beschränkungen der Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nur für die Zukunft ausgesprochen werden können. Würden jedoch im vorliegenden Fall die Wirkungen der Rechtsakte von 2021 allein auf das Einfrieren der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen des Klägers oder gar auf die Beschränkungen der Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten reduziert, würden die Wirkungen, die der Erlass dieser Rechtsakte auf die rechtliche Lage des Klägers insgesamt und insbesondere auf seinen Ruf und sein Ansehen hatte, zu Unrecht außer Acht gelassen.

199    In diesem Sinne wurde bereits anerkannt, dass restriktive Maßnahmen beträchtliche negative Konsequenzen haben und einen bedeutenden Eingriff in die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen darstellen. Neben dem Einfrieren von Geldern oder den Beschränkungen der Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, die als solche durch ihre große Tragweite sowohl das Berufs- als auch das Familienleben der betroffenen Personen zutiefst erschüttern, sind daher auch die Stigmatisierung und das Misstrauen zu berücksichtigen, die mit der öffentlichen Bezeichnung der Betroffenen als mit dem syrischen Regime in Verbindung stehend einhergehen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 6. Juni 2013, Ayadi/Kommission, C‑183/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:369, Rn. 68).

200    Indem der Rat mit den Rechtsakten von 2021 festgelegt hat, dass der Name des Klägers seit den Rechtsakten von 2011 in den fraglichen Listen aufgeführt sei, erklärt er, dass der Kläger seit diesem Zeitpunkt Verbindungen zum syrischen Regime habe und verschiedene Handlungen vorgenommen habe, die es gerechtfertigt hätten, seinen Namen in die Listen aufzunehmen und seitdem dort zu belassen. Eine solche Erklärung genügt, um die rechtliche Lage des Klägers – über das bloße Einfrieren seiner Gelder hinaus – rückwirkend zu ändern.

201    Zum anderen lässt sich im vorliegenden Fall nicht vertreten, dass die Rechtsakte von 2021 keine Rückwirkung in Bezug auf das Einfrieren der Gelder des Klägers entfaltet hätten. Denn wie der Rat in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen ausgeführt hat, bestand eines der mit dem Erlass der Rechtsakte von 2021 verfolgten Ziele darin, die Situation des Klägers vor Erlass dieser Rechtsakte zu klären, und zwar insbesondere wegen des französischen Beschlusses vom 12. Februar 2020, mit dem die Gelder des Klägers auf der Grundlage der Rechtsakte von 2019 eingefroren wurden. Auch wenn es daher praktisch gesehen nicht möglich ist, Gelder in der Vergangenheit einzufrieren, ist es doch möglich, ein in der Vergangenheit erfolgtes Einfrieren von Geldern zu bestätigen, indem die damals bestehende rechtliche Situation der betroffenen Person geändert wird. Folglich haben die Rechtsakte von 2021, indem sie bestätigten, dass es sich bei der in Zeile 36 der fraglichen Listen aufgeführten Person seit dem 23. August 2011 tatsächlich um den Kläger handelte, dessen rechtliche Lage rückwirkend geändert, so dass sie derjenigen entsprach, auf deren Grundlage der französische Beschluss vom 12. Februar 2020 wirksam werden konnte.

202    Zweitens hat der Rat in der Gegenerwiderung und in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, das Dokument WK 4069/2019 INIT, mit dem auch die Aufnahmegründe der Rechtsakte von 2019 belegt wurden, habe bereits Fotos des Klägers enthalten, die seine Identifizierung eindeutig ermöglicht hätten. Nach Ansicht des Rates war der Kläger daher bereits im Jahr 2019 restriktiven Maßnahmen unterworfen.

203    Das Vorbringen des Rates, der Kläger sei bereits im Jahr 2019 restriktiven Maßnahmen unterworfen gewesen, steht jedoch im Widerspruch zu der Tatsache, dass der Rat mit der Berichtigung von 2019 den arabischen Namen der in Zeile 36 der fraglichen Listen genannten Person ändern wollte, damit er mit dem Namen übereinstimmt, der in den Rechtsakten von 2011 in der durch die Rechtsakte vom November 2011 geänderten Fassung enthalten war. Hieraus ist zu schließen, dass der Rat zum Zeitpunkt des Erlasses der Rechtsakte von 2019 weiterhin davon ausging, dass der Kläger, dessen arabischer Name von dem in dieser Berichtigung enthaltenen Namen abwich, nicht die in dieser Zeile aufgeführte Person war. Dies war im Übrigen auch zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses 2020/719 und der Durchführungsverordnung 2020/716 der Fall, die denselben arabischen Namen enthalten.

204    Selbst wenn daher das Dokument WK 4069/2019 INIT, mit dem die Aufnahmegründe der Rechtsakte von 2019 belegt wurden, Informationen enthielt, anhand derer der Kläger als die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person identifiziert werden konnte, ändert dies nichts daran, dass der Rat zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Rechtsakte und bis zum Erlass der Rechtsakte von 2021 davon ausging, dass es sich bei dem Kläger nicht um die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person handelte. Mit dem Erlass der Rechtsakte von 2021 wollte der Rat seinen Fehler korrigieren, indem er eindeutig feststellte, dass der Kläger tatsächlich die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person war, und zwar seit dem 23. August 2011.

205    Folglich kann der Rat nicht behaupten, dass – von seinem Irrtum abgesehen – anzunehmen sei, dass der Kläger bereits vor dem Erlass der Rechtsakte von 2021 restriktiven Maßnahmen unterworfen gewesen sei. Überdies lässt sich eine solche Rechtsauffassung nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten in Einklang bringen, denn wie aus den Schreiben des schweizerischen Staatssekretariats für Wirtschaft vom 2. November 2011 und vom 21. April 2015 hervorgeht, die der Klageschrift als Anlage beigefügt sind, hatte die schweizerische Bank, bei der der Kläger Konten unterhielt, die Gelder, die sie nach dem Erlass der Rechtsakte von 2011 und der nachfolgenden Rechtsakte eingefroren hatte, wieder freigegeben, nachdem sie die Zusicherung erhalten hatte, dass der Kläger nicht die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person sei.

206    Außerdem hat der Rat in der mündlichen Verhandlung erklärt, er habe nach Erhalt des Schreibens vom 23. Juni 2020 eine Untersuchung in die Wege geleitet, um weitere Informationen über den Kläger zu erlangen. Insoweit ist festzustellen, dass der Kläger dieses Schreiben übersandt hatte, um vom Rat die Bestätigung zu erhalten, dass er nicht die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person sei. Diese Bestätigung war für den Kläger wegen des französischen Beschlusses vom 12. Februar 2020 von Bedeutung, mit dem alle in Frankreich ansässigen Banken aufgefordert wurden, seine Gelder einzufrieren. Wie sich dem Schreiben vom 12. Februar 2021 entnehmen lässt und zwischen den Parteien unstreitig ist, erkannte der Rat seinen Fehler, als er von den französischen Behörden weitere Informationen einholte, die dann im Dokument WK 985/2021 INIT wiedergegeben wurden.

207    Mit dem Erlass der Rechtsakte von 2021 wollte der Rat daher tatsächlich die bis dahin bestehende rechtliche Lage des Klägers, nämlich dass er nicht die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person war, ändern. Mit diesen Rechtsakten wollte der Rat den Kläger eindeutig als die Person identifizieren, deren Name seit dem 23. August 2011 in dieser Zeile eingetragen war, und er hat damit ab diesem Zeitpunkt eine Verbindung zwischen dem Kläger und den Handlungen des syrischen Regimes hergestellt, die die Union durch die Einführung eines Systems restriktiver Maßnahmen ahnden wollte.

208    Die Rechtsakte von 2021 entfalten daher Rückwirkung.

209    Als Zweites ist zu den Fortsetzungsrechtsakten von 2022 festzustellen, dass diese, wie im Wesentlichen aus dem dritten Erwägungsgrund des Beschlusses 2022/849 hervorgeht, hinsichtlich des Klägers nur darauf gerichtet waren, die gegen ihn erlassenen restriktiven Maßnahmen bis zum 1. Juni 2023 zu verlängern.

210    Zudem ist festzustellen, dass der Rat nur mit dem Erlass der Rechtsakte von 2021 die Situation der in Zeile 36 der fraglichen Listen genannten Person klären wollte, um anzugeben, dass es sich dabei tatsächlich um den Kläger handele. Mit anderen Worten stellen allein diese Rechtsakte eine Abkehr des Rates von seiner bis dahin vertretenen Auffassung dar. Demgegenüber zielen die Fortsetzungsrechtsakte von 2022 lediglich darauf ab, den Namen des Klägers auf den fraglichen Listen zu belassen. Insofern kann nicht angenommen werden, dass der Rat mit dem Erlass dieser Rechtsakte einen früheren Fehler korrigieren wollte.

211    Daher entfalten die Fortsetzungsrechtsakte von 2022 keine Rückwirkung, so dass der zweite und der dritte Klagegrund zurückzuweisen sind, soweit sie diese Rechtsakte betreffen.

b)      Zum Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes

212    Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es im Allgemeinen, den Beginn der Geltungsdauer eines Rechtsakts der Union auf einen Zeitpunkt vor dessen Veröffentlichung zu legen; dies kann aber ausnahmsweise dann anders sein, wenn ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel es verlangt und das berechtigte Vertrauen der Betroffenen gebührend beachtet ist und wenn aus Wortlaut, Zweck oder Aufbau der betreffenden Unionsvorschriften eindeutig hervorgeht, dass ihnen ein solche Wirkung beizumessen ist (vgl. Urteil vom 19. März 2009, Mitsui & Co. Deutschland, C‑256/07, EU:C:2009:167, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

213    Da oben in Rn. 208 festgestellt wurde, dass aus Inhalt und Zweck der Rechtsakte von 2021 klar hervorgeht, dass sie Rückwirkung entfalten, ist zu prüfen, ob die beiden anderen Voraussetzungen erfüllt sind, die in der oben in Rn. 212 angeführten Rechtsprechung für die Anerkennung der Rückwirkung von Rechtsakten der Union aufgestellt wurden.

214    Daher ist zu prüfen, ob erstens ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel die Rückwirkung der Rechtsakte von 2021 verlangte und zweitens das berechtigte Vertrauen des Klägers gebührend beachtet wurde.

1)      Zum Allgemeininteresse

215    Hinsichtlich der Frage, ob ein Allgemeininteresse der öffentlichen Ordnung besteht, beruft sich der Rat im Wesentlichen darauf, dass mit den restriktiven Maßnahmen im Allgemeininteresse liegende Ziele verfolgt würden, insbesondere das Ziel, die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht zu stärken und zu stützen. In seinen Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung hat der Rat außerdem geltend gemacht, dass er mit dem Erlass der Rechtsakte von 2021 und der Klärung der Situation des Klägers vor dem Erlass dieser Rechtsakte die Rechtssicherheit gewährleistet habe.

216    In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass der Unionsrichter anerkannt hat, dass die überragende Bedeutung der Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit den Erlass restriktiver Maßnahmen rechtfertigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2014, Ezz u. a./Rat, T‑256/11, EU:T:2014:93, Rn. 191).

217    Darüber hinaus verlangt, wie im Übrigen auch der Kläger vorträgt, der Grundsatz der Rechtssicherheit, dass es möglich sein muss, eindeutig festzustellen, wer von den von der Union erlassenen restriktiven Maßnahmen betroffen ist und wer nicht. In den Leitlinien des Rates mit der Überschrift „Bewährte Praktiken der [Europäischen Union] für die wirksame Umsetzung restriktiver Maßnahmen“ vom 4. Mai 2018 wird gerade die Bedeutung dieses Erfordernisses hervorgehoben.

218    Denn nur wenn die Personen und Organisationen eindeutig identifiziert sind, können die Rechtssicherheit und die praktische Wirksamkeit der erlassenen restriktiven Maßnahmen gewährleistet und damit die oben in Rn. 216 genannten Ziele erreicht werden.

219    Unter solchen Umständen und in Anbetracht dessen, dass sich die nationalen Behörden der Mitgliedstaaten auf die vom Rat erlassenen Rechtsakte stützen, wenn sie über das Einfrieren von Geldern von Personen und Organisationen entscheiden, ist es als legitim und erforderlich anzusehen, dass der Rat einen Fehler, der ihm in Bezug auf die Identität einer Person unterlaufen ist, korrigieren und dadurch die Situation einer Person oder Organisation klären kann. Dies trägt nämlich dazu bei, die Verwirklichung der mit den restriktiven Maßnahmen verfolgten Ziele zu gewährleisten, indem zum einen die Verwaltungsbehörden und Dritte eindeutig erkennen können, wer den restriktiven Maßnahmen unterworfen ist, und zum anderen die betroffene Person oder Organisation gegen die sie betreffenden Rechtsakte klagen kann.

2)      Zum berechtigten Vertrauen des Klägers

220    Als Erstes ist festzustellen, dass der Kläger, anders als der Rat behauptet, die Verletzung seines berechtigten Vertrauens weniger darauf stützt, dass der Rat mit den Rechtsakten von 2021 restriktive Maßnahmen gegen ihn erlassen hat, sondern vielmehr darauf, dass der Rat mit dem Erlass der Rechtsakte von 2021 erklärt, dass er tatsächlich die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person sei, und zwar seit dem Erlass der Rechtsakte von 2011.

221    Insoweit macht der Kläger nicht geltend, dass der Rat zu keinem Zeitpunkt berechtigt gewesen sei, seinen Namen in die fraglichen Listen aufzunehmen, sondern vielmehr, dass der Rat, nachdem er zehn Jahre lang bestätigt habe, dass er nicht die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person sei, nicht das Gegenteil behaupten dürfe.

222    Damit unterscheidet sich die Situation des Klägers von den Rechtssachen, in denen die vom Rat angeführten Urteile vom 29. November 2018, National Iranian Tanker Company/Rat (C‑600/16 P, EU:C:2018:966), und vom 3. Mai 2016, Iran Insurance/Rat (T‑63/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:264), ergangen sind, in denen der Gerichtshof bzw. das Gericht im Wesentlichen festgestellt haben, dass die Nichtigerklärung von restriktiven Maßnahmen, die der Rat gegenüber einer Person oder Organisation erlassen hat, durch die Unionsgerichte bei dieser Person oder Organisation kein berechtigtes Vertrauen dahin entstehen lässt, dass der Rat bei Beachtung des Nichtigkeitsurteils zukünftig keinen Beschluss über eine erneute Aufnahme annehmen könnte (Urteil vom 29. November 2018, National Iranian Tanker Company/Rat, C‑600/16 P, EU:C:2018:966, Rn. 51; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 3. Mai 2016, Iran Insurance/Rat, T‑63/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:264, Rn. 152 und 153).

223    Als Zweites streiten die Parteien darüber, ob sich der Kläger im vorliegenden Fall auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen kann.

224    Während sich der Kläger unter Berufung auf die Rechtsprechung zur Rücknahme von Verwaltungsakten als Begünstigter von Rechtsakten des Rates sieht, mit denen dieser bestätigt habe, dass er nicht die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person sei, stellt der Rat dies in Abrede und macht geltend, dass die vom Kläger angeführte Rechtsprechung auf den Sachverhalt der vorliegenden Rechtssache nicht anwendbar sei.

225    Insoweit ist zum einen darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz des Vertrauensschutzes ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, der vom Rat beachtet werden muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Dezember 2015, Veloserviss, C‑427/14, EU:C:2015:803, Rn. 29 und 30).

226    Zum anderen geht aus der oben in Rn. 212 angeführten Rechtsprechung hervor, dass der Grundsatz des Vertrauensschutzes eine der Voraussetzungen ist, die erfüllt sein müssen, damit ein Unionsrechtsakt unter Wahrung des Grundsatzes der Rechtssicherheit Rückwirkung entfalten kann.

227    Schließlich beziehen sich nach der Rechtsprechung die darin aufgestellten Voraussetzungen für das Vorliegen klarer, unbedingter und übereinstimmender Zusicherungen zur Begründung eines berechtigten Vertrauens nur auf die Situation, in der sich ein Einzelner befindet, wenn eine Maßnahme mit sofortiger Wirkung auf ihn angewandt wird, und nicht, wenn diese rückwirkend gilt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. November 2010, HABM/Simões Dos Santos, T‑260/09 P, EU:T:2010:461, Rn. 64). Da die Rückwirkung eines Unionsrechtsakts nämlich nur ausnahmsweise zulässig ist, kann von einem Einzelnen nicht der Nachweis verlangt werden, dass er die Zusicherung erhalten hat, dass seine rechtliche Situation nicht rückwirkend geändert werde.

228    Folglich ist es, anders als der Rat vorträgt, nicht erforderlich, dass der Kläger Adressat von Rechtsakten war, die subjektive Rechte begründen, um sich auf den Schutz des berechtigten Vertrauens berufen zu können.

229    Der Rat kann sich für seine Auffassung nicht auf das Urteil vom 14. September 2017, Petrea (C‑184/16, EU:C:2017:684, Rn. 31 ff.), und die Schlussanträge des Generalanwalts Szpunar in der Rechtssache Petrea (C‑184/16, EU:C:2017:324, Nr. 61 ff.) berufen.

230    In jener Rechtssache lag dem Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen zu der Frage vor, ob die Rücknahme einer in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. 2004, L 158, S. 77, berichtigt in ABl. 2004, L 229, S. 35) vorgesehenen Anmeldebescheinigung einen Verstoß gegen den Grundsatz des Schutzes des berechtigten Vertrauens der Person, der eine solche Bescheinigung erteilt wurde, darstellen kann.

231    Der Gerichtshof hat im Wesentlichen den Standpunkt des Generalanwalts Szpunar bestätigt und festgestellt, dass ein deklaratorischer Rechtsakt wie eine Anmeldebescheinigung als solcher das berechtigte Vertrauen des Betroffenen auf sein Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats nicht begründen kann (Urteil vom 14. September 2017, Petrea, C‑184/16, EU:C:2017:684, Rn. 35).

232    Dementsprechend vertritt der Rat die Ansicht, dass die Informationen zur Identität der in den fraglichen Listen genannten Person nur deklaratorischen Charakter hätten und als solche keine subjektiven Rechte begründen könnten.

233    Damit geht der Rat von der falschen Prämisse aus, dass die Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes stets den Erlass von Rechtsakten voraussetzt, die subjektive Rechte begründen. Diese Voraussetzung lässt sich jedoch der Rechtsprechung und insbesondere dem Urteil vom 14. September 2017, Petrea (C‑184/16, EU:C:2017:684), nicht entnehmen. Denn der Gerichtshof stellt zwar in diesem Urteil fest, dass die Anmeldebescheinigung als solche kein berechtigtes Vertrauen des Betroffenen begründen kann, da es sich um einen deklaratorischen Rechtsakt handelt, führt aber in Rn. 36 des Urteils weiter aus, dass im Ausgangsverfahren außerdem kein in der Vorlageentscheidung beschriebener Umstand den Schluss zulässt, dass die zuständigen Behörden Erwartungen im Hinblick auf das Aufenthaltsrecht des Betroffenen durch klare Zusicherungen geweckt haben, die sie ihm erteilt hätten. Daraus folgt, dass der Gerichtshof keineswegs ausgeschlossen hat, dass der Betroffene – in welcher Form auch immer – von den zuständigen Behörden Zusicherungen erhalten haben könnte, die bei ihm bestimmte Erwartungen geweckt haben, sondern diese Möglichkeit vielmehr anerkannt und geprüft hat, ob es sich in jenem Fall so verhielt.

234    Als Drittes ist daher zu prüfen, ob der Rat das berechtigte Vertrauen des Klägers beachtet hat.

235    Hierzu ist der oben in Rn. 227 angeführten Rechtsprechung zu entnehmen, dass es nicht dem Kläger obliegt, nachzuweisen, dass er klare, unbedingte und übereinstimmende Zusicherungen erhalten hat, die bei ihm ein berechtigtes Vertrauen darin entstehen ließen, dass der Rat keine rückwirkenden Rechtsakte erlassen würde, sondern dass es Sache des Gerichts ist, zu prüfen, ob die Rechtsakte von 2021 unter Beachtung des berechtigten Vertrauens des Klägers erlassen wurden.

236    Bei dieser Prüfung sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

237    Aus den Schreiben des Rates vom 28. Oktober 2011, vom 15. November 2011 und vom 6. Mai 2013 an die Vertreter des Klägers sowie aus der Einrede der Unzulässigkeit, die der Rat in der Rechtssache erhoben hat, in der der Beschluss vom 24. Mai 2012, Assaad/Rat (T‑550/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:266), ergangen ist, geht hervor, dass der Rat vorbehaltlos erklärte, dass der Kläger nicht die in Zeile 36 der fraglichen Listen aufgeführte Person sei. Diese Erklärung wurde durch den Erlass der Rechtsakte von November 2011 sowie der Berichtigungen von 2013 (siehe oben, Rn. 24) und von 2019 bestätigt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Rat die Vertreter des Klägers zu keinem Zeitpunkt um weitere Angaben zur Identität des Klägers gebeten hat und nicht behauptet, dass der Kläger ihm Informationen vorenthalten habe. Der Rat hat mit anderen Worten bis zur Übersendung des Schreibens vom 12. Februar 2021 keinerlei Zweifel daran geäußert, dass der Kläger nicht die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person war.

238    Demzufolge hat der Rat dem Kläger mehrmals bestätigt, dass er nicht die in Zeile 36 der in Rede stehenden Listen aufgeführte Person sei.

239    In diesem Zusammenhang versucht der Rat zu argumentieren, dass jegliche Feststellung zur Identität einer von restriktiven Maßnahmen betroffenen Person nur deklaratorischen Charakter habe, und eine Analogie zwischen der hier vorliegenden Situation und der Situation herzustellen, die dem Urteil vom 25. Januar 2017, Almaz-Antey Air and Space Defence/Rat (T‑255/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:25, Rn. 38 und 39), zugrunde lag. In jener Rechtssache hatte das Gericht jedoch über die Zulässigkeit von Anträgen auf Anpassung der Klageanträge zu entscheiden, die der Kläger im Hinblick auf ein Schreiben des Rates gestellt hatte, in dem dieser erklärt hatte, dass er bei seiner Auffassung bleibe, dass der Kläger weiterhin die Kriterien erfülle, die in dem Beschluss 2014/145/GASP vom 17. März 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2014, L 78, S. 16), und in der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 vom 17. März 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2014, L 78, S. 6), vorgesehen seien, und dass die restriktiven Maßnahmen ihm gegenüber aufrechtzuerhalten seien. Das Gericht hat die Anträge auf Anpassung als unzulässig zurückgewiesen und ausgeführt, dass mit dem fraglichen Schreiben nur die Beurteilung des Rates bestätigt wurde, nicht aber die in seinem Beschluss (GASP) 2015/432 vom 13. März 2015 zur Änderung des Beschlusses 2014/145 (ABl. 2015, L 70, S. 47) und zur Verlängerung der betreffenden Maßnahmen bis zum 15. September 2015 und in seiner Durchführungsverordnung (EU) 2015/427 vom 13. März 2015 zur Durchführung der Verordnung Nr. 269/2014 (ABl. 2015, L 70, S. 1) genannten Aufnahmegründe ersetzt oder geändert werden sollten.

240    Im vorliegenden Fall begehrt der Kläger jedoch nicht die Nichtigerklärung der ihm vom Rat übermittelten Schreiben, sondern er führt sie zum Nachweis dafür an, dass der Rat bei ihm das berechtigte Vertrauen darin begründet habe, dass der Rat ihn nicht als die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person ansehe. Selbst wenn daher mit diesen Schreiben nur die verschiedenen vom Rat erlassenen Rechtsakte bestätigt wurden, ändert dies nichts daran, dass sie dazu beigetragen haben, in Verbindung mit den Rechtsakten beim Kläger eine begründete Erwartung dahin zu wecken, dass er nicht die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person ist. Aufgrund dieser verschiedenen Schreiben, mit denen die vom Rat erlassenen Rechtsakte bestätigt oder angekündigt wurden, und des Ausnahmecharakters der Rückwirkung von Unionsrechtsakten durfte der Kläger daher darauf vertrauen, dass er nicht rückwirkend als die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person angesehen wird.

241    Demnach hat der Rat das berechtigte Vertrauen des Klägers nicht beachtet, als er ihm gegenüber restriktive Maßnahmen mit Rückwirkung erlassen hat.

242    Dieses Ergebnis wird auch nicht durch das weitere Vorbringen des Rates in Frage gestellt.

243    Als Erstes trägt der Rat vor, jede Feststellung zur Identität einer in eine Liste aufgenommenen Person werde auf die in den Akten enthaltenen Tatsacheninformationen gestützt, die es ihm und den Behörden, die die restriktiven Maßnahmen umsetzten, ermöglichten, die betreffende Person zu identifizieren. Mit anderen Worten kann sich nach Ansicht des Rates seine Auffassung in Bezug auf die Identität einer Person je nach den ihm vorliegenden Informationen ändern.

244    Zwar ist zum einen anerkannt, dass der Rat die Identität der Personen und Organisationen, gegen die er restriktive Maßnahmen erlässt, rechtlich hinreichend beweisen kann (vgl. Urteil vom 9. September 2016, Tri Ocean Energy/Rat, T‑719/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:458, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung). Damit hat der Unionsrichter der Schwierigkeit Rechnung getragen, in einem Staat, in dem Bürgerkrieg herrscht und den ein autoritäres Regime regiert, präzisere Beweise zu erlangen. Unter solchen Umständen muss es dem Rat gestattet sein, seine Auffassung in Bezug auf die Identität einer Person oder Organisation in Abhängigkeit von den ihm vorliegenden Beweisen zu ändern.

245    Zum anderen ist, wie oben in Rn. 219 ausgeführt, dem Rat die Möglichkeit zuzugestehen, einen ihm in Bezug auf die Identität einer Person unterlaufenen Fehler zu korrigieren und damit die Situation einer Person oder Organisation zu klären.

246    Allerdings unterliegt das dem Rat oben in Rn. 219 eingeräumte Recht Grenzen – und zwar der Wahrung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes –, deren Einhaltung umso wichtiger ist, als die Folgen für die rechtliche Lage der von den restriktiven Maßnahmen betroffenen Personen und Organisationen nicht unerheblich sind.

247    In diesem Zusammenhang ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass der Rechtsprechung zufolge der Rat, auch wenn restriktive Maßnahmen keine strafrechtlichen Sanktionen sind, nach der oben in Rn. 70 und 71 angeführten Rechtsprechung die Identität der Personen und Organisationen, gegen die er restriktive Maßnahmen erlässt, rechtlich hinreichend beweisen muss. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil bei restriktiven Maßnahmen die rechtlich hinreichende Identifizierung der Adressaten der Rechtsakte durch den Rat eine Vorbedingung für die Aufnahme der Betroffenen in die Listen und die konkrete Prüfung des streitigen Sachverhalts ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2020, Haikal/Rat, T‑189/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:607, Rn. 102).

248    Im Übrigen sollte diese Art von Fehlern so weit wie möglich vermieden werden, da andernfalls die Gefahr besteht, dass die praktische Wirksamkeit der restriktiven Maßnahmen und das Ziel der von der Union geschaffenen rechtlichen Regelung, nämlich Druck auf das syrische Regime auszuüben, indem dessen Finanzierung verhindert wird, beeinträchtigt werden.

249    Der Rat darf somit zwar einen Fehler, der ihm bei der Identifizierung einer von restriktiven Maßnahmen betroffenen Person unterlaufen ist, rückwirkend korrigieren, muss dabei jedoch den Grundsatz des Vertrauensschutzes wahren. Das Vorbringen des Rates ist daher zurückzuweisen.

250    Als Zweites trägt der Rat vor, seine Fehleinschätzung hinsichtlich der Identität der in Zeile 36 der fraglichen Listen genannten Person habe nicht auf einem Mangel an Informationen über die Identität dieser Person beruht, sondern auf einem Mangel an Informationen über die Identität des Klägers.

251    Selbst wenn diesem Vorbringen des Rates gefolgt würde, ist jedoch festzustellen, dass der Rat kein Schreiben vorlegt, das an die Vertreter des Klägers gerichtet worden wäre, um die Situation zu klären. In Anbetracht der Tatsache, dass im vorliegenden Fall, wie oben in Rn. 205 ausgeführt, die Gelder des Klägers im Jahr 2011 und erneut im Jahr 2015 von einer schweizerischen Bank vorübergehend eingefroren wurden, hätte der Rat, wenn er der Auffassung gewesen wäre, dass ihm nicht genügend Informationen zur Identität des Klägers vorliegen, aber schon damals alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel nutzen müssen, um die Situation zu klären. Letzten Endes hat er sich erst nach Erhalt des Schreibens vom 23. Juni 2020, mit dem ihm mitgeteilt wurde, dass der französische Wirtschafts- und Finanzminister den französischen Beschluss vom 12. Februar 2020 erlassen hatte, um die in Frankreich befindlichen Gelder des Klägers einzufrieren, um weitere Informationen bemüht.

252    Im Übrigen kann der Rat in Anbetracht des Erlasses dieses Beschlusses durch die französischen Behörden nicht ernsthaft behaupten, dass der ihm unterlaufene Fehler für den Kläger insofern günstig gewesen sei, als die restriktiven Maßnahmen bis zum Erlass der Rechtsakte von 2021 keine Wirkung entfaltet hätten. Denn dies ist nicht nur teilweise unzutreffend, weil nämlich die französischen Behörden die in Frankreich befindlichen Gelder des Klägers gestützt auf die Rechtsakte von 2019 tatsächlich eingefroren haben. Vor allem aber hat der Fehler des Rates, durch den beim Kläger das berechtigte Vertrauen darin genährt wurde, dass er nicht die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person ist, dazu geführt, dass der Kläger in den zehn Jahren bis zum Erlass der Rechtsakte von 2021 keine Klage auf Nichtigerklärung der verschiedenen Rechtsakte erhob, mit denen sein Name in die Listen aufgenommen und dort belassen wurde. Im Übrigen ist die Möglichkeit, dass der Kläger Klage erhoben hätte, wenn er gewusst hätte, dass er von den Vorgängerrechtsakten der Rechtsakte von 2021 betroffen war, im vorliegenden Fall nicht rein hypothetischer Natur, da der Kläger gegen die Rechtsakte von 2011 Klage erhoben und sich regelmäßig schriftlich an den Rat gewandt hat, um sich bestätigen zu lassen, dass er nicht die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person ist.

253    Das Vorbringen des Rates ist daher zurückzuweisen.

254    Folglich ist festzustellen, dass eine Verletzung des berechtigten Vertrauens des Klägers und ein Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit vorliegen, so dass dem zweiten und dem dritten Klagegrund stattzugeben ist.

E.      Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen die Rechtskraft

255    Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, dass die Frage der Identität der in Zeile 36 der fraglichen Listen genannten Person mit dem Beschluss vom 24. Mai 2012, Assaad/Rat (T‑550/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:266), geklärt worden sei. Das Gericht habe diesen Beschluss auf ausdrücklichen Antrag des Rates erlassen, als der Kläger das Gericht angerufen habe, damit gegenüber Dritten festgestellt werde, dass er keinen restriktiven Maßnahmen unterlegen habe. Der Rat könne dies nicht durch den Erlass der angefochtenen Rechtsakte umgehen.

256    Der Rat ist der Ansicht, die Rechtskraft einer Entscheidung des Unionsrichters, mit der eine frühere Klage abgewiesen wurde, könne nur die Zulässigkeit einer zweiten Klage ausschließen. Das Vorbringen des Klägers zur Rechtskraft einer Entscheidung über die Zulässigkeit des im Jahr 2011 eingeleiteten Verfahrens, mit dem er das Gericht davon abhalten wolle, die vorliegende Rechtssache in der Sache zu prüfen, sei daher zurückzuweisen.

257    Es ist darauf hinzuweisen, dass dem Grundsatz der Rechtskraft sowohl in der Unionsrechtsordnung als auch in den nationalen Rechtsordnungen große Bedeutung zukommt. Zur Gewährleistung des Rechtsfriedens und der Beständigkeit rechtlicher Beziehungen sowie einer geordneten Rechtspflege sollen nach Ausschöpfung des Rechtswegs oder nach Ablauf der entsprechenden Rechtsmittelfristen unanfechtbar gewordene Gerichtsentscheidungen nicht mehr in Frage gestellt werden können (Urteil vom 30. September 2003, Köbler, C‑224/01, EU:C:2003:513, Rn. 38).

258    Der damit verfolgte Zweck besteht in erster Linie darin, zu verhindern, dass widersprüchliche oder gar in Bezug auf ihre Wirkungen miteinander unvereinbare Entscheidungen in der Unionsrechtsordnung nebeneinander bestehen. Deshalb steht die Rechtskraft eines Urteils der Zulässigkeit einer Klage entgegen, wenn die Klage, die zu dem fraglichen Urteil geführt hat, dieselben Parteien und denselben Gegenstand betraf und auf denselben Grund gestützt war (Urteile vom 19. September 1985, Hoogovens Groep/Kommission, 172/83 und 226/83, EU:C:1985:355, Rn. 9, vom 5. Juni 1996, NMB France u. a./Kommission, T‑162/94, EU:T:1996:71, Rn. 37, und vom 25. Juni 2010, Imperial Chemical Industries/Kommission, T‑66/01, EU:T:2010:255, Rn. 197).

259    Die Rechtskraft erstreckt sich daher nicht nur auf den Tenor der gerichtlichen Entscheidung, sondern auch auf die Gründe, die zu dieser Entscheidung geführt haben und diese in dem Sinne tragen, dass sie zur Bestimmung der genauen Bedeutung des Tenors unerlässlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Oktober 2000, Industrie des poudres sphériques/Rat, C‑458/98 P, EU:C:2000:531, Rn. 81, und vom 1. Juli 2009, ThyssenKrupp Stainless/Kommission, T‑24/07, EU:T:2009:236, Rn. 113 und 140).

260    Im vorliegenden Fall streiten die Parteien über die Reichweite der Rechtskraft des Beschlusses vom 24. Mai 2012, Assaad/Rat (T‑550/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:266).

261    Dabei geht es im vorliegenden Fall nicht um die Frage, ob eine Klage gegen Rechtsakte, deren Rechtmäßigkeit das Gericht ganz oder teilweise geprüft hat, unzulässig ist, sondern darum, ob der Rat an den Beschluss vom 24. Mai 2012, Assaad/Rat (T‑550/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:266), gebunden war, als er die angefochtenen Rechtsakte erließ.

262    Insoweit ist die vorliegende Klage, wie oben in Rn. 58 ausgeführt, nicht auf die Nichtigerklärung der Rechtsakte von 2011 gerichtet, sondern nur auf die Nichtigerklärung der angefochtenen Rechtsakte, die am 6. Mai 2021 und am 30. Mai 2022 erlassen wurden.

263    Da die Rechtsakte von 2021 jedoch Rückwirkung entfalten und in den Fortsetzungsrechtsakten von 2022 weiterhin der 23. August 2011 als Datum der erstmaligen Aufnahme des Namens des Klägers in die fraglichen Listen angegeben wird, kommt es zu einem Widerspruch, da einerseits eine rechtskräftig gewordene gerichtliche Entscheidung vorliegt, in der anerkannt wird, dass der Kläger nicht die in den Rechtsakten von 2011 genannte Person ist, und es andererseits später erlassene Rechtsakte des Rates gibt, die das Gegenteil besagen.

264    Indem der Rat in den angefochtenen Rechtsakten erklärt, dass sich die Rechtsakte von 2011 auf den Kläger bezogen, verstößt er gegen den Grundsatz der Rechtskraft des Beschlusses vom 24. Mai 2012, Assaad/Rat (T‑550/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:266). Denn damit bewirkt er, dass in der Unionsrechtsordnung eine Entscheidung und Rechtsakte nebeneinander bestehen, die in Bezug auf ihre Wirkungen widersprüchlich oder gar miteinander unvereinbar sind.

265    Dieses Ergebnis wird auch nicht durch das Vorbringen des Rates in Frage gestellt, das er auf das Urteil vom 13. Februar 2003, Meyer/Kommission (T‑333/01, EU:T:2003:32), stützt.

266    Aus den Rn. 25 und 27 des Urteils vom 13. Februar 2003, Meyer/Kommission (T‑333/01, EU:T:2003:32), geht hervor, dass das Gericht der Ansicht war, dass es in der Rechtssache, in der der Beschluss vom 10. April 2000, Meyer/Kommission und EIB (T‑361/99, EU:T:2000:107), ergangen ist, nicht über die Begründetheit der Klage entschieden und keine Entscheidung tatsächlicher oder rechtlicher Art getroffen hat, an die es in der Rechtssache T‑333/01 gebunden gewesen wäre, so dass der Einwand der Rechtskraft zurückzuweisen war.

267    Der Rat schließt hieraus, dass der Beschluss vom 24. Mai 2012, Assaad/Rat (T‑550/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:266), im Wege der Analogie nicht zu berücksichtigen sei, da er nur die Zulässigkeit der vom Kläger gegen die Rechtsakte von 2011 erhobenen Klage betroffen habe.

268    Der alleinige Umstand, dass die Frage der Identität des Klägers im Rahmen der Zulässigkeit der Klage geklärt wurde und nicht im Rahmen der Begründetheit, ist jedoch unerheblich. Bei der Beurteilung der Rechtskraft einer Entscheidung der Unionsgerichte kommt es nämlich nur darauf an, ob das Gericht eine bestimmte Frage abschließend beantwortet hat. Die Rechtskraft des Beschlusses vom 24. Mai 2012, Assaad/Rat (T‑550/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:266), kann daher nicht allein deshalb durchbrochen werden, weil es sich um einen Beschluss über die Unzulässigkeit handelt.

269    Allerdings hat der Rat die Rechtskraft des Beschlusses vom 24. Mai 2012, Assaad/Rat (T‑550/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:266), nur verletzt, soweit es um die Rechtsakte von 2011 geht. Das Gericht hat nämlich nur in Bezug auf diese Rechtsakte festgestellt, dass es sich bei dem Kläger nicht um die in Zeile 36 der fraglichen Listen genannte Person handelt.

270    Wie der Rat zu Recht geltend macht, kann der Grundsatz der Rechtskraft nicht in der Weise ausgedehnt werden, dass ein Beschluss Fragen regelte, die sich auf eine Gruppe anderer Rechtsakte beziehen, die auf der Grundlage anderer Beweise erlassen wurden und andere Basisrechtsakte betreffen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. November 2018, Bank Tejarat/Rat, C‑248/17 P, EU:C:2018:967, Rn. 76, und vom 23. September 2020, Kaddour/Rat, T‑510/18, EU:T:2020:436, Rn. 92).

271    Folglich kann der Kläger, außer hinsichtlich der Rechtsakte von 2011, nicht geltend machen, dass die angefochtenen Rechtsakte unter Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtskraft erlassen worden seien.

272    Insoweit trifft es zwar zu, dass es, wie der Kläger vorträgt, auf die Frage nach der Identität einer Person im Prinzip nur eine Antwort geben und diese sich im Lauf der Zeit nicht ändern kann, doch ist, wie oben in Rn. 244 ausgeführt, festzustellen, dass der Rat im Zusammenhang mit restriktiven Maßnahmen gegen Syrien die Identität der Personen und Organisationen, gegen die er restriktive Maßnahmen erlässt, rechtlich hinreichend beweisen kann. Da zudem oben in Rn. 219 festgestellt wurde, dass der Rat einen Fehler, der ihm in Bezug auf die Identität einer Person unterlaufen war, korrigieren konnte, ist zu bestätigen, dass die Rechtskraft des Beschlusses vom 24. Mai 2012, Assaad/Rat (T‑550/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:266), nicht auf Rechtsakte ausgedehnt werden kann, die auf Beweise gestützt werden, über die der Rat zum Zeitpunkt des Erlasses der Rechtsakte von 2011 nicht verfügte.

273    Nach alledem ist festzustellen, dass dem fünften Klagegrund stattzugeben ist, soweit mit den angefochtenen Rechtsakten festgestellt wird, dass der Kläger von den Rechtsakten von 2011 betroffen war.

274    Da auch dem ersten, dem zweiten und dem dritten Klagegrund stattgegeben wurde, sind die angefochtenen Rechtsakte für nichtig zu erklären, ohne dass der vierte Klagegrund, mit dem ein „Befugnismissbrauch“ geltend gemacht wird, geprüft zu werden braucht.

F.      Zu den zeitlichen Wirkungen der Nichtigerklärung der angefochtenen Rechtsakte

275    Der Rat hat im Rahmen seines dritten Antrags für den Fall, dass das Gericht die angefochtenen Rechtsakte für nichtig erklären sollte, soweit sie den Kläger betreffen, beantragt, auch anzuordnen, dass die Wirkungen des Beschlusses 2022/849, soweit sie den Kläger betreffen, aufrechterhalten werden, bis die teilweise Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung 2022/840 wirksam wird.

276    Zunächst ist in Bezug auf die Durchführungsverordnung 2022/840 darauf hinzuweisen, dass nach Art. 60 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union abweichend von Art. 280 AEUV die Entscheidungen des Gerichts, mit denen eine Verordnung für nichtig erklärt wird, erst nach Ablauf der in Art. 56 Abs. 1 der Satzung vorgesehenen Rechtsmittelfrist oder, wenn innerhalb dieser Frist ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, nach dessen Zurückweisung wirksam werden.

277    Somit verfügt der Rat, wenn kein Rechtsmittel eingelegt wird, über einen Zeitraum von zwei Monaten zuzüglich einer Entfernungsfrist von zehn Tagen ab der Zustellung des vorliegenden Urteils, um die festgestellten Verstöße zu beheben, indem er gegebenenfalls neue restriktive Maßnahmen gegen den Kläger erlässt.

278    Hinsichtlich des Beschlusses 2022/849 ist hingegen festzustellen, dass dessen Nichtigerklärung grundsätzlich dazu führen müsste, dass der Name des Klägers aus der Liste in Anhang I des Beschlusses 2013/255 entfernt wird.

279    Dass die Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung 2022/840 und diejenige des Beschlusses 2022/849 zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt wirksam werden, kann indessen die Rechtssicherheit ernsthaft beeinträchtigen, da mit den beiden Rechtsakten die gleichen Maßnahmen gegen den Kläger verhängt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. September 2022, LAICO/Rat, T‑627/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:590, Rn. 106).

280    Daraus ergibt sich, dass die Wirkungen des Beschlusses 2022/849 gegenüber dem Kläger bis zum Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist oder, wenn innerhalb dieser Frist ein Rechtsmittel eingelegt wird, bis zur etwaigen Zurückweisung des Rechtsmittels aufrechterhalten werden müssen.

 Kosten

281    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

282    Da der Rat im vorliegenden Fall unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag des Klägers die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

das Gericht (Vierte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Durchführungsbeschluss (GASP) 2021/751 des Rates vom 6. Mai 2021 zur Durchführung des Beschlusses 2013/255/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Syrien, die Durchführungsverordnung (EU) 2021/743 des Rates vom 6. Mai 2021 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 36/2012 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien, der Beschluss (GASP) 2022/849 des Rates vom 30. Mai 2022 zur Änderung des Beschlusses 2013/255/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Syrien und die Durchführungsverordnung (EU) 2022/840 des Rates vom 30. Mai 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 36/2012 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien werden für nichtig erklärt, soweit sie Herrn Nizar Assaad betreffen.

2.      Die Wirkungen des Beschlusses 2022/849 werden gegenüber Herrn Assaad bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist oder, wenn innerhalb dieser Frist ein Rechtsmittel eingelegt wird, bis zur etwaigen Zurückweisung des Rechtsmittels aufrechterhalten.

3.      Der Rat der Europäischen Union trägt die Kosten.

Gervasoni

Madise

Nihoul

Frendo

 

      Martín y Pérez de Nanclares

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 8. März 2023.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis

I. Vorgeschichte des Rechtsstreits und Sachverhalt nach Klageerhebung

II. Anträge der Parteien

III. Rechtliche Würdigung

A. Zum Gegenstand und zum Umfang der vorliegenden Klage

B. Zur Zulässigkeit der vom Kläger im Rahmen der Erwiderung vorgelegten Beweise

C. Zum ersten Klagegrund: Beurteilungsfehler

1. Einleitende Erwägungen

2. Zu den Gründen für die Aufnahme und zur Bestimmung der Aufnahmekriterien

3. Zu den Beweisen

4. Zur Verlässlichkeit und Relevanz der Beweise

5. Zu den Aufnahmegründen

a) Zum Status eines führenden, in Syrien tätigen Geschäftsmanns

1) Zu den wirtschaftlichen Interessen des Klägers

2) Zu den Posten des Klägers in mehreren handelsbezogenen Einrichtungen

3) Ergebnis in Bezug auf den Status des Klägers als führender, in Syrien tätiger Geschäftsmann

b) Zu den Verbindungen zu Mitgliedern der Familien Assad und Makhlouf

1) Zu den Verbindungen zu Mitgliedern der Familie Makhlouf

2) Zu den Verbindungen des Klägers zu Mitgliedern der Familie Assad

3) Ergebnis in Bezug auf die Verbindungen des Klägers zu Mitgliedern der Familien Makhlouf und Assad

c) Zur Verbindung mit dem syrischen Regime

6. Ergebnis in Bezug auf den ersten Klagegrund, mit dem Beurteilungsfehler geltend gemacht werden

D. Zum zweiten Klagegrund und zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit

1. Zur Zulässigkeit des dritten Klagegrundes

2. Zur Begründetheit des zweiten und des dritten Klagegrundes

a) Zur Rückwirkung der angefochtenen Rechtsakte

b) Zum Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes

1) Zum Allgemeininteresse

2) Zum berechtigten Vertrauen des Klägers

E. Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen die Rechtskraft

F. Zu den zeitlichen Wirkungen der Nichtigerklärung der angefochtenen Rechtsakte

Kosten



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