T-42/17 – VR-Bank Rhein-Sieg / CRU
BESCHLUSS DES PRÄSIDENTENDER ACHTEN KAMMER DES GERICHTS
17. Oktober 2017(*)
„Vertraulichkeit – Von der Streithelferin erhobene Einwendungen“
In der Rechtssache T‑42/17
VR-Bank Rhein-Sieg eG mit Sitz in Siegburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte H. Berger und K. Rübsamen,
Klägerin,
gegen
Einheitlicher Abwicklungsausschuss, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Martin‑Ehlers, S. Raes, A. Kopp und T. Van Dyck,
Beklagter,
unterstützt durch
Europäische Kommission, vertreten durch K.‑Ph. Wojcik und A. Steiblytė als Bevollmächtigte,
Streithelferin,
betreffend einen auf Art. 263 AEUV gestützten Antrag auf Nichtigerklärung des Beschlusses des Einheitlichen Abwicklungsausschussesvom 15. April 2016 über die 2016 im Voraus erhobenen Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds (SRB/ES/SRF/2016/06) und des Beschlusses des Einheitlichen Abwicklungsausschusses vom 20. Mai 2016 über die Anpassung der 2016 im Voraus erhobenen Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds, in Ergänzung des Beschlusses des Einheitlichen Abwicklungsausschusses vom 15. April 2016 über die 2016 im Voraus erhobenen Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds (SRB/ES/SRF/2016/13), soweit diese Beschlüsse die Beiträge der Klägerin betreffen,
erlässt
DER PRÄSIDENT DER ACHTEN KAMMER DES GERICHTS
folgenden
Beschluss
Verfahren
1 Mit am 25. Januar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift hat die Klägerin, die VR-Bank Rhein-Sieg eG, eine Klage auf Nichtigerklärung der Beschlüsse des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (im Folgenden: Ausschuss) vom 15. April 2016 über die 2016 im Voraus erhobenen Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds (SRB/ES/SRF/2016/06) und vom 20. Mai 2016 über die Anpassung der 2016 im Voraus erhobenen Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds, in Ergänzung des Beschlusses vom 15. April 2016 (SRB/ES/SRF/2016/13) (im Folgenden: angefochtene Beschlüsse) erhoben, soweit diese Beschlüsse die Beiträge der Klägerin betreffen.
2 Mit am 25. April 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die Europäische Kommission beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelferin zur Unterstützung des Beklagten, dem Ausschuss, zugelassen zu werden.
3 Der Streithilfeantrag ist den Hauptparteien gemäß Art. 144 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts zugestellt worden.
4 Mit Schreiben vom 16. Mai 2017 hat die Klägerin nach Art. 144 Abs. 5 und 7 der Verfahrensordnung beantragt, bestimmte vertrauliche Angaben in den Akten von der Übermittlung an die Streithelferin auszunehmen, und für die Übermittlung eine nicht vertrauliche Fassung der betreffenden Verfahrensschriftstücke vorgelegt.
5 Mit Beschluss des Präsidenten der Achten Kammer des Gerichts vom 26. Juni 2017 ist die Europäische Kommission als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Beklagten zugelassen worden. Die Entscheidung über den Antrag auf vertrauliche Behandlung ist vorbehalten worden.
6 Außerdem ist der Streithelferin eine nicht vertrauliche Fassung aller den Hauptparteien zugestellten Verfahrensschriftstücke übermittelt worden.
7 Die Streithelferin hat mit am 12. Juli 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schreiben gegen den Antrag auf vertrauliche Behandlung Einwendungen erhoben.
Zum Antrag auf vertrauliche Behandlung
Gegenstand des Antrags auf vertrauliche Behandlung
8 Mit Schreiben vom 16. Mai 2017 hat die Klägerin beantragt, Folgendes gegenüber der Streithelferin vertraulich zu behandeln:
– die nachfolgend näher bezeichneten Angaben in den Rn. 40 bis 43 der von der Klägerin am 16. Mai 2017 eingereichten Erwiderung und
– die als Anlagen C.7 bis C.9 zur Erwiderung vom 16. Mai 2017 eingereichten Unterlagen.
Die Rn. 40 bis 43 der Erwiderung vom 16. Mai 2017
9 Zum Nachweis der Qualität ihres vom Ausschuss für die Berechnung ihres Beitrags zu berücksichtigenden Risikoprofils habe die Klägerin in den Rn. 40 bis 43 der Erwiderung vom 16. Mai 2017 nähere Angaben sowohl zu ihrer Einstufung in den Klassifizierungssystemen der Sicherungseinrichtung des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e. V. (BVR) (im Folgenden: BVR-SE) und der BVR Institutssicherung GmbH (im Folgenden: BVR-ISG) als auch zu den damit verbundenen Folgen gemacht.
10 Diese Angaben seien gegenüber der Streithelferin vertraulich zu behandeln, denn das Statut der BVR-SE bestimme die streng vertrauliche Behandlung der Klassifizierung der der BVR-SE angehörigen Institute. Nach § 38 des Statuts der BVR-SE in Verbindung mit Ziff. 1b Buchst. e der Verfahrensregeln zu diesem Statut sei die Weitergabe der Klassifizierungsergebnisse an Dritte mit wenigen Ausnahmen untersagt.
11 Die Streithelferin zähle nicht zu den in der oben in Rn. 10 angeführten Bestimmung benannten Stellen, an die die Klassifizierung eines Primärinstituts, wie der Klägerin, ausnahmsweise bekannt gegeben werden dürfte.
12 Zudem habe die Klägerin in Rn. 42 der Erwiderung Angaben zu ihrem Klassifizierungsergebnis im System der BVR-ISG gemacht, das auf von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) vorgegebenen Kennzahlen beruhe. Die Kennzahlen bzw. Daten, aus denen sich die Kennzahlen der Klägerin zusammensetzten oder errechneten, zählten zu deren Geschäftsgeheimnissen.
13 Die Satzung der BVR-ISG regle die vertrauliche Behandlung u. a. der Geschäftsgeheimnisse der dem institutsbezogenen Sicherungssystem angehörigen Institute. Nach § 8 Abs. 1 dieser Satzung sei die Weitergabe der Klassifizierungsergebnisse an Dritte, wie in Bezug auf die BVR-SE, mit wenigen Ausnahmen untersagt.
14 Die Streithelferin zähle nicht zu den in § 8 Abs. 1 Satz 3 der Satzung der BVR-ISG benannten Stellen, an die die Klassifizierung der Klägerin ausnahmsweise weitergegeben werden dürfte.
15 Daher seien diese Angaben vertraulich zu behandeln.
Anlagen C.7 bis C.9 zur Erwiderung vom 16. Mai 2017
16 Bei den der Erwiderung vom 16. Mai 2017 als Anlagen C.7 bis C.9 beigefügten Unterlagen handle es sich um die Klassifizierungsergebnisse der Klägerin gemäß § 3a des Statuts der BVR-SE für die Jahre 2014 und 2015 bzw. das Klassifizierungsergebnis der Klägerin gemäß der Satzung der BVR-ISG für das Jahr 2015.
17 Aus den oben in den Rn. 9 bis 15 dargestellten Gründen seien diese Angaben vertraulich zu behandeln.
Gegenstand der Einwendungen der Streithelferin gegen den Antrag auf vertrauliche Behandlung
18 Die Streithelferin tritt der Begründung, auf die die Klägerin ihren Antrag auf vertrauliche Behandlung gestützt hat, entgegen. Die Streithelferin bringt vor, dass die Klägerin lediglich behaupte, jedoch in keiner Weise substantiiert begründe, warum und auf welcher Grundlage die von ihr als vertraulich angesehenen Informationen tatsächlich Geschäftsgeheimnisse seien.
19 Allein aus dem Statut der BVR-SE oder aus der Satzung der BVR-ISG lasse sich nicht ableiten, dass die Informationen, die die Klägerin als vertraulich behandelt wissen wolle, tatsächlich vertraulich seien. Bei diesen Texten handle es sich um privatrechtliche Vereinbarungen, deren Bestimmungen lediglich die Gesellschafter bänden.
20 Darüber hinaus halte die Klägerin die zur Rechtfertigung der Vertraulichkeit herangezogenen Bestimmungen selbst nicht ein. Denn zum einen sei die Klägerin nicht der BVR und zum anderen gehörten weder das Gericht noch der Beklagte zum Kreis der Einrichtungen, die in diesen Bestimmungen genannt seien. Indem die Klägerin die von ihr als vertraulich angesehenen Informationen dem Gericht und dem Beklagten bekannt gemacht habe, habe sie somit gegen die fraglichen Bestimmungen verstoßen.
21 Die Streithelferin folgt in Bezug auf § 8 Abs. 1 der Satzung der BVR-ISG einem ähnlichen Denkansatz. Sie stellt die Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf die Klägerin in Frage. Des Weiteren sei auch hier das Gericht nicht als eine der Stellen genannt, an die bestimmte Informationen weitergegeben werden dürften, so dass die Klägerin mit der Bekanntgabe solcher Informationen an das Gericht ohnehin gegen die Bestimmung verstoßen haben dürfte.
22 Schließlich weist die Streithelferin darauf hin, dass sie Vorschriften über das Berufsgeheimnis unterliege, die mindestens denjenigen gleichwertig seien, die auf den Beklagten selbst Anwendung fänden.
23 Daher sei der Antrag auf vertrauliche Behandlung abzulehnen.
Würdigung des Antrags auf vertrauliche Behandlung
Grundsätzliche Erwägungen
24 Nach Art. 144 Abs. 7 der Verfahrensordnung sind, wenn „dem Antrag auf Zulassung zur Streithilfe stattgegeben [wird], … dem Streithelfer alle den Hauptparteien zugestellten Verfahrensschriftstücke zu übermitteln, gegebenenfalls mit Ausnahme der vertraulichen Angaben, die nach Absatz 5 von der Übermittlung ausgenommen sind“.
25 Diese Vorschrift stellt den Grundsatz auf, dass alle den Hauptparteien zugestellten Verfahrensschriftstücke den Streithelfern zu übermitteln sind, und gestattet es nur als Ausnahme, bestimmte vertrauliche Unterlagen oder Angaben von dieser Übermittlung auszunehmen (vgl. Beschluss vom 21. September 2015, Deloitte Consulting/Kommission, T‑688/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:745, Rn. 11 und die dort angeführte Rechtsprechung).
26 Insoweit sieht erstens Nr. 221 der Praktischen Durchführungsbestimmungen zur Verfahrensordnung des Gerichts vor, dass die Partei, die einen Antrag auf vertrauliche Behandlung stellt, die betreffenden Angaben oder Abschnitte genau zu bezeichnen hat und dass der Antrag für jede dieser Angaben oder Abschnitte eine Begründung ihres vertraulichen Charakters enthalten muss. Fehlt es daran, kann dies die Zurückweisung des Antrags durch das Gericht rechtfertigen.
27 Zweitens entscheidet der Präsident des Spruchkörpers, wenn eine Partei einen Antrag auf vertrauliche Behandlung stellt, nur über die Vertraulichkeit der Aktenstücke und Angaben, hinsichtlich deren Einwendungen gegen den Antrag erhoben werden (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 22. Februar 2005, Hynix Semiconductor/Rat, T‑383/03, EU:T:2005:57, Rn. 36).
28 Einwendungen des Streithelfers gegen die Vertraulichkeit müssen sich auf in den Aktenstücken enthaltene genaue Angaben, die geschwärzt worden sind, beziehen und die Gründe angeben, aus denen seiner Ansicht nach für diese Angaben eine vertrauliche Behandlung abgelehnt werden muss. Daher ist einem Antrag auf vertrauliche Behandlung stattzugeben, soweit er Angaben betrifft, hinsichtlich deren vom Streithelfer keine oder keine ausdrücklichen und präzisen Einwendungen erhoben worden sind (vgl. Beschluss vom 5. Oktober 2012, Orange/Kommission, T‑258/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:524, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).
29 Drittens ist es, wenn gegen einen Antrag auf vertrauliche Behandlung Einwendungen erhoben werden, Sache des Präsidenten des Spruchkörpers, zunächst zu prüfen, ob die Aktenstücke und Angaben, deren Vertraulichkeit bestritten wird und deren vertrauliche Behandlung beantragt worden ist, jeweils vertraulich sind (Beschlüsse vom 22. Februar 2005, Hynix Semiconductor/Rat, T‑383/03, EU:T:2005:57, Rn. 38, und vom 5. Oktober 2012, Orange/Kommission, T‑258/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:524, Rn. 22).
30 Ob die Pflicht der Hauptparteien, den Antrag auf vertrauliche Behandlung zu begründen, erfüllt ist, ist in Bezug auf die Vertraulichkeit jedes einzelnen Aktenstücks und jeder einzelnen Angabe zu beurteilen. Es ist nämlich zu unterscheiden zwischen den Angaben, die ihrem Wesen nach geheim sind, wie etwa Geschäftsgeheimnisse wirtschaftlicher, wettbewerbsrechtlicher, finanzieller oder buchhalterischer Art, oder die ihrem Wesen nach vertraulich sind, wie etwa reine Geschäftsinterna, einerseits und Aktenstücken oder Angaben, die aus Gründen, die vom Antragsteller vorzutragen sind, vertraulich sein können, andererseits (Beschlüsse vom 22. Februar 2005, Hynix Semiconductor/Rat, T‑383/03, EU:T:2005:57, Rn. 34, und vom 5. Oktober 2012, Orange/Kommission, T‑258/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:524, Rn. 23).
31 Somit kann der vertrauliche Charakter von Aktenstücken oder Angaben, für die über die Beschreibung ihres Inhalts hinaus keine weitere Begründung geliefert wird, nur anerkannt werden, soweit sie als ihrem Wesen nach vertraulich angesehen werden können (Beschlüsse vom 18. November 2008, Zhejiang Harmonic Hardware Products/Rat, T‑274/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:508, Rn. 25, und vom 14. Oktober 2009, vwd Vereinigte Wirtschaftsdienste/Kommission, T‑353/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:402, Rn. 17).
32 Kommt, viertens, der Präsident des Spruchkörpers aufgrund seiner Prüfung zu dem Ergebnis, dass bestimmte Aktenstücke und Angaben, deren Vertraulichkeit bestritten wird, vertraulich sind, so nimmt er in einem zweiten Schritt jeweils eine Würdigung und Abwägung der Interessen vor (Beschlüsse vom 22. Februar 2005, Hynix Semiconductor/Rat, T‑383/03, EU:T:2005:57, Rn. 42, und vom 14. Oktober 2009, vwd Vereinigte Wirtschaftsdienste/Kommission, T‑353/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:402, Rn. 24).
33 Wird die vertrauliche Behandlung im Interesse einer der Hauptparteien beantragt, wägt der Präsident des Spruchkörpers somit für jedes dieser Aktenstücke oder jede dieser Angaben das berechtigte Interesse der betreffenden Hauptpartei daran, dass ihre Interessen nicht ernsthaft verletzt werden, gegen das ebenso berechtigte Interesse der Streithelfer ab, über die für die Ausübung ihrer Verfahrensrechte erforderlichen Angaben zu verfügen (Beschlüsse vom 22. Februar 2005, Hynix Semiconductor/Rat, T‑383/03, EU:T:2005:57, Rn. 44, und vom 14. Oktober 2009, vwd Vereinigte Wirtschaftsdienste/Kommission, T‑353/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:402, Rn. 25).
34 Zudem müssen die Hauptparteien aufgrund der Tatsache, dass es sich um ein streitiges und öffentliches Verfahren handelt, damit rechnen, dass sich bestimmte vertrauliche Schriftstücke oder Angaben, die sie zu den Akten geben wollten, als für die Ausübung der Verfahrensrechte der Streithelfer erforderlich erweisen und diesen folglich übermittelt werden müssen (vgl. entsprechend Beschlüsse vom 14. September 2016, The Goldman Sachs Group/Kommission, T‑419/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:711, Rn. 37, und vom 22. Februar 2005, Hynix Semiconductor/Rat, T‑383/03, EU:T:2005:57, Rn. 46).
35 Der im vorliegenden Fall gestellte Antrag auf vertrauliche Behandlung ist anhand dieser Grundsätze zu prüfen.
Zum Antrag auf vertrauliche Behandlung, gegen den die Streithelferin Einwendungen erhoben hat
36 Wie oben in den Rn. 8 bis 17 dargestellt, bezieht sich der Antrag auf vertrauliche Behandlung erstens auf die Rn. 40 bis 43 der Erwiderung und zweitens auf die Anlagen C.7 bis C.9 zur Erwiderung.
37 Die Klägerin hat die Begründung ihres Antrags auf vertrauliche Behandlung weitgehend auf die Bestimmungen des Statuts der BVR-SE und der Satzung der BVR-ISG gestützt, nach denen es ihr verwehrt sei, der Streithelferin die oben in Rn. 36 genannten Aktenstücke und Angaben zu übermitteln.
38 In Übereinstimmung mit der Streithelferin ist anzumerken, dass es sich sowohl beim Statut der BVR-SE als auch bei der Satzung der BVR-ISG um privatrechtliche Vereinbarungen handelt, deren Bestimmungen lediglich die Gesellschafter binden. Diese Vereinbarungen können daher im vorliegenden Fall der Streithelferin nicht entgegengehalten werden und sind für den Präsidenten des Spruchkörpers nicht bindend.
39 Nach ständiger Rechtsprechung ist der Präsident des Spruchkörpers nämlich nicht durch die Vertraulichkeitsabsprache zwischen der Klägerin und einem nicht am Rechtsstreit beteiligten Dritten gebunden, die sich auf in den Schriftsätzen enthaltene, diesen Dritten betreffende Aktenstücke und Angaben bezieht (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse vom 28. Januar 2016, BSCA/Kommission, T‑818/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:75, Rn. 38, und vom 22. Februar 2005, Hynix Semiconductor/Rat, T‑383/03, EU:T:2005:57, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).
40 Es ist jedoch festzustellen, dass die Klägerin im Wesentlichen die Auffassung vertritt, die oben in den Rn. 8 bis 17 genannten Aktenstücke und Angaben fielen unter das Geschäftsgeheimnis.
41 Diese Aktenstücke und Angaben enthalten nämlich genaue Hinweise auf die Einstufung der Klägerin innerhalb der Klassifizierungssysteme der BVR-SE und der BVR-ISG. Im Besonderen enthalten die Anlagen C.7 bis C.9 zur Erwiderung etliche Zahlen und buchhalterische Daten, die unter das Geschäftsgeheimnis fallen und daher ihrem Wesen nach vertraulich sind. Dasselbe gilt für die Ergebnisse der von der BVR-SE und der BVR-ISG aufgrund dieser Daten durchgeführten Prüfungen, die sich in den in den Rn. 40 bis 43 der Erwiderung angesprochenen Einstufungen wiederfinden.
42 Da es sich um Daten handelt, die ihrem Wesen nach vertraulich sind, ist zum Nachweis ihrer Vertraulichkeit über die Beschreibung ihres Inhalts hinaus keine weitere Begründung erforderlich (Beschlüsse vom 18. November 2008, Zhejiang Harmonic Hardware Products/Rat, T‑274/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:508, Rn. 25, und vom 14. Oktober 2009, vwd Vereinigte Wirtschaftsdienste/Kommission, T‑353/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:402, Rn. 17).
43 Nachdem für jedes der fraglichen Aktenstücke bzw. jede der fraglichen Angaben das berechtigte Interesse der Klägerin daran, dass ihre Interessen nicht ernsthaft verletzt werden, gegen das ebenso berechtigte Interesse der Streithelferin, über die für die Ausübung ihrer Verfahrensrechte erforderlichen Angaben zu verfügen, abgewogen worden ist, ist dem Antrag auf vertrauliche Behandlung der fraglichen Aktenstücke und Angaben stattzugeben, da deren Übermittlung nicht erkennbar unerlässlich ist, um der Streithelferin die Ausübung ihrer Verfahrensrechte zu ermöglichen.
Aus diesen Gründen hat
DER PRÄSIDENT DER ACHTEN KAMMER DES GERICHTS
beschlossen:
1. Dem Antrag auf vertrauliche Behandlung gegenüber der Europäischen Kommission wird in Bezug auf Folgendes stattgegeben:
– die Angaben in den Rn. 40 bis 43 der Erwiderung vom 16. Mai 2017 und
– die als Anlagen C.7 bis C.9 zur Erwiderung vom 16. Mai 2017 eingereichten Unterlagen.
2. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.
Luxemburg, den 17. Oktober 2017
Der Kanzler |
Der Präsident |
E. Coulon |
A. M. Collins |
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