T-318/23 – J&B/ EUIPO – Ergün (J&B BRO)

T-318/23 – J&B/ EUIPO – Ergün (J&B BRO)

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:T:2024:70

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

7. Februar 2024 (*)

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionsbildmarke J&B BRO – Ältere Unionsbildmarken 4BRO – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Zeichenähnlichkeit – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001“

In der Rechtssache T‑318/23,

J&B Ltd mit Sitz in Road Town (Britische Jungferninseln), vertreten durch Rechtsanwalt C. Thomas und Rechtsanwältin B. Reiter,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch S. Scardocchia und A. Ringelhann als Bevollmächtigte,

Beklagter,

anderer Beteiligter im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO:

Engin Ergün, wohnhaft in Dortmund (Deutschland),

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. Kornezov (Berichterstatter) sowie der Richter D. Petrlík und K. Kecsmár,

Kanzler: V. Di Bucci,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und der Entscheidung, gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragt die Klägerin, die J&B Ltd, die Aufhebung der Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 12. April 2023 (Sache R 2012/2022-1) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

 Sachverhalt

2        Am 22. September 2020 meldete die Klägerin, die J&B Ltd, beim EUIPO eine Unionsmarke für folgendes Bildzeichen an:

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3        Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 32 und 34 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 32: „Energydrinks“;

–        Klasse 34: „Zigaretten; Zigarren; Filterzigaretten; Tabakpfeifen; Tabakbeutel; Tabakdosen; Feuerzeuge für Raucher; Zigaretten aus Tabakersatzstoffen, nicht für medizinische Zwecke; Zigarettenetuis, ‑dosen; Kräuter zum Rauchen; Zigarettenfilter“.

4        Am 4. Februar 2021 legte Herr Engin Ergün Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 genannten Waren ein.

5        Der Widerspruch war u. a. auf zwei identische Marken gestützt, deren Eintragung am 24. Juni 2020 beantragt wurde. Zum einen ist dies die am 16. Juni 2021 unter der Nr. 18 461 989 u. a. für die Waren „Tabak; Raucherartikel, Streichhölzer“ der Klasse 34 eingetragene Unionsbildmarke 4BRO und zum anderen die am 23. Februar 2022 unter der Nr. 18 260 881 u. a. für „Biere, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirup und andere [Präparate] für die Zubereitung von Getränken“ der Klasse 32 eingetragene Unionsbildmarke 4BRO (im Folgenden zusammen: ältere Marken). Die für diese beiden Marken identische grafische Darstellung ist nachstehend wiedergegeben.

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6        Als Widerspruchsgrund wurde das in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) genannte Eintragungshindernis angeführt.

7        Am 16. August 2022 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch statt.

8        Am 17. Oktober 2022 legte die Klägerin beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

9        Die Beschwerdekammer wies die Beschwerde mit der angefochtenen Entscheidung zurück.

 Anträge der Parteien

10      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        die Entscheidung der Widerspruchsabteilung aufzuheben und folglich den Widerspruch zurückzuweisen;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

11      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        im Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung die Klägerin zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Begründetheit

12      Die Klägerin macht im Wesentlichen als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 geltend.

13      Gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Die Gefahr von Verwechslungen schließt dabei die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

14      Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr umfassend, entsprechend der Wahrnehmung der Zeichen und der Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen Zeichenähnlichkeit und Produktähnlichkeit zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

15      Für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass eine Identität oder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken und eine Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, EU:T:2009:14, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

16      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer darauf hingewiesen, dass es für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr, da die älteren Marken Unionsmarken seien, auf die Auffassung der maßgeblichen Verkehrskreise in der Europäischen Union ankomme. Außerdem stellte sie im Wesentlichen fest, dass die Waren der Klassen 32 und 34 sich an das breite Publikum richteten, das als durchschnittlich informiert, aufmerksam und verständig anzusehen sei. Die Klägerin tritt dieser Definition der maßgeblichen Verkehrskreise nicht entgegen.

17      In den Rn. 19 und 20 der angefochtenen Entscheidung verweist die Beschwerdekammer auf die Begründung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung zum Vergleich der in Rede stehenden Waren, die demnach teilweise identisch und teilweise einander ähnlich sind. Auch der insoweit von der Beschwerdekammer vorgenommenen Würdigung tritt die Klägerin nicht entgegen.

 Zum Vergleich der Zeichen

18      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese Marken hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken bedeutet nicht, dass nur ein Bestandteil einer zusammengesetzten Marke zu berücksichtigen und mit einer anderen Marke zu vergleichen wäre. Vielmehr sind die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein könnten (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

–       Zu den unterscheidungskräftigen und dominierenden Bestandteilen der einander gegenüberstehenden Marken

20      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass der Bestandteil „4BRO“ der älteren Marken und der Wortbestandteil „BRO“ der angemeldeten Marke nur eine sehr geringe oder gar keine Unterscheidungskraft besäßen und daher nicht angenommen werden könne, dass sie den Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Marken dominierten. Somit habe die Beschwerdekammer bei der Annahme, dass den anderen Bestandteilen dieser Marken und insbesondere ihren jeweiligen grafischen Darstellungen beim Vergleich der Zeichen nur eine sehr geringe Bedeutung zukomme, einen Beurteilungsfehler begangen.

21      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

22      Bei der Beurteilung der Frage, ob ein bestimmter oder mehrere bestimmte Bestandteile einer zusammengesetzten Marke dominierend sind, sind die Eigenschaften jedes einzelnen dieser Bestandteile insbesondere in der Weise zu berücksichtigen, dass sie mit den Eigenschaften der anderen Bestandteile verglichen werden. In zweiter Linie kann auch auf die jeweilige Rolle der einzelnen Bestandteile bei der Gesamtgestaltung der zusammengesetzten Marke abgestellt werden (Urteil vom 23. Oktober 2002, Matratzen Concord/HABM – Hukla Germany [MATRATZEN], T‑6/01, EU:T:2002:261, Rn. 35).

23      Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der den einander gegenüberstehenden Marken gemeinsame Wortbestandteil „BRO“ unbestritten zumindest von einem Teil der maßgeblichen Verkehrskreise als eine Abkürzung des englischen Wortes „brother“ („Bruder“ oder „Kumpel“) verstanden wird, während dieselben Verkehrskreise die Zahl „4“ der älteren Marken als Hinweis auf das Wort „for“ („für“) verstehen, so dass diese Verkehrskreise den Wortbestandteil „4BRO“ dahin verstehen, dass er „für Brüder“ oder „für Kumpel“ bedeutet.

24      Selbst wenn man annähme, dass – wie die Klägerin geltend macht – die Unterscheidungskraft des Wortbestandteils „BRO“ der angemeldeten Marke und des Wortbestandteils „4BRO“ der älteren Marke wegen dieser Bedeutung gering sei, bedeutet deren geringe Unterscheidungskraft nicht zwangsläufig, dass sie nicht ein beherrschendes Element sein können, da sie sich insbesondere durch ihre Position in den fraglichen Zeichen oder ihre Größe der Wahrnehmung des Verbrauchers aufdrängen und in sein Gedächtnis einprägen können (Urteil vom 13. Juni 2006, Inex/HABM – Wiseman [Darstellung einer Kuhhaut], T‑153/03, EU:T:2006:157, Rn. 32). Dies gilt umso mehr, als nach der Rechtsprechung die Kriterien, anhand deren die Unterscheidungskraft des Bestandteils einer zusammengesetzten Marke zu beurteilen ist, sich von denen unterscheiden, die den dominierenden Charakter eines solchen Bestandteils betreffen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Oktober 2023, Olimp Laboratories/EUIPO – Schmitzer [HPU AND YOU], T‑511/22, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:673, Rn. 39 und 47 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Erstens ist hier mit der Beschwerdekammer festzustellen, dass es sich bei der angemeldeten Marke um eine Bildmarke handelt, die aus dem Wortbestandteil „BRO“ in Großbuchstaben in einer leicht stilisierten Schriftart besteht. Dieser Bestandteil ist von entscheidender Bedeutung und nimmt eine zentrale Stellung ein, u. a. im Vergleich zum Wortbestandteil „J&B“, der in einer deutlich kleineren Schriftart senkrecht vor dem Wortbestandteil „BRO“ steht, was ihn schwer erkennbar macht. Wie die Beschwerdekammer im Wesentlichen zutreffend ausgeführt hat, erscheint dieser Bestandteil aufgrund seiner Größe und seiner Stellung innerhalb der angemeldeten Marke für deren Gesamteindruck vernachlässigbar und ist praktisch nicht lesbar. Die leichte Stilisierung der Marke ist ebenfalls nur von untergeordneter Bedeutung. Die Beschwerdekammer hat also zutreffend festgestellt, dass im Wesentlichen das Wortelement „BRO“ der dominierende Bestandteil der angemeldeten Marke sei.

26      Zweitens sind die älteren Marken, wie die Beschwerdekammer in Rn. 24 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, identisch und der Wortbestandteil „4BRO“ stellt deren einzigen Wortbestandteil dar; zudem enthalten sie über die leichte Stilisierung hinaus kein Bildelement. Überdies ist die Schriftart, leicht in die Länge gezogene Großbuchstaben, eher üblich. Wie die Beschwerdekammer zutreffend festgestellt hat, sind die beiden senkrechten Striche oberhalb und unterhalb des Buchstaben „B“ kaum wahrnehmbar und daher zu vernachlässigen. Die bei diesen Marken verwendete goldene Schrift als solche vermag den Gesamteindruck nicht zu dominieren, da sie rein dekorative Funktion hat und kein originelles Element ist. Somit ist zum einen das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, wonach der Wortbestandteil „4BRO“ den Gesamteindruck der älteren Marken nicht dominieren könne, und zum anderen hat die Beschwerdekammer ohne Beurteilungsfehler im Wesentlichen festgestellt, dass der grafischen Darstellung der älteren Marken für den von diesen hervorgerufenen Gesamteindruck nur eine sehr geringe Bedeutung zukommt.

–       Zur bildlichen Ähnlichkeit

27      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass aufgrund der Zahl „4“ bei den älteren Marken sowie der Farbe und der Schriftart der einander gegenüberstehenden Marken zwischen diesen allenfalls eine geringe und nicht – wie von der Beschwerdekammer festgestellt – eine zumindest durchschnittliche bildliche Ähnlichkeit angenommen werden könne.

28      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

29      Die Beschwerdekammer hat im vorliegenden Fall (in Rn. 26 der angefochtenen Entscheidung) zutreffend festgestellt, dass die einander gegenüberstehenden Marken in ihrem gemeinsamen Wortbestandteil „BRO“ – dem dominierenden Bestandteil der angemeldeten Marke – übereinstimmen und dass sie sich im Wesentlichen durch die Zahl „4“ der älteren Marken, den Bestandteil „J&B“ bei der angemeldeten Marke sowie durch ihre grafische Gestaltung unterscheiden.

30      Wie oben in den Rn. 25 und 26 ausgeführt, erfüllt die grafische Darstellung der einander gegenüberstehenden Marken eine rein dekorative Funktion. Zudem handelt es sich bei der für die angemeldete Marke verwendeten Schriftart um Großbuchstaben einer Standardschrift, die sich nicht wesentlich von der bei den älteren Marken verwendeten unterscheidet, bei der aber die Großbuchstaben leicht in die Länge gezogen sind.

31      Somit vermögen die grafischen Darstellungen dieser Elemente nicht, die bildliche Ähnlichkeit wesentlich zu verringern, die sich aus dem den einander gegenüberstehenden Marken gemeinsamen Wortbestandteil „BRO“ ergibt, der dominierender Bestandteil der angemeldeten Marke ist und quasi den gesamten einzigen Wortbestandteil der älteren Marken ausmacht.

32      Was den Unterschied betrifft, der in der bei den älteren Marken verwendeten Zahl „4“ besteht, ergibt sich aus Rn. 26 der angefochtenen Entscheidung, anders als von der Klägerin vorgetragen, dass die Beschwerdekammer diesen Bestandteil in Verbindung mit anderen Bestandteilen berücksichtigt hat, um dann eine durchschnittliche bildliche Ähnlichkeit festzustellen. Die Beschwerdekammer kam also gerade wegen der von der Klägerin genannten Unterscheidungsmerkmale zutreffend zu dem Ergebnis, dass die bildliche Ähnlichkeit nur durchschnittlich und nicht erhöht ist.

–       Zur klanglichen Ähnlichkeit

33      In klanglicher Hinsicht führt die Klägerin im Wesentlichen aus, die Beschwerdekammer habe die Aussprache der Zahl „4“ bei den älteren Marken nicht hinreichend berücksichtigt, die ein klares Unterscheidungsmerkmal der einander gegenüberstehenden Marken sei. Insbesondere der Markenanfang werde besonders beachtet und die älteren Marken enthielten zwei Silben, wohingegen die angegriffene Marke nur aus einer Silbe bestehe. Die einander gegenüberstehenden Marken seien somit klanglich unähnlich und nicht, wie von der Beschwerdekammer festgestellt, hochgradig ähnlich.

34      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

35      Im vorliegenden Fall ist daran zu erinnern, dass der Bestandteil „J&B“, wie oben in Rn. 25 ausgeführt, innerhalb der angemeldeten Marke eine vernachlässigbare Stellung hat und kaum lesbar ist. Er wird daher aufgrund seiner Stellung innerhalb dieser Marke und seiner geringen Größe von den maßgeblichen Verkehrskreisen voraussichtlich nicht ausgesprochen. Die Beschwerdekammer hat also in Rn. 27 der angefochtenen Entscheidung ohne Beurteilungsfehler festgestellt, dass die angemeldete Marke von den maßgeblichen Verkehrskreisen mit einer Silbe als „BRO“ ausgesprochen wird. Was die älteren Marken betrifft, so hat die Beschwerdekammer – von der Klägerin unbeanstandet – zutreffend ausgeführt, dass diese mit zwei Silben, „for“ und „BRO“, ausgesprochen werden.

36      Somit ist festzustellen, dass bei der angemeldeten Marke – wie auch die Beschwerdekammer im Wesentlichen ausführt – allein der Wortbestandteil „BRO“ ausgesprochen wird und dieser vollständig in der Aussprache der älteren Marken enthalten ist. Diese haben also mit der angemeldeten Marke eine von zwei Silben gemeinsam. Folglich ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass die einander gegenüberstehenden Marken klanglich unterschiedlich seien.

37      Wie aber die Klägerin geltend macht, verdoppelt sich die Anzahl der Silben der älteren Marken durch die dem Wort „BRO“ hinzugefügte Zahl „4“ – als „for“ ausgesprochen – im Vergleich zur angemeldeten Marke, wodurch sich der Grad der klanglichen Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken abschwächt.

38      Vor diesem Hintergrund besteht zwischen den einander gegenüberstehenden Marken nur durchschnittliche Ähnlichkeit und nicht, wie von der Beschwerdekammer in Rn. 27 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, hohe Ähnlichkeit.

–       Zur begrifflichen Ähnlichkeit

39      Nach Auffassung der Klägerin ergibt sich durch die den älteren Marken hinzugefügte Zahl „4“ begrifflich ein klarer Unterschied zwischen den einander gegenüberstehenden Marken. Zwischen den Marken bestehe keine hohe, sondern geringe begriffliche Ähnlichkeit, was auch die Beschwerdekammer festgestellt habe, da die angemeldete Marke „Bruder“ oder „Kumpel“ bedeute, während die älteren Marken „für Brüder“ oder „für Kumpel“ bedeute.

40      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

41      Erstens bestreitet die Klägerin nicht, dass der Bestandteil „J&B“ der angemeldeten Marke beim begrifflichen Vergleich vernachlässigbar ist.

42      Zweitens hat die Beschwerdekammer zutreffend und von der Klägerin unbestritten ausgeführt, dass die einander gegenüberstehenden Marken in der Bedeutung ihres Bestandteils „BRO“ übereinstimmten, der als „Bruder“ oder „Kumpel“ verstanden werde.

43      Soweit die Klägerin jedoch geltend macht, die einander gegenüberstehenden Marken würden nur einen geringen Grad an begrifflicher Ähnlichkeit aufweisen, weil die älteren Marken „für Brüder“ oder „für Kumpel“ bedeuteten, während die angemeldete Marke lediglich auf den Begriff „Bruder“ oder „Kumpel“ hinweise, ist festzustellen, dass diese beiden begrifflichen Bedeutungen sich nicht grundlegend unterscheiden. Denn alle beide weisen im Wesentlichen auf denselben Begriff hin, entweder auf Brüderlichkeit oder auf Freundschaft.

44      Unter diesen Umständen hat die Beschwerdekammer ohne Beurteilungsfehler festgestellt, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Marken ein hoher Grad der begrifflichen Ähnlichkeit besteht.

 Zur Kennzeichnungskraft der älteren Marken

45      Die Klägerin beanstandet die Feststellung der Beschwerdekammer, wonach die älteren Marken durchschnittliche Kennzeichnungskraft hätten. Sie macht insoweit als Erstes geltend, dass der Wortbestandteil „4BRO“ von den maßgeblichen Verkehrskreisen nur als bloßer Werbeslogan wahrgenommen werde, ihm daher die Unterscheidungskraft fehle und er „gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b [der Verordnung 2017/1001] zu beanstanden wäre“.

46      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

47      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Unterscheidungskraft der älteren Marke deren Eignung betrifft, die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Urteil vom 11. Juni 2020, China Construction Bank/EUIPO, C‑115/19 P, EU:C:2020:469, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

48      In diesem Zusammenhang muss die Unterscheidungskraft einer Marke in Bezug auf die von ihr erfassten Waren oder Dienstleistungen und die mutmaßliche Wahrnehmung durch die beteiligten Verkehrskreise beurteilt werden (vgl. Urteil vom 11. Juni 2020, China Construction Bank/EUIPO, C‑115/19 P, EU:C:2020:469, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49      Im vorliegenden Fall ist erstens zwischen den Parteien unstreitig, dass die älteren Marken, die als „für Brüder“ oder „für Kumpel“ verstanden werden, keinen unmittelbaren und eindeutigen Zusammenhang mit den von ihnen erfassten Waren aufweisen und somit für diese nicht beschreibend sind.

50      Zweitens beanstandet die Klägerin mit der Behauptung, die maßgeblichen Verkehrskreise nähmen den einzigen Wortbestandteil der älteren Marken, nämlich „4BRO“, als anpreisende Werbebotschaft wahr, die „gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b [der Verordnung 2017/1001] zu beanstanden wäre“, in Wirklichkeit die Eintragungsfähigkeit dieser Marken, da ihnen die Unterscheidungskraft fehle.

51      Der Umstand, dass die Eintragung einer älteren Marke erfolgt ist, impliziert jedoch, dass sie einen Mindestgehalt an Unterscheidungskraft aufweist, da nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen sind. Ein Markenanmelder kann die Gültigkeit der älteren Marke aber nicht im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens in Frage stellen. Handelt es sich, wie bei den älteren Marken, speziell um eine ältere Unionsmarke, kann deren Gültigkeit aus diesem Grund nur im Rahmen eines Antrags auf Nichtigerklärung gemäß Art. 63 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001 in Verbindung mit deren Art. 7 Abs. 1 Buchst. b in Frage gestellt werden (vgl. Urteil vom 30. März 2022, Kalita und Haas/EUIPO – Kitzbühel Tourismus [Darstellung von zwei Tieren], T‑206/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:191, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung.

52      Somit ist die Rüge der Klägerin, dass den älteren Marken die Unterscheidungskraft fehle, zurückzuweisen.

53      Diese Feststellung wird durch die Entscheidungen des EUIPO und des Deutschen Patent- und Markenamts, auf die die Klägerin sich beruft, um das Fehlen der Unterscheidungskraft von Marken zu belegen, die sich aus den Bestandteilen „for“ oder „BRO“ zusammensetzen, nicht in Frage gestellt. Insoweit genügt der Hinweis, dass zum einen das Unionsmarkenrecht ein autonomes System darstellt und die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern ausschließlich auf der Grundlage der Verordnung 2017/1001 zu beurteilen ist, so dass das EUIPO oder – im Fall einer Klage – das Gericht nicht zu den gleichen Ergebnissen gelangen muss wie die nationalen Behörden oder Gerichte in einem gleichartigen Fall (vgl. Urteil vom 15. Dezember 2015, LTJ Diffusion/HABM – Arthur et Aston [ARTHUR & ASTON], T‑83/14, EU:T:2015:974, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54      Zum anderen sind die von den Beschwerdekammern des EUIPO gemäß der Verordnung 2017/1001 über die Eintragung eines Zeichens als Unionsmarke zu treffenden Entscheidungen gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen. Die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen ist daher allein auf der Grundlage dieser Verordnung in ihrer Auslegung durch den Unionsrichter und nicht auf der Grundlage der vorherigen Entscheidungspraxis der Beschwerdekammern zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, EU:C:2007:252, Rn. 65).

55      Als Zweites besitzen nach Ansicht der Klägerin die älteren Marken aufgrund ihrer grafischen Darstellung nur eine schwache Kennzeichnungskraft, da es sich bei dem Wortbestandteil „4BRO“ um eine rein anpreisende Werbeangabe handele.

56      Insoweit ist festzustellen, dass ein solcher Umstand, selbst wenn die älteren Marken nur schwach kennzeichnungskräftig wären, aus den unten in Rn. 63 angeführten Gründen keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung hätte.

 Zur Verwechslungsgefahr

57      In den Rn. 29 und 30 der angefochtenen Entscheidung kam die Beschwerdekammer zu dem Ergebnis, dass Verwechslungsgefahr bestehe, denn die in Rede stehenden Waren seien ähnlich oder identisch, die einander gegenüberstehenden Waren seien klanglich und begrifflich hochgradig ähnlich und visuell zumindest durchschnittlich ähnlich, der Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise und die Kennzeichnungskraft der älteren Marken seien durchschnittlich.

58      Die Klägerin stützt sich im Wesentlichen auf die oben in den Rn. 20, 27, 33, 39, 45 und 55 wiedergegebenen Argumente und macht geltend, dass höchstens ein geringer Grad bildlicher und begrifflicher Ähnlichkeit bestehe, keine klangliche Ähnlichkeit bestehe und den älteren Marken entweder die Unterscheidungskraft fehle oder sie höchstens eine schwache Kennzeichnungskraft besäßen. Anhand des Bestandteils „J&B“ sei die angemeldete Marke als die der Klägerin zu erkennen, so dass jede Verwechslungsgefahr ausgeschlossen sei.

59      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

60      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, EU:C:1998:442, Rn. 17, und vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, EU:T:2006:397, Rn. 74).

61      Im vorliegenden Fall beruht der Kern der Argumentation der Klägerin betreffend die Verwechslungsgefahr auf unzutreffenden Annahmen, die oben in den Rn. 32, 44, 52 und 56 widerlegt wurden.

62      Angesichts des Aufmerksamkeitsgrads der maßgeblichen Verkehrskreise, der Tatsache, dass die in Rede stehenden Waren einander teilweise ähnlich und teilweise identisch sind, der durchschnittlichen bildlichen und klanglichen und der hohen begrifflichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken sowie der Tatsache, dass die älteren Marken eine gewisse Kennzeichnungskraft haben, ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung festzustellen, dass die Beschwerdekammer zutreffend zu dem Ergebnis kam, dass Verwechslungsgefahr vorliegt.

63      Dieses Ergebnis würde auch nicht in Frage gestellt, wenn man eine schwache Kennzeichnungskraft der älteren Marken annehmen würde. Zwar ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marken bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen, doch ist sie nur ein Faktor unter anderen, die bei dieser Beurteilung eine Rolle spielen. Selbst wenn es also um eine ältere Marke mit schwacher Kennzeichnungskraft geht, kann eine Gefahr von Verwechslungen, insbesondere wegen einer Ähnlichkeit der Zeichen sowie der betroffenen Waren oder Dienstleistungen, wie im vorliegenden Fall, gegeben sein (vgl. Urteil vom 5. Oktober 2020, Eugène Perma France/EUIPO – SPI Investments Group [NATURANOVE], T‑602/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:463, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

64      Im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin zum Bestandteil „J&B“ der angemeldeten Marke als Unterscheidungsmerkmal zwischen den einander gegenüberstehenden Marken, durch das die Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden könne, genügt der Hinweis darauf, dass dieser Bestandteil, wie oben in Rn. 25 festgestellt, innerhalb der angemeldeten Marke vernachlässigbar ist, so dass dieses Argument nur zurückgewiesen werden kann.

65      Unter Berücksichtigung aller dieser Faktoren kam die Beschwerdekammer beurteilungsfehlerfrei zu dem Ergebnis, dass Verwechslungsgefahr besteht.

66      Nach alledem ist der auf einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 gestützte einzige Klagegrund zurückzuweisen und daher die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass über die Zulässigkeit des ersten Teils des zweiten Antrags der Klägerin, mit dem die Aufhebung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung begehrt wird, und das Vorbringen der Klägerin zur älteren Unionsmarke Nr. 18 145 698, die nicht Gegenstand der vorliegenden Klage ist, entschieden zu werden braucht.

 Kosten

67      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

68      Die Klägerin ist zwar unterlegen, das EUIPO hat ihre Verurteilung zur Tragung der Kosten jedoch nur für den Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Da keine mündliche Verhandlung anberaumt wurde, ist zu entscheiden, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die J&B Ltd und das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) tragen ihre eigenen Kosten.

Kornezov

Petrlík

Kecsmár

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 7. Februar 2024.

Der Kanzler

 

Der Präsident

V. Di Bucci

 

M. van der Woude



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