T-299/17 – Sata/ EUIPO – Zhejiang Rongpeng Air Tools (1000)
URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)
29. Mai 2018()
„Unionsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Unionswortmarke 1000 – Absolutes Eintragungshindernis – Beschreibender Charakter – Art. 52 Abs. 1 Buchst. a und b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 59 Abs. 1 Buchst. a und b der Verordnung [EU] 2017/1001) – Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001) – Gleichbehandlung – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung – Begründungspflicht“
In der Rechtssache T‑299/17
Sata GmbH & Co. KG mit Sitz in Kornwestheim (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin M.‑C. Simon,
Klägerin,
gegen
Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Hanf als Bevollmächtigten,
Beklagter,
andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:
Zhejiang Rongpeng Air Tools Co.Ltd mit Sitz in Pengjie Town (China), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte S. Fröhlich und M. Hartmann,
betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 6. März 2017 (Sache R 650/2016‑4) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen Zhejiang Rongpeng Air Tools und Sata
erlässt
DAS GERICHT (Vierte Kammer),
unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen sowie der Richter J. Schwarcz (Berichterstatter) und C. Iliopoulos,
Kanzler: E. Coulon,
aufgrund der am 16. Mai 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,
aufgrund der am 17. August 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,
aufgrund der am 17. August 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,
aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1 Am 21. November 2013 meldete die Klägerin, die Sata GmbH & Co. KG, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.
2 Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen 1000.
3 Die Marke wurde für die Waren „Farbspritzpistolen [Airbrushpistole]“ der Klasse 7 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.
4 Am 11. April 2014 wurde die Marke unter der Nr. 12333531 für die oben in Rn. 3 genannten Waren als Unionsmarke eingetragen.
5 Am 23. September 2014 stellte die Streithelferin, die Zhejiang Rongpeng Air Tools Co. Ltd, nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 59 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001) in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung 2017/1001) und nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 59 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) einen Antrag auf Nichtigerklärung der eingetragenen Marke (im Folgenden: angegriffene Marke).
6 Am 18. Februar 2016 gab die Nichtigkeitsabteilung dem Antrag statt und erklärte die angegriffene Marke für nichtig.
7 Am 8. April 2016 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung beim EUIPO Beschwerde ein und beantragte den Verzicht auf einen Teil der Waren. Die angegriffene Marke erfasst nunmehr ausschließlich die Waren „druckluftbetriebene Farbspritzpistolen [Airbrushpistole]“ in Klasse 7.
8 Mit Entscheidung vom 6. März 2017 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Sie vertrat die Ansicht, dass die angegriffene Marke für die betreffenden Waren beschreibend sei und keine Unterscheidungskraft habe.
9 Konkret führte die Beschwerdekammer hinsichtlich der Prüfung der angegriffenen Marke anhand von Art. 52 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung zunächst aus, dass das für die betreffenden Waren maßgebliche Publikum sowohl aus der breiten Öffentlichkeit, insbesondere im Heimwerkerbereich (Haus, Basteln und Kraftfahrzeuge), als auch aus dem Fachpublikum aus der Industrie bestehe. Da die angegriffene Marke aus einer Zahl bestehe, sei sie in allen Sprachen verständlich, weshalb auf die Sicht des Publikums in der Europäischen Union abzustellen sei.
10 Des Weiteren sei es nicht relevant, dass die von der Anmeldung erfassten druckluftbetriebenen Spritzpistolen im Gegensatz zu anderen Spritzpistolenmodellen mit einem Druck arbeiteten, der unter dem von der angemeldeten Marke angegebenen Wert von 1000 liege. Wesentlich sei vielmehr, wie die maßgeblichen Verkehrskreise die Zahl 1000 in Anbetracht der erfassten Waren wahrnähmen. Dass verschiedene Arten von Farbspritzpistolen unterschiedliche Druckbereiche verwendeten, sei insofern nur von geringer Bedeutung, als unabhängig von der Art der von den fraglichen Spritzpistolen verwendeten Technologie das Zeichen 1000 von zumindest einem Teil der maßgeblichen Verkehrskreise als Beschreibung des Drucks wahrgenommen werde. Denn der Verbraucher – ganz gleich, ob er der breiten Öffentlichkeit oder dem Fachpublikum entstamme – sei daran gewöhnt, dass der Betriebsdruck auf Farbspritzpistolen angegeben werde, und verstehe das fragliche Zeichen daher trotz der erhöhten Aufmerksamkeit bei einem solchen Kauf als Druckangabe.
11 Zudem komme es nicht darauf an, ob die maßgeblichen Verkehrskreise das Zeichen 1000 möglicherweise als Hinweis auf andere Merkmale der fraglichen Waren als den Druck auslegten, denn eine Eintragung verstoße bereits dann gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009, wenn einer der möglichen Bedeutungen des fraglichen Zeichens ein beschreibender Sinngehalt zukomme.
12 Was im Übrigen die Prüfung anhand von Art. 52 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung anbelangt, habe die angegriffene Marke, da sie beschreibend sei, auch keine Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung.
Anträge der Parteien
13 Die Klägerin beantragt,
– die angefochtene Entscheidung aufzuheben;
– dem EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.
14 Das EUIPO und die Streithelferin beantragen,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
Zu den erstmals vor dem Gericht vorgelegten Unterlagen
15 Die Klägerin hat der Klageschrift eine Reihe von Unterlagen beigefügt, und zwar die Ergebnisse der Recherche auf einer Website (Anlagen A.4 und A.5), einen Auszug aus ihrer Website (Anlage A.11) und Auszüge aus dem Unionsmarkenregister (Anlage A.13).
16 Die Streithelferin macht geltend, dass diese Unterlagen und das darauf gestützte Vorbringen für unzulässig zu erklären seien, weil sie erstmals vor dem Gericht vorgelegt worden seien.
17 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 188 der Verfahrensordnung des Gerichts die im Rahmen des Verfahrens vor dem Gericht eingereichten Schriftsätze der Parteien den vor der Beschwerdekammer verhandelten Streitgegenstand nicht ändern können. Die Parteien des Verfahrens vor dem Gericht sind daher nicht befugt, vor diesem die Vorgaben des Rechtsstreits zu ändern, wie sie sich aus den von den Beteiligten des Verfahrens vor der Beschwerdekammer vorgetragenen Anträgen und Darlegungen ergaben. Jedes Vorbringen, das das Gericht verpflichten würde, eine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Beschwerdekammer vorzunehmen, die über den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen des Rechtsstreits, mit dem die Beschwerdekammer befasst war, hinausgeht, ist somit als unzulässig zurückzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, EU:C:2007:252, Rn. 43).
18 Die Anlagen A.5 und A.11 der Klageschrift wurden gänzlich erstmals vor dem Gericht vorgelegt. Zu Anlage A.4 der Klageschrift ist festzustellen, dass ein Teil, nämlich die erste Seite, die den in der deutschen Fassung einer Website enthaltenen Artikel zum Thema Spritzlackieren wiedergibt, bereits vor der Beschwerdekammer vorgelegt worden war und somit in der Akte des EUIPO vorkommt. Demgegenüber ist auf den Seiten 2 bis 7 der Anlage A.4 der in der englischen Fassung dieser Website enthaltene Artikel zum Thema Spritzlackieren wiedergegeben. Dieser längere Artikel, der zusätzliche Tatsachenangaben enthält und in englischer Sprache abgefasst ist, wird erstmals vor dem Gericht vorgelegt. Somit sind die genannten Seiten sowie die Gesamtheit der Anlagen A.5 und A.11 der Klageschrift als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass ihre Beweiskraft geprüft zu werden braucht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2005, Sadas/HABM – LTJ Diffusion [ARTHUR ET FELICIE], T‑346/04, EU:T:2005:420, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).
19 Diese Schlussfolgerung kann nicht durch die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung in Frage gestellt werden, wonach weder die Parteien noch das Gericht selbst daran gehindert sind, Elemente einzubeziehen, die sich aus der nationalen Gesetzgebung, Rechtsprechung oder Literatur ergeben, wenn es nicht darum geht, der Beschwerdekammer vorzuwerfen, sie habe in einem bestimmten nationalen Urteil genannte Tatsachen außer Betracht gelassen, sondern darum, Rechtsprechung oder Literatur zur Untermauerung der Rüge, dass sie eine Bestimmung der Verordnung Nr. 207/2009 fehlerhaft angewandt habe, heranzuziehen (Urteil vom 18. März 2016, Karl-May-Verlag/HABM – Constantin Film Produktion [WINNETOU], T‑501/13, EU:T:2016:161, Rn. 18). Insoweit genügt nämlich die Feststellung, dass die Seiten 2 bis 7 der Anlage A.4 der Klageschrift und die Anlagen A.5 und A.11 der Klageschrift, die erstmals vor dem Gericht vorgelegt wurden, nicht der Gesetzgebung, der Rechtsprechung oder der Literatur entnommen sind.
20 Dagegen ist Anlage A.13 der Klageschrift, die aus Auszügen aus dem Unionsmarkenregister besteht, ungeachtet dessen, dass sie erstmals vor dem Gericht vorgelegt worden ist, nicht zurückzuweisen. Solche Auszüge sind nämlich keine Beweise im eigentlichen Sinne, sondern betreffen insofern die Entscheidungspraxis des EUIPO, als aus ihnen teilweise die Umsetzung dieser Praxis ersichtlich ist. Eine Partei hat jedoch das Recht, sich auf die Praxis des EUIPO zu berufen, um einen Klagegrund zu untermauern, mit dem der Beschwerdekammer ein Verstoß gegen die Richtlinie Nr. 207/2009 vorgeworfen wird (vgl. entsprechend Urteil vom 2. Juli 2015, BH Stores/HABM – Alex Toys [ALEX], T‑657/13, EU:T:2015:449, Rn. 26).
Zur Begründetheit
21 Die Klägerin stützt die Klage auf vier Klagegründe. Diese betreffen erstens einen Verstoß gegen die Begründungspflicht nach Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 94 der Verordnung 2017/1001), zweitens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009, drittens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung und viertens einen Verstoß gegen die allgemeinen Grundsätze der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung.
22 Vor allen anderen Klagegründen ist der zweite Klagegrund zu prüfen.
– Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009
23 Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer habe insofern gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen, als sie in Rn. 37 der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht festgestellt habe, dass das Zeichen 1000 für Waren beschreibend sei, die von der angegriffenen Marke weiterhin erfasst seien, d. h. „druckluftbetriebene Farbspritzpistolen“.
24 Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
25 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass ein Zeichen ausschließlich aus Ziffern besteht, nicht als solcher dessen Eintragung als Marke entgegensteht. Außerdem steht der Umstand, dass ein Zeichen aus Ziffern ohne grafische Veränderung gebildet, also vom Anmelder nicht kreativ oder künstlerisch bearbeitet worden ist, als solcher ebenfalls nicht der Eintragungsfähigkeit des Zeichens als Marke entgegen (vgl. Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).
26 Die Eintragung eines Zeichens als Marke setzt jedoch voraus, dass es geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.
27 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können, von der Eintragung ausgeschlossen sind. Nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 genügt es, dass dieses absolute Eintragungshindernis in einem Teil der Union vorliegt.
28 Mit dem Ausschluss solcher Zeichen oder Angaben von der Eintragung als Unionsmarke verfolgt Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreiben, für die die Eintragung beantragt wird, von allen frei verwendet werden können. Diese Bestimmung verhindert daher, dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorbehalten werden (vgl. Urteil vom 12. April 2016, Choice/EUIPO [Choice chocolate & ice cream], T‑361/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:214, Rn. 13 und die dort angeführte Rechtsprechung), während andere Unternehmen möglicherweise gerade die als Marke eingetragenen Begriffe zur Beschreibung ihrer eigenen Waren verwenden wollen.
29 Solche Zeichen und Angaben werden daher nach der Verordnung Nr. 207/2009 ihrem Wesen nach als ungeeignet angesehen, die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen, d. h. die Funktion, die betriebliche Herkunft der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen zu identifizieren, um es so dem Verbraucher, der die mit der Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen erwirbt, zu ermöglichen, bei einem weiteren Erwerb seine Entscheidung davon abhängig zu machen, ob er gute oder schlechte Erfahrungen gemacht hat; dies gilt unbeschadet eines möglichen Erwerbs von Unterscheidungskraft durch Benutzung gemäß Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001) (vgl. Urteil vom 16. Januar 2013, Spectrum Brands [UK]/HABM – Philips [STEAM GLIDE], T‑544/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:20, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).
30 Folglich fällt ein Zeichen unter das in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 aufgestellte Verbot, wenn es einen hinreichend direkten und konkreten Zusammenhang mit den fraglichen Waren oder Dienstleistungen aufweist, der es dem betreffenden Publikum ermöglicht, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale zu erkennen (vgl. Urteil vom 3. Juli 2013, Airbus/HABM [NEO], T‑236/12, EU:T:2013:343, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 16. Oktober 2014, Larrañaga Otaño/HABM [GRAPHENE], T‑458/13, EU:T:2014:891, Rn. 16).
31 Insoweit hebt die Wahl des Begriffs „Merkmal“ durch den Gesetzgeber den Umstand hervor, dass die von dieser Bestimmung erfassten Zeichen nur solche sind, die dazu dienen, eine leicht von den beteiligten Verkehrskreisen zu erkennende Eigenschaft der Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, zu bezeichnen. Daher kann auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 die Eintragung eines Zeichens nur dann verweigert werden, wenn vernünftigerweise davon auszugehen ist, dass es von den beteiligten Verkehrskreisen tatsächlich als eine Beschreibung eines dieser Merkmale erkannt werden wird (vgl. Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).
32 Diese Präzisierungen sind von besonderer Bedeutung, wenn es um ausschließlich aus Ziffern gebildete Zeichen geht. Da solche Zeichen nämlich generell Zahlen gleichgesetzt werden, können sie im Handel insbesondere zur Bezeichnung einer Menge oder eines Wertes dienen. Damit die Eintragung eines ausschließlich aus Ziffern bestehenden Zeichens nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 jedoch mit der Begründung, es bezeichne eine Menge oder einen Wert, zurückgewiesen werden kann, muss vernünftigerweise davon auszugehen sein, dass die Menge oder der Wert, die bzw. der durch diese Ziffern angegeben wird, in den Augen der beteiligten Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen charakterisiert, für die die Eintragung beantragt wird (Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 51 und 52).
33 Im Übrigen setzt die Zurückweisung einer Anmeldung nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 durch das EUIPO nicht voraus, dass das fragliche Zeichen tatsächlich beschreibend verwendet wird, sondern es genügt, dass es zu diesem Zweck verwendet werden kann. Ein Wortzeichen ist daher nach dieser Bestimmung von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. Urteil vom 16. Dezember 2010, Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer/HABM [CHROMA], T‑281/09, EU:T:2010:537, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).
34 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der beschreibende Charakter eines Zeichens danach, wie die angesprochenen Verkehrskreise es verstehen, und im Hinblick auf die betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu beurteilen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Januar 2013, STEAM GLIDE, T‑544/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:20, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).
35 Im Licht dieser Grundsätze, die dem absoluten Eintragungshindernis im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 und dem absoluten Nichtigkeitsgrund im Sinne von Art. 52 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung, der auf deren Art. 7 verweist, gemeinsam sind, ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen, wonach die angegriffene Marke entgegen den in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellungen nicht beschreibend sei (vgl. entsprechend Urteil vom 30. April 2015, Steinbeck/HABM – Alfred Sternjakob [BE HAPPY], T‑707/13 und T‑709/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:252, Rn. 26).
36 Im vorliegenden Fall bringt die Klägerin vor, dass nur gewerbliche Anwender zum maßgeblichen Publikum der druckluftfreien Farbspritzpistolen zu zählen seien, wobei sie einräumt, dass sich Farbspritzpistolen allgemein sowohl an die breite Öffentlichkeit als auch an ein gewerbliches Publikum richteten. Hierzu ist festzustellen, dass nach der Rechtsprechung für die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden Waren, nämlich druckluftbetriebene Farbspritzpistolen, das maßgebliche Publikum aus der breiten Öffentlichkeit, d. h. den Durchschnittsverbrauchern, und einem Fachpublikum besteht (Urteil vom 14. Juli 2017, Sata/EUIPO [4600], T‑214/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:501, Rn. 30). Es ist daher der Feststellung der Beschwerdekammer beizupflichten, dass zum maßgeblichen Publikum auch die breite Öffentlichkeit gehört.
37 Außerdem existiert die Zahl 1000 in allen Sprachen der Union, weshalb sie für alle Verbraucher der Union verständlich ist (Urteil vom 19. November 2009, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM [1000], T‑298/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:449, Rn. 24). Die Beschwerdekammer hat somit zu Recht festgestellt, dass auf die Sicht des Publikums in der gesamten Union abzustellen ist.
38 Diese Schlussfolgerung kann nicht durch das Argument der Klägerin in Zweifel gezogen werden, wonach es sich bei der in Pfund pro Quadratzoll (auf Englisch „pound-force per square inch“, abgekürzt „psi“) ausgedrückten Maßeinheit um eine alte Maßeinheit handle, die den Verkehrskreisen in der Union nicht bekannt sei und nur mehr in den Vereinigten Staaten von Amerika Anwendung finden könne, so dass die Verbraucher in der Union für die Beurteilung des absoluten Eintragungshindernisses der angegriffenen Marke keine maßgeblichen Verkehrskreise darstellen könnten. Insoweit ist zutreffend, dass die Zahl 1000 im vorliegenden Fall als Angabe eines Druckwerts verwendet werden kann und dass ein solcher Wert in der Maßeinheit „psi“ ausgedrückt werden kann. Wie jedoch die Beschwerdekammer in Rn. 33 der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt hat, wird der Verbraucher, da er daran gewöhnt ist, dass der notwendige Betriebsdruck auf Farbspritzpistolen angegeben wird, die Bedeutung des Zeichens 1000 auch ohne die genannte Maßeinheit verstehen, so dass es irrelevant ist, ob er diese Maßeinheit kennt. Jedenfalls wird – wie die Beschwerdekammer in Rn. 34 der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt hat – diese angloamerikanische Maßeinheit in einem Teil des Unionsgebiets, nämlich dem Vereinigten Königreich, noch zur Angabe des Betriebsdrucks verwendet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juli 2017, 4600, T‑214/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:501, Rn. 32).
39 Des Weiteren ist aufgrund der Natur der fraglichen Waren, die nicht als Waren des täglichen Bedarfs angesehen werden können, die Feststellung der Beschwerdekammer in Rn. 33 der angefochtenen Entscheidung zu bestätigen, wonach von einer erhöhten Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise ausgegangen werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juli 2017, 4600, T‑214/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:501, Rn. 33).
40 Daher ist zu prüfen, ob aus Sicht der so definierten maßgeblichen Verkehrskreise ein hinreichend direkter und konkreter Zusammenhang im Sinne der oben in den Rn. 25 bis 34 angeführten Rechtsprechung zwischen dem Zeichen 1000 und den beanspruchten Waren besteht.
41 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass – wie auch die Beschwerdekammer in Rn. 31 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat – die Klägerin anerkennt, dass das Zeichen 1000 für den Druck einer druckluftfreien Farbspritzpistole beschreibend sein kann. Sie stellt jedoch in Abrede, dass dieses Zeichen in Bezug auf die von der angegriffenen Marke erfassten Waren, nämlich „druckluftbetriebene Farbspritzpistolen“, eine verständliche Bedeutung habe, da diese mit einem viel geringeren Druck von allerhöchstens 100 psi arbeiteten.
42 Hierzu genügt die Feststellung, dass Farbpistolen üblicherweise unter Druck betrieben werden, und zwar unabhängig von der zur Versprühung verwendeten Technologie, d. h. mit oder ohne Druckluft. Dieser Druck wird meistens in bar ausgedrückt, kann aber auch in der Maßeinheit „psi“ ausgedrückt werden (Urteil vom 14. Juli 2017, 4600, T‑214/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:501, Rn. 36).
43 Wie die Beschwerdekammer in Rn. 31 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat und wie aus der Akte, insbesondere aus der von der Klägerin eingereichten Begründung der Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung hervorgeht, gibt es im Übrigen Farbspritzpistolen mit der Angabe eines aus vierstelligen Zahlenfolgen – bis maximal 6800 – und dem Kürzel „psi“ bestehenden Druckwerts. Folglich können 1000er-Zahlen wie das Zeichen 1000 sehr wohl ein Hinweis auf einen Druckwert sein, mit dem die Leistung einer Farbspritzpistole angegeben wird.
44 Zudem ist entsprechend den Ausführungen der Beschwerdekammer in Rn. 32 der angefochtenen Entscheidung festzustellen, dass unabhängig von der Frage, ob Fachleute eine genaue Kenntnis von den technischen Zwängen der verschiedenen Farbpistolenarten haben, die breite Öffentlichkeit eine Zahl, die einen Druckwert einer Farbpistole darstellt, gewöhnlich mit einer Angabe der Druckstärke dieser Pistole verbindet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juli 2017, 4600, T‑214/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:501, Rn. 38). Zumindest für diesen Teil des maßgeblichen Publikums könnte das Zeichen 1000 daher als Angabe des Druckwerts einer Farbpistolenart verstanden werden, und zwar unabhängig von der Technologie, die zur Versprühung verwendet wird.
45 Daraus folgt, dass das Zeichen 1000 von zumindest einem Teil des maßgeblichen Publikums unmittelbar und ohne weitere Überlegung als Hinweis auf einen Druckwert und daher als eine Beschreibung eines Merkmals der fraglichen Waren, d. h. der Druckstärke der Farbpistolen, wahrgenommen werden wird. Zumindest für jenen Teil des maßgeblichen Publikums, der nicht aus Fachkräften besteht, gilt diese Schlussfolgerung sowohl für „druckluftfreie Farbspritzpistolen“ als auch für die von der angegriffenen Marke erfassten „druckluftbetriebenen Farbspritzpistolen“. Dieses Publikum wird das Zeichen 1000 daher als Angabe einer Information zur Beschreibung dieser Waren und nicht als Hinweis auf ihren Ursprung wahrnehmen.
46 Daher ist dem von der Beschwerdekammer gezogenen Schluss beizupflichten, dass ein hinreichend direkter und konkreter Zusammenhang zwischen dem Zeichen 1000 und einem Merkmal der von der angegriffenen Marke erfassten Waren, nämlich der Druckstärke, besteht, so dass das Zeichen unter das in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehene Verbot fällt, und dass dies auch gilt, nachdem das Warenverzeichnis auf „druckluftbetriebene Farbspritzpistolen“ beschränkt wurde.
47 Dieser Schluss wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die angegriffene Marke nur aus Ziffern, ohne Angabe einer Maßeinheit, besteht, da die fehlende Information, hier die Maßeinheit für den Druck, vom maßgeblichen Publikum aufgrund der unmittelbaren gedanklichen Verbindung zwischen den Ziffern und einem Merkmal der fraglichen Waren, nämlich der Druckstärke der Farbpistolen, leicht identifiziert werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juli 2017, 4600, T‑214/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:501, Rn. 41).
48 Selbst wenn dem Vorbringen der Klägerin gefolgt werden sollte, dass das Zeichen 1000 bei fehlender Angabe einer Maßeinheit als Beschreibung anderer Merkmale als der Druckstärke, wie etwa einer Postleitzahl oder eines Herstellungsdatums, ausgelegt werden könnte, ist es jedenfalls, wie oben in Rn. 33 ausgeführt, irrelevant, dass es andere mögliche Bedeutungen des angegriffenen Zeichens gibt, sofern feststeht, dass zumindest eine seiner Bedeutungen beschreibend ist. Dies gilt erst recht, wenn auch die anderen möglichen Bedeutungen des Zeichens beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 sind, wie dies bei der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware der Fall ist.
49 Daher ist die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Zeichen 1000 für die von der angegriffenen Marke erfassten Waren beschreibend ist, so dass der zweite Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 zurückzuweisen ist.
– Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009
50 Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, die Beschwerdekammer habe die Unterscheidungskraft der angegriffenen Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 fehlerhaft beurteilt. Sie vertritt insbesondere die Auffassung, aufgrund des langjährigen Bestehens ihres Unternehmens und der Gewöhnung der maßgeblichen Verkehrskreise an die Bezeichnung ihrer Waren mit vier Ziffern werde der durchschnittliche Verbraucher, der über ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit verfüge, das Zeichen 1000 als Bezeichnung für Waren aus ihrem Unternehmen erkennen.
51 Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
52 Zunächst ist mit dem EUIPO festzustellen, dass gemäß der oben in Rn. 17 angeführten Rechtsprechung das Argument der Klägerin betreffend ihre Präsenz auf dem Markt und die Bekanntheit der angegriffenen Marke bei den maßgeblichen Verkehrskreisen unzulässig ist, da es im Wesentlichen darauf hinausläuft, einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 erstmals vor dem Gericht geltend zu machen.
53 Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das streitige Zeichen, wie aus Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 klar hervorgeht, nicht als Unionsmarke eingetragen werden kann, wenn auch nur eines der dort aufgeführten absoluten Eintragungshindernisse vorliegt. Darüber hinaus haben die von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 erfassten beschreibenden Zeichen nach ständiger Rechtsprechung auch keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung (vgl. Urteil vom 14. Juli 2017, 4600, T‑214/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:501, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).
54 Angesichts der oben in Rn. 49 getroffenen Feststellung, dass die angegriffene Marke für die von ihr erfassten Waren beschreibend ist, ist der dritte Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gerügt wird, als ins Leere gehend zurückzuweisen.
– Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung
55 Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, das EUIPO habe gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen, weil die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung seine bisherige Entscheidungspraxis nicht berücksichtigt habe, nach der es die Eintragung von Marken zugelassen habe, die hinsichtlich der Struktur, der erfassten Waren und der maßgeblichen Verkehrskreise mit der angegriffenen Marke identisch seien.
56 Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
57 Der vorliegende Klagegrund ist jedenfalls zurückzuweisen, ohne dass über die vom EUIPO und der Streithelferin geltend gemachte Unzulässigkeit zu befinden ist.
58 Denn das EUIPO ist zwar verpflichtet, seine Befugnisse im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts wie dem Grundsatz der Gleichbehandlung und dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung auszuüben. Daher muss das EUIPO im Rahmen der Prüfung der Anmeldung einer Unionsmarke die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht (vgl. Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 73 und 74 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
59 Nach ständiger Rechtsprechung müssen jedoch der Grundsatz der Gleichbehandlung und der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden. Folglich kann sich der Anmelder eines Zeichens als Marke nicht auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (vgl. Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 75 und 76 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
60 Im Übrigen muss aus Gründen der Rechtssicherheit und gerade auch der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung streng und umfassend sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern. Diese Prüfung muss in jedem Einzelfall erfolgen. Die Eintragung eines Zeichens als Marke hängt nämlich von besonderen, im Rahmen der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls anwendbaren Kriterien ab, anhand deren ermittelt werden soll, ob das fragliche Zeichen nicht unter ein Eintragungshindernis fällt (vgl. Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung).
61 Im vorliegenden Fall steht der angegriffenen Marke eines der in Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 aufgeführten Eintragungshindernisse entgegen. Da oben festgestellt worden ist, dass die Beschwerdekammer die Eintragung des angemeldeten Zeichens für die fraglichen Waren zu Recht für mit der Verordnung unvereinbar erachtet und folglich die Nichtigerklärung der angegriffenen Marke bestätigt hat, kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf frühere Entscheidungen des EUIPO berufen, um dieses Ergebnis in Frage zu stellen.
62 Nach alledem ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen.
– Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht nach Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009
63 Die Klägerin wirft dem EUIPO vor, gegen die Begründungspflicht nach Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen zu haben. Sie bringt zum einen vor, dass die angefochtene Entscheidung keine eigenständige Begründung enthalte und dass die Beschwerdekammer nicht den Sachverhalt dargelegt habe, den sie als erwiesen zugrunde gelegt habe und auf dessen Grundlage sie zu der Schlussfolgerung gelangt sei, dass dieses Zeichen für die fraglichen Waren beschreibend sei. Sie vertritt zum anderen die Auffassung, dass die Beschwerdekammer eine pauschale Begründung für eine Warenkategorie vorgenommen habe, obwohl zwischen einer druckluftbetriebenen Farbspritzpistole und einer druckluftfreien Farbspritzpistole kein so hinreichend direkter und konkreter Zusammenhang bestehe, dass sie eine homogene Kategorie bildeten. Zudem mache die Beschwerdekammer keinerlei Angaben zu den herangezogenen maßgeblichen Verkehrskreisen und deren Aufmerksamkeitsgrad, was es nicht ermögliche, die Schlussfolgerung nachzuvollziehen.
64 Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
65 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Entscheidungen des EUIPO gemäß Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 mit Gründen zu versehen sind. Diese Verpflichtung hat den gleichen Umfang wie die aus Art. 296 AEUV und Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. 2010, C 83, S. 389). In diesem Zusammenhang soll die Verpflichtung zur Begründung von Einzelfallentscheidungen dem doppelten Ziel dienen, die Beteiligten über die Gründe für die erlassene Maßnahme zu unterrichten, damit sie ihre Rechte verteidigen können, und es außerdem dem Unionsrichter zu ermöglichen, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung zu überprüfen. Die Frage, ob die Begründung einer Entscheidung diesen Anforderungen genügt, ist nicht nur im Hinblick auf ihren Wortlaut zu entscheiden, sondern auch anhand ihres Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften, die das betreffende Gebiet regeln (vgl. Urteil vom 19. September 2012, Fraas/HABM [Karomuster in Dunkelgrau, Hellgrau, Hellblau, Dunkelblau, Ocker und Beige], T‑231/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:445, Rn. 14 und die dort angeführte Rechtsprechung).
66 Daher muss das EUIPO nach ständiger Rechtsprechung, die auf die Prüfung eines Antrags auf Nichtigerklärung entsprechend anwendbar ist, dann, wenn es die Eintragung eines Zeichens als Unionsmarke ablehnt, zur Begründung seiner Entscheidung das dieser Eintragung entgegenstehende absolute oder relative Eintragungshindernis sowie die Bestimmung, aus der es abgeleitet wird, angeben und darlegen, welchen Sachverhalt es als erwiesen zugrunde gelegt hat, der seiner Auffassung nach die Anwendung der herangezogenen Bestimmung rechtfertigt. Eine solche Begründung ist grundsätzlich ausreichend, um den oben in Rn. 65 genannten Anforderungen gerecht zu werden (vgl. Urteil vom 4. Juli 2017, Pirelli Tyre/EUIPO [Position zweier gebogener Streifen auf den Seitenwänden eines Reifens], T‑81/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:463, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).
67 Ferner kann eine Entscheidung, die in einem Kontext erlassen wurde, der dem Beteiligten wohlbekannt ist, summarisch begründet werden (Urteil vom 17. Januar 2017, Cofely Solelec u. a./Parlament, T‑419/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:8, Rn. 61). Zudem kann von den Beschwerdekammern nicht verlangt werden, bei ihren Ausführungen alle von den Beteiligten vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend zu behandeln. Die Begründung kann somit implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe für die Entscheidung der Beschwerdekammer zu erfahren, und dem zuständigen Gericht ausreichende Angaben an die Hand gibt, damit es seine Kontrolle wahrnehmen kann (Urteil vom 9. Juli 2008, Reber/HABM – Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli [Mozart], T‑304/06, EU:T:2008:268, Rn. 55).
68 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der in Art. 296 AEUV vorgesehenen Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis handelt, das von der Frage der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Die Begründung einer Entscheidung soll nämlich förmlich die Gründe zum Ausdruck bringen, auf denen sie beruht. Weisen die Gründe Fehler auf, so beeinträchtigen diese die materielle Rechtmäßigkeit der Entscheidung, nicht aber deren Begründung, die, obwohl sie fehlerhafte Gründe enthält, zureichend sein kann. Daraus folgt, dass die Rügen und Argumente, die die Begründetheit eines Rechtsakts in Frage stellen sollen, im Rahmen eines Klagegrundes, mit dem eine fehlende oder unzureichende Begründung gerügt wird, unerheblich sind (vgl. Urteil vom 18. Juni 2015, Ipatau/Rat, C‑535/14 P, EU:C:2015:407, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).
69 Im Licht dieser Erwägungen ist die Begründetheit des ersten Klagegrundes zu prüfen.
70 Im vorliegenden Fall ist erstens zum Vorbringen der Klägerin, dass die in den Rn. 29 bis 33 der angefochtenen Entscheidung enthaltene Begründung es nicht ermögliche, nachzuvollziehen, aufgrund welcher Überlegungen die Beschwerdekammer zu dem Schluss gelangt sei, dass das Zeichen 1000 für die in Rede stehenden Waren angesichts der maßgeblichen Verkehrskreise beschreibenden Charakter habe, festzustellen, dass die Klägerin mit diesem Vorbringen, mit dem eine unzureichende Begründung geltend gemacht werden soll, in Wirklichkeit darauf abzielt, die sachliche Richtigkeit der von der Beschwerdekammer vorgenommenen Definition der maßgeblichen Verkehrskreise und Beurteilung des beschreibenden Charakters, wie sie in den genannten Randnummern dargelegt worden sind, in Abrede zu stellen. Dieses Vorbringen betrifft nämlich nicht die Unzulänglichkeit der Begründung, sondern die Tatsache, dass die Klägerin mit der in den genannten Randnummern der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Begründung nicht einverstanden ist. Folglich geht nach der oben in Rn. 68 angeführten Rechtsprechung dieses Vorbringen insofern ins Leere, als es zur Stützung des Klagegrundes eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht nach Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 erstattet wird.
71 Jedenfalls ist festzustellen, dass das Gericht die sachliche Richtigkeit der von der Beschwerdekammer vorgenommenen Beurteilung des beschreibenden Charakters des angemeldeten Zeichens im Hinblick auf die betreffenden Waren kontrollieren konnte, wie oben aus den Rn. 36 bis 49 hervorgeht. Infolgedessen ist angesichts der oben in den Rn. 65 bis 67 angeführten Rechtsprechung festzustellen, dass die Rn. 29 bis 33 der angefochtenen Entscheidung ausreichend begründet sind.
72 Des Weiteren ist – wie u. a. oben aus den Rn. 8 bis 12 und 36 bis 49 hervorgeht – festzustellen, dass die Beschwerdekammer in den Rn. 29 bis 33 der angefochtenen Entscheidung mit der erforderlichen Bestimmtheit und Klarheit die Gründe dargelegt hat, aus denen sie angenommen hat, dass im vorliegenden Fall gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 das Hindernis des beschreibenden Charakters der angemeldeten Marke der Eintragung der Marke entgegenstehe, wobei dieses Hindernis dem absoluten Nichtigkeitsgrund gleicht (siehe oben, Rn. 35). Diese Begründung genügt dem in Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 niedergelegten Begründungserfordernis.
73 Aus den oben in den Rn. 9 und 10 zusammengefassten Rn. 29 bis 33 der angefochtenen Entscheidung geht nämlich eindeutig hervor, dass die Begründung zwar kurz, aber ausreichend ist, zumal der Klägerin der Kontext wohlbekannt ist, da sie die Beurteilung des beschreibenden Charakters der in Rede stehenden Waren bereits bei der Nichtigkeitsabteilung beanstandet hatte. Daher ist gemäß der oben in den Rn. 65 bis 67 angeführten Rechtsprechung festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung insoweit ausreichend begründet ist.
74 Was zweitens die Rüge anbelangt, die Beschwerdekammer habe eine pauschale Begründung vorgenommen, ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer in den Rn. 31 und 32 der angefochtenen Entscheidung entgegen dem Vorbringen der Klägerin sehr wohl die Gründe angegeben hat, aus denen sie zu dem Schluss gelangt ist, dass das Zeichen 1000 nicht nur für „druckluftlose Farbspritzpistolen“, sondern auch für „druckluftbetriebene Farbspritzpistolen“ beschreibend sei. Folglich hat die Beschwerdekammer keine pauschale Begründung vorgenommen, sondern ordnungsgemäß zwischen den beiden ursprünglich angemeldeten Warenarten unterschieden und somit in Bezug auf die nach der Beschränkung des Verzeichnisses der angemeldeten Waren von der fraglichen Marke allein erfassten „druckluftbetriebenen Farbspritzpistolen“ den beschreibenden Charakter rechtlich hinreichend nachgewiesen.
75 Jedenfalls wäre die Beschwerdekammer, selbst wenn man annähme, dass sie in Bezug auf „druckluftbetriebene Farbspritzpistolen“ und „druckluftlose Farbspritzpistolen“ eine pauschale Begründung vorgenommen hätte, dazu berechtigt gewesen, denn wie das Gericht bereits festgestellt hat, weisen diese Waren untereinander keine Unterschiede auf, die es ausschlössen, sie als Kategorie oder Gruppe von Waren anzusehen, die hinreichend homogen ist, um eine solche pauschale Begründung zu ermöglichen (Urteil vom 14. Juli 2017, 4600, T‑214/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:501, Rn. 67).
76 Drittens ist hinsichtlich des Vorbringens der Klägerin, dass die Beschwerdekammer keine Angaben zu den maßgeblichen Verkehrskreisen und deren Aufmerksamkeitsgrad gemacht habe, zu konstatieren, dass die Beschwerdekammer in Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich festgestellt hat, dass sich die fraglichen Waren sowohl an das allgemeine Publikum als auch an ein Fachpublikum richteten, und daraus in Rn. 32 der angefochtenen Entscheidung geschlossen hat, dass die maßgeblichen Verkehrskreise im vorliegenden Fall in erhöhtem Maß aufmerksam seien.
77 Daher ist der erste Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen die Begründungspflicht nach Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 gerügt wird, zurückzuweisen.
78 Folglich ist die Klage insgesamt abzuweisen.
Kosten
79 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Vierte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Sata GmbH & Co. KG trägt die Kosten.
Kanninen |
Schwarcz |
Iliopoulos |
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 29. Mai 2018.
Der Kanzler |
Der Präsident |
E. Coulon |
H. Kanninen |
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