URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)
15. März 2023(* )
„Unionsmarke – Anmeldung der Unionswortmarke THE FUTURE IS PLANT‑BASED – Aus einem Werbeslogan bestehende Marke – Absolutes Eintragungshindernis – Fehlende Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001“
In der Rechtssache T‑133/22,
Katjes Fassin GmbH & Co. KG mit Sitz in Emmerich am Rhein (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwälte T. Schmitz und S. Stolzenburg-Wiemer,
Klägerin,
gegen
Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) , vertreten durch D. Stoyanova-Valchanova und E. Markakis als Bevollmächtigte,
Beklagter,
erlässt
DAS GERICHT (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten D. Spielmann sowie der Richter R. Mastroianni und I. Gâlea (Berichterstatter),
Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
auf die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2022
folgendes
Urteil
1 Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV begehrt die Klägerin, die Katjes Fassin GmbH & Co. KG, die Aufhebung der Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 21. Dezember 2021 (Sache R 1023/2021-5) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).
Vorgeschichte des Rechtsstreits
2 Die Klägerin meldete beim EUIPO am 21. September 2020 das Wortzeichen THE FUTURE IS PLANT‑BASED als Unionsmarke an.
3 Die Anmeldung bezog sich auf folgende Waren der Klassen 5, 30 und 32 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung:
– Klasse 5: „Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Kohlenhydraten, Ballaststoffen, unter der Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 5 enthalten“.
– Klasse 30: „Aromastoffe [pflanzliche], für Getränke, ausgenommen ätherische Öle; Backpulver; Backwaren [fein]; Biskuits; Bonbons; Brauselutscher; Brioches [Gebäck]; Brot; Brötchen; Butterkekse; Cornflakes; diätetische Nahrungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Kohlenhydraten, unter der Beigabe von Ballaststoffen, Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 30 enthalten; Eiscreme; Eistee; Erdnusskonfekt; Fondants [Konfekt]; Fruchtgummi; Fruchtsaucen; Gebäck; Geleefrüchte [Süßwaren]; Getränke auf der Basis von Tee; Grütze für Nahrungszwecke; Gewürze; Honig; Joghurteis [Speiseeis]; Kaffee; Kakao; Kakaoerzeugnisse; Kakaogetränke; Kandiszucker für Speisezwecke; Karamellen; Kaugummi (nicht für medizinische Zwecke); Kekse; Kleingebäck; Konditorwaren; Konfekt; Kräcker [Gebäck]; Kuchen; Kuchenmischungen [pulverförmig]; Lakritz [Süßwaren]; Lakritzenstangen [Süßwaren]; Lebkuchen; Lutscher; Makronen [Gebäck]; Maltose; Mandelkonfekt; Marzipan; Milchschokolade [Getränk]; Pastillen [Süßwaren]; Petits Fours [Gebäck]; Pfefferminz für Konfekt; Pudding; Puffmais; Schleckbrause [Süßwaren]; Schokolade; Vegane Schokolade; Schokoladegetränke; Sorbets [Speiseeis]; Speiseeis; Süßwaren; Schaumgummi [Süßwaren]; Traubenzucker (für Nahrungszwecke) sowohl lose als auch als Komprimat; Waffeln; Weingummi; Zuckermandeln; Zuckerwaren; Zuckerwaren als Christbaumschmuck; Zwieback; Brausepulver [Süßwaren]; Brausepulvermischungen; Puffreis; Puffreis-Kugeln mit Brausebezug; Puffreis-Kugeln mit Brausepulverbezug“.
– Klasse 32: „Brausegranulat (für Getränke); Brausekomprimat (für Getränke); Brausepulver (für Getränke)“.
4 Sie wurde vom Prüfer mit Entscheidung vom 8. April 2021 gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) in Verbindung mit deren Art. 7 Abs. 2 zurückgewiesen.
5 Dagegen legte die Klägerin beim EUIPO am 8. Juni 2021 Beschwerde ein.
6 Mit der angefochtenen Entscheidung wies die Beschwerdekammer die Beschwerde zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass die angemeldete Marke „die Zukunft ist pflanzlich“ bedeute und es sich bei ihr um einen die englischen Grammatik- und Orthografieregeln befolgenden, vollständigen Satz handele. Die betreffenden Waren seien zum menschlichen Verzehr bestimmt. Es gebe einen Trend zur fleischfreien und folglich pflanzlichen Ernährung. Der in Rede stehende Slogan könne nur dahin gehend verstanden werden, dass die gekennzeichneten Waren auf Pflanzenbasis hergestellt würden und damit zukunftsweisend seien. Die Wortfolge sei ausschließlich belobigend, weil es aus Sicht des angesprochenen Publikums begehrenswert sei, zukunftsorientierte Nahrung auf Pflanzenbasis zu sich zu nehmen. Der Slogan beinhalte also nicht mehr als eine reine Werbeaussage. Die Beschwerdekammer gelangte deshalb zu dem Schluss, dass die angemeldete Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 keine Unterscheidungskraft habe.
Anträge der Parteien
7 Die Klägerin beantragt,
– die angefochtene Entscheidung aufzuheben;
– dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.
8 Das EUIPO beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
9 Die Klägerin macht einen Klagegrund geltend, nämlich einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 in Verbindung mit deren Art. 7 Abs. 2. Sie meint, die angemeldete Marke habe durchaus Unterscheidungskraft. Sie erschöpfe sich keineswegs in einer ausschließlich belobigenden Werbebotschaft. Vielmehr handele es sich um ein überraschendes Wortspiel, das geeignet sei, als Herkunftshinweis zu fungieren.
10 Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
11 Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen. Die Vorschrift findet nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Europäischen Union vorliegen.
12 Nach ständiger Rechtsprechung bedeutet die Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001, dass die Marke geeignet ist, die Ware, für die sie angemeldet worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C‑398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).
13 Bei Zeichen, die gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 keine Unterscheidungskraft haben, wird davon ausgegangen, dass sie die wesentliche Funktion der Marke nicht erfüllen können, nämlich die betriebliche Herkunft der von der Marke erfassten Ware oder Dienstleistung zu identifizieren, um es dem Verbraucher, der die Ware oder Dienstleistung erwirbt, so zu ermöglichen, bei einem weiteren Erwerb seine Entscheidung davon abhängig zu machen, ob er gute oder schlechte Erfahrungen gemacht hat (vgl. Urteil vom 28. Juni 2017, Colgate-Palmolive/EUIPO [AROMASENSATIONS], T‑479/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:441, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).
14 Die Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. Urteil vom 29. April 2004, Henkel/HABM, C‑456/01 P und C‑457/01 P, EU:C:2004:258, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
15 Eine Marke ist nicht bereits deshalb von der Eintragung ausgeschlossen, weil die Zeichen oder Angaben, aus denen sie besteht, sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der von dieser Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen verwendet werden (vgl. Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C‑398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
16 Nach der Rechtsprechung sind an die Beurteilung der Unterscheidungskraft solcher Marken keine strengeren Maßstäbe anzulegen als an sonstige Zeichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C‑398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).
17 Nach ständiger Rechtsprechung ist eine aus einem Werbeslogan bestehende Marke jedoch als nicht unterscheidungskräftig anzusehen, wenn sie von den maßgeblichen Verkehrskreisen lediglich als bloße Werbeaussage wahrgenommen werden kann. Hingegen ist einer solchen Marke dann Unterscheidungskraft zuzuerkennen, wenn sie über ihre Werbefunktion hinaus von den maßgeblichen Verkehrskreisen ohne Weiteres als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Waren und Dienstleistungen wahrgenommen werden kann (vgl. Urteil vom 9. April 2019, Zitro IP/EUIPO [PICK & WIN MULTISLOT], T‑277/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:230, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).
18 Nach der Rechtsprechung genügt ein Minimum an Unterscheidungskraft, um das absolute Eintragungshindernis von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 zu überwinden (vgl. Urteil vom 3. April 2019, Medrobotics/EUIPO [See More. Reach More. Treat More.], T‑555/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:213, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).
19 Ob die Beschwerdekammer mit ihrer Feststellung, dass die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft habe, wie die Klägerin geltend macht, gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 verstoßen hat, ist nach Maßgabe der vorstehenden Erwägungen zu prüfen.
20 Als Erstes ist zu den maßgeblichen Verkehrskreisen festzustellen, dass die Beschwerdekammer insoweit angenommen hat, dass sich die Nahrungsergänzungsmittel der Klasse 5 an das allgemeine Publikum und an das Fachpublikum wendeten, die ihnen eine „erhöhte“ Aufmerksamkeit schenkten. Sowohl die Waren der Klasse 30 als auch die Waren der Klasse 32 richteten sich an das allgemeine Publikum, das solche Waren ohne große Aufmerksamkeit kaufe. Es sei nicht ersichtlich, dass der Aufmerksamkeitsgrad dieses Publikums hoch wäre. Gegenüber Werbebotschaften oder Sachaussagen könne sowohl die Aufmerksamkeit des Fachpublikums als auch die des allgemeinen Publikums verhältnismäßig gering sein.
21 Da die angemeldete Marke aus englischen Wörtern besteht, hat die Beschwerdekammer auf das englischsprachige Publikum der Union abgestellt, vor allem auf die Verbraucher in Irland und Malta.
22 Die entsprechenden Feststellungen der Beschwerdekammer werden von der Klägerin nicht angegriffen. Vielmehr werden die Bestimmung der maßgeblichen Verkehrskreise und die Bestimmung des maßgeblichen Schutzgebiets von ihr bestätigt.
23 Als Zweites ist zu den Waren, für die die Marke angemeldet worden ist, mit der Beschwerdekammer festzustellen, dass alle diese Waren pflanzlicher Art sein können: Sie können pflanzliche Wirkstoffe oder Zutaten enthalten bzw. auf Pflanzenbasis hergestellt sein oder der Herstellung von Nahrungsmitteln auf pflanzlicher Grundlage dienen.
24 Als Drittes ist zu den Ausführungen der Beschwerdekammer zur Bedeutung der angemeldeten Marke THE FUTURE IS PLANT‑BASED festzustellen, dass die Beschwerdekammer angenommen hat, dass die angemeldete Marke „die Zukunft ist pflanzlich“ bedeute und es sich um einen vollständigen Satz handele, der die englischen Grammatik- und Orthografieregeln befolge. Der Slogan enthalte die Aussage „Die Zukunft beruht auf Pflanzenbasis“ oder „Die Zukunft stützt sich auf Pflanzen“.
25 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin einräumt, dass es sich bei der angemeldeten Marke um einen die englischen Grammatik- und Orthografieregeln befolgenden Slogan handelt und dass die Beschwerdekammer das angemeldete Zeichen mit „die Zukunft ist pflanzlich“ zutreffend übersetzt hat.
26 Als Viertes ist zur Wahrnehmung der angemeldeten Marke in Bezug auf die betreffenden Waren durch die maßgeblichen Verkehrskreise festzustellen, dass die Klägerin insoweit geltend macht, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die angemeldete Marke nicht dahin verstehen würden, dass die Waren, auf die sich der in Rede stehende Slogan beziehe, auf Pflanzenbasis hergestellt worden und damit zukunftsweisend seien. Die Wortfolge „the future is“ bedeute nicht „zukunftsweisend“. Diese Bedeutung sei in dem beanspruchten Slogan nicht enthalten. Die Wortfolge „the future is“ weise keinen Bezug zu den Waren auf, für die die Marke angemeldet worden sei.
27 Bei dem Slogan „die Zukunft ist pflanzlich“ handele es sich um ein Wortspiel, das überraschend und ungewöhnlich sei. Der Slogan könne inhaltlich als Paradoxon verstanden werden und erfordere einiges Nachdenken. Technologien würden nämlich als die Zukunft verstanden, Pflanzen hingegen in die Vergangenheit eingeordnet. Das Wort „Zukunft“ verlange von den maßgeblichen Verkehrskreisen auch einen Deutungsaufwand. Es könne im Zusammenhang mit dem Schutz des Klimas unsere Zukunft, die Zukunft der Menschheit, bedeuten. Gemeint sein könne aber auch die Zukunft der Ernährungswissenschaft, die Zukunft der Herstellungsprozesse oder die Zukunft der verwendeten Zutaten. Es werde also ein Denkprozess in Gang gesetzt.
28 Die Beschwerdekammer hat die Auffassung vertreten, dass der Slogan nur dahin gehend verstanden werden könne, dass die gekennzeichneten Waren auf Pflanzenbasis hergestellt worden und damit zukunftsweisend seien. Die Wortfolge sei ausschließlich belobigend, weil es aus Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise begehrenswert sei, zukunftsorientierte Nahrung auf Pflanzenbasis zu sich zu nehmen. Der Slogan beinhalte also nicht mehr als die reine Werbeaussage, dass Nahrungsmittel pflanzlicher Art die Produkte der Zukunft seien bzw. dass solchen Nahrungsmitteln die Zukunft gehöre. Dass er nicht konkretisiere, ob es sich um die Zukunft des Verbrauchers, der Menschheit, der gesunden Ernährung oder des Planeten handele, sei irrelevant. Ein Zeichen könne nämlich auch dann belobigend sein, wenn mit ihm abstrakte Eigenschaften angepriesen würden. Mit dem Slogan solle das Interesse der Verbraucher geweckt werden. Seine Bedeutung sei ohne weitere Interpretationen naheliegend. Der Slogan enthalte auch kein Element, das über die bloße Sachaussage, dass die Zukunft Nahrungsmitteln auf pflanzlicher Grundlage gehöre, hinausginge.
29 Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 25), erkennt die Klägerin an, dass die angemeldete Marke „die Zukunft ist pflanzlich“ bedeutet und die englischen Grammatik- und Orthografieregeln befolgt. Sie bestreitet auch nicht, dass die Waren, für die die Marke angemeldet worden ist, zum menschlichen Verzehr bestimmt sind. Außerdem räumt sie ein, dass die Marke als Bezugnahme auf die Diskussionen über den Klimaschutz und den Aspekt, inwiefern die vegetarische oder vegane Ernährung zu einer Minderung der Treibhausgasemissionen beitragen kann, gesehen werden kann. Die Feststellung der Beschwerdekammer, dass es einen Trend zur fleischfreien und folglich pflanzlichen Ernährung gebe – was von der Klägerin im Übrigen auch nicht bestritten wird –, wird mit diesem Vorbringen somit nicht in Zweifel gezogen, sondern gestützt.
30 Weiter ist festzustellen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die angemeldete Marke THE FUTURE IS PLANT‑BASED dahin verstehen werden, dass die betreffenden Waren auf Pflanzenbasis hergestellt worden und damit Produkte der Zukunft sind. Denn, da nicht bestritten wird, dass es wegen des Klimawandels aus Umweltschutzgründen einen Trend zur fleischfreien Ernährung gibt, ist der Slogan aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise ausschließlich belobigend. Er weist keine Originalität oder Prägnanz auf.
31 Entgegen dem Vorbringen der Klägerin werden die maßgeblichen Verkehrskreise daher zwischen den Wörtern, aus denen das angemeldete Zeichen besteht, insgesamt betrachtet in Bezug auf die betreffenden Waren kein begriffliches Spannungsfeld und auch keinen Widerspruch ausmachen. Dies würde auch dann gelten, wenn man mit der Klägerin annähme, dass Pflanzen mit der Vergangenheit gleichgesetzt werden, die Zukunft hingegen im Allgemeinen mit den neuen Technologien in Verbindung gebracht wird. Die maßgeblichen Verkehrskreise werden in dem Slogan, aus dem die angemeldete Marke besteht, demnach kein Paradoxon und auch kein Wortspiel erblicken.
32 Soweit die Klägerin geltend macht, dass das englische Wort „future“ (Zukunft) anders verstanden werden könnte, ist festzustellen, dass der Umstand, dass bestimmte Wörter in komplexen Marken verschieden aufgefasst werden oder einen unbestimmteren Aussagegehalt haben können, derartige Zeichen nicht zwangsläufig unterscheidungskräftig im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 macht (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2018, Multifit/EUIPO [fit+fun], T‑94/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:933, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung). In einer Gesamtschau des angemeldeten Zeichens wird das Wort „future“ von den maßgeblichen Verkehrskreisen deshalb als Teil einer reinen Werbebotschaft aufgefasst werden. Die angemeldete Marke beinhaltet nämlich die Aussage, dass die Zukunft den auf pflanzlicher Basis hergestellten Nahrungsmitteln gehöre. Die Bedeutung der angemeldeten Marke in Bezug auf die betreffenden Waren wird von den maßgeblichen Verkehrskreisen daher ohne irgendeinen Deutungsaufwand erfasst werden. Nach den vorstehenden Erwägungen ist die Feststellung der Beschwerdekammer in Rn. 41 der angefochtenen Entscheidung, dass das angemeldete Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen ausschließlich anpreisend und belobigend für die angemeldeten Waren verstanden werde, somit nicht zu beanstanden.
33 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Klägerin.
34 Als Erstes ist festzustellen, dass dahinstehen kann, ob die Beschwerdekammer die Wortfolge „the future is“ aus dem Englischen richtig ins Deutsche übersetzt hat. Da Deutsch nur die Verfahrenssprache ist, ist es für die Feststellungen zu der Frage, wie die maßgeblichen englischsprachigen Verkehrskreise diese Wortfolge verstehen (siehe oben, Rn. 21), solange diese Feststellungen objektiv zutreffen, nicht von Belang, ob die Wortfolge richtig ins Deutsche übersetzt worden ist (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 4. Juli 2019, romwell/EUIPO [twistpac], T‑662/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:483, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall trifft die Annahme der Beschwerdekammer, dass die Wortfolge „the future is“ „die Zukunft ist“ bedeute, aber objektiv zu. Die Feststellung, dass die angemeldete Marke von den maßgeblichen Verkehrskreisen insgesamt als Werbeaussage dahin aufgefasst wird, dass die gekennzeichneten Waren auf Pflanzenbasis hergestellt wurden und „zukunftsweisend“ sind, ist keine Frage der Übersetzung des Slogans, sondern eine Frage der Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise.
35 Als Zweites ist zu dem Vorbringen der Klägerin, dass die angemeldete Marke keineswegs einen unmittelbar beschreibenden Anklang aufweise und auch nicht ausschließlich als Sachaussage aufgefasst werde, festzustellen, dass die Beschwerdekammer nicht angenommen hat, dass der in Rede stehende Slogan beschreibend wäre. Abgesehen davon hat die Klägerin nicht dargetan, dass die angemeldete Marke geeignet wäre, mehr darzustellen als bloß eine gewöhnliche Werbebotschaft und damit auf die Herkunft der betreffenden Waren hinzuweisen.
36 Was als Drittes das Vorbringen der Klägerin angeht, dass die Registrierung in den Vereinigten Staaten zeige, dass die englischsprachigen Verkehrskreise in dem angemeldeten Zeichen einen Herkunftshinweis erblickten, kann es mit der Feststellung sein Bewenden haben, dass damit nicht dargetan ist, dass die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 nicht richtig angewandt hätte. Die Vorschriften des Kapitels XIII der Verordnung 2017/1001 begründen für das EUIPO nämlich keinerlei Verpflichtung, in Drittländern ergangene Entscheidungen betreffend die Registrierung einer internationalen Marke anzuerkennen. Die Regelung der Europäischen Union über Marken ist ein autonomes System, das aus einer Gesamtheit von Vorschriften besteht und Zielsetzungen verfolgt, die ihm eigen sind, und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist (vgl. entsprechend Urteil vom 6. Juni 2018, Apcoa Parking Holdings/EUIPO, C‑32/17 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:396, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Eintragungsfähigkeit eines Zeichens als Unionsmarke richtet sich allein nach den einschlägigen unionsrechtlichen Vorschriften. Das EUIPO und gegebenenfalls der Unionsrichter sind nicht an eine auf der Ebene eines Drittlands ergangene Entscheidung gebunden, mit der die Eintragungsfähigkeit desselben Zeichens als nationale Marke bejaht wird. Dies ist auch dann der Fall, wenn eine solche Entscheidung in einem Land erlassen wurde, das zu dem Sprachraum gehört, in dem das fragliche Zeichen seinen Ursprung hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Januar 2019, Ecolab USA/EUIPO [SOLIDPOWER], T‑40/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:18, Rn. 46 und 47 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
37 Als Viertes ist festzustellen, dass auch dem Argument nicht gefolgt werden kann, das die Klägerin aus den Urteilen des Gerichts herleiten will, die die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke stützen sollen. Insoweit ist festzustellen, dass der Sachverhalt im vorliegenden Fall anders liegt als in den angeführten Rechtssachen.
38 In der Rechtssache, in der das Urteil vom 20. Januar 2021, Oatly/EUIPO (IT’S LIKE MILK BUT MADE FOR HUMANS) (T‑253/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:21), ergangen ist, wurde durch den Slogan „it’s like milk but made for humans“ die allgemein anerkannte Vorstellung in Frage gestellt, dass Milch ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Ernährung sei. Der erzeugte Widerspruch war mithin geeignet, einen Denkprozess in Gang zu setzen, der nicht mit den Umständen des vorliegenden Falles vergleichbar ist, da mit der angemeldeten Marke hier keine allgemein anerkannte Vorstellung in Zweifel gezogen wird und von den maßgeblichen Verkehrskreisen auch kein solches begriffliches Spannungsfeld wahrgenommen werden kann.
39 Bei dem Urteil vom 22. Januar 2015, Pro-Aqua International/HABM – Rexair (WET DUST CAN’T FLY) (T‑133/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:46, Rn. 49 und 50), genügt der Hinweis, dass der Ausdruck „wet dust“ („feuchter Staub“) als begrifflich nicht korrekt erachtet wurde, da Staub, wenn er feucht ist, kein Staub mehr ist. Der Ausdruck „wet dust can’t fly“ verlangte von den Verbrauchern daher einen gewissen Deutungsaufwand, wovon im vorliegenden Fall keine Rede sein kann.
40 In dem Urteil vom 6. Oktober 2021, Power Horse Energy Drinks/EUIPO – Robot Energy Europe (UNSTOPPABLE) (T‑3/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:659), hat das Gericht festgestellt, dass die maßgeblichen Verkehrskreise, wenn sie dem Begriff „unstoppable“ („nicht zu stoppen“) begegnen, einen Interpretationsaufwand leisten müssen, um den ihm innewohnenden Widerspruch aufzulösen, da den betreffenden Waren die Eigenschaft, nicht zu stoppen zu sein, nicht zugeschrieben werden kann. Im vorliegenden Fall weist die angemeldete Marke jedoch einen unmittelbaren Bezug zu den betreffenden Waren auf. Die Waren können nämlich allesamt pflanzlicher Art bzw. auf Pflanzenbasis hergestellt sein oder der Herstellung von Nahrungsmitteln auf pflanzlicher Grundlage dienen. Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 32), wird die Bedeutung der angemeldeten Marke von den maßgeblichen Verkehrskreisen daher ohne Deutungsaufwand erkannt werden.
41 In dem Urteil vom 15. September 2017, Lidl Stiftung/EUIPO – Primark Holdings (LOVE TO LOUNGE) (T‑305/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:607), schließlich hat das Gericht festgestellt, dass der Slogan „love to lounge“, der allgemeinsprachlich „das reine Vergnügen der Faulheit“ bedeutet, in einer Vielzahl von Zusammenhängen verwendet werden kann. Die maßgeblichen Verkehrskreise müssen den Slogan deshalb erst in den betreffenden Kontext – Bekleidung, Schuhe, Kopfbedeckungen – einordnen, was eine intellektuelle Anstrengung erfordert. Im vorliegenden Fall ist hingegen keine intellektuelle Anstrengung erforderlich. Der Bezug zu den Pflanzen geht ohne Weiteres aus der angemeldeten Marke hervor.
42 Somit ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer mit der Annahme, dass die angemeldete Marke für die betreffenden Waren keine Unterscheidungskraft habe, nicht gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 in Verbindung mit deren Art. 7 Abs. 2 verstoßen hat.
43 Der von der Klägerin geltend gemachte Klagegrund ist deshalb zurückzuweisen und die Klage damit in vollem Umfang abzuweisen.
Kosten
44 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
45 Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr, wie vom EUIPO beantragt, die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Erste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Katjes Fassin GmbH & Co. KG trägt die Kosten.
Spielmann
Mastroianni
Gâlea
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 15. März 2023.
Der Kanzler
Der Präsident