T-115/15 – Deza/ ECHA

T-115/15 – Deza/ ECHA

Language of document : ECLI:EU:T:2017:329

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

11. Mai 2017()

„REACH – Festlegung einer Liste der für eine Aufnahme in Anhang XIV der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 in Frage kommenden Stoffe – Ergänzung der Eintragung des Stoffes Di‑(2‑ethylhexyl)phthalat (DEHP) in die Liste – Art. 57 und 59 der Verordnung Nr. 1907/2006“

In der Rechtssache T‑115/15

Deza, a.s. mit Sitz in Valašské Meziříčí (Tschechische Republik), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt P. Dejl,

Klägerin,

gegen

Europäische Chemikalienagentur (ECHA), vertreten zunächst durch M. Heikkilä, W. Broere und T. Zbihlej, dann durch M. Heikkilä, M. Broere und C. Buchanan als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte M. Procházka und M. Mašková,

Beklagte,

unterstützt durch

Königreich Dänemark, vertreten durch C. Thorning und N. Lyshøj Malte als Bevollmächtigte,

Königreich der Niederlande, vertreten durch M. Bulterman, B. Koopman und H. Stergiou als Bevollmächtigte,

Königreich Schweden, vertreten durch E. Karlsson, L. Swedenborg, A. Falk, C. Meyer-Seitz, U. Persson und N. Otte Widgren als Bevollmächtigte,

Königreich Norwegen, vertreten durch K. Moen und K. Moe Winther als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

wegen einer Klage gemäß Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung eines Beschlusses des Direktors der ECHA vom 12. Dezember 2014, mit der die bestehende Eintragung des Stoffes DEHP in die Liste der für eine Aufnahme in Anhang XIV der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. 2006, L 396, S. 1, berichtigt im ABl. 2007, L 136, S. 3) in Frage kommenden Stoffe dahin ergänzt wurde, dass dieser Stoff auch als Stoff identifiziert wurde, der im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung endokrine Eigenschaften hat und schwerwiegende Wirkungen auf die Umwelt haben kann,

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias sowie der Richter A. Dittrich (Berichterstatter) und P. G. Xuereb,

Kanzler: M. Marescaux, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2016

folgendes

Urteil

 Sachverhalt

1        Die Klägerin, Deza, a.s., ist eine im Chemiesektor tätige Aktiengesellschaft tschechischen Rechts. Sie produziert, vermarktet und verwendet u. a. den chemischen Stoff Di-(2-ethylhexyl)phthalat (CE Nr. 204-211-0, CAS Nr. 117-81-7) (im Folgenden: DEHP oder Stoff DEHP).

2        Durch einen Beschluss vom 28. Oktober 2008 mit der Referenznummer ED/67/2008 nahm der Direktor der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) den Stoff DEHP in die „Kandidatenliste“ auf, d. h. in die Liste der für eine Aufnahme in Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. 2006, L 396, S. 1, Berichtigung ABl. 2007, L 136, S. 3) in Frage kommenden Stoffe, da der Stoff DEHP als fortpflanzungsgefährdend der Kategorie 1B im Sinne von Art. 57 Buchst. c der Verordnung Nr. 1907/2006 eingestuft worden war.

3        Mit Erlass der Verordnung (EU) Nr. 143/2011 vom 17. Februar 2011 zur Änderung von Anhang XIV der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. 2011, L 44, S. 2) nahm die Europäische Kommission den Stoff DEHP in Anhang XIV auf. Anhang XIV nennt eine inhärente Eigenschaft dieses Stoffes, nämlich dass er „reproduktionstoxisch (Kategorie 1B)“ ist, wobei dieser Wortlaut dem des Art. 57 Buchst. c der Verordnung Nr. 1907/2006 entspricht. Anhang XIV legt ferner den Zeitpunkt für den Antragsschluss im Sinne von Art. 58 Abs. 1 Buchst. c Ziff. ii der Verordnung Nr. 1907/2006 auf den 21. August 2013 und einen Ablauftermin im Sinne von Art. 58 Abs. 1 Buchst. c Ziff. i der Verordnung Nr. 1907/2006 auf den 21. Februar 2015 fest.

4        Am 12. August 2013 stellte die Klägerin gemäß Art. 62 der Verordnung Nr. 1907/2006 einen Antrag auf Zulassung der Verwendung des Stoffes DEHP. Die Klägerin fügte diesem Antrag eine Reihe von Studien und detaillierten Unterlagen bei, zu denen der Stoffsicherheitsbericht, eine Bewertung von Alternativen und eine sozioökonomische Analyse gehörten. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung war über den Antrag noch nicht entschieden worden.

5        Am 26. August 2014 reichte das Königreich Dänemark gemäß Art. 59 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1907/2006 vier Dossiers gemäß Anhang XV der Verordnung ein mit dem Vorschlag, zum einen den Stoff DEHP und drei weitere chemische Stoffe, nämlich Dibutylphthalat (im Folgenden: DBP), Benzylbutylphtalat (im Folgenden: BBP) und Diisobutylphthalat (im Folgenden: DIBP), die bereits als fortpflanzungsgefährdend im Sinne von Art. 57 Buchst. c der Verordnung Nr. 1907/2006 eingestuft und deshalb in die Kandidatenliste aufgenommen worden waren, auch als endokrinschädigende Stoffe einzustufen, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit und auf die Umwelt im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 haben, und zum anderen die Kandidatenliste insoweit zu ergänzen (im Folgenden: ursprünglicher Vorschlag des Königreichs Dänemark).

6        Der ursprüngliche Vorschlag des Königreichs Dänemark wurde den interessierten Kreisen gemäß Art. 59 Abs. 4 und 5 der Verordnung Nr. 1907/2006 zur Stellungnahme vorgelegt. Mehrere Mitgliedstaaten und einige nicht staatliche Einrichtungen, darunter die Klägerin, gaben Bemerkungen zu dem Entwurf ab.

7        Die ECHA überwies sodann gemäß Art. 59 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1907/2006 die vier Dossiers an den Ausschuss der Mitgliedstaaten. Der ursprüngliche Vorschlag des Königreichs Dänemark wurde dementsprechend auf die Tagesordnung der 39. Sitzung des Ausschusses der Mitgliedstaaten gesetzt, die vom 8. bis 11. Dezember 2014 stattfand.

8        Bei der Prüfung dieser Dossiers im Rahmen der Sitzung stellte sich heraus, dass, weil mehrere Vertreter der Mitgliedstaaten widersprachen, der ursprüngliche Vorschlag des Königreichs Dänemark keine einstimmige Zustimmung finden würde. Nur die Einstufung des DEHP als endokrinschädigender Stoff, der wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die Umwelt hat, stieß bei den Mitgliedern des Ausschusses auf keinen Widerspruch.

9        Angesichts dieses Ergebnisses teilte das Königreich Dänemark in der genannten Sitzung seinen ursprünglichen Vorschlag in acht Teile auf, nämlich

–        in vier Teile, nach denen die vier chemischen Stoffe DBP, BBP, DIBP und DEHP als endokrinschädigende Stoffe, die wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 haben, eingestuft werden sollten und der bestehende Eintrag für diese vier Stoffe in der Kandidatenliste nach Art. 57 Buchst. c der Verordnung Nr. 1907/2006 durch diese neue Einstufung ergänzt werden sollte;

–        in vier Teile, nach denen diese vier chemischen Stoffe als endokrinschädigende Stoffe, die wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die Umwelt im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 haben, eingestuft werden sollten und der bestehende Eintrag für diese vier Stoffe in der Kandidatenliste nach Art. 57 Buchst. c der Verordnung Nr. 1907/2006 durch diese neue Einstufung ergänzt werden sollte.

10      Die Vertreter des Königreichs Dänemark beantragten ferner, über jeden der acht Teile seines Vorschlags einzeln abzustimmen.

11      Später zogen die Vertreter des Königreichs Dänemark ihren Vorschlag zurück, soweit er darauf abzielte, die Stoffe DBP, BBP und DIBP in die Kandidatenliste mit der Begründung aufzunehmen, dass es sich um endokrinschädigende Stoffe handelte, die wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die Umwelt im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 haben.

12      Der Ausschuss der Mitgliedstaaten gelangte zu keiner einstimmigen Einigung über die Teile des ursprünglichen Vorschlags des Königreichs Dänemark, nach denen die Stoffe DEHP, DBP, BBP und DIBP als endokrinschädigende Stoffe eingestuft werden sollten, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 haben.

13      Dagegen billigte der Ausschuss einstimmig den Teil des Vorschlags, nach dem DEHP als endokrinschädigender Stoff eingestuft werden sollte, der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die Umwelt im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 hat.

14      Am 12. Dezember 2014 erließ der Direktor der ECHA die Entscheidung ED/108/2014, mit der der bestehende Eintrag für den Stoff DEHP in der Kandidatenliste auf den neuesten Stand gebracht und ergänzt wurde und der genannte Stoff als Stoff mit endokrinen Eigenschaften eingestuft wurde, der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die Umwelt im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 hat, die ebenso besorgniserregend sind wie diejenigen anderer in Art. 57 Buchst. a bis e der Verordnung aufgeführter Stoffe (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

 Verfahren und Anträge der Beteiligten

15      Mit Klageschrift, die am 5. März 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach Art. 104 ff. der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 eingereicht, mit dem die Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung bis zur Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache beantragt wurde. Mit Beschluss vom 6. Mai 2015, Deza/ECHA (T‑115/15 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:263) hat der Präsident des Gerichts den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurückgewiesen. Die ECHA hat am 27. Mai 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eine Klagebeantwortung eingereicht.

16      Mit am 3., 9., 13. bzw. 21. Juli 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Schriftsätzen haben das Königreich Norwegen, das Königreich Schweden, das Königreich der Niederlande und das Königreich Dänemark beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der ECHA zugelassen zu werden. Diesen Anträgen ist nach Anhörung der Parteien stattgegeben worden.

17      Die Erwiderung und die Gegenerwiderung sind am 20. Juli bzw. 10. September 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen.

18      Das Königreich der Niederlande und das Königreich Schweden haben ihre Streithilfeschriftsätze am 3. bzw. 16. Dezember 2015 eingereicht. Das Königreich Dänemark und das Königreich Norwegen haben ihre Streithilfeschriftsätze am 17. Dezember 2015 eingereicht.

19      Mit am 4. April 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die ECHA ihre Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen eingereicht. Die Klägerin hat zu diesen Streithilfeschriftsätzen keine Stellungnahme eingereicht.

20      Mit einer prozessleitenden Maßnahme nach Art. 89 seiner Verfahrensordnung hat das Gericht die ECHA aufgefordert, eine Kopie der „Leitlinien zu Informationsanforderungen und Stoffsicherheitsbeurteilung“ vorzulegen, auf die die ECHA in ihrer Gegenerwiderung Bezug genommen hatte. Am 30. November 2016 hat die ECHA bei der Kanzlei des Gerichts eine Kopie dieses Dokuments eingereicht.

21      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit diese den bestehenden Eintrag für den Stoff DEHP in der Kandidatenliste für eine mögliche Aufnahme in Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 aktualisiert und ergänzt;

–        der ECHA die Kosten dieses Verfahrens aufzuerlegen.

22      Die ECHA beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

23      Das Königreich Dänemark, das Königreich der Niederlande, das Königreich Schweden und das Königreich Norwegen beantragen, den Anträgen der ECHA stattzugeben und die Klage abzuweisen.

24      Das Königreich der Niederlande beantragt ferner, der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zulässigkeit

25      Die Klägerin ist der Auffassung, sie sei klagebefugt. Unter Hinweis u. a. auf das Urteil vom 7. März 2013, Bilbaína de Alquitranes u. a./ECHA (T‑93/10, EU:T:2013:106), vertritt sie im Wesentlichen die Auffassung, die angefochtene Entscheidung nach Art. 59 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1907/2006 sei ein Rechtsakt der Europäischen Union, der sie unmittelbar betreffe, auch wenn sie nicht dessen Adressatin sei. Letztlich stelle die angefochtene Entscheidung einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV dar.

26      Die ECHA und das Königreich Dänemark, das Königreich der Niederlande, das Königreich Schweden sowie das Königreich Norwegen haben zu der Frage der Zulässigkeit der Klage nicht Stellung genommen.

27      Hierzu ist festzustellen, dass nach Art. 263 Abs. 4 AEUV jede natürliche oder juristische Person unter den Bedingungen der Abs. 1 und 2 dieses Artikels gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben kann.

28      Im vorliegenden Fall ist die angefochtene Entscheidung nicht an die Klägerin gerichtet. Daher ist die vorliegende Nichtigkeitsklage nach Art. 263 Abs. 4 AEUV nur zulässig, wenn die Klägerin von der angefochtenen Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen ist (Art. 263 Abs. 4 Fall 2 AEUV) oder wenn sie von der angefochtenen Entscheidung unmittelbar betroffen ist und diese einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter darstellt, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht (Art. 263 Abs. 4 Fall 3 AEUV).

29      Hierzu ist vorab darauf hinzuweisen, dass die genannte Entscheidung unabhängig von der von den Parteien gestellten Frage, ob die angefochtene Entscheidung eine Ergänzung für den bestehenden Eintrag in der Kandidatenliste enthält, im Kern ohnehin die Einstufung des Stoffes DEHP als besonders besorgniserregend im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 bezweckt. Wie sich aus ihrem elften Erwägungsgrund und Punkt 2 ihres Tenors ergibt, wurde die Entscheidung aufgrund von Art. 59 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1907/2006 und gemäß dem Verfahren nach Art. 59 Abs. 3 bis 5 und 7 der genannten Verordnung erlassen.

30      Für eine Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung der ECHA, die die Einstufung eines Stoffes als besonders besorgniserregend wegen Vorliegens der in Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Merkmale betrifft, ist festgestellt worden, dass sich eine solche Entscheidung unmittelbar auf die Rechtsstellung desjenigen auswirkt, der den betreffenden Stoff liefert. Dies gilt deshalb, weil die Einstufung eines Stoffes nach Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 eine neue Information darstellt, die den Lieferanten nach Art. 31 Abs. 9 Buchst. a der Verordnung zur Aktualisierung des Sicherheitsdatenblatts des betreffenden Stoffes verpflichtet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. April 2015, Polynt und Sitre/ECHA, T‑134/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:254, Rn. 30, 36 und 37).

31      Aus dem zweifachen Umstand, dass zum einen die Klägerin Lieferantin von DEHP ist und zum anderen die angefochtene Entscheidung, wie oben in Rn. 29 ausgeführt, die Einstufung dieses Stoffes als Stoff im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 zum Gegenstand hat, ergibt sich im vorliegenden Fall, dass die angefochtene Entscheidung unmittelbare Auswirkungen auf die Rechtsstellung der Klägerin hat, und zwar aufgrund der Verpflichtung nach Art. 31 Abs. 9 Buchst. a der Verordnung.

32      Bezüglich der sonstigen Voraussetzungen nach Art. 263 Abs. 4 AEUV genügt der Hinweis, dass nach der Rechtsprechung des Gerichts eine Entscheidung über die Einstufung eines Stoffes als besonders besorgniserregend im Sinne vom Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV darstellt (Urteil vom 30. April 2015, Polynt und Sitre/ECHA, T‑134/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:254, Rn. 40).

33      Eine derartige Entscheidung hat nämlich allgemeine Geltung, da sie für objektiv bestimmte Situationen gilt und Rechtswirkungen gegenüber einer allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppe erzeugt, nämlich gegenüber jeder natürlichen oder juristischen Person, die in den Anwendungsbereich von Art. 31 Abs. 9 Buchst. a der Verordnung Nr. 1907/2006 fällt. Zudem stellt die angefochtene Entscheidung keinen Gesetzgebungsakt dar, da sie weder nach dem gewöhnlichen Gesetzgebungsverfahren noch nach einem besonderen Gesetzgebungsverfahren im Sinne des Art. 289 Abs. 1 bis 3 AEUV, sondern aufgrund von Art. 59 der Verordnung Nr. 1907/2006 erlassen worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. März 2013, Bilbaína de Alquitranes u. a./ECHA, T‑93/10, EU:T:2013:106, Rn. 55 bis 58).

34      Die angefochtene Entscheidung stellt somit einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV dar.

35      Die Einstufung des fraglichen Stoffes als besonders besorgniserregend aufgrund des in Art. 59 der Verordnung Nr. 1907/2006 vorgesehenen Verfahrens löst ferner Informationspflichten aus, ohne dass noch weitere Maßnahmen erforderlich wären. Insbesondere stellt die nachfolgende Phase des Zulassungsverfahrens, nämlich die Aufnahme der Kandidatenstoffe ihrer Priorität nach in Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006, d. h. in das Verzeichnis der zulassungspflichtigen Stoffe, keine Maßnahme zur Durchführung einer Entscheidung dar, mit der ein Stoff in die Kandidatenliste aufgenommen werden soll (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. März 2013, Bilbaína de Alquitranes u. a./ECHA (T‑93/10, EU:T:2013:106, Rn. 63 und 64).

36      Nach alledem ist festzustellen, dass die Klägerin von der angefochtenen Entscheidung unmittelbar betroffen ist und die Entscheidung einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter darstellt, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, so dass die Klägerin klagefugt ist.

37      Da die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen gegeben sind, ist die vorliegende Klage zulässig.

 Zur Begründetheit

38      Die Klägerin stützt ihre Klage auf vier Gründe.

39      Mit ihrem ersten Klagegrund wirft die Klägerin der ECHA vor, sie habe eine Entscheidung „ultra vires“ erlassen, unterlässt es jedoch, diesen Begriff näher zu erläutern. Mit dem zweiten Klagegrund macht die Klägerin einen Verstoß gegen die Grundsätze der Vorhersehbarkeit, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes geltend, mit dem dritten Klagegrund einen Mangel an überzeugenden und objektiven wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie eine Missachtung der Anweisungen der ECHA. Mit dem vierten Klagegrund rügt die Klägerin einen Verstoß gegen Rechte und Grundsätze, die in der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) und in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verankert seien, nämlich gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, das Recht auf ein faires Verfahren im Sinne von Art. 6 der EMRK und Art. 47 der Charta sowie das Recht auf ungestörte Nutzung des Eigentums im Sinne von Art. 1 des ersten Zusatzprotokolls der EMRK und Art. 17 der Charta.

 Zum ersten Klagegrund: Vorliegen einer „ultra vires“ erlassenen Entscheidung

40      Aus den Erklärungen der Klägerin in ihrer Gesamtheit ergibt sich, dass mit dem ersten Klagegrund drei verschiedene Gesichtspunkte geltend gemacht werden sollen, nämlich erstens der Gesichtspunkt, dass in der Verordnung Nr. 1907/2006 eine Vorschrift fehle, die die ECHA dazu berechtige, einen bereits bestehenden Eintrag für einen chemischen Stoff in der Kandidatenliste zu ergänzen, zweitens der Gesichtspunkt, dass gegen die Verfahrensvorschriften des Art. 59 der Verordnung Nr. 1907/2006 verstoßen worden sei, sowie drittens der Gesichtspunkt, dass die vom Rat der Europäischen Union und dem Europäischen Parlament für die Einstufung der Stoffe als besonders besorgniserregende Stoffe mit endokriner Wirkung im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 vorgesehenen Verfahren umgangen worden seien. Diese drei Gesichtspunkte sind als drei verschiedene Teile zu behandeln.

–       Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes: Berechtigung der ECHA zur Ergänzung eines bereits bestehenden Eintrags für einen chemischen Stoff in der Kandidatenliste

41      Die Klägerin ist der Auffassung, aus Art. 59 Abs. 10 der Verordnung Nr. 1907/2006 ergebe sich, dass die ECHA die Kandidatenliste nur veröffentlichen und aktualisieren dürfe, wenn in diese Liste ein Stoff aufgenommen werde, der dort noch nicht enthalten sei oder noch nicht als ein Stoff im Sinne vom Art. 57 der Verordnung Nr. 1907/2006 eingestuft worden sei.

42      Dagegen gebe es in der Verordnung Nr. 1907/2006 keine Vorschrift, der zufolge die ECHA berechtigt sei, die Kandidatenliste auf den neuesten Stand zu bringen, indem sie den bestehenden Eintrag für einen Stoff, der nach einer der Bestimmungen des Art. 57 der Verordnung Nr. 1907/2006 eingestuft worden sei, durch eine neue Einstufung dieses Stoffes nach einer anderen Bestimmung desselben Artikels ergänze. Die ECHA könne sich hierfür nämlich nicht auf Art. 61 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 stützen. Diese Vorschrift betreffe die Befugnis der Kommission, nicht aber die der ECHA, die Zulassungen zu überprüfen, die für die Verwendung eines in Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 aufgeführten chemischen Stoffes bereits erteilt worden seien. Die Klägerin fügt hinzu, dass der Gesetzgeber, wenn er der ECHA die Befugnis hätte erteilen wollen, einen bereits bestehenden Eintrag zu ergänzen, dies durch ausdrückliche Aufnahme dieser Befugnis in die Verordnung Nr. 1907/2006 getan hätte, wie er dies in Art. 58 Abs. 8 der Verordnung vorgesehen habe, indem er der Kommission ausdrücklich die Befugnis erteilt habe, in Anhang XIV einen Eintrag für einen chemischen Stoff zu ändern.

43      Das Königreich Dänemark habe diese Schlussfolgerungen insofern ausdrücklich bestätigt, als es in seinen Erklärungen zu den Bemerkungen zu dem von ihm nach Anhang XV eingereichten Dossier ausgeführt habe, dass „das Verfahren zur Ergänzung der Kandidatenliste und des Anhangs XIV von der Verordnung Nr. 1907/2006 nicht vorgesehen [war]“, aber dass „[es] von dem Grundsatz [ausging], dass die Kommission den genannten Anhang angemessen ergänzt“. Im Rahmen der Prüfung, die in der Sitzung des Ausschusses der Mitgliedstaaten stattgefunden habe, hätten mehrere Teilnehmer Einwände gegen den Vorschlag zur Ergänzung des bestehenden Eintrags bezüglich der Stoffe DEHP, DBP, BBP und DIBP in der Kandidatenliste erhoben. Jedenfalls könne der Umstand, dass der ECHA in der Verordnung selbst keine Befugnis erteilt worden sei, nicht dadurch ausgeglichen werden, dass der Ausschuss der Mitgliedstaaten dem neuen Vorschlag letztlich zugestimmt habe.

44      Die Klägerin macht ferner geltend, entgegen den Ausführungen der ECHA lasse sich deren Befugnis, einen bereits bestehenden Eintrag für einen chemischen Stoff in der Kandidatenliste zu ergänzen, nicht aus der Lehre von den impliziten Befugnissen herleiten. Nach Art. 13 Abs. 2 EUV sei das Grundprinzip, das den Umfang der Befugnisse der Unionsorgane regele, nicht das der impliziten Befugnisse, sondern das der zugewiesenen Befugnisse. Die Lehre von den impliziten Befugnissen bilde nur eine Ausnahme von diesem Prinzip. Eine Abweichung von dem genannten Prinzip in Gestalt der impliziten Befugnisse müsse jedoch anhand eines strengen Prüfungsmaßstabs beurteilt werden, da diese Abweichung nur ausnahmsweise Anwendung finden dürfe.

45      Anders als die ECHA ausführe, sei die Befugnis dieser Agentur zur Ergänzung eines bereits bestehenden Eintrags für einen chemischen Stoff in der Kandidatenliste nicht unerlässlich, um die Ziele der Verordnung Nr. 1907/2006 zu erreichen. Nach dieser Verordnung bestehe auch die Möglichkeit, gemäß Titel VIII beschränkende Maßnahmen zu erlassen. Die meisten Stoffe jedoch, die in der Kandidatenliste enthalten seien, seien nicht Gegenstand des Zulassungsverfahrens gewesen. Die ECHA habe sich bei den meisten dieser chemischen Stoffe selbst für eine andere Regelungsweise entschieden, nämlich für das Beschränkungsverfahren nach Titel VIII der Verordnung Nr. 1907/2006.

46      Schließlich ergebe sich aus Art. 69 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006, dass ein Stoff, der in Anhang XIV aufgenommen worden sei, von der ECHA erst nach dem in Art. 58 Abs. 1 Buchst. c Ziff. i der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Zeitpunkt, hier der 21. Februar 2015, also nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung, erneut geprüft werden könne. Im vorliegenden Fall jedoch habe die ECHA das DEHP vor diesem Zeitpunkt unter Heranziehung eines Dossiers erneut geprüft, das nicht von ihr erstellt worden sei.

47      Die ECHA, unterstützt durch das Königreich Dänemark, das Königreich der Niederlande, das Königreich Schweden und das Königreich Norwegen, wendet sich gegen dieses Vorbringen.

48      Zusammenfassend ist hierzu festzustellen, dass die Klägerin im Wesentlichen die Befugnis der ECHA in Abrede stellt, das DEHP als besonders besorgniserregenden Stoff mit endokriner Wirkung im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 in Anbetracht der Tatsache einzustufen, dass das DEHP bereits als besonders besorgniserregend im Sinne von Art. 57 Buchst. c der Verordnung eingestuft wurde.

49      Vor diesem Hintergrund ist darauf hinzuweisen, dass, wie oben in Rn. 29 ausgeführt, die angefochtene Entscheidung auf der Grundlage des Art. 59 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1907/2006 erlassen wurde.

50      Nach Art. 59 Abs. 8 Satz 1 dieser Verordnung nimmt die ECHA, wenn der Ausschuss der Mitgliedstaaten innerhalb von 30 Tagen nach der an ihn erfolgten Überweisung eines Dossiers einstimmig eine Einigung über die Einstufung eines Stoffes als Stoff im Sinne von Art. 57 der Verordnung erzielt, diesen Stoff in die Kandidatenliste auf.

51      Wie sich aus Art. 59 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1907/2006 ergibt, ist diese Entscheidung somit gerechtfertigt, wenn ein Stoff aufgrund von Art. 57 dieser Verordnung als besonders besorgniserregend eingestuft werden kann, wobei die Einstufung eines Stoffes, wie in Art. 58 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung festgelegt, stets einhergeht mit der Feststellung der inhärenten Eigenschaft(en) des Stoffes im Sinne von Art. 57 der Verordnung. Die Bezeichnung des in die Kandidatenliste aufgenommenen Stoffes und der dort angegebene Grund für die Aufnahme bilden eine Einheit, so dass die Einstufungsentscheidung auf den angegebenen Grund beschränkt ist.

52      Die Wendung „so nimmt die Agentur den Stoff in die … Liste auf“, wie sie in Art. 59 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1907/2006 enthalten ist, betrifft zwar zunächst die Situation, in der ein gemäß Anhang XV der Verordnung erstelltes Dossier, das einen Stoff betrifft, der dem Ausschuss der Mitgliedstaaten noch nicht zur Prüfung vorgelegt wurde, an den Ausschuss überwiesen wird. Erzielt der Ausschuss einstimmig eine Einigung über die Einstufung eines solchen Stoffes als Stoff im Sinne von Art. 57 der Verordnung, hat die ECHA diesen Stoff in die Kandidatenliste aufzunehmen.

53      Dieser Wendung kann jedoch nicht entnommen werden, dass der Ausschuss der Mitgliedstaaten nur für die Einstufung der Stoffe zuständig ist, die noch nicht in die Kandidatenliste aufgenommen wurden.

54      In einer Situation, in der ein bestimmter Stoff, weil er inhärente Eigenschaften im Sinne eines der Punkte des Art. 57 Buchst. a bis f der Verordnung Nr. 1907/2006 aufweist, in die Kandidatenliste als besonders besorgniserregender Stoff aufgenommen ist, ist nämlich der ECHA weder nach Art. 57 der Verordnung Nr. 1907/2006 und Art. 59 Abs. 8 der Verordnung noch nach einer anderen Bestimmung der Verordnung die Prüfung untersagt, ob dieser Stoff andere inhärente Eigenschaften als die besitzt, die zu der ursprünglichen Aufnahme dieses Stoffes in die genannte Liste führte.

55      Unter diesem Gesichtspunkt hat die Einstufung eines Stoffes als Stoff, der die Voraussetzungen eines Punktes von Art. 57 der Verordnung Nr. 1907/2006 erfüllt, der nicht zur ursprünglichen Aufnahme in die Kandidatenliste führte, in technischer Hinsicht die Form einer Ergänzung des bereits bestehenden Eintrags. In diesem Sinne ist auch das Vorbringen der ECHA zu verstehen, wonach sie über eine implizite Befugnis zur Ergänzung eines bereits bestehenden Eintrags verfügt.

56      Diese Auslegung des Art. 59 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1907/2006 ist aufgrund der Zielsetzung der Vorschriften über die Einstufung eines Stoffes als besonders besorgniserregend geboten.

57      Insoweit ist nämlich darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 1907/2006 eine Regelung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe eingeführt hat, die insbesondere nach ihrem ersten Erwägungsgrund und ihrem Art. 1 Abs. 1 ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt sicherstellen soll. Nach dem 69. Erwägungsgrund der Verordnung soll bei besonders besorgniserregenden Stoffen entsprechend dem Vorsorgeprinzip mit großer Umsicht vorgegangen werden, um ein hinreichend hohes Maß an Schutz der menschlichen Gesundheit, auch im Hinblick auf betroffene Bevölkerungsgruppen und gegebenenfalls auf bestimmte schutzbedürftige Untergruppen, sowie der Umwelt sicherzustellen.

58      Unter Berücksichtigung des Umstands, dass die verschiedenen Eigenschaften eines Stoffes Gefahren unterschiedlicher Art hervorrufen können, und weil aus diesem Grund nicht ausgeschlossen ist, dass die inhärenten Eigenschaften eines Stoffes mehreren der in Art. 57 Buchst. a bis f der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Gründe entsprechen können, kann nur eine Auslegung des Art. 59 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1907/2006, die im Rahmen der Kandidatenliste die Berücksichtigung aller inhärenten Eigenschaften eines Stoffes gestattet, allen vorstehend genannten Zielen gerecht werden.

59      Die vorstehend in den Rn. 53 bis 55 angeführten Erwägungen gelten gleichermaßen angesichts der verschiedenen Stufen des Zulassungsverfahrens, und zwar insbesondere angesichts der Verfahrensstufen, die der Aufnahme eines Stoffes in die Kandidatenliste folgen.

60      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 59 der Verordnung Nr. 1907/2006 das Verfahren zur Einstufung von Stoffen beschreibt, die die Kriterien des Art. 57 der Verordnung Nr. 1907/2006 erfüllen, um sie in die als Grundlage für die Erstellung des Anhangs XIV dienende Kandidatenliste aufzunehmen.

61      Wie sich aus Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1907/2006 ergibt, kann der betreffende Stoff, sobald er in Anhang XIV aufgenommen ist, nicht mehr verwendet oder in den Verkehr gebracht werden, es sei denn, es ist eine Genehmigung für eine bestimmte Verwendung nach Art. 60 der Verordnung erteilt worden.

62      Nur wenn alle Eigenschaften eines Stoffes aufgrund von Art. 57 der Verordnung Nr. 1907/2006 in die Kandidatenliste aufgenommen sind, kann die praktische Wirksamkeit ihrer Aufnahme in die Liste des Anhangs XIV garantiert werden. Daher garantiert nur eine Auslegung des Art. 59 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1907/2006, die alle Eigenschaften eines Stoffes im Sinne von Art. 57 der Verordnung berücksichtigt und die Aufnahme aller dieser Eigenschaften in die Kandidatenliste erlaubt, dass eine etwaige Genehmigung für die Verwendung eines Stoffes eine Tragweite hat, die den Zielsetzungen der Verordnung in angemessener Weise entspricht.

63      Für die oben in den Rn. 53 bis 55 getroffene Feststellung spricht zudem der normative Zusammenhang, in dem Art. 59 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1907/2006 steht.

64      Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 61 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung die Kommission eine Zulassung jederzeit überprüfen kann, insbesondere wenn sich die Umstände der ursprünglichen Zulassung derart verändert haben, dass sie sich auf das Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt auswirken. Dies kann, wie die ECHA zu Recht ausgeführt hat, gerade der Fall sein, wenn neue gefährliche Eigenschaften eines bereits in Anhang XIV aufgenommenen Stoffes ermittelt werden.

65      Die Ausübung der Zuständigkeit der Kommission für die Überprüfung einer Zulassung ist eng verbunden mit und unmittelbar abhängig von der Zuständigkeit der ECHA, neue Gründe wie die in Art. 57 der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten in die Kandidatenliste für Stoffe aufzunehmen, die dort bereits enthalten sind. Ohne Berücksichtigung eines sich aus neuen Informationen ergebenden neuen Grundes im Sinne eines der Punkte von Art. 57 der Verordnung und ohne Aufnahme dieses Grundes nach dem Verfahren des Art. 59 der Verordnung Nr. 1907/2006 in die Kandidatenliste könnte die Kommission nämlich weder den Stoff in Anhang XIV aufnehmen, noch eine Zulassung erteilen oder eine Zulassung auf der Grundlage des Art. 61 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1907/2006 ändern. Wäre folglich die ECHA nicht für die Prüfung zuständig, ob ein Stoff wegen einer neu ermittelten gefährlichen Eigenschaft unter den Grund für eine ergänzende Ermittlung im Sinne von Art. 57 der Verordnung Nr. 1907/2006 fällt, wäre das Verfahren für die Überprüfung einer Zulassung erschwert.

66      Aufgrund von Art. 59 Abs. 10 der Verordnung Nr. 1907/2006, auf den die Beteiligten verweisen, kann die ECHA die Kandidatenliste nur aktualisieren, nachdem eine Entscheidung gemäß Art. 59 Abs. 8 in Verbindung mit Art. 57 der Verordnung Nr. 1907/2006 getroffen wurde.

67      Die Schlussfolgerung, dass die ECHA berechtigt ist, einen bereits bestehenden Eintrag in der Kandidatenliste aus einem weiteren Grund im Sinne eines der Punkte des Art. 57 der Verordnung Nr. 1907/2006 zu ergänzen, kann durch die sonstigen Argumente der Klägerin nicht in Frage gestellt werden.

68      So hat erstens, entgegen den Ausführungen der Klägerin, der Umstand, dass der Ausschuss der Mitgliedstaaten dem „neuen Vorschlag“ des Königreichs Dänemark seine Zustimmung erteilte, die fehlende „Ermächtigung“ der ECHA durch die Verordnung Nr. 1907/2006 im vorliegenden Fall nicht „ausgeglichen“. Die Einstufung von Stoffen als besonders besorgniserregend im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 ist Aufgabe des Ausschusses der Mitgliedstaaten, da die Entscheidungen des Direktors der ECHA, wie im vorliegenden Fall, erst nach einstimmiger Einigung des genannten Ausschusses gefällt werden.

69      Zweitens ist auch das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, wonach der Gesetzgeber, wenn er die ECHA hätte ermächtigen wollen, Ergänzungen eines bestehenden Eintrags vorzunehmen, dies durch ausdrückliche Aufnahme dieser Zuständigkeit in die Verordnung Nr. 1907/2006 getan hätte, wie er es in Art. 58 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1907/2006 vorgesehen habe, indem er der Kommission ausdrücklich die Zuständigkeit für Änderungen des Eintrags eines chemischen Stoffes in Anhang XIV eingeräumt habe.

70      Zwar trifft es zu, dass keine Vorschrift ausdrücklich und förmlich vorsieht, dass die ECHA berechtigt ist, die bestehenden Einträge in der Kandidatenliste mit neuen Gründen im Sinne von Art. 57 der Verordnung Nr. 1907/2006 zu ergänzen, doch kann eine solche ausdrückliche Ermächtigung der ECHA nicht als unbedingt erforderlich angesehen werden, da sich die Zuständigkeit der ECHA für dieses Vorgehen aus Art. 59 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1907/2006 in Verbindung mit der allgemeinen Systematik der Vorschriften dieser Verordnung sowie dem Zweck der Einstufung eines Stoffes als besonders besorgniserregend ergibt, wie oben in den Rn. 56 bis 65 ausgeführt.

71      Drittens kann auch das Vorbringen der Klägerin nicht überzeugen, wonach die Befugnis der ECHA, Ergänzungen eines bereits bestehenden Eintrags für einen chemischen Stoff in der Kandidatenliste vorzunehmen, zur Erreichung der Ziele der Verordnung nicht erforderlich sei, weil auch gemäß Titel VIII der Verordnung restriktive Maßnahmen erlassen werden könnten.

72      Hierzu ist festzustellen, dass der bloße Umstand, dass ein Stoff in der Kandidatenliste enthalten ist, nicht ausschließt, dass dieser Stoff unter bestimmten Voraussetzungen Beschränkungen statt einer Zulassung unterworfen sein kann. Wie aus Art. 58 Abs. 5 und Art. 69 der Verordnung Nr. 1907/2006 folgt, kann die Kommission oder ein Mitgliedstaat stets vorschlagen, dass die Herstellung, das Inverkehrbringen oder die Verwendung eines Stoffes als solchem, in einem Gemisch oder in einem Erzeugnis Beschränkungen statt einer Zulassung unterliegt (Urteil vom 30. April 2015, Hitachi Chemical Europe u. a./ECHA, T‑135/13, EU:T:2015:253, Rn. 124).

73      Außerdem können, wie sich aus Anhang XVII der Verordnung Nr. 1907/2006 ergibt, die nach dem Verfahren des Titels VIII dieser Verordnung erlassenen Beschränkungen, die auf die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe, Gemische und Erzeugnisse anwendbar sind, von besonderen Bedingungen für die Herstellung oder das Inverkehrbringen eines Stoffes bis zum vollständigen Verbot der Verwendung eines Stoffes reichen (Urteil vom 30. April 2015, Hitachi Chemical Europe u. a./ECHA, T‑135/13, EU:T:2015:253, Rn. 125).

74      Das Beschränkungsverfahren im Sinne von Titel VIII der Verordnung Nr. 1907/2006 stellt jedoch ein anderes Verfahren als das Zulassungsverfahren nach Titel VII dieser Verordnung dar (Urteil vom 7. März 2013, Rütgers Germany u. a./ECHA, T‑94/10, EU:T:2013:107, Rn. 149).

75      Das Verfahren zur Ermittlung der besonders besorgniserregenden Stoffe nach Art. 59 der Verordnung Nr. 1907/2006 in Verbindung mit Art. 57 dieser Verordnung einschließlich des Verfahrens zur Aktualisierung der Kandidatenliste kann nicht nur deswegen in Frage gestellt werden, weil in bestimmten Fällen auch beschränkende Maßnahmen angewandt werden könnten.

76      Was viertens das Vorbringen der Klägerin angeht, wonach die ECHA für die meisten der in der Kandidatenliste aufgeführten Stoffe, die im Übrigen nicht in Anhang XIV aufgeführt seien, das Beschränkungsverfahren anwende, genügt der Hinweis, dass nach dem 77. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1907/2006 aus Erwägungen der Durchführbarkeit und Praktikabilität lediglich eine begrenzte Zahl von Stoffen zur gleichen Zeit das Zulassungsverfahren durchlaufen sollte (Urteil vom 7. März 2013, Rütgers Germany u. a./ECHA, T‑94/10, EU:T:2013:107, Rn. 93). Ferner stellen die Ermittlung der Stoffe im Sinne von Art. 57 der Verordnung Nr. 1907/2006 und die Festlegung der Kandidatenliste nur eine Vorbedingung für die Entscheidung über die Aufnahme eines Stoffes in Anhang XIV dar. Diese Entscheidungen können nur nach und nach unter Berücksichtigung der Verwaltungskapazitäten der ECHA und der Kommission getroffen werden.

77      Ebenfalls als nicht stichhaltig zurückzuweisen ist fünftens das Vorbringen der Klägerin, wonach sich aus Art. 69 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 ergebe, dass ein in Anhang XIV der Verordnung aufgenommener Stoff von der ECHA erst nach dem in Art. 58 Abs. 1 Buchst. c Ziff. i der Verordnung genannten Zeitpunkt erneut geprüft werden könne, was bedeute, dass die ECHA diesen Zeitpunkt im vorliegenden Fall nicht berücksichtigt habe.

78      Die Frage einer erneuten Prüfung aufgrund von Art. 69 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006, die nach dem in Art. 58 Abs. 1 Buchst. c Ziff. i der Verordnung genannten Zeitpunkt erfolgt, kann sich nur in Bezug auf die Eigenschaften eines Stoffes stellen, die bereits in Anhang XIV aufgeführt sind. Diese Frage ist dagegen unerheblich, wenn ein zusätzlicher in Art. 57 der Verordnung genannter Grund in die Kandidatenliste eingeführt wird.

79      Sechstens kann auch das Vorbringen der Klägerin keinen Erfolg haben, wonach das Königreich Dänemark in seinen Erklärungen zu den Bemerkungen zu dem nach Anhang XV eingereichten Dossier ausgeführt habe, dass „das Verfahren zur Ergänzung der Kandidatenliste und des Anhangs XIV von der Verordnung Nr. 1907/2006 nicht vorgesehen [war]“, sondern dass „[es] von dem Grundsatz [ausging], dass die Kommission den genannten Anhang angemessen ergänzt“. Solche Erklärungen der Teilnehmer an dem Verfahren vor dem Ausschuss der Mitgliedstaaten haben nämlich keinen rechtsverbindlichen Charakter und können daher keinen Einfluss auf die Auslegung von Art. 59 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1907/2006 haben.

80      Siebtens gilt dasselbe auch für das Vorbringen der Klägerin, wonach mehrere Mitglieder des Ausschusses der Mitgliedstaaten auch Einwände gegen den Vorschlag zur „Ergänzung“ des bestehenden Eintrags für den Stoff DEHP in der Kandidatenliste erhoben hätten.

81      Nach alledem war die ECHA zum Erlass der angefochtenen Entscheidung berechtigt.

82      Somit ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

–       Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen das Verfahren nach Art. 59 der Verordnung Nr. 1907/2006

83      Die Klägerin macht geltend, die konkrete Abgrenzung eines nach Anhang XV vorgelegten Dossiers sei für das Verfahren zur Abgabe von Bemerkungen nach Art. 59 Abs. 3 bis 5 der Verordnung Nr. 1907/2006 und für die Beurteilung und die Entscheidung des Ausschusses der Mitgliedstaaten absolut maßgebend. Im vorliegenden Fall aber habe wegen des Verhaltens des Königreichs Dänemark der Ausschuss der Mitgliedstaaten, der kein Einvernehmen darüber erzielt habe, dass die vier chemischen Stoffe, wie sie in dem ursprünglichen Vorschlag des Königreichs Dänemark erwähnt seien, sowohl bezüglich ihrer Wirkungen auf die menschliche Gesundheit als auch bezüglich ihrer Wirkungen auf die Umwelt die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Kandidatenliste nach Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 erfüllt hätten, gleichwohl eine gemeinsame Haltung zu dem Teil des neuen Vorschlags eingenommen, der das DEHP als Stoff mit endokrinen Eigenschaften und wahrscheinlich schwerwiegenden Wirkungen auf die Umwelt betroffen habe. Wäre auf der Sitzung vom 8. bis 11. Dezember 2014 nicht der ursprüngliche Vorschlag des Königreichs Dänemark „absichtlich und rechtswidrig“ durch einen anderen Vorschlag ersetzt worden, obwohl die Erörterungen des Ausschusses der Mitgliedstaaten bereits begonnen hatten, hätte der Ausschuss nicht die Einstufung des DEHP als einen wegen seiner angeblichen Wirkungen auf die Umwelt besonders besorgniserregenden Stoff einstimmig beschlossen, und die angefochtene Entscheidung hätte daher einen wesentlich anderen Inhalt gehabt oder wäre nicht einmal erlassen worden. Außerdem sei der „neue Vorschlag“ nicht unter Einhaltung des Verfahrens zur Abgabe von Bemerkungen nach Art. 59 Abs. 3 bis 5 der Verordnung Nr. 1907/2006 eingereicht worden. Dieser „neue Vorschlag“ sei nicht einmal auf die Tagesordnung der Sitzung des Ausschusses der Mitgliedstaaten gesetzt worden. Zudem seien erst nach Abschluss der Abstimmung über den „neuen Vorschlag“ „bestimmte neue Tatsachen“ angeführt worden, d. h. Tatsachen, die mit der Beurteilung der betreffenden chemischen Stoffe durch den Ausschuss für Risikobeurteilung der ECHA zusammenhingen. Der Ausschuss der Mitgliedstaaten habe daher keine eingehende wissenschaftliche Debatte über diese neuen Tatsachen führen können.

84      Die ECHA, unterstützt durch das Königreich Dänemark und das Königreich Norwegen, wendet sich gegen dieses Vorbringen.

85      Zunächst ist festzustellen, dass nach dem Wortlaut des Art. 59 Abs. 2 bis 5 der Verordnung Nr. 1907/2006 das Verfahren zur Ermittlung der in Art. 57 dieser Verordnung genannten Stoffe gewährleisten soll, dass die Mitgliedstaaten und die an diesem Verfahren beteiligten Kreise vor Ausarbeitung einer Entscheidung über die Aufnahme eines Stoffes in die Kandidatenliste gehört werden können.

86      Art. 59 der Verordnung Nr. 1907/2006 regelt jedoch nicht, wie mehrere Vorschläge zur Einstufung eines Stoffes als besonders besorgniserregend im Sinne von Art. 57 der Verordnung einzureichen sind, unabhängig davon, ob es sich nun um verschiedene Stoffe oder um verschiedene Eigenschaften desselben in Art. 57 der Verordnung genannten Stoffes handelt. Es ist dort insbesondere nicht geregelt, ob jeder Vorschlag mit einem der in Art. 57 der Verordnung genannten Gründe getrennt einzureichen ist oder ob mehrere Vorschläge dieser Art im Rahmen nur eines Dokuments eingereicht werden können. Jedenfalls bietet der Wortlaut dieser beiden Vorschriften keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass Vorschläge in einem einzigen Dokument enthalten sein müssen, wenn diese Vorschläge von demselben Verfasser gleichzeitig vorgelegt werden. Auch gibt es keine Vorschrift, die besagt, dass ein oder mehrere Vorschläge während eines Verfahrens nicht zurückgezogen werden dürfen, auch wenn diese Vorschläge ursprünglich in einem einzigen Dokument vorgelegt wurden.

87      Im vorliegenden Fall steht fest, dass der ECHA für jeden Stoff, der in dem ursprünglichen Vorschlag des Königreichs Dänemark enthalten war, also für DEHP, DBP, BBP und DIBP, ein gesondertes Dossier gemäß Anhang XV vorgelegt wurde.

88      Entgegen den Ausführungen der Klägerin geht aus den zu den Akten des Gerichts gereichten Dokumenten nicht hervor, dass der genannte Mitgliedstaat seinen ursprünglichen Vorschlag vollständig zurücknahm und dass ein neuer Vorschlag einzureichen war. Vielmehr teilte das Königreich Dänemark lediglich seinen ursprünglichen Vorschlag in acht verschiedene Teile auf. Dieser Aufteilung folgte eine teilweise Rücknahme der Vorschläge bezüglich des DBP, des BBP und des DIBP, soweit diese Vorschläge schwerwiegende Wirkungen auf die Umwelt betrafen, während der Vorschlag bezüglich des DEHP aufrechterhalten wurde.

89      In Bezug auf den Teil des Vorschlags, der das DEHP betrifft, ist zum einen festzustellen, dass die Klägerin nicht dargelegt hat, worin sich der materielle Inhalt des ursprünglichen Vorschlags des Königreichs Dänemark von dem des Vorschlags unterscheidet, über den in der Sitzung des Ausschusses der Mitgliedstaaten vom 8. bis zum 11. Dezember 2014 abgestimmt wurde.

90      Zum anderen stellt die Klägerin nicht in Abrede, dass das Dossier bezüglich DEHP sehr wohl Gegenstand des Verfahrens zur Abgabe von Bemerkungen nach Art. 59 Abs. 4 und 5 der Verordnung Nr. 1907/2006 war. Unstreitig hatten somit alle beteiligten Kreise, unter ihnen die Klägerin, durchaus die Möglichkeit, ihre Bemerkungen zum DEHP abzugeben, bevor der ursprüngliche Vorschlag des Königreichs Dänemark aufgeteilt wurde.

91      In Bezug auf die Abstimmung über den Stoff DEHP im Rahmen der Erörterungen des Ausschusses der Mitgliedstaaten, die stattfand, nachdem das Königreich Dänemark seine Erwägungen zu diesem Stoff, wie sie in dem gemäß Art. 59 Abs. 3 und 5 der Verordnung Nr. 1907/2006 eingereichten Dossier enthalten sind, von seinen Erwägungen über die drei anderen Stoffe trennte, d. h. die Vorschläge bezüglich des DBP, des BBP und des DIBP, kann daher ein Verstoß gegen Art. 59 Abs. 8 und 9 der Verordnung Nr. 1907/2006 oder gar gegen das Recht der Klägerin auf Anhörung nicht festgestellt werden.

92      Das weitere Vorbringen der Klägerin kann diese Schlussfolgerung nicht in Frage stellen.

93      Erstens beinhaltet entgegen den Ausführungen der Klägerin die einstimmige Einigung des Ausschusses der Mitgliedstaaten über das DEHP nicht deshalb einen Rechtsverstoß, weil dieser Einigung nur die „schwerwiegenden Wirkungen auf die Umwelt“ zugrunde lagen, während der ursprüngliche Einstufungsvorschlag und das gemäß Anhang XV eingereichte Dossier mit „schwerwiegenden Wirkungen auf die menschliche Gesundheit und auf die Umwelt“ begründet worden waren.

94      Nach Art. 57 Buchst. f der genannten Verordnung nämlich sind die dort angeführten Eigenschaften solche, die wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt haben. Da diese Kriterien alternativ heranzuziehen sind, genügt es für die Anwendung des Art. 57 Buchst. f der Verordnung, dass nur ein Kriterium erfüllt ist. In dem ursprünglichen Vorschlag des Königreichs Dänemark war auch das Kriterium enthalten, das sich auf die Wirkungen auf die Umwelt bezieht, also das Kriterium, das zu einer einstimmigen Einigung des Ausschusses der Mitgliedstaaten führte.

95      Was zweitens das Vorbringen der Klägerin betrifft, wonach der Teil des Vorschlags, der sich auf das DEHP beziehe, nicht auf die Tagesordnung der Sitzung des Ausschusses der Mitgliedstaaten gesetzt worden sei, genügt der Hinweis, dass Punkt 9 Buchst. b der betreffenden Tagesordnung ausdrücklich das Bemühen um eine Einigung über den Vorschlag zur Einstufung des DEHP als besonders besorgniserregenden Stoff mit endokriner Wirkung vorsah. Da somit der ursprüngliche Vorschlag des Königreichs Dänemark bezüglich des DEHP nicht durch einen Vorschlag anderer Art ersetzt wurde, kann das Vorbringen der Klägerin keinen Erfolg haben.

96      Was drittens die Behauptung der Klägerin angeht, nach Abschluss der Abstimmung über den Vorschlag des Königreichs Dänemark seien „einige neue Tatsachen“ angeführt worden, insbesondere Tatsachen, die der Ausschuss der Mitgliedstaaten nicht eingehend habe erörtern können, ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin weder vorträgt, worin die neuen Tatsachen bestanden, noch weshalb sie für die angefochtene Entscheidung hätten relevant sein können.

97      Zudem bestreitet die Klägerin nicht das Vorbringen der ECHA, wonach die genannten „neuen Tatsachen“ schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit, nicht aber die in der angefochtenen Entscheidung genannten schwerwiegenden Wirkungen auf die Umwelt betrafen. Somit kann diesem Vorbringen nicht gefolgt werden.

98      Nach dem Vorstehenden ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

–       Zum dritten Teil des ersten Klagegrundes: Umgehung des vom Rat und vom Parlament festgelegten Verfahrens

99      Mit einer Reihe von Argumenten, die sowohl zur Untermauerung des dritten Teils des ersten Klagegrundes als auch zur Untermauerung des zweiten Klagegrundes vorgebracht werden, macht die Klägerin geltend, die angefochtene Entscheidung sei mit einem Ermessensmissbrauch behaftet. Der Rat und das Parlament hätten die Kommission damit beauftragt, in allen Rechtsvorschriften der Union die allgemeinen Anwendungskriterien für die Einstufung der Stoffe mit endokrinen Eigenschaften festzulegen, so dass diese Kriterien in allen Bereichen des Unionsrechts, die die genannten Stoffe beträfen, darunter Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006, horizontal angewandt werden könnten. Diese Verpflichtung der Kommission ergebe sich zum einen aus Art. 5 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 83 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. 2012, L 167, S. 1) in der geänderten Fassung sowie zum anderen aus Nr. 3.6.5 des Anhangs II der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. 2009, L 309, S. 1) in der geänderten Fassung. Die Verpflichtung der Kommission ergebe sich darüber hinaus aus dem Beschluss Nr. 1386/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 über ein allgemeines Umweltaktionsprogramm der Union für die Zeit bis 2020 „Gut leben innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten“ (ABl. 2013, L 354, S. 171). Die Notwendigkeit, harmonisierte Kriterien aufzustellen, ergebe sich schließlich aus dem Fahrplan der Kommission von Juni 2014 über die Bestimmung der Kriterien, die die Einstufung der Stoffe mit endokriner Wirkung im Bereich der Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte erlaubten. Trotz dieser Verpflichtung habe die Kommission noch keine harmonisierten Kriterien aufgestellt. Zudem stelle die Verordnung Nr. 1907/2006 kein Übergangskriterium für die Einstufung der Stoffe mit endokrinen Eigenschaften auf, und die in Art. 5 Abs. 3 Unterabs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 528/2012 genannten Übergangskriterien fänden auf die von der Verordnung Nr. 1907/2006 geregelten Fälle keine Anwendung.

100    Durch die Einstufung des DEHP als Stoff mit endokriner Wirkung im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 auf der Grundlage eigener Kriterien, denen kaum überzeugende und wenig objektive wissenschaftliche Feststellungen zugrunde lägen, habe die ECHA das rechtsverbindliche Verfahren, das der Rat und das Parlament zur Festlegung der oben genannten harmonisierten Kriterien vorgesehen habe, offensichtlich umgangen.

101    Die Notwendigkeit einer Anwendung dieser harmonisierten Kriterien werde zumindest implizit von einigen Mitgliedstaaten und einer Reihe anderer Stellen, die ihre Stellungnahmen im Verfahren zur Abgabe von Bemerkungen übermittelt hätten, sowie von der Kommission selbst anerkannt. Diese habe die Ausarbeitung der genannten Kriterien abgewartet, bevor sie ihren Vorschlag zur Einstufung des DEHP, des DBP, des BBP und des DIBP als Stoffe mit wahrscheinlich schwerwiegenden Wirkungen auf die menschliche Gesundheit im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 gemacht habe. Im vorliegenden Fall sei die Kommission aufzufordern, die Gründe mitzuteilen, weshalb sie innerhalb der Frist von drei Monaten nach Eingang der Stellungnahme des Ausschusses der Mitgliedstaaten keinen Vorschlag zur Einstufung der Stoffe DEHP, DBP, BBP und DIBP als endokrinschädigende Stoffe ausgearbeitet habe, die wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit im Sinne von Art. 59 Abs. 9 der Verordnung Nr. 1907/2006 haben würden.

102    Die Klägerin macht ferner geltend, das Königreich Dänemark habe bereits versucht, die Verfahren und die Vorschriften der Verordnung Nr. 1907/2006 zu umgehen, indem es die Verwendung der genannten Stoffe in seinem Hoheitsgebiet durch eine nationale Regelung einseitig verboten habe. Nach einem Mahnschreiben der Kommission vom 4. Juni 2012 habe das Königreich Dänemark dieses Verbot zurückgezogen.

103    Schließlich verstoße das Vorgehen der ECHA gegen Art. 95 der Verordnung Nr. 1907/2006, der das Verfahren zur Lösung der Konflikte zwischen den Auffassungen der ECHA und denen anderer nach dem Unionsrecht eingesetzter Stellen regele.

104    Die ECHA, unterstützt durch das Königreich Dänemark, das Königreich der Niederlande, das Königreich Schweden und das Königreich Norwegen, wendet sich gegen das Vorbringen der Klägerin.

105    Insoweit ist bezüglich insbesondere der Voraussetzungen, unter denen festgestellt werden kann, dass eine Entscheidung rechtsmissbräuchlich ist, zunächst darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung eine Rechtshandlung nur dann ermessensmissbräuchlich ist, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie ausschließlich oder zumindest vorwiegend zu anderen Zwecken als denen, zu denen die betreffende Befugnis eingeräumt wurde, oder mit dem Ziel erlassen worden ist, ein Verfahren zu umgehen, das der AEU-Vertrag speziell vorsieht, um die konkrete Sachlage zu bewältigen (Urteile vom 13. November 1990, Fedesa u. a., C‑331/88, EU:C:1990:391, Rn. 24, und vom 16. April 2013, Spanien und Italien/Rat, C‑274/11 und C‑295/11, EU:C:2013:240, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

106    Nichts lässt jedoch darauf schließen, dass die ECHA im vorliegenden Fall einen Rechtsmissbrauch beging.

107    Zum einen nämlich liefert die Klägerin keinen objektiven Anhaltspunkt, aus dem geschlossen werden könnte, dass die angefochtene Entscheidung ausschließlich oder zumindest vorwiegend zu anderen Zwecken als denen getroffen wurde, zu denen die betreffende Befugnis der ECHA eingeräumt wurde.

108    Zum anderen kann auch nicht angenommen werden, dass die ECHA mit dem Ziel handelte, ein Verfahren zu umgehen, das der AEU-Vertrag speziell vorsieht, um die konkrete Sachlage zu bewältigen.

109    Insoweit ist an erster Stelle, was die Verordnung Nr. 528/2012 geht, erstens darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus ihrem Art. 2 Abs. 3 Buchst. j ergibt, diese Verordnung unbeschadet der Verordnung Nr. 1907/2006 gilt. Die Verordnung Nr. 1907/2006, insbesondere ihr Art. 57 Buchst. f, steht daher einer Anwendung der Verordnung Nr. 528/2012 nicht entgegen. Dies gilt auch umgekehrt.

110    Zweitens sieht die Verordnung Nr. 528/2012 nicht ausdrücklich vor, dass die Einstufung eines Stoffes mit inhärenten Eigenschaften gemäß Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 nicht vorgenommen werden darf, bevor die Kommission harmonisierte Kriterien für die Ermittlung der Stoffe mit endokrinen Eigenschaften aufgestellt hat.

111    Drittens stützt sich das Vorbringen der Klägerin offensichtlich auf Art. 5 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 528/2012 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3 dieser Verordnung, wonach die Festlegung harmonisierter wissenschaftlicher Kriterien zur Bestimmung der endokrinschädigenden Eigenschaften durch die Kommission an die Stelle der Ermittlung dieser Eigenschaften in bestimmten Stoffen aufgrund des Verfahrens nach Art. 59 der Verordnung Nr. 1907/2006 treten würde.

112    Aus dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 528/2012 ergibt sich jedoch, dass die in dieser Vorschrift genannten Stoffe auf zwei alternativen und eigenständigen Wegen als Stoffe mit endokriner Wirkung eingestuft werden können, nämlich zum einen auf der Grundlage der in Art. 5 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 528/2012 genannten harmonisierten wissenschaftlichen Kriterien bzw. – vor der Festlegung dieser Kriterien – auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 3 Unterabs. 2 und 3 dieser Verordnung und zum anderen als Stoffe mit inhärenten Eigenschaften im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 gemäß Art. 59 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1907/2006.

113    Die Verpflichtung der Kommission zur Festlegung harmonisierter wissenschaftlicher Kriterien betrifft somit nur den ersten in Art. 5 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 528/2012 genannten Fall, ohne dass sich diese Verpflichtung in irgendeiner Weise auf die Anwendung des zweiten in dieser Vorschrift angeführten Falles auswirkt, d. h. auf die Anwendung des Art. 57 Buchst. f und des Art. 59 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1907/2006.

114    Anders gesagt, die sich aus Art. 5 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 528/2012 ergebende Verpflichtung der Kommission zur Festlegung harmonisierter wissenschaftlicher Kriterien hat keine Auswirkungen auf die fallbezogene Einstufung der in Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Stoffe.

115    Das Vorbringen der Klägerin, wonach die Verordnung Nr. 1907/2006 kein Übergangskriterium für die Einstufung der Stoffe mit endokrinen Eigenschaften aufstelle, sowie das Vorbringen, wonach die in Art. 5 Abs. 3 Unterabs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 528/2012 genannten Übergangskriterien auf die Verordnung Nr. 1907/2006 keine Anwendung fänden, greifen daher nicht durch. Da nämlich die Einstufung der in Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Stoffe von Fall zu Fall erfolgen kann, und zwar unabhängig von den Kriterien, die auf der Grundlage der Verordnung Nr. 528/2012 ausgearbeitet werden, hätten eventuelle Übergangskriterien, die sich aus der letztgenannten Verordnung ergeben, keine Auswirkungen auf die Anwendung des Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006.

116    An zweiter Stelle ist, was das Vorbringen der Klägerin zu Nr. 3.6.5 des Anhangs II der Verordnung Nr. 1107/2009 angeht, zunächst festzustellen, dass auch diese Regelung die Anwendung der Verordnung Nr. 1907/2006, insbesondere ihrer Art. 57 und 59, nicht ausdrücklich untersagt.

117    Nach dieser Regelung darf ferner nicht nur „auf der Grundlage der von der [Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit] überprüften Auswertung von Versuchen nach [Unions]leitlinien oder international vereinbarten Leitlinien“, sondern auch auf der Grundlage „von anderen verfügbaren Daten und Informationen, einschließlich einer Überprüfung der wissenschaftlichen Literatur“ untersucht werden, ob ein Stoff endokrinschädigende Wirkungen und nachteilige Auswirkungen hat.

118    Das in Nr. 3.6.5 des genannten Anhangs enthaltene Wort „einschließlich“ zeigt, dass das Beispiel einer Überprüfung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nur einen veranschaulichenden Charakter hat, da auch andere verfügbare Daten und Informationen als Grundlage für die Prüfung der Frage dienen können, ob ein Stoff schädigende Wirkungen auf das Hormonsystem hat. Ein Gutachten der ECHA ausgehend von einer fallweisen Prüfung stellt eine solche Informationsquelle dar.

119    Nr. 3.6.5 des Anhangs der Verordnung Nr. 1107/2009 kann es der ECHA daher nicht verwehren, für die Einstufung eines Stoffes als Stoff mit endokriner Wirkung im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 eine Überprüfung im Einzelfall vorzunehmen.

120    An dritter Stelle ist bezüglich des Beschlusses Nr. 1386/2013 festzustellen, dass keine Bestimmung dieses Beschlusses die Annahme zulässt, dass die ECHA nicht ihre eigenen Kriterien für die Einstufung eines Stoffes als Stoff mit endokriner Wirkung im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 entwickeln darf.

121    Zwar wird die Union gemäß Nr. 50 Abs. 3 Satz 2 des Anhangs dieses Beschlusses für die Prüfung der Kombinationseffekte von Chemikalien und der Sicherheitsaspekte von endokrinen Disruptoren „harmonisierte gefahrenorientierte Kriterien für die Ermittlung endokriner Wirkungen entwickeln“. Der Beschluss lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass nur harmonisierte wissenschaftliche Kriterien eine Einstufung als endokrinschädigenden Stoff für die Zwecke der Anwendung des Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 erlauben. Mit anderen Worten, der Beschluss Nr. 1386/2013 berührt in keiner Weise die Anwendung des Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006, dessen Zweck es ist, der ECHA die fallweise Einstufung dieser Stoffe zu ermöglichen.

122    An vierter Stelle ist bezüglich des Fahrplans der Kommission von Juni 2014 zunächst darauf hinzuweisen, dass dieses Dokument keinerlei rechtsverbindliche Wirkung hat. Wie sich nämlich aus der in ihm enthaltenen Feststellung des Haftungsausschlusses ergibt, „[dient] [d]ieser indikative Fahrplan … nur der Information und kann jederzeit geändert werden“. Er „greift der abschließenden Entscheidung der Kommission über den weiteren Verlauf dieser Initiative und über deren endgültigen Inhalt und Aufbau nicht vor“.

123    Im Übrigen enthält dieses Dokument nichts, was den Schluss zuließe, dass die Einstufung der endokrinschädigenden Stoffe nach Art. 57 Buchst. f und Art. 59 der Verordnung Nr. 1907/2006 auszusetzen ist, bis die Kommission harmonisierte wissenschaftliche Kriterien festlegt.

124    An fünfter Stelle genügt bezüglich des Arguments, dass nach Auffassung einiger Mitgliedstaaten und anderer am Verfahren zur Abgabe von Bemerkungen beteiligter Stellen für die Einstufung der Stoffe nach Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 harmonisierte Kriterien vorliegen müssten, der Hinweis, dass derartige Stellungnahmen keine rechtsverbindliche Wirkung haben und daher keinen entscheidenden Einfluss auf die Auslegung dieser Verordnung haben können.

125    An sechster Stelle ist, was das Argument der Klägerin angeht, dass auch die Kommission auf die Festlegung der harmonisierten wissenschaftlichen Kriterien gewartet habe, bevor sie den Vorschlag zur Einstufung des DEHP, des DBP, des BBP und des DIBP als Stoffe mit wahrscheinlich schwerwiegenden Wirkungen auf die menschliche Gesundheit im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 abgegeben habe, festzustellen, dass diese angeblich abwartende Haltung der Kommission weder für die Auslegung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 1907/2006 noch für die Auslegung anderer vorliegend geltender Bestimmungen eine Grundlage bilden kann. Wie zudem das Königreich Norwegen vorgetragen hat, ohne dass die Klägerin dem widerspräche, hat die Kommission den Vorschlag zur Einstufung des DEHP, des DBP, des BBP und des DIBP als Stoffe mit wahrscheinlich schwerwiegenden Wirkungen auf die menschliche Gesundheit zwischenzeitlich vorgelegt, ohne dass harmonisierte wissenschaftliche Kriterien festgelegt worden wären.

126    Der Antrag der Klägerin, die Kommission zur Mitteilung der Gründe aufzufordern, weshalb sie innerhalb der Frist von drei Monaten nach Eingang der Stellungnahme des Ausschusses der Mitgliedstaaten keinen Vorschlag zur Einstufung der Stoffe DEHP, DBP, BBP und DIBP als endokrinschädigende Stoffe mit wahrscheinlich schwerwiegenden Wirkungen auf die menschliche Gesundheit im Sinne von Art. 59 Abs. 9 der Verordnung Nr. 1907/2006 ausgearbeitet habe, ist demnach abzulehnen.

127    An siebter Stelle ist die Tatsache – ihren Nachweis unterstellt –, dass das Königreich Dänemark in der Vergangenheit versuchte, durch nationale Maßnahmen die Verwendung des DEHP in seinem Hoheitsgebiet zu unterbinden, ohne Bedeutung für die Frage, ob die ECHA aufgrund ihrer eigenen Kriterien das DEHP als Stoff im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 einstufen durfte oder ob sie hätte warten müssen, bis die Kommission harmonisierte Kriterien festlegt.

128    An achter Stelle genügt, was das Vorbringen der Klägerin angeht, dass die angefochtene Entscheidung gegen Art. 95 der Verordnung Nr. 1907/2006 verstoße, der Hinweis, dass die genannte Vorschrift die Verpflichtung der ECHA vorsieht, Konflikte und Meinungsverschiedenheiten zwischen ihr und anderen Stellen der Union zu verhindern und gegebenenfalls zu lösen. Zu diesen Stellen gehören die anderen Agenturen, insbesondere die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) und die EFSA. Die genannten Agenturen haben ähnliche Zuständigkeiten wie die ECHA und können grundsätzlich zu einem Stoff Stellungnahmen abgeben, die von der Stellungnahme der ECHA abweichen.

129    Besteht eine grundlegende Meinungsverschiedenheit in wissenschaftlichen oder technischen Fragen und handelt es sich bei der betreffenden Stelle um eine Einrichtung der Union oder einen wissenschaftlichen Ausschuss, so arbeiten gemäß Art. 95 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1907/2006 die ECHA und die betreffende Stelle zusammen und lösen entweder den Konflikt oder legen der Kommission ein gemeinsames Dokument zur Erläuterung der wissenschaftlichen und/oder technischen Konfliktpunkte vor.

130    Im vorliegenden Fall jedoch legt die Klägerin nicht dar, welche andere Stelle der Union eine wissenschaftliche Stellungnahme zu dem Stoff DEHP abgegeben hat, die von der Stellungnahme der ECHA abweicht.

131    Nach alledem ist das Vorbringen im Rahmen des dritten Teils des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

132    Infolgedessen ist der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze der Vorhersehbarkeit, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes

133    Zur Stützung ihres zweiten Klagegrundes macht die Klägerin geltend, die angefochtene Entscheidung verstoße gegen die Grundsätze der Vorhersehbarkeit, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, da die ECHA erstens das DEHP als endokrinschädigenden Stoff eingestuft habe, obwohl das Unionsrecht einen solchen Stoff nicht definiere und für die Einstufung dieses Stoffes keine rechtsverbindlichen Kriterien vorsehe. Zweitens sei die ECHA nicht dazu berechtigt gewesen, einen bereits bestehenden Eintrag für einen chemischen Stoff in der Kandidatenliste zu ergänzen. Drittens sei die angefochtene Entscheidung geeignet, das Zulassungsverfahren für den als fortpflanzungsgefährdend im Sinne von Art. 57 Buchst. c der Verordnung Nr. 1907/2006 eingestuften Stoff DEHP zu beeinträchtigen, ein Verfahren, das seit dem 12. August 2013 anhängig sei, dem Tag, an dem der Zulassungsantrag der Klägerin eingereicht worden sei. Viertens regele die angefochtene Entscheidung nicht die rechtlichen Folgen, die sich ergäben, wenn die Kommission für die Einstufung der endokrinschädigenden Stoffe im Rahmen ihres Mandats allgemeine Kriterien ausarbeiten würde, die sich von denen unterschieden, die die ECHA im vorliegenden Fall angewandt habe. Fünftens habe die Klägerin weder die fragliche Regelungstätigkeit der ECHA vorhersehen können noch sich auf die Verpflichtungen, die die angefochtene Entscheidung im Kontext der anderen Regelungsverfahren der Union eingeführt habe, einstellen können oder die Tätigkeit ihres Unternehmens anpassen können. Die angefochtene Entscheidung stelle die Merkmale zur Einstufung der Stoffe unter dem Gesichtspunkt ihrer endokrinen Wirkungen in Frage und verbreite insoweit Unsicherheit. Sie schaffe totale Verwirrung über den rechtlichen Zusammenhang zwischen der Aufnahme eines Stoffes in die Kandidatenliste, der Hinzufügung eines Stoffes in Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 und der Zulassungserteilung nach Titel VII dieser Verordnung.

134    Die ECHA tritt diesem Vorbringen entgegen.

135    Insoweit ist an erster Stelle darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung der Grundsatz der Rechtssicherheit, der ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, insbesondere gebietet, dass Rechtsvorschriften – vor allem dann, wenn sie nachteilige Folgen für Einzelne und Unternehmen haben können – klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen vorhersehbar sind (Urteil vom 16. Juli 2014, National Iranian Oil Company/Rat, T‑578/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:678, Rn. 112). Dieses Gebot verlangt, dass jede Maßnahme, die rechtliche Wirkungen erzeugen soll, ihre Bindungswirkung einer Bestimmung des Unionsrechts entnimmt, die ausdrücklich als Rechtsgrundlage bezeichnet sein muss und die Rechtsform vorschreibt, in der die Maßnahme zu erlassen ist (vgl. Urteil vom 19. Juni 2015, Italien/Kommission, T‑358/11, EU:T:2015:394, Rn. 123 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Grundsatz der Vorhersehbarkeit gehört zum Grundsatz der Rechtssicherheit (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2014, National Iranian Oil Company/Rat, T‑578/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:678, Rn. 111 und 112).

136    Im vorliegenden Fall führt die angefochtene Entscheidung nicht nur die Rechtsgrundlage, d. h. Art. 59 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1907/2006, an, sondern auch alle zur Feststellung ihrer rechtlichen Wirkung erforderlichen Parameter, und zwar klar und bestimmt, so dass die Klägerin deren Bedeutung eindeutig erfassen kann. Aus dieser Entscheidung geht nämlich klar hervor, dass sie den bestehenden Eintrag für das DEHP in der Kandidatenliste gemäß Art. 57 Buchst. c der Verordnung Nr. 1907/2006 durch eine Einstufung als endokrinschädigenden Stoff ergänzen soll, der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die Umwelt im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 hat.

137    An zweiter Stelle ergibt sich bezüglich des Grundsatzes des Vertrauensschutzes nach ständiger Rechtsprechung, dass sich jeder auf diesen Grundsatz berufen kann, bei dem ein Unionsorgan begründete Erwartungen geweckt hat, und dass niemand eine Verletzung dieses Grundsatzes geltend machen kann, dem die Verwaltung keine bestimmten Zusicherungen gegeben hat (vgl. Beschluss vom 4. Juli 2013, Menidzherski biznes reshenia, C‑572/11, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:456, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

138    Präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte von zuständiger und zuverlässiger Seite stellen unabhängig von der Form ihrer Mitteilung solche Zusicherungen dar (vgl. Urteil vom 14. März 2013, Agrargenossenschaft Neuzelle, C‑545/11, EU:C:2013:169, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

139    Im vorliegenden Fall hat die Klägerin weder nachgewiesen noch jemals behauptet, dass die ECHA ihr bestimmte Zusicherungen gegeben habe, und zwar weder bezüglich der Aufnahme eines Stoffes in die Kandidatenliste noch bezüglich der hierfür geltenden Kriterien.

140    Dieses Ergebnis wird durch das weitere Vorbringen der Klägerin nicht in Frage gestellt.

141    Erstens ist bezüglich des Vorbringens, wonach die ECHA das DEHP als endokrinschädigenden Stoff eingestuft habe, obwohl das Unionsrecht einen solchen Stoff nicht definiere und für die Einstufung dieses Stoffes keine rechtsverbindlichen Kriterien vorsehe, darauf hinzuweisen, dass, wie vorstehend in den Rn. 105 bis 114 ausgeführt, die ECHA mangels harmonisierter Kriterien für die Einstufung der Stoffe mit endokrinen Eigenschaften nach Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 berechtigt war, das DEHP aufgrund einer einzelfallbezogenen Prüfung und auch aufgrund ihrer eigenen Kriterien einzustufen.

142    Ferner kann, was den Grundsatz des Vertrauensschutzes angeht, angesichts der Erläuterungen oben in den Rn. 137 und 138 allein der Umstand, dass die Klägerin damit rechnete, dass die Anwendung des Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 bezüglich der endokrinschädigenden Stoffe ausgesetzt würde, bis die Kommission die Kriterien für die Einstufung dieser Art von Stoffen vereinheitlichen würde, keine Grundlage für eine erfolgreiche Geltendmachung dieses Grundsatzes sein. Per definitionem schützt der Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht eine solche Erwartung. Die Klägerin weist außerdem nicht nach, dass die ECHA ein Verhalten an den Tag legte, aufgrund dessen sie hätte schließen können, dass die Agentur die Einstufung des DEHP als besonders besorgniserregenden Stoff mit endokriner Wirkung im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 nicht vornehmen würde. Vielmehr gibt es, wie das Königreich der Niederlande ausgeführt hat, mehrere Präzedenzfälle, in denen Stoffe aufgrund von mehr als einer Eigenschaft im Sinne von Art. 57 der genannten Verordnung als besonders besorgniserregend eingestuft wurden, wie Cadmiumfluorid, das aufgrund von vier Eigenschaften eingestuft wurde, nämlich aufgrund der in Art. 57 Buchst. a bis c und f der Verordnung genannten Eigenschaften. Anthracenöl, ein Stoff, der als besonders besorgniserregend eingestuft wurde und die in Art. 57 Buchst. a, d und e der Verordnung Nr. 1907/2006 angeführten Kriterien erfüllt, stellt insoweit einen weiteren Präzedenzfall dar (Urteil vom 7. März 2013, Rütgers Germany u. a./ECHA, T‑94/10, EU:T:2013:107, Rn. 7 und 77).

143    Zweitens ist bezüglich des Vorbringens der Klägerin, wonach die angefochtene Entscheidung getroffen worden sei, ohne dass die ECHA berechtigt gewesen sei, einen bereits bestehenden Eintrag für einen chemischen Stoff in der Kandidatenliste zu ergänzen, was auch einen Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes darstelle, darauf hinzuweisen, dass, wie die Schlussfolgerung oben in Rn. 81 zeigt, die ECHA aufgrund von Art. 59 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1907/2006 dazu berechtigt war, den bereits bestehenden Eintrag für den Stoff DEHP in der Kandidatenliste zu ergänzen. Dieses Vorbringen ist daher zurückzuweisen.

144    Drittens ist bezüglich des Vorbringens der Klägerin, wonach die angefochtene Entscheidung das Zulassungsverfahren für den als fortpflanzungsgefährdend im Sinne von Art. 57 Buchst. c der Verordnung Nr. 1907/2006 eingestuften Stoff DEHP beeinträchtigen könnte – ein Verfahren, das seit dem 12. August 2013 anhängig sei, dem Tag, an dem der Zulassungsantrag der Klägerin eingereicht worden sei –, Folgendes festzustellen.

145    Selbst wenn ergänzende inhärente Eigenschaften wie die nach Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 zu dem Eintrag für das DEHP in der Kandidatenliste hinzugefügt wurden, ist das gegenwärtig noch anhängige Zulassungsverfahren nicht „beeinträchtigt“. Wie die ECHA zu Recht ausführt, darf der Antragsteller in seinem Antrag nur gefährliche Eigenschaften berücksichtigen, wegen deren dieser Stoff in Anhang XIV aufgenommen wurde. Eine inhärente Eigenschaft, die in der Kandidatenliste enthalten ist, jedoch nicht zum Eintrag für diesen Stoff in Anhang XIV gehört, hat daher keinen Einfluss auf das Zulassungsverfahren.

146    Wird ein bereits bestehender Eintrag für einen Stoff in Anhang XIV ergänzt, wie es in Art. 62 Abs. 4 Buchst. d der Verordnung Nr. 1907/2006 vorgesehen ist, ist zwar der Zulassungsantrag zu ändern, um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen. Anders gesagt, fügt die Kommission die Eigenschaft eines besonders besorgniserregenden Stoffes im Sinne von Art. 57 Buchst. f der genannten Verordnung zu dem Eintrag für das DEHP in Anhang XIV hinzu, muss die Klägerin diese Änderung des Anhangs XIV berücksichtigen.

147    Die Klägerin befände sich in diesem Fall jedoch in der gleichen Lage wie wenn sämtliche inhärenten Eigenschaften des Stoffes DEHP im Sinne von Art. 57 der Verordnung Nr. 1907/2006 zur selben Zeit ermittelt und in Anhang XIV aufgenommen worden wären.

148    Viertens ist bezüglich des Vorbringens, wonach die angefochtene Entscheidung nicht die rechtlichen Folgen regele, die sich ergäben, wenn die Kommission für die Einstufung der endokrinschädigenden Stoffe im Rahmen ihres Mandats allgemeine Kriterien ausarbeiten würde, die sich von denen unterschieden, die die ECHA im vorliegenden Fall angewandt habe, darauf hinzuweisen, dass, wie sich vorstehend aus den Rn. 112 bis 114 ergibt, die Einstufung eines Stoffes als besonders besorgniserregenden Stoff mit endokriner Wirkung aufgrund einer Einzelfallprüfung nach Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 nicht deswegen ausgeschlossen werden kann, weil die Kommission harmonisierte Kriterien für die Feststellung der endokrinen Eigenschaften aufstellen muss.

149    Fünftens ist bezüglich des Vorbringens der Klägerin, wonach die angefochtene Entscheidung „die Merkmale zur Einstufung der Stoffe unter dem Gesichtspunkt ihrer endokrinen Wirkungen“ in Frage stelle und insoweit Unsicherheit verbreite und dadurch totale Verwirrung über den rechtlichen Zusammenhang zwischen der Aufnahme eines Stoffes in die Kandidatenliste, der Hinzufügung eines Stoffes in Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 und der Zulassungserteilung nach Titel VII dieser Verordnung schaffe, zunächst darauf hinzuweisen, dass die angefochtene Entscheidung aufgrund der geltenden Regelung erlassen wurde, insbesondere aufgrund von Art. 59 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1907/2006 in Verbindung mit Art. 57 Buchst. f der Verordnung.

150    Die Rüge der Klägerin, sie habe die angefochtene Entscheidung weder vorhersehen können, noch sich auf die Verpflichtungen, die sich aus dieser Entscheidung ergeben hätten, einstellen können oder die Tätigkeit ihres Unternehmens anpassen können, ist als Vorbringen zu verstehen, mit dem im Wesentlichen ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes geltend gemacht werden soll.

151    Nach ständiger Rechtsprechung sind die Wirtschaftsteilnehmer, auch wenn der genannte Grundsatz zu den tragenden Grundsätzen der Union zählt, nicht berechtigt, auf die Beibehaltung einer bestehenden Situation zu vertrauen, die die Unionsorgane im Rahmen ihres Ermessens ändern können (Urteil vom 26. Juni 2012, Polen/Kommission, C‑335/09 P, EU:C:2012:385, Rn. 180). Die Klägerin war daher nicht berechtigt, darauf zu vertrauen, dass die ECHA das DEHP nicht als einen besonders besorgniserregenden Stoff mit endokriner Wirkung im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 einstufen würde.

152    Nach alledem sind die Argumente zurückzuweisen, mit denen ein Verstoß gegen die Grundsätze der Vorhersehbarkeit, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes geltend gemacht wird.

153    Somit ist der zweite Klagegrund insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Mangel an überzeugenden und objektiven wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie Missachtung der Anweisungen der ECHA

154    Der dritte Klagegrund untergliedert sich in zwei Teile.

155    Der erste Teil wird darauf gestützt, dass die angefochtene Entscheidung mit einem offensichtlichen Ermessensfehler behaftet sei, der sogar als Ermessensmissbrauch qualifiziert werden könne, da sie nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhe, die objektiv und überzeugend den Nachweis lieferten, dass das DEHP alle in Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 aufgeführten Kriterien erfülle.

156    Der zweite Teil wird darauf gestützt, dass die ECHA die von ihr selbst erteilten technischen Anweisungen nicht beachtet habe.

–       Zum ersten Teil des dritten Klagegrundes: offensichtlicher Fehler bzw. Ermessensmissbrauch aufgrund eines Mangels an objektiven und hinreichend überzeugenden wissenschaftlichen Nachweisen

157    An erster Stelle macht die Klägerin geltend, unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten genüge die Feststellung, dass ein Stoff endokrinschädigend sei, nicht für die Annahme, dass dieser Stoff die Kriterien nach Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 erfülle. Die endokrinschädigende Wirkung sei keine Gefahr, sondern nur eine Wirkungsweise. Dennoch liege der angefochtenen Entscheidung diese unzutreffende Annahme zugrunde. Anhand der wissenschaftlichen Beurteilung der Wirkungen des DEHP auf die Umwelt hätte sich dagegen feststellen lassen müssen, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Wirkungsweise des DEHP und den Wirkungen auf die Umwelt bestehe. Das DEHP-Dossier erfülle diese grundlegende Voraussetzung jedoch nicht, weil die angeblichen negativen Wirkungen des Stoffes DEHP als nur „möglich“ bewertet worden seien.

158    An zweiter Stelle enthielten, wie mehrere Mitgliedstaaten und mehrere andere Teilnehmer im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Abgabe von Bemerkungen erklärt hätten, die Ausführungen in dem DEHP-Dossier keinen Nachweis dafür, dass eines derjenigen Kriterien erfüllt sei, die für die Einstufung eines Stoffes nach Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 und für die Aufnahme dieses Stoffes in die Kandidatenliste von wirklich entscheidender Bedeutung seien, nämlich das Kriterium, wonach der betreffende Stoff ebenso besorgniserregend sein müsse wie andere in Art. 57 Buchst. a bis e der genannten Verordnung aufgeführte Stoffe.

159    An dritter Stelle werde die wissenschaftliche Zuverlässigkeit der Studien, auf denen das DEHP-Dossier, die Belegunterlagen und folglich die angefochtene Entscheidung beruhten, zu Unrecht und absichtlich überbewertet. Überdies seien diese Studien nicht überzeugend.

160    In Bezug auf die Studien, die mit Fischen durchgeführt worden seien und auf die sich sowohl die Belegunterlagen als auch das DEHP-Dossier stützten, ergebe sich aus einem wissenschaftlichem Bericht der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission (JRC) von 2008 mit dem Titel „European Union Risk Assessment Report“, dass „nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, ob das DEHP bei Fischen ein Stoff mit endokriner Wirkung ist“. Die neun Studien, die nach 2008 zu dem Einfluss des DEHP auf Fische erstellt worden seien, stellten nur „non-guideline stud[ies]“ dar, d. h. Studien, die nicht nach den Normen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) durchgeführt worden seien. Diese Studien müssten aber nach einer internationalen anerkannten Methode evaluiert werden, dem Klimisch-Score (Klimisch, H. J., Andreae, M., und Tillmann, U., „A Systematic Approach for Evaluating the Quality of Experimental Toxicological and Ecotoxicological Data, Regulatory Toxicology and Pharmacology, 1997, Bd. 25, S. 1 bis 5). Obwohl die „Non-guideline“-Studien im Rahmen der Klassifizierung des Klimisch-Score den Score 3 erreichten, der den „nicht zuverlässigen“ Studien entspreche (Klimisch-Score 3), seien die vorstehend genannten Studien in den Belegunterlagen im Widerspruch zu dem Klimisch-Score in die Kategorie 2 eingestuft worden, die den „mit Einschränkungen zuverlässigen“ Studien entspreche (Klimisch-Score 2). Der Verfasser der Belegunterlagen bezweifele selbst die Zuverlässigkeit der Studien von Carnevali u. a. (2010) und Corradetti u. a. (2013) und stufe sie als „im Wesentlichen nicht zuverlässige“ Studien ein (Klimisch-Score 2/4). In einigen Studien, auf die die Belegunterlagen Bezug nähmen, sei der endokrinschädigende Einfluss des DEHP absolut nicht nachgewiesen. So verhalte es sich insbesondere bei den Studien von Zanotelli u. a. (2010), Wang u. a. (2013) oder Uhren-Webster u. a. (2010). Die Ergebnisse der Studie von Zanotelli u. a. (2010), wonach „die Wachstumsverlangsamung“ (reduction in growth) bei den Fischen nach einer Behandlung mit DEHP als Zeichen einer „endokrinen Wirkung“ dieses Stoffes, auf keinen Fall aber als Beweis für seine „schädigenden Wirkungen“ verstanden werden könne, seien zudem durch andere Studien, insbesondere durch die Studie von Norman u. a. (2007), in Frage gestellt worden.

161    In Bezug auf die Studien, die mit Ratten durchgeführt worden seien, ist die Klägerin der Meinung, dass diese erstellt worden seien, um die Wirkungen auf die menschliche Gesundheit, nicht aber die Wirkungen auf die Umwelt zu untersuchen. Außerdem sei ihre Zuverlässigkeit fraglich, da der Stoff DEHP im Zusammenhang mit diesen Studien unmittelbar und in sehr hohen Dosen verabreicht worden sei, was in der Natur nicht vorkomme, da dieser Stoff in der Natur in tausend oder gar zehntausende Mal geringeren Dosen anzutreffen sei.

162    Die ECHA, unterstützt durch das Königreich Norwegen, wendet sich gegen dieses Vorbringen.

163    Vorab ist festzustellen, dass sich, da die Unionsbehörden über ein weites Ermessen insbesondere in Bezug auf die Beurteilung von hoch komplexen wissenschaftlichen und technischen tatsächlichen Umständen zur Festlegung der Art und des Umfangs der von ihnen erlassenen Maßnahmen verfügen, nach ständiger Rechtsprechung die Kontrolle durch den Unionsrichter auf die Prüfung beschränken muss, ob die Ausübung dieses Ermessens nicht offensichtlich fehlerhaft ist, einen Ermessensmissbrauch darstellt oder die Behörden die Grenzen ihres Ermessens offensichtlich überschritten haben. In einem solchen Kontext darf der Unionsrichter nämlich nicht seine Beurteilung der tatsächlichen Umstände wissenschaftlicher und technischer Art an die Stelle derjenigen der Unionsbehörden setzen, denen allein der AEU‑Vertrag diese Aufgabe anvertraut hat (vgl. Urteil vom 30. April 2015, Polynt und Sitre/ECHA, T‑134/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:254, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

164    Zu berücksichtigen ist jedoch, dass sich das weite Ermessen der Unionsbehörden, das eine begrenzte gerichtliche Kontrolle seiner Ausübung impliziert, nicht ausschließlich auf die Art und die Tragweite der zu erlassenden Bestimmungen, sondern in bestimmtem Umfang auch auf die Feststellung der Grunddaten bezieht. Für eine solche gerichtliche Kontrolle ist es jedoch, auch wenn sie begrenzt ist, erforderlich, dass die Behörden der Union, die den in Rede stehenden Rechtsakt erlassen haben, in der Lage sind, vor dem Unionsrichter zu belegen, dass sie beim Erlass des Rechtsakts ihr Ermessen tatsächlich ausgeübt haben, was voraussetzt, dass alle erheblichen Faktoren und Umstände der Situation, die mit diesem Rechtsakt geregelt werden sollte, berücksichtigt worden sind (vgl. Urteil vom 30. April 2015, Polynt und Sitre/ECHA, T‑134/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:254, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

165    Im Licht dieser Erwägungen ist im vorliegenden Fall zu prüfen, ob die Feststellung der ECHA, dass die Eigenschaften des DEHP die Voraussetzungen eines Stoffes im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 erfüllen, auf einem offensichtlichen Ermessensfehler oder gar auf einem Ermessensmissbrauch beruht.

166    Insoweit ist festzustellen, dass gemäß Nr. 6.3 der Belegunterlagen angenommen werden kann, dass der endokrinschädigende Wirkungsmechanismus des DEHP schädliche Wirkungen auf die Umwelt hervorruft. Der Ausschuss der Mitgliedstaaten gelangte aufgrund mehrerer Studien zu Fischen und Ratten zu diesem Schluss. Insbesondere ist es, wie sich aus Nr. 5.1.6 der Belegunterlagen ergibt, aufgrund einer umfassenden Bewertung eines Teils der verwendeten Studien sehr wahrscheinlich, dass die östrogene Wirkung des DEHP schädigende Folgen für die phänotypischen Geschlechts- und Fortpflanzungsmerkmale der männlichen und weiblichen Fische hat. Dieser Umstand sowie die Wirkungen des Stoffes DEHP, die in den Studien über Ratten festgestellt wurden und die in Kapitel 4 der Belegunterlagen angeführt werden, reichen für die Schlussfolgerung aus, dass das DEHP schädigende Wirkungen auf die Umwelt haben kann.

167    Die Beurteilung aller wissenschaftlichen Studien, die in den Kapiteln 4 und 5 der Belegunterlagen angeführt werden, kann durch das Vorbringen der Klägerin nicht in Frage gestellt werden.

168    Insoweit ist an erster Stelle festzustellen, dass entgegen den Ausführungen der Klägerin die angefochtene Entscheidung nicht auf der Annahme beruht, dass die bloßen Auswirkungen eines Stoffes auf das Hormonsystem eines isolierten Individuums zwingend schädigende Wirkungen auf die Umwelt haben.

169    Wie sich nämlich aus Nr. 5.1.1 in Verbindung mit Nr. 4.2.1 der Belegunterlagen ergibt, war der wissenschaftliche Ansatz, aufgrund dessen die ECHA zu dem Schluss gelangte, dass das DEHP inhärente Eigenschaften besitze, die in Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 genannt würden, von einer beratenden Sachverständigengruppe vorgeschlagen worden. Nach diesem Ansatz kann ein Stoff als endokrinschädigender Stoff mit wahrscheinlich negativen Wirkungen auf die Umwelt eingestuft werden, wenn erstens dieser Stoff schädigende Wirkungen auf die Gesundheit hat, zweitens einen endokrinschädigenden Wirkungsmechanismus aufweist, drittens ein „plausibler“ Zusammenhang zwischen den genannten schädigenden Wirkungen und dem endokrinschädigenden Wirkungsmechanismus besteht und viertens dieser Ursachenzusammenhang auch für die Umwelt relevant ist. Wie sich aus Nr. 4.2.1 der Belegunterlagen ergibt, beruht dieser Ansatz auf einer Definition, die allgemein anerkannt und vom Programm der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Bezug auf Stoffe mit endokriner Wirkung gestützt wird.

170    Das Vorbringen der Klägerin, wonach die angefochtene Entscheidung von der Annahme ausgehe, dass, wenn ein chemischer Stoff endokrinschädigend sei, dies zwingend bedeute, dass es sich um einen Stoff mit wahrscheinlich schädlichen Wirkungen auf die Umwelt handele, ist somit zurückzuweisen.

171    Zu dem Vorbringen der Klägerin, wonach sich anhand der wissenschaftlichen Beurteilung der Wirkungen des DEHP auf die Umwelt hätte feststellen lassen müssen, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Wirkungsweise des DEHP und seinen Wirkungen auf die Umwelt bestehe, in dem Sinne, dass gerade das DEHP – unter Ausschluss jedes anderen Stoffes – schwerwiegende negative Wirkungen auf die Umwelt habe, was den Schluss erlaube, dass das DEHP ein besonders besorgniserregender Stoff im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 sei, ist Folgendes festzustellen.

172    Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin mit diesem Vorbringen im Wesentlichen die Beweisanforderungen in Frage stellen will, die der Verfasser der Belegunterlagen bei der Feststellung des Kausalitätszusammenhangs anlegte.

173    Insoweit ist in Bezug auf die Beweisanforderungen, die gemäß Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 zu beachten sind, zunächst festzustellen, dass nach dieser Vorschrift in Anhang XIV u. a. die besonders besorgniserregenden Stoffe mit endokriner Wirkung aufgenommen werden können, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen „wahrscheinlich“ schwerwiegende Wirkungen auf die Umwelt haben. In einigen Sprachfassungen dieser Vorschrift, wie z. B. der englischen, der deutschen, der italienischen und der rumänischen Fassung, müssen die Wirkungen auf die Umwelt „wahrscheinlich“ sein, während in anderen Sprachfassungen die Stoffe Wirkungen auf die Umwelt haben „können“. Hieraus folgt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Stoff mit endokriner Wirkung schädliche Wirkungen auf die Umwelt haben kann, ausreicht, um einen ursächlichen Zusammenhang im Sinne dieser Vorschrift festzustellen. Dieser Ansatz des Unionsgesetzgebers steht im Übrigen im Einklang mit dem Vorsorgeprinzip, wie es u. a. in Art. 1 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1907/2006 aufgeführt wird.

174    Wie sich u. a. aus Nr. 6.3 Satz 1 der Belegunterlagen ergibt, beachtet der Verfasser dieser Unterlagen in seinen wissenschaftlichen Ausführungen die Beweisanforderungen nach Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006. Es wird dort nämlich auf die Wahrscheinlichkeit verwiesen, dass das DEHP schädliche Wirkungen auf die Umwelt haben kann.

175    In Anbetracht der oben in den Rn. 105, 163 und 164 gemachten Ausführungen über die Kontrolle der Handlungen in Bezug auf offensichtliche Ermessensfehler oder Ermessensmissbrauch ergibt sich, dass die angefochtene Entscheidung nicht deshalb einen Rechtsverstoß beinhaltet, weil der Verfasser der Belegunterlagen lediglich feststellte, dass es „sehr wahrscheinlich“ sei, dass der endokrinschädigende Wirkungsmechanismus des DEHP schädliche Wirkungen auf die Umwelt habe.

176    Was an zweiter Stelle das Vorbringen der Klägerin betrifft, das DEHP-Dossier enthalte keinen Nachweis dafür, dass das DEHP als ein Stoff angesehen werden müsse, der ebenso besorgniserregend sei wie andere in Art. 57 Buchst. a bis e der Verordnung Nr. 1907/2006 aufgeführte Stoffe, so genügt der Hinweis auf Nr. 6.2 der Belegunterlagen.

177    In dieser Nummer der Belegunterlagen untersucht der Verfasser nicht nur die inhärenten Eigenschaften, die wissenschaftlichen Nachweise und die schwerwiegenden Wirkungen des DEHP, sondern auch, ob die Wirkungen ebenso besorgniserregend sind (equivalent level of concern) im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006. Kurz gesagt, in den vier Absätzen dieser Nummer wird u. a. festgestellt, dass die ökotoxikologischen Wirkungen des Stoffes potenziell schwerwiegend und irreversibel sind und dass sie beträchtliche Auswirkungen auf die Umwelt haben.

178    Hieraus folgt, dass in Anbetracht der Ausführungen oben in den Rn. 102, 164 und 165 ein offensichtlicher Ermessensfehler oder gar ein Ermessensmissbrauch deshalb, weil die ECHA eines der wesentlichen Kriterien des Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 außer Acht gelassen habe, nicht festgestellt werden kann.

179    Was an dritter Stelle das Vorbringen der Klägerin betrifft, die im DEHP-Dossier verwendeten Studien seien nicht zuverlässig, ist Folgendes festzustellen.

180    Zu den wissenschaftlichen Nachweisen der angefochtenen Entscheidung gehören Studien zu Fischen, die teilweise vor 2008 durchgeführt wurden. Diese Studien wurden im Bericht der JRC von 2008 wiedergegeben und beschrieben. Wie sich aus Nr. 5.1.2 der Belegunterlagen ergibt, war es nach diesem Bericht zwar nicht möglich, eindeutig zu dem Schluss zu gelangen, dass das DEHP ein Stoff mit endokriner Wirkung für Fische ist.

181    Dieser Bericht wird jedoch durch mehrere Studien ergänzt, die nach 2008 durchgeführt wurden.

182    Wie sich aus Nr. 5.1.2.1 der Belegunterlagen ergibt, beurteilte die ECHA die Zuverlässigkeit der genannten Studien nach der Klimisch-Score-Methode. Dies geschah deshalb, weil nach Kapitel R.4.2 der Leitlinien zu Informationsanforderungen und Stoffsicherheitsbeurteilung der ECHA das Klimisch-Bewertungssystem auch für die Beurteilung der Studien zu den Wirkungen und dem Verhalten eines Stoffes in der Umwelt anzuwenden ist.

183    Insbesondere erhalten nach diesem System die Bewertung „2 = mit Einschränkungen zuverlässig“ (Klimisch-Score 2) die „Studien oder Daten …, die nicht nach den Grundsätzen der Guten Laborpraxis erstellt oder erlangt wurden und bei denen die dokumentierten Prüfparameter nicht vollständig der spezifischen Leitlinie entsprechen, aber ausreichen, um die Daten zu akzeptieren, oder bei denen die beschriebenen Forschungsarbeiten von keiner Prüfrichtlinie gedeckt sind, aber gut dokumentiert und wissenschaftlich zufriedenstellend sind“.

184    Die Bewertung „3 = nicht zuverlässig“ (Klimisch-Score 3) erhalten die „Studien oder Daten …, bei denen es Interferenzen zwischen der Messmethode und der Prüfsubstanz gegeben hat, bei denen die verwendeten Organismen/Prüfsysteme für die Exposition nicht relevant sind (z. B. nicht physiologische Anwendungen) oder die nach einer Methode erstellt oder erlangt wurden, die für eine Bewertung unzureichend dokumentiert wurde, nicht zufriedenstellend ist und nach Urteil eines Sachverständigen nicht überzeugend ist“.

185    Entgegen dem Vorbringen der Klägerin, wonach eine Studie, die die Normen der OECD nicht beachte, eine „Non-guideline“-Studie darstelle, ergibt sich nach dem Klimisch-Bewertungssystem nicht, dass jede „Non-guideline“-Studie eine Bewertung „3 = nicht zuverlässig“ erhalten müsste. Die Bewertung „2 = mit Einschränkungen zuverlässig“ kann vielmehr Studien zugesprochen werden, bei denen die dokumentierten Prüfparameter einer spezifischen Leitlinie nicht vollständig entsprechen. Folglich kann entgegen den Ausführungen der Klägerin allein der Umstand, dass eine Begutachtung als eine „Non-guideline“-Studie eingestuft wird, nicht bedeuten, dass diese Studie nicht zuverlässig ist.

186    Ferner ist auch darauf hinzuweisen, dass die Klägerin keine konkreten Anhaltspunkte liefert, die es ermöglichen, die Bewertung, die an die einzelnen in Kapitel 5 der Belegunterlagen genannten Studien vergeben wurde, substantiiert und auf der Grundlage einer individuellen Prüfung der Studien in Frage zu stellen.

187    Zudem trägt die Klägerin nicht vor, welche Bewertung der Studien, die Fische betreffen, unzutreffend ist und das Ergebnis der umfassenden Bewertung durch den Ausschuss der Mitgliedstaaten hätte beeinflussen können.

188    Überdies ist das Vorbringen der Klägerin nicht überzeugend, wonach erstens auch der Verfasser der Belegunterlagen die Zuverlässigkeit der Studien von Carnevali u. a. (2010) und Corradetti u. a. (2013) bezweifele und zweitens der endokrinschädigende Einfluss des DEHP in den Studien von Zanotelli u. a. (2010), Wang u. a. (2013) oder Uhren-Webster u. a. (2010) nicht nachgewiesen sei.

189    Aus Nr. 5.1.2.1.2 der Belegunterlagen ergibt sich zwar, dass die Studie von Zanotelli u. a. (2010) für eine Einstufung des DEHP als Stoff mit endokriner Wirkung nicht zwingend ist. Aus dieser Studie geht nicht eindeutig hervor, dass die „Wachstumsverlangsamung“ (reduction in growth), die bei den Fischen als Wirkung des DEHP beobachtet wurde, mit dem Hormonsystem im Zusammenhang steht (it is not clear whether the effect is endocrine mediated or not). Auch wurden nach der Studie von Wang u. a. (2013) keine endokrin bezogenen oder negativen systemischen Wirkungen untersucht oder beobachtet (no endocrine related or systemic adverse effects were investigated nor observed).

190    Aus Nr. 5.1.2.1.2 der Belegunterlagen geht jedoch hervor, dass die Studien von Carnevali u. a. (2010) und Corradetti u. a. (2013) nachweisen, dass von DEHP schädigende Wirkungen auf die Fortpflanzung der Zebrafische ausgehen, und dass diese Studien trotz einiger Bedenken gleichwohl eine gewisse Relevanz für die Bewertung der genannten Wirkungen haben (are therefore considered of some relevance).

191    Zwar stützt sich die Studie von Uhren-Webster u. a. (2010) auf eine Versuchsmethode, die eine in der Natur nicht anzutreffende Exposition mit dem Stoff beinhaltet. Unabhängig jedoch von der Frage, ob diese Methode zuverlässig ist – eine Frage, auf die im Übrigen die gleiche Antwort zu geben ist wie unten in den Rn. 198 bis 200 bezüglich der Anwendung hoher Mengen von DEHP bei an Ratten durchgeführten Versuchen –, ergibt sich aus der Studie von Uhren-Webster u. a. (2010), dass eine Exposition mit hohen Konzentrationen von DEHP die Spermatogenese bei den Zebrafischen stört.

192    Die von der Klägerin kritisierten Studien stellen nur einen Teil der vom Ausschuss der Mitgliedstaaten insgesamt geprüften Beweismittel dar.

193    Andere Studien zu Fischen, wie die in Nr. 5.1.2.1.2 der Belegunterlagen angeführten, sind zusätzliche Beweise für die schädlichen Wirkungen des DEHP auf die Umwelt.

194    Diese Studien werden durch die in Nr. 4.2.2 der Belegunterlagen erwähnten Versuche mit Ratten ergänzt. Aufgrund dieser Versuche konnten mehrere negative Wirkungen des DEHP auf das Hormonsystem von Säugetieren festgestellt werden.

195    Die Klägerin widmet diesen anderen Studien jedoch keine besondere Aufmerksamkeit.

196    Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus Nr. 4.2.2 Abs. 2 Buchst. b der Belegunterlagen ergibt, die Studien zu Ratten sogar als „zuverlässige“ Studien eingestuft wurden, und zwar im Sinne der Bewertung 1 oder 2 des Klimisch-Score. Die Klägerin, die anzuerkennen scheint, dass der Klimisch-Score eine überzeugende Methode zur Bewertung der Studien ist, liefert keinen Anhaltspunkt, aufgrund dessen die Zuverlässigkeit der in Nr. 4.2.2 angeführten Studien in Frage gestellt werden kann.

197    Auch die Beurteilung in Nr. 6.3 Abs. 3 der Belegunterlagen, wonach die Wirkungen des DEHP auf die Fortpflanzung der Säugetiere für die Umwelt relevant sind, wird von der Klägerin nicht substantiiert bestritten. Die Feststellung nämlich, dass erstens die beobachteten unerwünschten Wirkungen auf Ratten besonders besorgniserregend für wilde Säugetiere sind, bei denen der Fortpflanzungserfolg naturgemäß schwach ist, und dass zweitens die negativen Wirkungen auf die Fortpflanzung langfristige schädliche Folgen für die betreffende Tierpopulation hervorrufen können, wird von der Klägerin nicht in Frage gestellt.

198    Im Übrigen kann das Vorbringen der Klägerin, wonach die Prüfung des DEHP, wie sie im Rahmen der Studien mit Ratten durchgeführt worden sei, anhand sehr hoher Mengen von DEHP vorgenommen worden sei, die unmittelbar auf die Tiere eingewirkt hätten, was in der Natur so nicht vorkomme, keine Aussicht auf Erfolg haben.

199    Erstens ist insoweit nämlich zunächst darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nicht dargetan hat, dass die Methode, bei der ein Stoff in hohen Mengen unmittelbar angewandt wird, nicht eine anerkannte und feststehende wissenschaftliche Methode darstellt. Die Klägerin begnügt sich insoweit mit einer allgemeinen Behauptung, ohne einen konkreten Beweis vorzulegen, der die Zuverlässigkeit der Methode, bei der hohe Dosen eines bestimmten Stoffes auf Tiere unter Laborbedingungen angewandt werden, in Frage stellen würde.

200    Zweitens darf nach der Rechtsprechung eine Bewertung der durch die Eigenschaften eines Stoffes bedingten Gefahren nicht auf bestimmte Verwendungen beschränkt werden und kann unabhängig vom Ort der Verwendung des Stoffes, vom Expositionsweg und vom Grad der Exposition ordnungsgemäß erfolgen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Juli 2011, Nickel Institute, C‑14/10, EU:C:2011:503, Rn. 82).

201    Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Feststellungen oben in den Rn. 105, 163 und 164 kann nicht geschlossen werden, dass die angefochtene Entscheidung mit einem offensichtlichen Ermessensfehler oder einem Ermessensmissbrauch behaftet ist. Das diesbezügliche Vorbringen ist somit zurückzuweisen.

202    Der erste Teil des dritten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

–       Zum zweiten Teil des dritten Klagegrundes: Nichtbeachtung der eigenen technischen Anweisungen durch die ECHA

203    Die Klägerin macht geltend, die ECHA habe mit dem Erlass der angefochtenen Entscheidung ihre eigenen Anweisungen nicht beachtet, nämlich die Anweisungen in dem Dokument mit dem Titel „Identification of substances as SVHCs due to equivalent level of concern to CMRs (Article 57(f)) – sensitisers as an example“ (Identifizierung besonders besorgniserregender Stoffe wegen Eigenschaften, die ebenso besorgniserregend sind wie die der C‑M-R-Stoffe [Art. 57 Buchst. f] – Sensibilisatoren als Beispiel), das detaillierte Anweisungen für die Verfasser von Vorschlägen zur Aufnahme chemischer Stoffe in die Kandidatenliste nach Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 enthalte. Nach diesen Anweisungen seien die „Lebensqualität der Opfer“ – im vorliegenden Fall der betreffenden Tiere –, die „sozialen Bedenken“ und die Möglichkeit einer „sicheren Konzentration“ für die Umwelt Gesichtspunkte, die für die Feststellung zu berücksichtigen seien, ob ein Stoff ebenso besorgniserregend sei wie andere Stoffe, die gemäß Art. 57 Buchst. a bis e der Verordnung Nr. 1907/2006 eingestuft worden seien. Im vorliegenden Fall seien jedoch diese Gesichtspunkte von der ECHA nicht herangezogen worden.

204    Die ECHA tritt diesem Vorbringen entgegen.

205    Die Rüge der Klägerin, die sich auf die Anweisungen der ECHA bezieht, stellt ein ergänzendes Vorbringen dar, das erstmals in den Rn. 72 bis 74 der Erwiderung geltend gemacht worden ist. Die Klägerin hat mit anderen Worten im Laufe des Verfahrens im Wesentlichen ein neues Angriffsmittel vorgebracht.

206    Nach Art. 84 der Verfahrensordnung können neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens jedoch nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, sie werden auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.

207    Da die Klägerin das Angriffsmittel, das sich auf die Anweisungen der ECHA bezieht, erst in der Erwiderung vorgebracht hat, und es nicht auf Gründe gestützt wird, die nach Klageerhebung zutage getreten sind, ist es als verspätet und somit unzulässig zurückzuweisen.

208    Daher ist der zweite Teil des dritten Klagegrundes als unzulässig zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen die Rechte der Klägerin aus der EMRK und der Charta

209    Mit ihrem vierten Klagegrund beruft sich die Klägerin erstens auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, zweitens auf einen Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren im Sinne von Art. 47 der Charta und von Art. 6 EMRK sowie drittens auf einen Verstoß gegen das Recht auf ungestörte Nutzung des Eigentums im Sinne von Art. 1 des ersten Zusatzprotokolls der EMRK und von Art. 17 der Charta, und insbesondere gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes.

210    Die ECHA tritt diesem Vorbringen entgegen.

211    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Unionsgerichte im Einklang mit den ihnen zustehenden Befugnissen eine grundsätzlich umfassende Kontrolle der Rechtmäßigkeit sämtlicher Handlungen der Union im Hinblick auf die Grundrechte als Bestandteil der Unionsrechtsordnung gewährleisten müssen. Dieses Erfordernis ist in Art. 275 Abs. 2 AEUV ausdrücklich verankert (vgl. Urteil vom 28. November 2013, Rat/Fulmen und Mahmoudian, C‑280/12 P, EU:C:2013:775, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

212    Zu diesen Grundrechten gehört insbesondere die Wahrung des in Art. 47 Abs. 2 der Charta und Art. 6 EMRK verankerten Rechts auf ein faires Verfahren vor einem Gericht sowie des in Art. 17 der Charta und Art. 1 des ersten Zusatzprotokolls der EMRK aufgeführten Eigentumsrechts.

213    Da aber die ECHA kein Gericht im Sinne von Art. 47 der Charta und Art. 6 EMRK ist und diese Vorschriften daher im vorliegenden Fall keine Anwendung finden, kann sich die Klägerin gegenüber der angefochtenen Entscheidung nicht mit Erfolg auf das Recht auf ein faires Verfahren berufen.

214    Sollte dagegen der Verweis der Klägerin auf das Recht auf ein faires Verfahren dahin verstanden werden, dass sie sich auf ihr Recht auf eine unparteiische und gerechte Behandlung ihrer Angelegenheit durch die ECHA bezieht, beides im Sinne von Art. 41 Abs. 1 der Charta, so ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nicht dargetan hat, dass die ECHA ihre Verpflichtungen nach dieser Vorschrift verletzt hat.

215    Was das in Art. 17 der Charta und Art. 1 des ersten Zusatzprotokolls der EMRK verankerte Recht auf ungestörte Nutzung des Eigentums betrifft, beruft sich die Klägerin zum einen auf Finanzmittel, die sie angeblich wegen der Bearbeitung des Antrags auf Zulassung der Verwendung des DEHP investiert hat, und zum anderen auf das Risiko, diese Zulassung wegen des Erlasses der angefochtenen Entscheidung nicht zu erhalten. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin des Weiteren ausgeführt, dass das sonstige Eigentum, das sie wegen des Erlasses der angefochtenen Entscheidung nicht nutzen könne, in dem Recht eines Unternehmens auf Herstellung von DEHP besteht, das diesen Stoff verwendet und produziert.

216    Bezüglich der Finanzmittel, die die Klägerin angeblich wegen der Bearbeitung des Zulassungsantrags investierte, genügt insoweit der Hinweis, dass die Klägerin nicht dargetan hat, weshalb genau diese Investitionen durch die angefochtene Entscheidung in Frage gestellt wurden. Diese angeblichen Investitionen können nämlich nur das DEHP als Stoff betreffen, der das Kriterium des Art. 57 Buchst. c der Verordnung Nr. 1907/2006 erfüllt. Derartige Investitionen wären aber auch ohne Einstufung des Stoffes als besonders besorgniserregender Stoff mit endokriner Wirkung nach Art. 57 Buchst. f der Verordnung entstanden.

217    Was das Risiko angeht, dass die Klägerin keine Zulassung nach Art. 60 der Verordnung Nr. 1907/2006 erhält, ist festzustellen, dass sich das von der Klägerin eingeleitete Zulassungsverfahren auf das DEHP als fortpflanzungsgefährdender Stoff im Sinne von Art. 57 Buchst. c der Verordnung Nr. 1907/2006 bezieht. Diese Art von Zulassung ist aber nicht deswegen ausgeschlossen, weil der genannte Stoff als besonders besorgniserregender Stoff mit endokriner Wirkung im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung in die Kandidatenliste aufgenommen wurde.

218    Schließlich ist bezüglich der Rechte auf Herstellung des DEHP darauf hinzuweisen, dass weder das Bestehen noch der Umfang oder die Rechtsnatur dieser Rechte dargelegt worden sind, so dass es keine Anhaltspunkte für eine Behinderung gibt.

219    Unabhängig von der Qualifizierung der Gesichtspunkte, auf die sich die Klägerin zum Nachweis von „Eigentum“ im Sinne von Art. 17 der Charta und Art. 1 des ersten Zusatzprotokolls der EMRK stützt, ist festzustellen, dass nach den Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ihr Vorbringen zu dem Eigentumsrecht keine eigenständige Bedeutung im Rahmen der vorliegenden Klage haben soll, sondern ein Vortrag ist, der ihre im Rahmen der vorangegangenen Klagegründe gemachten Ausführungen ergänzen soll. Insbesondere kann das Eigentumsrecht nach Auffassung der Klägerin infolge der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung beeinträchtigt sein, soweit sich diese Rechtswidrigkeit aus dem ergibt, was die Klägerin im Rahmen der anderen Klagegründe vorgetragen hat.

220    Die Prüfung der anderen Klagegründe hat jedoch nichts ergeben, was die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung berühren könnte. Das Vorbringen im Zusammenhang mit dem Eigentumsrecht ist daher zurückzuweisen; diese Schlussfolgerung gilt auch für die Rechte aus Art. 41 Abs. 1 und Art. 47 der Charta sowie aus Art. 6 EMRK.

221    Wie bereits oben in den Rn. 135 bis 153 festgestellt, verstößt die angefochtene Entscheidung auch nicht gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes.

222    Deshalb ist auch der vierte Klagegrund zurückzuweisen und die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

223    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihren Anträgen unterlegen ist, sind ihr neben ihren eigenen Kosten entsprechend dem Antrag der ECHA deren Kosten einschließlich der Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes aufzuerlegen.

224    Nach Art. 138 Abs. 1 und 2 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), die nicht Mitgliedstaaten sind, ihre eigenen Kosten, wenn sie dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind. Das Königreich Dänemark, das Königreich der Niederlande, das Königreich Schweden und das Königreich Norwegen tragen daher ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Deza, a.s. trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) einschließlich der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entstandenen Kosten.

3.      Das Königreich Dänemark, das Königreich der Niederlande, das Königreich Schweden und das Königreich Norwegen tragen ihre eigenen Kosten.

Gratsias

Dittrich

Xuereb

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. Mai 2017.

Unterschriften


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