Vorläufige Fassung
SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN
JULIANE KOKOTT
vom 7. März 2024(1 )
Rechtssache C ‑87/23
Biedrība „Latvijas Informācijas un komunikācijas tehnoloģijas asociācija“
gegen
Valsts ieņēmumu dienests
(Vorabentscheidungsersuchen des Administratīvā apgabaltiesa [Regionalverwaltungsgericht, Lettland])
„Vorabentscheidungsersuchen – Steuerrecht – Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Art. 2, 9, 28 und 73 – Dienstleistung gegen Entgelt – Begriff des Steuerpflichtigen – Wirtschaftliche Tätigkeit – Typologische Betrachtungsweise – Gemeinnütziger Verein, der Fortbildungsprojekte organisiert und durchführt, die vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert werden – Erbringung von Ausbildungsleistungen unter Einschaltung von Subunternehmen – Einbeziehung der Förderungssumme in die Bemessungsgrundlage“
I. Einführung
1. Das Mehrwertsteuerrecht besteuert nur Umsätze, bei denen ein Steuerpflichtiger eine Person mit einem Verbrauchsgut (im Wege einer Lieferung oder Dienstleistung) versorgt. Die Erbringung einer Dienstleistung durch einen Nichtsteuerpflichtigen (z. B einen Privaten) an eine andere Person ist daher nicht steuerbar, auch wenn sie entgeltlich ausgeführt wird. Entsprechendes gilt für den Vorsteuerabzug. Dieser steht nur einem Steuerpflichtigen zu, und auch nur, wenn er den Umsatz von einem anderen Steuerpflichtigen empfangen hat.
2. Folglich kommt der Bestimmung des Steuerpflichtigen entscheidende Bedeutung zu. Der Gerichtshof hat insoweit unlängst einen typologischen Ansatz gewählt, um entscheiden zu können, ob eine Gemeinde(2 ) oder ein Aufsichtsorgan einer juristischen Person(3 ) als Steuerpflichtiger zu betrachten ist. Diesem Ansatz kommt auch hier besondere Bedeutung zu.
3. Hier hat nämlich ein gemeinnütziger Verein, der laut dem nationalen Gesetz keine Gewinne erzielen darf, Ausbildungsleistungen organisiert bzw. durchgeführt, die durch Subventionen mitfinanziert wurden. Da dieser Verein als Projektträger über keine entsprechenden Ausbilder verfügte, schaltete er dritte Unternehmen mit ein. Die Vergütung der Auszubildenden behandelte er als Entgelt für eine steuerpflichtige Dienstleistung, führte die entsprechende Steuer ab und machte aus den Rechnungen der Dritten den Vorsteuerabzug geltend. Die Finanzverwaltung will diesen Vorsteuerabzug versagen, weil eine wirtschaftliche Tätigkeit fehle. Der Verein könne kraft Gesetzes keine Gewinne erzielen und habe die Ausbildungsleistungen auch nicht selbst erbracht. Da laut anwendbarem Recht nur gemeinnützige Körperschaften oder Behörden solche Projekte durchführen können, nicht aber Unternehmen, könne diese Projektorganisation per se keine wirtschaftliche Tätigkeit sein.
4. Der Gerichtshof kann hier die Maßstäbe für die Beurteilung einer wirtschaftlichen Tätigkeit eines Steuerpflichtigen im Rahmen der typologischen Betrachtungsweise präzisieren. Dabei sollte er klarstellen, dass eine fehlende Kostendeckung oder eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht unschädlich ist bzw. allenfalls einen Aspekt bei einer Gesamtbetrachtung darstellt, für sich alleine aber nicht ausreicht, um die Eigenschaft als Steuerpflichtiger zu verneinen.
II. Rechtlicher Rahmen
A. Unionsrecht
5. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem(4 ) (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie) sieht vor:
„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:
c) Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt“.
6. Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie regelt:
„Als ‚Steuerpflichtiger‘ gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt.
Als ‚wirtschaftliche Tätigkeit‘ gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.“
7. Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie betrifft den Kommissionär von Dienstleistungen und lautet:
„Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden, werden behandelt, als ob sie diese Dienstleistungen selbst erhalten und erbracht hätten.“
8. Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie regelt die Bemessungsgrundlage:
„Bei der Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht unter die Artikel 74 bis 77 fallen, umfasst die Steuerbemessungsgrundlage alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen.“
9. Art. 168 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie betrifft den Vorsteuerabzug und lautet:
„Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
a) die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden; …“
B. Lettisches Recht
10. Lettland hat die Mehrwertsteuerrichtlinie durch das am 29. November 2012 verabschiedete Pievienotās vērtības nodokļa likums (Gesetz über die Mehrwertsteuer, im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz) (Latvijas Vēstnesis , 2012, Nr. 197) in lettisches Recht umgesetzt.
11. Für gemeinnützige Vereine ist außerdem das Biedrību un nodibinājumu likums (Gesetz über Vereine und Stiftungen), welches am 30. Oktober 2003 verabschiedet (Latvijas Vēstnesis , 2003, Nr. 161) wurde, relevant.
12. Nach Art. 2 Abs. 1 dieses Gesetzes sind Vereine freiwillige Zusammenschlüsse von Personen, die zur Verwirklichung der in ihrer Satzung festgelegten Zwecke gebildet werden, wonach sie keine Gewinnerzielungsabsicht haben. Sie sind aber nach Art. 7 Abs. 1 dieses Gesetzes berechtigt, zur Erreichung ihrer Vereins- bzw. Stiftungszwecke einer wirtschaftlichen Nebentätigkeit, die mit der Erhaltung und Nutzung ihres Vermögens im Zusammenhang steht, sowie einer weiteren wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen.
III. Sachverhalt
13. Im Jahr 2016 wurde an den Verein Latvijas Informācijas un komunikācijas tehnoloģijas asociācija (im Folgenden: Verein) die Durchführung von zwei aus Unionsmitteln (und zwar aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, im Folgenden: EFRE) finanzierten Projekten vergeben. Dabei geht es um die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften der Informations- und Kommunikationstechnik zur Förderung von Innovation und Entwicklung der Industrie (im Folgenden: ITK-Projekt) und um die Aus- und Weiterbildung in Klein- und Kleinstunternehmen für die Entwicklung der Innovation und digitaler Technologien in Lettland (im Folgenden: KuK-Projekt). Laut Vorlagefragen ist der Verein eine gemeinnützige Organisation, die ohne Gewinnerzielungsabsicht handelt.
14. Für beide Projekte schloss der Verein mit der Centrālā finanšu un līgumu aģentūra (Zentrale Finanzierungs- und Vergabeagentur, im Folgenden: CFLA) einen entsprechenden Durchführungsvertrag ab. Für beide Projekte gibt es öffentlich-rechtliche Durchführungsbestimmungen (Dekrete Nrn. 617 und 365 des Ministerrats). Nach diesen Dekreten kann nur ein Verein oder eine Behörde der direkten Verwaltung einen Projektvorschlag einreichen.
15. Im Rahmen des ITK-Projekts wird eine Finanzierung (im Folgenden auch: Beihilfe) für die Aus- und Weiterbildung der Beschäftigten von Unternehmen aus den im Anhang des Dekrets genannten Bereichen gewährt. Der Erbringer der entsprechenden Leistungen ist eine juristische oder natürliche Person, die die in dem Dekret festgelegten Anforderungen erfüllt. Der Empfänger der Finanzierung zur Durchführung des Projekts führt die Beschaffung der erforderlichen Güter und Dienstleistungen gemäß den Vorschriften für Vergabeverfahren durch. Die Beihilfe wird in Form einer Subvention gewährt
16. Im Rahmen des KuK-Projekts wird die Aus- und Weiterbildung gefördert, die erforderlich ist, um Produkt‑, Prozess‑, Marketing- oder Organisationsinnovation im Unternehmen zu verankern. Der Empfänger der Finanzierung nimmt externe Erbringer von Dienstleistungen – im Bereich der Aus- und Weiterbildung – in Anspruch, um die im Dekret aufgeführten förderungsfähigen Vorhaben durchzuführen. Im Rahmen der Maßnahme wird die Beihilfe an die Endbegünstigten (dem Empfänger der Aus- und Weiterbildung, auch als Auszubildender bezeichnet) in Form einer Subvention gewährt. Die Subvention wird indirekt über die Erbringung der Aus- und Weiterbildungsleistungen (im Folgenden: Ausbildungsleistungen) gewährt. Der Empfänger der Finanzierung gibt die Beihilfe an die Endbegünstigten weiter.
17. Im Rahmen des ITK-Projekts schloss der Verein eine Reihe von Verträgen mit Unternehmen zur Erbringung der Ausbildungsleistungen ab. In den Verträgen ist festgelegt, dass der Verein die Zahlung an das Unternehmen, das diese Leistungen erbringt, vornimmt, sobald die Empfänger der Ausbildung den Ausbildungskurs zunächst vollständig an ihn bezahlt haben, die erforderlichen Projektunterlagen vorgelegt und ein Annahme- und Übergabeprotokoll unterzeichnet wurden. Der Verein hat insofern auch Verträge mit den Empfängern der Ausbildungsleistungen abgeschlossen. In diesen Verträgen verpflichtet sich der Empfänger dieser Leistungen gegenüber dem Verein, zunächst die Kosten der Ausbildung und die Mehrwertsteuer gemäß den vom Verein ausgestellten Rechnungen zu tragen. In bestimmten Fällen verpflichtet sich der Empfänger der Ausbildung, dem Verein vertragsgemäß zusätzlich auch eine „Verwaltungsgebühr“ in Höhe von 5 % oder 10 % des gewährten Beihilfebetrags zuzüglich Mehrwertsteuer zu zahlen. Der Verein verpflichtet sich seinerseits, den Beihilfebetrag gemäß der Entscheidung über die Gewährung der staatlichen Beihilfe innerhalb von zehn Tagen nach Erhalt des Beihilfebetrags von der CFLA an den Empfänger der Ausbildung zu überweisen.
18. Nach den zu den Akten genommenen Verträgen und den Erklärungen des Vereins stellte der Verein im Rahmen des ITK-Projekts den Empfängern der Ausbildung die entsprechenden Kurse einschließlich der Mehrwertsteuer in Rechnung und machte sie in den Mehrwertsteuererklärungen als besteuerte Umsätze geltend. Die Empfänger leisteten die Zahlung an den Verein. Nach Abschluss der Ausbildung stellte der Erbringer der Aus- und Weiterbildung dem Verein den vollen Wert der erbrachten Ausbildungsleistungen einschließlich der Mehrwertsteuer in Rechnung, die der Verein zahlte und als Vorsteuer geltend machte. Nach Abschluss des Projekts leitete der Verein die von der CFLA erhaltene Finanzierung je nach Beihilfeintensität an die Empfänger dieser Leistungen weiter und stellte diesen gegebenenfalls auch eine Rechnung für die Verwaltung des ITK-Projekts in Höhe von 5 % bis 10 % des Beihilfebetrags aus.
19. Das KuK-Projekt ist hingegen anders strukturiert. Zum einen schloss der Verein wie im ITK-Projekt einen Vertrag mit einem Unternehmen zur Erbringung von Ausbildungsleistungen für Klein- und Kleinstunternehmen. Der Vertrag sieht ebenfalls vor, dass der Verein das ausgewählte Unternehmen für die erbrachten Leistungen auf der Grundlage der von dem Unternehmen ausgestellten Rechnungen, die auch die Mehrwertsteuer ausweisen, bezahlt. Zum anderen wurde ein weiterer, dreiseitiger Vertrag zwischen dem Verein, dem Erbringer der Ausbildungsleistungen und dem Unternehmen, das diese Leistung empfängt, geschlossen. Gemäß diesem Vertrag verpflichtete sich der Empfänger der Ausbildung zur anteiligen (30 %) Finanzierung der Ausbildungsleistung. Unklar ist jedoch, wer diese anteilige Finanzierung abrechnete und wie genau diese erfolgte. Es scheint so zu sein, dass der Verein diese 30 % zuzüglich Mehrwertsteuer gegenüber dem Empfänger abrechnete und von diesem erhielt. Der Verein wiederum erhielt von der CFLA die restlichen 70 % (ohne Mehrwertsteuer) ausgezahlt. Der Erbringer der Ausbildungsleistungen stellte diese hingegen dem Verein in Höhe von 100 % zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung.
20. Der Verein hat anscheinend die in seinen Rechnungen ausgewiesene Mehrwertsteuer abgeführt und im Gegenzug die in den Rechnungen der Unternehmen, die die Ausbildungsleistungen erbracht haben, ausgewiesene Mehrwertsteuer als Vorsteuer von seiner Steuerschuld abgezogen. Aufgrund der Konstruktion des KuK-Projekts müsste sich ein Vorsteuerüberschuss des Vereins ergeben haben (Mehrwertsteuer auf 30 % abzüglich der Mehrwertsteuer auf 100).
21. Anlässlich einer Prüfung erließ die Finanzverwaltung in den Jahren 2019 und 2021 insgesamt acht Bescheide, mit denen gegenüber dem Verein für den Zeitraum von Januar bis Oktober 2018 eine Umsatzsteuer in Höhe von 87 299,37 Euro, zuzüglich Säumniszuschlägen in Höhe von 7 707,52 Euro und einer Geldbuße in Höhe von 611,96 Euro, nachträglich festgesetzt wurde. Zugleich wurde die Erstattung der zu viel gezahlten Mehrwertsteuer (gemeint ist wohl die Vergütung im Rahmen des Vorsteuerabzugs) für die Monate Juli, September, Oktober, November und Dezember 2018 sowie für die Monate Februar, März, Mai und Dezember 2019 in Höhe von insgesamt 101 363,24 Euro abgelehnt.
22. Die Finanzverwaltung wies in ihren Bescheiden darauf hin, dass gemäß den Dekreten Nrn. 617 und 365 des Ministerrats die Projekte von einem Verein oder einer Verwaltungsbehörde, nicht aber von einem Unternehmen durchgeführt werden könnten. Da der Verein zur Verwirklichung der in seiner Satzung festgelegten Ziele gegründet worden sei, die nicht durch eine Gewinnerzielungsabsicht gekennzeichnet seien, und da bei der Durchführung der Projekte auch keine Gewinnerzielungsabsicht bestehe, seien die Projekte nicht im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit des Vereins durchgeführt worden. In der Praxis habe der Verein das Projektmanagement durchgeführt und die Zahlungsströme der aus Unionsmitteln stammenden Beihilfen verwaltet. Der Verein habe selbst keine Ausbildungsleistungen erbracht; dies sei durch Unternehmen erfolgt, die vertraglich mit ihm verbunden gewesen seien. Daher sei der Verein nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.
23. Der Verein ist hingegen der Ansicht, dass sein vereinsrechtlicher Status sein Recht auf Vorsteuerabzug nicht berühre. Er sei als Mehrwertsteuerpflichtiger registriert und habe während der Durchführung der Projekte Ausbildungsleistungen erbracht. Die Ausbildung sei ein mehrwertsteuerpflichtiger Umsatz. Daher sei er verpflichtet gewesen, Steuerrechnungen auszustellen, und sei daher zum Vorsteuerabzug berechtigt.
24. Der gegen die Bescheide gerichteten Klage des Vereins wurde durch Urteile der Administratīvā rajona tiesa (Bezirksverwaltungsgericht, Lettland) stattgegeben. Die Finanzverwaltung hat gegen diese Urteile Berufung eingelegt.
IV. Vorabentscheidungsverfahren
25. Alle Rechtssachen wurden in einem einzigen Verfahren vor der Administratīvā apgabaltiesa (Regionalverwaltungsgericht, Lettland) verbunden. Dieses hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV folgende Fragen vorgelegt:
1. Ist Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass eine gemeinnützige Organisation, deren Tätigkeit die Durchführung von Programmen, die durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung über staatliche Beihilfen finanziert werden, zum Gegenstand hat, als Steuerpflichtiger anzusehen ist, der eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt?
2. Ist Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass ein Verein, der in der Praxis keine Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen erbringt, gleichwohl als Dienstleistungserbringer zu behandeln ist, wenn die Dienstleistungen von einem anderen Wirtschaftsteilnehmer erworben wurden, um die Durchführung eines Projekts zu ermöglichen, das durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung über staatliche Beihilfen finanziert wird?
3. Ist, wenn der Dienstleistungserbringer vom Dienstleistungsempfänger nur eine teilweise Gegenleistung für die erbrachte Dienstleistung (30 %) erhält und der verbleibende Wert der Dienstleistung in Form der Zahlung der aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung stammenden Beihilfe abgerechnet wird, die steuerpflichtige Gegenleistung im Sinne von Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie der Gesamtbetrag, den der Dienstleistungserbringer sowohl vom Dienstleistungsempfänger als auch von einem Dritten in Form der Zahlung der Beihilfe erhält?
26. Im Verfahren vor dem Gerichtshof haben der Verein, Lettland und die Europäische Kommission schriftlich Stellung genommen. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat der Gerichtshof gemäß Art. 76 Abs. 2 der Verfahrensordnung abgesehen.
V. Rechtliche Würdigung
A. Zu den Vorlagefragen
27. Der Verein wehrt sich im Verfahren vor dem nationalen Gericht gegen die Versagung des Vorsteuerabzugs aus den an ihn gerichteten Rechnungen der Unternehmen, die die Ausbildungsleistungen erbracht haben. Ein Vorsteuerabzug nach Art. 168 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie setzt u. a. voraus, dass der Verein ein Steuerpflichtiger ist und die Leistungen, für die die Mehrwertsteuer an einen anderen gezahlt wurde, für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet wurden.
28. Insofern ist zu klären, wer welche entgeltliche Dienstleistung an wen erbracht und von wem empfangen hat. Danach fragt das vorlegende Gericht im Ergebnis mit der zweiten Frage, die sich auf Art. 2 Abs. 1 Buchst. c unter Berücksichtigung von Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie bezieht. Diese wird daher zuerst beantwortet (dazu unter B.). Mit ihr kann zugleich Frage 3 beantwortet und geklärt werden, ob die Zuschüsse durch die CFLA, die aus Mitteln des EFRE stammen, auch in die Bemessungsgrundlage der Dienstleistungen im Rahmen der beiden Projekte fallen, die der Verein gegenüber dem Empfänger der Ausbildungsleistung abgerechnet hat (dazu unter B.1.c und B.2.c). Hat der Verein Dienstleistungen an eine andere Person erbracht, dann müsste dies im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit erfolgt sein (Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie), um als Steuerpflichtiger zu gelten (dazu unter C.).
29. Das vorlegende Gericht geht dabei von der unausgesprochenen Prämisse aus, dass die Ausbildungsleistungen – sollten sie steuerbar sein – auch steuerpflichtig sind und die Steuerbefreiung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie (diese erfasst auch die Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung) bzw. die entsprechende Umsetzung im nationalen Recht nicht einschlägig ist. Mangels Sachverhaltsangaben kann dies hier nicht beurteilt werden. Auch meine Untersuchung basiert daher auf dieser Prämisse.
B. Zur Bestimmung des Leistenden und des Leistungsempfängers einer Dienstleistung und der Bemessungsgrundlage (Fragen 2 und 3)
30. Die Mehrwertsteuer soll als allgemeine Verbrauchsteuer die Leistungsfähigkeit des Verbrauchers besteuern, die sich in seiner Aufwendung von Vermögen zur Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils zeigt.(5 ) Daher muss der Leistungsempfänger einen verbrauchbaren Vorteil erhalten haben. Dies gilt für eine Lieferung wie für eine Dienstleistung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c der Mehrwertsteuerrichtlinie gleichermaßen. Der im vorliegenden Fall in Betracht kommende verbrauchbare Vorteil liegt in der Ausbildungsleistung. Die Ausbildung ist keine Lieferung im Sinne von Art. 14 und daher eine Dienstleistung im Sinne von Art. 24 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie.
31. Zu klären ist aber, wer diese Dienstleistung (Ausbildung) an wen erbracht hat. Dies wirft die Frage auf, wie der Leistende und der Leistungsempfänger zu bestimmen sind, wenn mehrere Personen an der Erbringung einer „Dienstleistung … gegen Entgelt“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie beteiligt sind. Dabei ist zwischen den beiden unterschiedlichen Projekten (ITK und KuK) zu unterscheiden.
1. Leistungsbeziehungen im Rahmen des ITK-Projekts
a) Indizien zur Bestimmung des Leistenden und des Leistungsempfängers
32. Da die Mehrwertsteuer den Aufwand des Leistungsempfängers für ein Verbrauchsgut besteuern soll, kann für die Bestimmung des Leistungsempfängers grundsätzlich auf denjenigen abgestellt werden, der die Dienstleistung bezahlt hat. Denn dieser trägt den entsprechenden Aufwand, weil die Dienstleistung für ihn einen verbrauchbaren Vorteil darstellt, den er empfangen hat. In der Regel ergibt sich der Leistungsempfänger aus den vertraglichen Regelungen.
33. So hat der Gerichtshof explizit ausgeführt, dass, um den Empfänger der steuerbaren Leistung zu ermitteln, zu klären ist, wer durch ein Rechtsverhältnis verbunden ist, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden.(6 ) Ein solches Rechtsverhältnis wird von ihm schon angenommen, wenn zwischen der Leistung und der Zahlung ein hinreichend unmittelbarer Zusammenhang besteht.(7 ) Dabei sind die einschlägigen Vertragsbestimmungen ein Umstand, der zu berücksichtigen ist, da die vertragliche Situation normalerweise die wirtschaftliche und geschäftliche Realität der Transaktionen widerspiegelt.(8 )
34. Der Zahlungsfluss ist allerdings nur ein Indiz. Denn für die Ausführung einer Dienstleistung „gegen Entgelt“ im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie ist, wie sich auch aus deren Art. 73 ergibt, nicht erforderlich, dass die Gegenleistung unmittelbar vom Empfänger der Dienstleistung erbracht wird. Vielmehr kann diese Gegenleistung auch von einem Dritten bezahlt werden.(9 ) Sollte daher der Auszubildende nur anteilig die Ausbildungsleistung bezahlt haben und ein Dritter den Rest, schließt dies nicht aus, eine gegenüber dem Auszubildenden erbrachte Dienstleistung anzunehmen.
35. Im vorliegenden Fall (ITK-Projekt) hat der Auszubildende zunächst den Kurs in voller Höhe gegenüber dem Verein bezahlt. Anschließend zahlte die CFLA eine Beihilfe an den Verein, die dieser an den Auszubildenden weiterleitete. In dieser Konstellation ist der Auszubildende der Leistungsempfänger der Dienstleistung. Daneben hat der Verein einen Vertrag mit einem Erbringer der Ausbildungsleistung (Ausbilder) abgeschlossen und diesen für seine Dienstleistung bezahlt. Insofern ist der Verein der Leistungsempfänger dieser Dienstleistung.
36. Da der leistende Unternehmer im Mehrwertsteuerrecht als Steuereinnehmer für Rechnung des Staates fungiert,(10 ) muss für die Bestimmung des Leistenden grundsätzlich auf die Person abgestellt werden, die die Gegenleistung erhält. Denn nur diese Person kann die in der Gegenleistung befindliche Mehrwertsteuer an den Staat abführen. In der Regel ergibt sich auch dies aus den vertraglichen Regelungen. Insofern kommen hier ebenfalls zwei Leistende in Betracht. Zum einen hat der Ausbilder einen Vertrag mit dem Verein abgeschlossen und von diesem ein Entgelt für seine Dienstleistung erhalten. Zum anderen hat der Verein einen Vertrag mit dem Auszubildenden abgeschlossen und von diesem ein Entgelt für die Ausbildungsleistung erhalten.
37. Entgegen der von der Finanzverwaltung geäußerten Ansicht ist es unschädlich, dass der Verein die Ausbildungsleistung nicht selbst, d. h. nicht mit eigenem Personal, erbracht hat, sondern einen selbständigen Dritten damit beauftragt hat. Die Einschaltung eines Subunternehmens ist im Wirtschaftsleben durchaus üblich und führt zu einer Leistung des Subunternehmens an den Auftraggeber, welcher diese dann als eigene Leistung an seinen Kunden weiterleistet. Das hat der Gerichtshof bereits klargestellt.(11 )
38. Entscheidend ist, dass der Subunternehmer (hier der Ausbilder) gegenüber dem Auszubildenden nicht in eigenem Namen, sondern in (hier: unter) fremdem Namen (nämlich im Namen des Vereins) gegenüber dem Auszubildenden seine Ausbildungsleistung erbracht hat. Im Rahmen des ITK-Projekts liegen folglich zwei Dienstleistungen vor. Zum einen erbringt der Ausbilder eine Dienstleistung an den Verein, und zum anderen erbringt der Verein eine Dienstleistung an den Auszubildenden, der diese vollständig bezahlt. Die vom Verein zusätzlich erhobene Verwaltungsgebühr ist die „Gewinnspanne“ des Vereins bezüglich der vom Erbringer der Dienstleistung eingekauften Ausbildungsleistung.
b) Abgrenzung von einer Dienstleistungskommission
39. Die oben aufgeführten Indizien zur Bestimmung des Leistenden und des Leistungsempfängers sind immer dann einschlägig, wenn jemand in eigenem Namen (auf eigene Rechnung) handelt. Handelt jemand in fremdem Namen (auf fremde Rechnung), dann liegt ein Fall der Vertretung vor, in dem die Rechtsfolgen den Vertretenen treffen. Dies erfasst sowohl eine rechtsgeschäftliche Vertretung mittels Vollmacht als auch die Einschaltung eines Subunternehmens, das unter einem fremden Namen agiert. Daher werden hier (ITK-Projekt) die Ausbildungsleistungen des Ausbilders dem Verein zugerechnet.
40. Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie ist im Rahmen des ITK-Projekts nicht einschlägig, denn Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie geht von einem Handeln des Leistenden in eigenem Namen für fremde Rechnung aus.(12 ) Daran fehlt es, denn die Ausbildungsleistungen werden von dem Verein im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erbracht. Ein Prinzipal (Kommittent), auf dessen Rechnung die Dienstleistungen eingekauft oder verkauft werden, ist hier nicht ersichtlich.
c) Höhe der Gegenleistung
41. Auch die Bestimmung der Höhe der Gegenleistung beim ITK-Projekt ist unproblematisch, da der Aufwand des Empfängers der Ausbildungsleistung gegenüber dem Verein ebenso feststeht wie der Aufwand des Vereins gegenüber dem Erbringer dieser Leistung. Die von der CFLA nachträglich an den Verein gezahlte Beihilfe, die anschließend an den Auszubildenden weitergeleitet wird, verändert die Höhe der Gegenleistung für die beiden Dienstleistungen nicht, sondern reduziert lediglich die wirtschaftliche Belastung des Auszubildenden. Auf die Steuerschuld und den Vorsteuerabzug des Vereins hat die Zahlung und Weiterleitung der Beihilfe der CFLA an den Auszubildenden über den Verein daher keinen Einfluss.
2. Leistungsbeziehungen im Rahmen des KuK-Projekts
a) Indizien zur Bestimmung des Leistenden und des Leistungsempfängers
42. Etwas komplizierter ist die Bestimmung des Leistenden und Leistungsempfängers im Rahmen des KuK-Projekts. Hier existiert ein Vertrag zwischen dem Verein und dem Ausbilder zur Erbringung der Ausbildungsleistung an einen Auszubildenden, bezahlt durch den Verein. Des Weiteren existiert ein dreiseitiger Vertrag zwischen dem Verein, dem Ausbilder und dem Auszubildenden, wonach der Auszubildende sich mit 30 % an den Kosten beteiligt. Der Inhalt dieses Vertrages ist allerdings unklar. Laut der erläuternden Skizze im Vorabentscheidungsersuchen soll der Ausbilder eine Rechnung über 30 % der Kosten seiner Leistung an den Auszubildenden gestellt haben. Die dritte Frage und die Erläuterungen dazu sprechen hingegen davon, dass der Verein dem Auszubildenden 30 % der Kosten der Ausbildungsleistung in Rechnung gestellt habe, während er den Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Ausbilders (100 %) geltend gemacht habe. Daher wird im Weiteren davon ausgegangen, dass der Ausbilder dem Verein eine Rechnung für die Ausbildungsleistungen (100 %) gestellt hat, die der Verein aus den Mitteln, die er vom Auszubildenden (30 %) und der CFLA (70 %) erhalten hat, bezahlte.
43. Der Unterschied zur Situation im ITK-Projekt liegt darin, dass der Verein gegenüber dem Auszubildenden möglicherweise nicht als Erbringer der Ausbildungsleistung im eigenen Namen, sondern nur als Organisator der Durchführung des Ausbildungsprojekts auftrat. Es ist daher vorstellbar, dass der Verein gegenüber den Auszubildenden keine Ausbildungs‑, sondern nur eine Geschäftsbesorgungsdienstleistung (Organisation einer geförderten Ausbildung) erbringt, während der Ausbilder dem Verein gegenüber eine Bildungsdienstleistung erbringt. Denkbar ist aber auch, dass ähnlich dem ITK-Projekt der Ausbilder die Ausbildungsleistungen im Namen (bzw. unter dem Namen) des Vereins gegenüber dem Auszubildenden erbringt. Dann gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Die Würdigung der konkreten Vertragsgestaltung ist letztendlich Aufgabe des vorlegenden Gerichts.
44. Unterstellt, es handelt sich um einen Vertrag, wonach der Verein im eigenen Namen nur die Organisation der geförderten Ausbildung übernimmt, dann ist der Ausgangspunkt der Finanzverwaltung und des vorlegenden Gerichts zutreffend, dass der Verein keine Ausbildungsleistungen erbringt, sondern eine Geschäftsbesorgungsdienstleistung. In diesem Fall könnte jedoch Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie die Bestimmung des Leistungsempfängers und den Inhalt der Leistung beeinflussen.
b) Zum Vorliegen eines Kommissionsgeschäftes
45. Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie stellt klar, dass „Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden“, so behandelt werden, „als ob sie diese Leistung selbst erhalten und erbracht hätten“. Diese Regelung erfasst sowohl den Fall, dass der Kommissionär in eigenem Namen für Rechnung eines Dritten eine Dienstleistung einkauft als auch eine Dienstleistung verkauft.
46. Diese mehrwertsteuerrechtliche Behandlung des Kommissionsgeschäftes ist eine juristische Fiktion, wie der Gerichtshof zutreffend in ständiger Rechtsprechung(13 ) betont. Gemäß dieser Fiktion wird der Wirtschaftsteilnehmer, der bei der Erbringung von Dienstleistungen hinzutritt und Kommissionär ist, so behandelt, als ob er zunächst die fraglichen Dienstleistungen von dem Wirtschaftsteilnehmer, für dessen Rechnung er tätig wird und der Kommittent ist, erhalten und anschließend diese Dienstleistungen dem Kunden selbst erbracht hätte.(14 )
47. Wenn also der Verein als Kommissionär im eigenen Namen aber für Rechnung des Ausbilders die Bildungsleistungen an den Auszubildenden verkauft hätte (sogenannte Verkaufskommission), dann führt die Fiktion von Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie dazu, dass der Verein anstelle einer Geschäftsbesorgung gegenüber dem Ausbilder eine Ausbildungsleistung an den Auszubildenden erbringt, und zwar diejenige, die er zuvor vom Ausbilder empfangen hat. Es verändert sich mithin die Leistungsrichtung und der Leistungsgegenstand.
48. Wenn der Verein hingegen als Kommissionär im eigenen Namen aber für Rechnung des Auszubildenden die Bildungsleistungen eingekauft hätte (sogenannte Einkaufskommission), dann führt die Fiktion von Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie dazu, dass anstelle einer Geschäftsbesorgung gegenüber dem Auszubildenden eine Dienstleistung angenommen wird, die zuvor vom Ausbilder empfangen wurde. Hier ändert sich lediglich der Leistungsgegenstand.
49. Eigentlich stellt die Tätigkeit eines Kommissionärs eine reine Geschäftsbesorgungsdienstleistung dar, für welche er eine Provision erhält. Aus mehrwertsteuerrechtlichen Gründen wird diese Geschäftsbesorgungsdienstleistung jedoch umqualifiziert, so dass sie wie die zu besorgende Leistung (Hauptleistung) behandelt wird. Dies ist vor allem im Hinblick auf Steuerbefreiungen entscheidend;(15 ) diese werden dadurch auch auf die Geschäftsbesorgungsdienstleistung des Kommissionärs erstreckt. Im Ergebnis wird mit dieser Fiktion eine Gleichbehandlung von Direktgeschäften und Kommissionsgeschäften erreicht.
50. Aus Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie folgt aber, dass es einen Auftrag geben muss, zu dessen Ausführung der Kommissionär für Rechnung des Kommittenten hinsichtlich der Erbringung von Dienstleistungen tätig wird.(16 ) Es muss mithin zwischen dem Kommissionär und dem Kommittenten eine Vereinbarung bestehen,(17 ) die die Erteilung des betreffenden Auftrags zum Gegenstand hat. Der Kommittent wird daher in einigen Rechtsordnungen auch als der „Prinzipal“ bezeichnet. Beides ist hier nicht ausgeschlossen, wobei es dem vorliegenden Gericht obliegt, das Vorliegen eines solchen Kommissionsvertrages festzustellen.
c) Höhe der Gegenleistung
51. Die Bestimmung der Gegenleistung im Rahmen des KuK-Projekts ist hingegen weniger problematisch. Zutreffend ist, dass der Auszubildende nur 30 % der Kosten trägt, die der Verein für die eingekaufte Bildungsdienstleistung selbst getragen hat. Auch wenn der Verein nur eine Rechnung über diese 30 % erstellt und nur insoweit Mehrwertsteuer abgeführt hat, stellt Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie klar, dass die Steuerbemessungsgrundlage alles erfasst, was der Dienstleistungserbringer vom Dienstleistungsempfänger (hier von dem Auszubildenden in Höhe von 30 %) „oder einem Dritten“ erhält. Darüber hinaus stellt Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie klar, dass dies einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen gilt.
52. Wenn sich die Zahlung des Dritten (hier der CFLA) auf eine konkrete Dienstleistung für einen konkreten Empfänger (hier des Auszubildenden) bezieht, dann fällt dieser Betrag unstreitig in die Bemessungsgrundlage der Dienstleistung.(18 )
53. Dies scheint – wie die Kommission und Lettland übereinstimmend ausführen – hier der Fall zu sein. Die von der CFLA an den Verein gezahlte Beihilfe, die bei dem Verein verbleibt, wenn und weil er eine entsprechende Dienstleistung gegenüber dem Auszubildenden erbracht hat, ist unmittelbar auf eine konkrete Ausbildungsleistung bezogen. Sie ist damit Teil der Gegenleistung für die gegenüber dem Auszubildenden erbrachte Dienstleistung und fällt daher auch in die Steuerbemessungsgrundlage. Folglich hat diese Zahlung hier (im Rahmen des KuK-Projekts) auch Einfluss auf die Steuerschuld des Vereins.
3. Zwischenergebnis
54. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie verlangt nicht, dass der Leistende die Dienstleistung höchstpersönlich erbringt. Er kann auch einen selbständigen Dritten als Subunternehmen einschalten, das in bzw. unter seinem Namen die Dienstleistung ausführt. Sofern ein Vertrag vorliegt, wonach im eigenen Namen aber auf Rechnung eines Dritten eine Dienstleistung eingekauft oder verkauft wird, kommt Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie zur Anwendung. Dieser verändert den Leistungsgegenstand und bei einer Verkaufskommission auch die Leistungsrichtung. Die Subventionen, die ein Fonds für eine konkrete Dienstleistung an den Dienstleistungserbringer zahlt, fallen dabei nach Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie als Zahlung eines Dritten, die der Leistende für diese Dienstleistung erhält, in die Steuerbemessungsgrundlage.
C. Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne von Art. 9 der Mehrwertsteuerrichtlinie (Frage 1)
55. Damit der Verein, der als gemeinnütziger Verein keine Gewinne erzielen darf, als Steuerpflichtiger anzusehen ist, muss er mit seinen Ausbildungsleistungen im Rahmen der beiden Projekte eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt haben. Nur dann könnte er zum Vorsteuerabzug berechtigt sein. Gemäß Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie umfasst der Begriff „wirtschaftliche Tätigkeit“ alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe.
56. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs zeigt diese Formulierung, dass sich der Begriff „wirtschaftliche Tätigkeiten“ auf einen weiten Bereich erstreckt und dass es sich dabei um einen objektiv festgelegten Begriff handelt, da die Tätigkeit an sich, unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis, betrachtet wird.(19 ) Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich weiterhin, dass für die Feststellung, ob eine Dienstleistung so erbracht worden ist, dass diese Tätigkeit gegen Entgelt erfolgt und somit als eine wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen ist, alle Umstände zu prüfen sind, unter denen die Tätigkeit erfolgt ist.(20 )
57. Dies bestätigt der Wortlaut von Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie. Er umschreibt die wirtschaftliche Tätigkeit, die dazu führt, eine Person als Steuerpflichtigen zu betrachten, mit verschiedenen konkreten Berufen und denen „gleichgestellten Berufen“, deren Aktivitäten als wirtschaftliche Tätigkeit gelten.
1. Zur typologischen Be t rachtungsweise
58. Angesichts der Schwierigkeit einer genauen Definition der wirtschaftlichen Tätigkeit ist es verständlich, dass sich die Mehrwertsteuerrichtlinie mit der Umschreibung der notwendigen wirtschaftlichen Tätigkeit durch typische Berufsbilder („Erzeuger, Händler, Dienstleister“ bzw. „Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe“) behilft, um den Begriff des Steuerpflichtigen und die dafür nötige wirtschaftliche Tätigkeit zu konkretisieren.
59. Eine solche typologische Umschreibung ist im Gegensatz zu einem abstrakten Begriff offener.(21 ) Die Zugehörigkeit zum Typus muss nicht durch logisch-abstrakte Subsumtion, sondern kann nach dem Grad der Ähnlichkeit mit dem Urbild (Muster) bestimmt werden. Dieser Vergleich verlangt eine Gesamtbetrachtung im Einzelfall, die die Verkehrsanschauung berücksichtigt.
60. Insoweit kann es nach der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs von Bedeutung sein, ob die Zahlung nach Kriterien bestimmt wird, die sicherstellen, dass sie zur Deckung der Betriebskosten des Dienstleistungserbringers ausreicht.(22 ) Gleiches gilt für die Höhe der Einnahmen und weitere Gesichtspunkte wie die Zahl der Kunden.(23 ) Der bloße Umstand, dass nicht jede Dienstleistung einzeln betrachtet in einer Höhe vergütet wird, die den durch sie verursachten Kosten entspricht, genügt aber nicht, um zu belegen, dass die Tätigkeit insgesamt nicht nach Kriterien vergütet wird, die sicherstellen, dass die Betriebskosten des Dienstleistungserbringers gedeckt sind.(24 ) Gegen eine wirtschaftliche Tätigkeit spricht jedoch, wenn die von den Empfängern der Leistungen gezahlten Beiträge nur zur Deckung eines kleinen Teils der den Leistenden insgesamt entstandenen Betriebskosten dienen.(25 )
61. Diesen typologischen Ansatz hat der Gerichtshof in jüngerer Zeit weiter ausgebaut, so z. B. in der Entscheidung des Gerichtshofs zur wirtschaftlichen Tätigkeit eines Aufsichtsrates. Diese wurde verneint, weil sich die Situation eines Aufsichtsratsmitglieds im konkreten Fall im Gegensatz zu der eines Steuerpflichtigen dadurch auszeichnete, dass mit der ausgeübten Tätigkeit kein wirtschaftliches Risiko einhergeht. Dieser Aufsichtsrat übte „im Unterschied zu einem Unternehmer keinen nennenswerten Einfluss auf seine Einnahmen oder Ausgaben“ aus.(26 )
62. Ganz deutlich wurde dieser Ansatz unlängst in den beiden Entscheidungen Gmina O. und L. Hier führte der Gerichtshof zutreffend aus, dass angesichts der Schwierigkeit einer genauen Definition der wirtschaftlichen Tätigkeit alle Umstände zu prüfen sind, unter denen die Tätigkeit erfolgt, indem eine Beurteilung von Fall zu Fall vorgenommen wird, bei der darauf abgestellt wird, worin die typische Tätigkeit eines in dem betreffenden Bereich tätigen Unternehmens bestehen würde.(27 )
2. Zur fehlenden Gewinnerzielungsabsicht
63. Dieser Ansatz scheint mir – wie ich schon zuvor(28 ) ausgeführt habe – der einzig handhabbare Ansatz zu sein, um in Grenzfällen entscheiden zu können, ob die betroffene Person eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt oder nicht. Entscheidend für diesen Ansatz ist aber nicht ein einziges Kriterium wie z. B. eine fehlende Kostendeckung oder eine nur kurzfristige oder gar einmalige Tätigkeit. Ein Unternehmen, welches mehrere Jahre Verluste erwirtschaftet (sei es aus strategischen Gründen, sei es aufgrund eines ungünstigen Marktumfeldes), bleibt unstreitig ein Steuerpflichtiger. Dies gilt ebenso für ein Unternehmen, welches durch ein einziges Geschäft (sogenannte Projektgesellschaften) im Wirtschaftsverkehr agiert und dabei einen Umsatz in signifikantem Umfang erzielt.
64. Die Dauer der Tätigkeit ist nur ein Aspekt neben vielen. Gleiches gilt für eine fehlende Kostendeckung bei der Kalkulation der Preise. Letzteres wird häufig übersehen. Es folgt aber schon aus dem Wortlaut von Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie, dass eine Gewinnerzielungsabsicht unbeachtlich ist. Denn danach gilt als Steuerpflichtiger jeder, der eine wirtschaftliche Tätigkeit selbständig ausübt, unabhängig von ihrem Ergebnis.
65. Daraus folgt, dass es völlig unschädlich ist, wenn der Verein nach dem nationalen Gemeinnützigkeitsrecht im konkreten Fall keine Gewinne erzielen darf. Dies schließt eine wirtschaftliche Tätigkeit nicht aus. Gleiches gilt für andere verlustbringende, sogar für dauerdefizitäre Tätigkeiten, die gerade bei gemeinnützigen Organisationen häufiger zu finden sind.
66. Dies wird durch Art. 98 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang III Nr. 15 der Mehrwertsteuerrichtlinie in der damals geltenden(29 ) und auch in der nunmehr geltenden(30 ) Fassung bestätigt. Danach können die Mitgliedstaaten einen ermäßigten Steuersatz für Dienstleistungen durch gemeinnützige Organisationen einräumen. Da die fehlende Gewinnerzielungsabsicht ein Wesensmerkmal der Gemeinnützigkeit ist, ging der Richtliniengeber offenbar davon aus, dass auch solche Organisationen wirtschaftlich tätig sein können. Andernfalls würde es keinen Sinn ergeben, für diese Umsätze einen ermäßigten Steuersatz vorzusehen. Die fehlende Gewinnerzielungsabsicht – Gleiches gilt für eine fehlende Kostendeckung – schließt es daher in Übereinstimmung mit der Auffassung der Kommission als solches nicht aus, dass die betreffende Person wirtschaftlich tätig, mithin als Steuerpflichtiger zu betrachten ist.
3. Zum Vergleich der Art und Weise der Tätigkeit
67. Wenn es aber nicht auf das Ergebnis und den Zweck einer wirtschaftlichen Tätigkeit ankommt, dann ist die Art und Weise, wie die betreffende Tätigkeit ausgeführt wird, das entscheidende Kriterium. Bei der vergleichenden Bewertung im Rahmen einer typologischen Betrachtungsweise kommt es weniger darauf an, ob vergleichbare Preise wie bei typischen Unternehmen verlangt werden, sondern ob die Tätigkeit (insbesondere deren Art und Weise) vergleichbar zu einer typischen Berufsgruppe, mit der insoweit in Wettbewerb getreten wird, ausgeübt wird. Die Art der Preisgestaltung sagt darüber nur wenig aus und kann allenfalls als ein Aspekt unter vielen betrachtet werden.
68. Ein Verein, der einmal im Jahr einen Kuchenbasar mit den von seinen Mitgliedern gebackenen Kuchen durchführt, ist kaum ein Steuerpflichtiger im Sinne des Mehrwertsteuerrechts. Anderes gilt, wenn ein Verein eine eigene Bäckerei unterhält und jede Woche einen Kuchenbasar durchführt. Denn im letztgenannten Fall ist die Tätigkeit des Vereins (mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht) mit derjenigen eines normalen Kuchenverkäufers vergleichbar.
69. Betrachtet man nun die Tätigkeit des Vereins hier in ihrer Gesamtheit und vergleicht sie mit einem typischen Steuerpflichtigen in vergleichbarer Situation (hier einem typischen Unternehmen, welches Ausbildungsleistungen organisiert beziehungsweise erbringt), fallen mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede auf.
70. So entfaltet der Verein eine eigene Aktivität (Initiative), um die von der CFLA geförderten Ausbildungsprojekte durchzuführen. Er bewirbt sich um die Projektträgerschaft, sucht entsprechende Ausbildungsunternehmen, bei denen er Ausbildungsleistungen einkauft und entsprechende auszubildende Personen findet, die diese Leistungen (zumindest anteilig) bezahlen. Ob diese den vollen Preis bezahlen bzw. ob er weitere „Kunden“ findet, hängt von der Qualität der Ausbildung ab. Mithin trägt der Verein ein gewisses wirtschaftliches Risiko. Die Kostenkalkulation scheint auch auf eine allgemeine Kostendeckung bedacht zu sein, wenn im ITK-Projekt zusätzlich eine Verwaltungsgebühr erhoben wird. Dass diese in dem KuK-Projekt zu fehlen scheint, ist insoweit unschädlich, denn zumindest die Eingangskosten werden zu 100 % refinanziert. Wie ausgeführt, ist eine tatsächliche Kostendeckung ohnehin nur ein Indiz unter mehreren im Rahmen der Gesamtbetrachtung.
71. Der Verein sucht aktiv Projekte bzw. Kunden sowie Subunternehmen nach eigenen Maßstäben und hat offenbar auch eigenes (oder bei Dritten eingekauftes) Personal, um seine Projekte zu organisieren. Er tritt nach außen als der Erbringer von Ausbildungsleistungen bzw. als deren Empfänger auf. Dies erfolgt planmäßig am Markt und gegen Entgelt. Damit tritt der Verein in Wettbewerb mit jedem anderen Anbieter von Ausbildungsleistungen.
72. Es besteht auch keine Unsicherheit hinsichtlich der Finanzierung, selbst unter Einbeziehung der Subventionierung durch den EFRE. Auch wenn 70 % vom EFRE bzw. der CFLA gezahlt werden, steht dies vorab fest, wobei dieser Betrag zum Teil erst nach Erhalt der Subvention an den Begünstigten weitergeleitet wird. Mit der Situation der Gemeinden in den Rechtssachen Gmina L. und Gmina O.(31 ) ist dies – wie auch der Verein in seiner Stellungnahme ausführlich ausführt – nicht ansatzweise vergleichbar. Jeder typische Steuerpflichtige würde in dieser oder in vergleichbarer Art und Weise vorgehen, wenn man von der Gewinnerzielungsabsicht einmal absieht. Diese ist aber – wie oben ausgeführt (Nrn. 63 ff.) – im Mehrwertsteuerrecht nicht notwendig. Für die Besteuerung des Aufwandes des Endverbrauchers spielt es keine Rolle, ob der Leistende mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht handelt. Nach Maßgabe einer typologischen Betrachtungsweise ist der Verein hier als Steuerpflichtiger nach Art. 9 der Mehrwertsteuerrichtlinie zu betrachten.
73. Der aus dem nationalen Recht stammende Einwand der Finanzverwaltung, wonach laut den nationalen Dekreten die Projekte nur von einer Behörde der direkten Verwaltung oder einem Verein durchgeführt werden können, weswegen eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeschlossen sei, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Zum einen kann auch eine Behörde (genauer: der Rechtsträger der Behörde) eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, wie sich aus Art. 13 der Mehrwertsteuerrichtlinie ergibt. Zum anderen kann das nationale Recht nicht vorschreiben, wann ein Verein, der wirtschaftlich tätig ist, als Steuerpflichtiger im Sinne des Unionsrechts anzusehen ist und wann nicht. Dies ergibt sich vielmehr aus der Mehrwertsteuerrichtlinie. Außerdem spricht das nationale Recht selbst davon, dass auch ein gemeinnütziger Verein einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen kann. Schließlich kann die Rechtsform des Leistenden grundsätzlich keinen Einfluss auf die Besteuerung des Verbrauchers haben. Dessen finanzieller Aufwand – der besteuert werden soll – ist von der Rechtsform des Leistenden weitestgehend unabhängig.
4. Zwischenergebnis
74. Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie ist somit dahin gehend auszulegen, dass er im Rahmen einer Gesamtbetrachtung einen Vergleich der konkreten Tätigkeit mit der Tätigkeit eines typischen Steuerpflichtigen der in Rede stehenden Berufsgruppe (hier eines Erbringers von Ausbildungsleistungen) verlangt. Aufgrund der oben geschilderten Umstände bestehen hier keine Zweifel an einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Vereins.
VI. Ergebnis
75. Somit schlage ich dem Gerichtshof vor, auf das Vorabentscheidungsersuchen des Administratīvā apgabaltiesa (Regionalverwaltungsgericht, Lettland) wie folgt zu antworten:
1. Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie ist dahin gehend auszulegen, dass er im Rahmen einer Gesamtbetrachtung einen Vergleich der konkreten Tätigkeit mit der Tätigkeit eines typischen Steuerpflichtigen der in Rede stehenden Berufsgruppe (hier eines Erbringers von Ausbildungsleistungen) verlangt. Aufgrund der vergleichbaren Art und Weise der Erbringung von Ausbildungsleistungen bestehen im konkreten Fall keine Zweifel an einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit.
2. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie verlangt nicht, dass der Leistende die Dienstleistung höchstpersönlich erbringt. Er kann auch einen selbständigen Dritten als Subunternehmen einschalten, der in bzw. unter seinem Namen die Dienstleistung ausführt. Sofern ein Vertrag vorliegt, wonach im eigenen Namen aber auf Rechnung eines Dritten eine Dienstleistung eingekauft oder verkauft wird, kommt Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie zur Anwendung, der den Leistungsgegenstand der Leistung des Kommissionärs und bei einer Verkaufskommission auch die Leistungsrichtung dieser Leistung verändert.
3. Die Subventionen, die ein Fonds für eine konkrete Dienstleistung an bestimmte Dienstleistungserbringer zahlt, fallen als eine Zahlung eines Dritten, die der Leistende für diese Dienstleistung erhält, nach Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie in die Steuerbemessungsgrundlage.