C-806/18 – JZ (Peine de prison en cas d’interdiction d‘entrée)

C-806/18 – JZ (Peine de prison en cas d’interdiction d‘entrée)

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:C:2020:724

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

17. September 2020(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts – Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger – Richtlinie 2008/115/EG – Art. 11 – Einreiseverbot – Drittstaatsangehöriger, gegenüber dem ein solches Verbot verhängt wurde, der aber den betreffenden Mitgliedstaat nie verlassen hat – Nationale Regelung, die für den Aufenthalt dieses Drittstaatsangehörigen in diesem Mitgliedstaat trotz seiner Kenntnis von dem ihm gegenüber verhängten Einreiseverbot eine Freiheitsstrafe vorsieht“

In der Rechtssache C‑806/18

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) mit Entscheidung vom 27. November 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 20. Dezember 2018, in dem Strafverfahren gegen

JZ

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter I. Jarukaitis, E. Juhász, M. Ilešič (Berichterstatter) und C. Lycourgos,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. Februar 2020,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von JZ, vertreten durch S. J. van der Woude und J. P. W. Temminck Tuinstra, advocaten,

–        der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman, M. H. S. Gijzen und J. Langer als Bevollmächtigte,

–        der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil, A. Brabcová und A. Pagáčová als Bevollmächtigte,

–        der deutschen Regierung, vertreten durch R. Kanitz als Bevollmächtigten,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Cattabriga und R. Troosters als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. April 2020

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. 2008, L 348, S. 98).

2        Es ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens, das gegen JZ, der 1969 in Algerien geboren wurde und Staatsangehöriger dieses Drittstaats sein soll, eingeleitet wurde, weil er sich am 21. Oktober 2015 in den Niederlanden aufgehalten habe, obwohl ihm bekannt gewesen sei, dass gegen ihn mit Bescheid vom 19. März 2013 ein Einreiseverbot verhängt worden sei.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        In den Erwägungsgründen 2, 4 und 14 der Richtlinie 2008/115 heißt es:

„(2)      Auf seiner Tagung am 4. und 5. November 2004 in Brüssel forderte der Europäische Rat zur Festlegung einer wirksamen Rückkehr- und Rückübernahmepolitik auf, die auf gemeinsamen Normen beruht, die gewährleisten, dass die betreffenden Personen unter vollständiger Achtung der Grundrechte auf menschenwürdige Weise zurückgeführt werden.

(4)      Eine wirksame Rückkehrpolitik als notwendiger Bestandteil einer gut geregelten Migrationspolitik muss mit klaren, transparenten und fairen Vorschriften unterlegt werden.

(14)      Die Wirkung der einzelstaatlichen Rückführungsmaßnahmen sollte durch die Einführung eines Einreiseverbots, das die Einreise in das Hoheitsgebiet sämtlicher Mitgliedstaaten und den dortigen Aufenthalt verbietet, europäischen Zuschnitt erhalten. Die Dauer des Einreiseverbots sollte in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls festgesetzt werden und im Regelfall fünf Jahre nicht überschreiten. In diesem Zusammenhang sollte der Umstand, dass die betreffenden Drittstaatsangehörigen bereits Gegenstand von mehr als einer Rückkehrentscheidung oder Abschiebungsanordnung gewesen oder während eines Einreiseverbots in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats eingereist sind, besonders berücksichtigt werden.“

4        Art. 1 („Gegenstand“) der Richtlinie 2008/115 sieht vor:

„Diese Richtlinie enthält gemeinsame Normen und Verfahren, die in den Mitgliedstaaten bei der Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Einklang mit den Grundrechten als allgemeinen Grundsätzen des [Unions‑] und des Völkerrechts, einschließlich der Verpflichtung zum Schutz von Flüchtlingen und zur Achtung der Menschenrechte, anzuwenden sind.“

5        Art. 3 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie 2008/115 sieht vor:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnen die Ausdrücke

2.      ‚illegaler Aufenthalt‘: die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 [der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. 2006, L 105, S. 1)] oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats;

3.      ‚Rückkehr‘: die Rückreise von Drittstaatsangehörigen – in freiwilliger Erfüllung einer Rückkehrverpflichtung oder erzwungener Rückführung – in

–        deren Herkunftsland oder

–        ein Transitland gemäß gemeinschaftlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder

–        ein anderes Drittland, in das der betreffende Drittstaatsangehörige freiwillig zurückkehren will und in dem er aufgenommen wird;

4.      ‚Rückkehrentscheidung‘: die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme[,] mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird;

5.      ,Abschiebung‘: die Vollstreckung der Rückkehrverpflichtung, d. h. die tatsächliche Verbringung aus dem Mitgliedstaat;

6.      ‚Einreiseverbot‘: die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und der dortige Aufenthalt für einen bestimmten Zeitraum untersagt [werden] und die mit einer Rückkehrentscheidung einhergeht;

8.      ‚freiwillige Ausreise‘: die Erfüllung der Rückkehrverpflichtung innerhalb der dafür in der Rückkehrentscheidung festgesetzten Frist;

…“

6        In Art. 6 („Rückkehrentscheidung“) der Richtlinie 2008/115 heißt es:

„(1)      Unbeschadet der Ausnahmen nach den Absätzen 2 bis 5 erlassen die Mitgliedstaaten gegen alle illegal in ihrem Hoheitsgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung.

(6)      Durch diese Richtlinie sollen die Mitgliedstaaten nicht daran gehindert werden, entsprechend ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften und unbeschadet der nach Kapitel III und nach anderen einschlägigen Bestimmungen des [Unions]rechts und des einzelstaatlichen Rechts verfügbaren Verfahrensgarantien mit einer einzigen behördlichen oder richterlichen Entscheidung eine Entscheidung über die Beendigung eines legalen Aufenthalts sowie eine Rückkehrentscheidung und/oder eine Entscheidung über eine Abschiebung und/oder ein Einreiseverbot zu erlassen.“

7        Art. 7 („Freiwillige Ausreise“) der Richtlinie 2008/115 bestimmt:

„(1)      Eine Rückkehrentscheidung sieht unbeschadet der Ausnahmen nach den Absätzen 2 und 4 eine angemessene Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise vor. …

(4)      Besteht Fluchtgefahr oder ist der Antrag auf einen Aufenthaltstitel als offensichtlich unbegründet oder missbräuchlich abgelehnt worden oder stellt die betreffende Person eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit dar, so können die Mitgliedstaaten davon absehen, eine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren, oder sie können eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen einräumen.“

8        Art. 8 („Abschiebung“) der Richtlinie 2008/115 sieht vor:

„(1)      Die Mitgliedstaaten ergreifen alle erforderlichen Maßnahmen zur Vollstreckung der Rückkehrentscheidung, wenn nach Artikel 7 Absatz 4 keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt wurde oder wenn die betreffende Person ihrer Rückkehrverpflichtung nicht innerhalb der nach Artikel 7 eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise nachgekommen ist.

(3)      Die Mitgliedstaaten können eine getrennte behördliche oder gerichtliche Entscheidung oder Maßnahme erlassen, mit der die Abschiebung angeordnet wird.“

…“

9        Art. 11 („Einreiseverbot“) der Richtlinie 2008/115 sieht vor:

„(1)      Rückkehrentscheidungen gehen mit einem Einreiseverbot einher,

a)      falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde oder

b)      falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde.

In anderen Fällen kann eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen.

(2)      Die Dauer des Einreiseverbots wird in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls festgesetzt und überschreitet grundsätzlich nicht fünf Jahre. Sie kann jedoch fünf Jahre überschreiten, wenn der Drittstaatsangehörige eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellt.

(3)      Die Mitgliedstaaten prüfen die Aufhebung oder Aussetzung eines Einreiseverbots, wenn Drittstaatsangehörige, gegen die ein Einreiseverbot nach Absatz 1 Unterabsatz 2 verhängt wurde, nachweisen können, dass sie das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats unter uneingeschränkter Einhaltung einer Rückkehrentscheidung verlassen haben.

…“

10      Nach Art. 20 der Richtlinie 2008/115 hatten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft zu setzen, um dieser Richtlinie bis spätestens zum 24. Dezember 2010 nachzukommen.

 Niederländisches Recht

 Vreemdelingenwet

11      Die Wet tot algehele herziening van de Vreemdelingenwet (Vreemdelingenwet 2000) (Gesetz über die vollständige Reform des Ausländergesetzes [Ausländergesetz 2000]) vom 23. November 2000 (Stb. 2000, Nr. 495) in der zur Umsetzung der Richtlinie 2008/115 in niederländisches Recht mit Wirkung vom 31. Dezember 2011 geänderten Fassung (im Folgenden: Vw) sieht in Art. 61 Abs. 1 vor, dass ein Drittstaatsangehöriger, der sich nicht oder nicht mehr rechtmäßig dort aufhält, das Königreich der Niederlande innerhalb der in Art. 62 Vw festgelegten Frist von sich aus zu verlassen hat. Mit Art. 62 Abs. 1 und 2 Vw wird Art. 7 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2008/115 umgesetzt.

12      Art. 66a Vw, mit dem Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2008/115 in niederländisches Recht umgesetzt werden soll, sieht in Abs. 1 vor, dass gegen einen Drittstaatsangehörigen, der das Königreich der Niederlande innerhalb der festgesetzten Frist nicht von sich aus verlassen hat, ein Einreiseverbot verhängt wird.

13      Nach Art. 66a Abs. 4 Vw wird das Einreiseverbot für einen bestimmten Zeitraum von höchstens fünf Jahren verhängt, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit dar. Dieser Zeitraum wird ab dem Zeitpunkt berechnet, zu dem der Drittstaatsangehörige das Königreich der Niederlande tatsächlich verlassen hat.

14      Nach Art. 66a Abs. 7 Vw ist der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen, gegen den ein Einreiseverbot verhängt wurde, im Königreich der Niederlande in keinem Fall rechtmäßig, wenn:

„a)      er wegen einer Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren bedroht ist, rechtskräftig verurteilt worden ist …;

b)      er eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die nationale Sicherheit darstellt;

c)      er eine schwerwiegende Gefahr im Sinne von Abs. 4 darstellt oder

d)      ihm infolge eines Abkommens oder im Interesse der internationalen Beziehungen der Niederlande jeglicher Aufenthalt zu untersagen ist“.

 Wetboek van Strafrecht

15      Nach Art. 197 des Wetboek van Strafrecht (Strafgesetzbuch) in der Fassung des Gesetzes vom 15. Dezember 2011 (Stb. 2011, Nr. 663) (im Folgenden: Strafgesetzbuch) kann gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich im Königreich der Niederlande aufhält, obwohl er weiß oder ernsthafte Gründe für die Annahme hat, dass er aufgrund einer Gesetzesvorschrift für „unerwünscht“ erklärt worden oder dass gegen ihn nach Art. 66a Abs. 7 Vw ein Einreiseverbot verhängt worden ist, u. a. eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten verhängt werden.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

16      Mit Bescheid vom 14. April 2000 wurde JZ in Anwendung der damals geltenden nationalen Rechtsvorschriften für „unerwünscht“ erklärt.

17      Mit Bescheid des Staatssecretaris van Veiligheid en Justitie (Staatssekretär für Sicherheit und Justiz, Niederlande) vom 19. März 2013 wurde die Unerwünschterklärung von JZ auf seinen Antrag hin aufgehoben, nachdem die Bestimmungen zur Umsetzung der Richtlinie 2008/115 in das niederländische Recht in Kraft getreten waren. Mit diesem Bescheid wurde der Betroffene jedoch verpflichtet, das Königreich der Niederlande unverzüglich zu verlassen, wobei darauf hingewiesen wurde, dass nach niederländischem Recht die Zustellung dieses Bescheids als „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 der Richtlinie 2008/115 gelte. Außerdem wurde mit dem Bescheid gegen JZ ein Einreiseverbot für die Dauer von fünf Jahren verhängt, da er mehrfach strafrechtlich verurteilt worden sei.

18      Am 21. Oktober 2015 wurde festgestellt, dass sich JZ unter Verstoß gegen den Bescheid vom 19. März 2013 in Amsterdam (Niederlande) aufhielt.

19      Nachdem JZ in erster Instanz wegen dieser Straftat nach Art. 197 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden war, machte er in der Berufungsinstanz vor dem Gerechtshof Amsterdam (Berufungsgericht Amsterdam, Niederlande) geltend, dass mit diesem Artikel nur ein Aufenthalt unter Strafe gestellt werden solle, mit dem gegen ein Einreiseverbot verstoßen werde. Ein Einreiseverbot entfalte jedoch erst dann Rechtswirkungen, wenn der Betroffene das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten verlassen habe. Da er das Königreich der Niederlande nicht verlassen habe, nachdem gegen ihn ein Einreiseverbot verhängt worden sei, seien die Tatbestandsmerkmale dieser Straftat nicht erfüllt, so dass gegen ihn nach dem genannten Artikel des Strafgesetzbuchs keine Strafe verhängt werden könne.

20      Mit Urteil vom 4. Mai 2017 verurteilte der Gerechtshof Amsterdam (Berufungsgericht Amsterdam) JZ gleichwohl nach diesem Artikel des Strafgesetzbuchs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten.

21      JZ legte gegen dieses Urteil bei dem vorlegenden Gericht, dem Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande), Kassationsbeschwerde ein. Dieser weist darauf hin, dass der Gerichtshof im Urteil vom 26. Juli 2017, Ouhrami (C‑225/16, EU:C:2017:590), u. a. entschieden habe, dass ein Einreiseverbot erst ab dem Zeitpunkt Rechtswirkungen entfalte, zu dem der Drittstaatsangehörige tatsächlich in sein Herkunftsland oder in ein anderes Drittland zurückgekehrt sei. Ein Teil der Lehre ziehe daraus den Schluss, dass es nicht möglich sei, auf der Grundlage von Art. 197 des Strafgesetzbuchs gegen einen Drittstaatsangehörigen vorzugehen, der tatsächlich noch nicht in sein Herkunftsland oder in ein anderes Drittland zurückgekehrt sei. Nach einem anderen Teil der Lehre könne dieses Urteil hingegen nicht so ausgelegt werden, da dieser Artikel des Strafgesetzbuchs nur auf den Zeitpunkt, zu dem das Einreiseverbot verhängt werde, und auf die Tatsache Bezug nehme, dass der Drittstaatsangehörige davon Kenntnis gehabt habe.

22      Unter diesen Umständen hat der Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist ein nationaler Straftatbestand, nach dem sich strafbar macht, wer sich als Drittstaatsangehöriger im Hoheitsgebiet der Niederlande aufhält, nachdem gegen ihn nach Art. 66a Abs. 7 Vw ein Einreiseverbot verhängt worden ist, wenn nach dem nationalen Recht ebenso feststeht, dass dieser Ausländer sich nicht rechtmäßig in den Niederlanden aufhält und dass die Schritte des in der Richtlinie 2008/115 festgelegten Rückkehrverfahrens durchlaufen worden sind, die tatsächliche Rückkehr aber nicht stattgefunden hat, mit dem Unionsrecht, insbesondere mit dem Urteil des Gerichtshofs vom 26. Juli 2017, Ouhrami (C‑225/16, EU:C:2017:590, Rn. 49), vereinbar, wonach das in Art. 11 der Richtlinie 2008/115 geregelte Einreiseverbot erst ab dem Zeitpunkt der Rückkehr des Ausländers in sein Herkunftsland oder ein anderes Drittland „wirksam“ wird?

 Zur Vorlagefrage

23      Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Richtlinie 2008/115, insbesondere ihr Art. 11, dahin auszulegen ist, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, die vorsieht, dass gegen einen illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen, für den das mit dieser Richtlinie geschaffene Rückkehrverfahren abgeschlossen worden ist, ohne dass er das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten tatsächlich verlassen hat, eine Freiheitsstrafe verhängt werden kann, wenn das strafbare Verhalten umschrieben wird als der illegale Aufenthalt in Kenntnis eines Einreiseverbots, das insbesondere wegen Vorstrafen des Betroffenen oder der Gefahr, die er für die öffentliche Ordnung oder die nationale Sicherheit darstellt, verhängt wurde. In diesem Zusammenhang fragt sich das vorlegende Gericht insbesondere, welche Konsequenzen aus dem Urteil vom 26. Juli 2017, Ouhrami (C‑225/16, EU:C:2017:590), zu ziehen sind.

24      Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass mit der Richtlinie 2008/115 nach ihrem zweiten Erwägungsgrund eine wirksame Rückkehr- und Rückübernahmepolitik festgelegt werden soll, die auf gemeinsamen Normen beruht, die gewährleisten, dass die betreffenden Personen unter vollständiger Achtung der Grundrechte auf menschenwürdige Weise zurückgeführt werden. Im vierten Erwägungsgrund dieser Richtlinie heißt es dazu, dass eine solche wirksame Rückkehrpolitik ein notwendiger Bestandteil einer gut geregelten Migrationspolitik ist. Wie sich sowohl aus ihrem Titel als auch aus ihrem Art. 1 ergibt, werden durch die Richtlinie 2008/115 zu diesem Zweck „gemeinsame Normen und Verfahren“ geschaffen, die von jedem Mitgliedstaat bei der Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger anzuwenden sind (Urteile vom 28. April 2011, El Dridi, C‑61/11 PPU, EU:C:2011:268, Rn. 31 und 32, sowie vom 30. Mai 2013, Arslan, C‑534/11, EU:C:2013:343, Rn. 42).

25      Die Richtlinie 2008/115 bezieht sich allerdings nur auf die Rückführung von Drittstaatsangehörigen, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten, und hat somit nicht zum Ziel, die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Aufenthalt von Ausländern insgesamt zu harmonisieren. Folglich steht die Richtlinie dem Recht eines Mitgliedstaats nicht entgegen, das den illegalen Aufenthalt als Straftat einstuft und strafrechtliche Sanktionen vorsieht, um von der Begehung derartiger Verstöße abzuschrecken und sie zu ahnden (Urteile vom 6. Dezember 2011, Achughbabian, C‑329/11, EU:C:2011:807, Rn. 28, und vom 6. Dezember 2012, Sagor, C‑430/11, EU:C:2012:777, Rn. 31).

26      Nach ständiger Rechtsprechung darf ein Mitgliedstaat jedoch keine strafrechtliche Regelung anwenden, die die Verwirklichung der mit der Richtlinie 2008/115 verfolgten Ziele gefährden und sie damit ihrer praktischen Wirksamkeit berauben könnte. Denn das Strafrecht und das Strafprozessrecht fallen zwar grundsätzlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, doch kann dieser Rechtsbereich gleichwohl vom Unionsrecht berührt werden. Daher müssen die Mitgliedstaaten ungeachtet dessen, dass weder durch Art. 63 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EG, der in Art. 79 Abs. 2 Buchst. c AEUV übernommen wurde, noch durch die Richtlinie 2008/115, die insbesondere auf der Grundlage dieser Bestimmung des EG-Vertrags erlassen wurde, die strafrechtliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten im Bereich der illegalen Einwanderung und des illegalen Aufenthalts ausgeschlossen wird, ihre Rechtsvorschriften in diesem Bereich so ausgestalten, dass die Wahrung des Unionsrechts gewährleistet ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. April 2011, El Dridi, C‑61/11 PPU, EU:C:2011:268, Rn. 53 bis 55, vom 6. Dezember 2011, Achughbabian, C‑329/11, EU:C:2011:807, Rn. 33, und vom 6. Dezember 2012, Sagor, C‑430/11, EU:C:2012:777, Rn. 32).

27      So hat der Gerichtshof entschieden, dass die Richtlinie 2008/115 der Regelung eines Mitgliedstaats, die den illegalen Aufenthalt mit strafrechtlichen Sanktionen ahndet, entgegensteht, soweit diese Regelung die Inhaftierung eines Drittstaatsangehörigen zur Strafvollstreckung zulässt, der sich zwar illegal im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats aufhält und nicht bereit ist, dieses Hoheitsgebiet freiwillig zu verlassen, gegen den aber keine Zwangsmaßnahmen im Sinne von Art. 8 dieser Richtlinie verhängt wurden und dessen Haft im Fall einer Inhaftnahme zur Vorbereitung und Durchführung seiner Abschiebung die höchstzulässige Dauer noch nicht erreicht hat (Urteil vom 6. Dezember 2011, Achughbabian, C‑329/11, EU:C:2011:807, Rn. 50).

28      Der Gerichtshof hat allerdings darauf hingewiesen, dass dies nicht die Befugnis der Mitgliedstaaten ausschließt, Vorschriften – gegebenenfalls strafrechtlicher Art – zu erlassen oder beizubehalten, die unter Beachtung der Grundsätze und des Ziels der Richtlinie 2008/115 den Fall regeln, dass Zwangsmaßnahmen es nicht ermöglicht haben, einen illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen abzuschieben. Folglich steht diese Richtlinie einer nationalen Regelung nicht entgegen, die die Inhaftierung eines Drittstaatsangehörigen zur Strafvollstreckung zulässt, auf den das mit dieser Richtlinie geschaffene Rückkehrverfahren angewandt wurde und der sich ohne Rechtfertigungsgrund für seine Nichtrückkehr illegal im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats aufhält (Urteil vom 6. Dezember 2011, Achughbabian, C‑329/11, EU:C:2011:807, Rn. 46, 48 und 50).

29      Daher ist festzustellen, dass das Königreich der Niederlande nach dieser Rechtsprechung in seinen Rechtsvorschriften grundsätzlich vorsehen kann, dass gegen einen Drittstaatsangehörigen in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens, in der nach den im Vorabentscheidungsersuchen enthaltenen Angaben das mit der Richtlinie 2008/115 geschaffene Rückkehrverfahren abgeschlossen wurde, sich der Betroffene aber weiterhin ohne Rechtfertigungsgrund für seine Nichtrückkehr illegal in seinem Hoheitsgebiet aufhält, eine Freiheitsstrafe verhängt werden kann.

30      Zweitens ist zu prüfen, ob es mit der Richtlinie 2008/115 vereinbar ist, dass das Verhalten, das zur Strafbarkeit eines solchen illegalen Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen nach erfolgloser Durchführung des Rückkehrverfahrens führt, durch Bezugnahme auf die Kenntnis dieses Drittstaatsangehörigen von einem gegen ihn insbesondere wegen seiner Vorstrafen oder der Gefahr, die er für die öffentliche Ordnung oder die nationale Sicherheit darstellt, verhängten Einreiseverbot umschrieben wird.

31      Gemäß Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115 gehen Rückkehrentscheidungen mit einem Einreiseverbot einher, falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde oder falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. In anderen Fällen kann eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen.

32      In den Rn. 45 bis 51 des Urteils vom 26. Juli 2017, Ouhrami (C‑225/16, EU:C:2017:590), nach dessen Tragweite sich das vorlegende Gericht fragt, hat der Gerichtshof im Wesentlichen festgestellt, dass sich aus der Verwendung des Begriffs „Einreiseverbot“, dem Wortlaut von Art. 3 Nrn. 4 und 6 der Richtlinie 2008/115 und dem Wortlaut und dem Zweck ihres Art. 11 Abs. 1 sowie der Systematik dieser Richtlinie, die klar unterscheidet zwischen einer Rückkehrentscheidung und einer möglichen Abschiebungsverfügung auf der einen Seite und einem Einreiseverbot auf der anderen Seite, ergibt, dass ein solches Verbot eine Rückkehrentscheidung ergänzen soll, indem es dem Betroffenen für eine bestimmte Zeit nach seiner „Rückkehr“ – und damit seiner Ausreise aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten – untersagt wird, erneut in dieses Gebiet einzureisen und sich anschließend dort aufzuhalten. Ein mögliches Einreiseverbot bildet somit ein Mittel, um die Effizienz der Rückkehrpolitik der Union zu erhöhen. Denn es gewährleistet, dass ein illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger nach seiner Abschiebung während eines bestimmten Zeitraums nicht legal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zurückkehren kann. Das Wirksamwerden eines solchen Verbots setzt demzufolge voraus, dass der Betroffene dieses Gebiet zuvor verlassen hat.

33      Daraus folgt, dass der illegale Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen bis zum Zeitpunkt der freiwilligen oder zwangsweisen Durchführung der Rückkehrverpflichtung durch die Rückkehrentscheidung und nicht durch das Einreiseverbot geregelt wird, das seine Wirkungen erst ab dem Zeitpunkt entfaltet, zu dem der Drittstaatsangehörige das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten tatsächlich verlässt.

34      Somit ist festzustellen, dass sich der Betroffene in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, in der er die Niederlande nach dem Erlass der Rückkehrentscheidung nicht verlassen hat und die darin vorgesehene Rückkehrverpflichtung folglich nie durchgeführt worden ist, in einer Situation des ursprünglichen, aber nicht eines späteren illegalen Aufenthalts befindet, der die Folge einer Verletzung des Einreiseverbots im Sinne von Art. 11 der Richtlinie 2008/115 wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Juli 2017, Ouhrami, C‑225/16, EU:C:2017:590, Rn. 55).

35      In einer solchen Situation kann der Betroffene nicht wegen Verstoßes gegen ein Einreiseverbot bestraft werden, da es an einem solchen Verstoß gerade fehlt.

36      Nach Ansicht von JZ ergibt sich u. a. aus der Entstehungsgeschichte von Art. 197 des Strafgesetzbuchs, dass mit dieser Bestimmung nur der Verstoß gegen ein Einreiseverbot geahndet werden soll und nicht ein ursprünglicher illegaler Aufenthalt. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, was festzustellen Sache des vorlegenden Gerichts ist, stünde die Richtlinie 2008/115, insbesondere ihr Art. 11, der Anwendung dieser nationalen Bestimmung in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens entgegen, in der der Betroffene das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nie verlassen hat.

37      Die niederländische Regierung hingegen trägt vor, mit Art. 197 des Strafgesetzbuchs solle jeder illegale Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen in Kenntnis eines gegen ihn verhängten Einreiseverbots geahndet werden, unabhängig davon, ob der betreffende Staatsangehörige tatsächlich gegen dieses Verbot verstoßen habe. Der niederländische Gesetzgeber habe sich nämlich dafür entschieden, mit dieser Bestimmung den „qualifizierten illegalen Aufenthalt“ unter Strafe zu stellen, d. h. jeden illegalen Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen, der wisse oder ernsthafte Gründe für die Annahme habe, dass gegen ihn ein Einreiseverbot nach Art. 66a Abs. 7 Vw verhängt worden sei, während der „einfache illegale Aufenthalt“ nach niederländischem Recht nicht strafbar sei. Art. 66a Abs. 7 Vw sei anwendbar, wenn der Betroffene wegen der Begehung einer mit Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren geahndeten Straftat rechtskräftig verurteilt worden sei, wenn er eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die nationale Sicherheit oder eine schwerwiegende Gefahr im Sinne von Art. 66a Abs. 4 Vw darstelle oder ihm aufgrund eines Abkommens oder im Interesse der internationalen Beziehungen des Königreichs der Niederlande jeder Aufenthalt zu verweigern sei.

38      Für den Fall, dass das vorlegende Gericht dieser letztgenannten Auslegung von Art. 197 des Strafgesetzbuchs folgen sollte, ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten, da es ihnen nach der in Rn. 28 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung grundsätzlich freisteht, eine Freiheitsstrafe gegen jeden Drittstaatsangehörigen zu verhängen, auf den das Rückkehrverfahren angewandt wurde und der sich ohne Rechtfertigungsgrund für die Nichtrückkehr weiterhin illegal in ihrem Hoheitsgebiet aufhält, erst recht eine Freiheitsstrafe nur für diejenigen unter diesen Drittstaatsangehörigen vorsehen können, die beispielsweise vorbestraft sind oder eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die nationale Sicherheit darstellen.

39      Außerdem ist es nicht grundsätzlich mit der Richtlinie 2008/115 und insbesondere mit ihrem Art. 11 unvereinbar, wenn das strafbare Verhalten eines Drittstaatsangehörigen im nationalen Recht unter Bezugnahme darauf umschrieben wird, dass er sich in Kenntnis dessen, dass gegen ihn wegen eines solchen Verhaltens oder einer solchen Gefahr ein Einreiseverbot verhängt wurde, illegal in dem betreffenden Mitgliedstaat aufhält.

40      Wie jedoch in den Rn. 32 bis 36 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, entfaltet ein Einreiseverbot keine Wirkungen, wenn die Rückkehrverpflichtung nicht durchgeführt wurde, und kann daher in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens, in der der Betroffene das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nie verlassen hat, nicht als verletzt angesehen werden. Daher darf der Straftatbestand, um in dieser Situation anwendbar sein zu können, nicht durch Bezugnahme auf eine solche Verletzung umschrieben werden.

41      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass bei der Verhängung strafrechtlicher Sanktionen gegen Drittstaatsangehörige, auf die das Rückkehrverfahren angewandt wurde und die sich illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhalten, ohne dass es einen Rechtfertigungsgrund für die Nichtrückkehr gibt, die Grundrechte, insbesondere diejenigen, die in der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind, in vollem Umfang gewahrt werden müssen (Urteil vom 6. Dezember 2011, Achughbabian, C‑329/11, EU:C:2011:807, Rn. 49). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte muss ein Gesetz, das den Richter ermächtigt, einer Person die Freiheit zu entziehen, hinreichend zugänglich, präzise und in seiner Anwendung vorhersehbar sein, um jede Gefahr von Willkür zu vermeiden (EGMR, 21. Oktober 2013, Del Río Prada/Spanien, CE:ECHR:2013:1021JUD 004275009, Nr. 125).

42      Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Anwendung von Art. 197 des Strafgesetzbuchs auf eine Situation wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende diesen Anforderungen genügt.

43      Nach alledem ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass die Richtlinie 2008/115, insbesondere ihr Art. 11, dahin auszulegen ist, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, die vorsieht, dass gegen einen illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen, für den das mit dieser Richtlinie geschaffene Rückkehrverfahren abgeschlossen worden ist, ohne dass er das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten tatsächlich verlassen hat, eine Freiheitsstrafe verhängt werden kann, wenn das strafbare Verhalten umschrieben wird als der illegale Aufenthalt in Kenntnis eines Einreiseverbots, das insbesondere wegen Vorstrafen des Betroffenen oder der Gefahr, die er für die öffentliche Ordnung oder die nationale Sicherheit darstellt, verhängt wurde, sofern das strafbare Verhalten nicht durch Bezugnahme auf einen Verstoß gegen dieses Einreiseverbot umschrieben wird und diese Regelung hinreichend zugänglich, präzise und in ihrer Anwendung vorhersehbar ist, um jede Gefahr von Willkür zu vermeiden, was von dem vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

 Kosten

44      Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

Die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, insbesondere ihr Art. 11, ist dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, die vorsieht, dass gegen einen illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen, für den das mit dieser Richtlinie geschaffene Rückkehrverfahren abgeschlossen worden ist, ohne dass er das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten tatsächlich verlassen hat, eine Freiheitsstrafe verhängt werden kann, wenn das strafbare Verhalten umschrieben wird als der illegale Aufenthalt in Kenntnis eines Einreiseverbots, das insbesondere wegen Vorstrafen des Betroffenen oder der Gefahr, die er für die öffentliche Ordnung oder die nationale Sicherheit darstellt, verhängt wurde, sofern das strafbare Verhalten nicht durch Bezugnahme auf einen Verstoß gegen dieses Einreiseverbot umschrieben wird und diese Regelung hinreichend zugänglich, präzise und in ihrer Anwendung vorhersehbar ist, um jede Gefahr von Willkür zu vermeiden, was von dem vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

Unterschriften



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