C-760/21 – Kwizda Pharma

C-760/21 – Kwizda Pharma

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Language of document : ECLI:EU:C:2023:143

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

2. März 2023(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Lebensmittelsicherheit – Lebensmittel – Verordnung (EU) Nr. 609/2013 – Art. 2 Abs. 2 Buchst. g – Begriff ‚Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke‘ – Sonstiger Nährstoffbedarf – Diätmanagement – Modifizierung der Ernährung – Nährstoffe – Verwendung unter ärztlicher Aufsicht – Nährstoffe, die im Verdauungstrakt nicht aufgenommen oder nicht verstoffwechselt werden – Abgrenzung von Arzneimitteln – Abgrenzung von Nahrungsergänzungsmitteln“

In der Rechtssache C‑760/21

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgericht Wien (Österreich) mit Entscheidung vom 26. November 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Dezember 2021, in dem Verfahren

Kwizda Pharma GmbH

gegen

Landeshauptmann von Wien,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Richterin M. L. Arastey Sahún sowie der Richter F. Biltgen, N. Wahl (Berichterstatter) und J. Passer,

Generalanwältin: T. Ćapeta,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Kwizda Pharma GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt J. Hütthaler-Brandauer,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch I. Galindo Martín, B.‑R. Killmann und B. Rous Demiri als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft zum einen die Auslegung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 über Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder, Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und Tagesrationen für gewichtskontrollierende Ernährung und zur Aufhebung der Richtlinie 92/52/EWG des Rates, der Richtlinien 96/8/EG, 1999/21/EG, 2006/125/EG und 2006/141/EG der Kommission, der Richtlinie 2009/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnungen (EG) Nr. 41/2009 und (EG) Nr. 953/2009 der Kommission (ABl. 2013, L 181, S. 35) und zum anderen die Auslegung der Richtlinie 2002/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel (ABl. 2002, L 183, S. 51).

2        Es ergeht im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen der Kwizda Pharma GmbH und dem Landeshauptmann von Wien (Österreich) wegen dessen Weigerung, von Kwizda Pharma vertriebene Erzeugnisse als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke einzustufen.

 Rechtlicher Rahmen

 Richtlinie 2001/83/EG

3        Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. 2001, L 311, S. 67) in der durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 (ABl. 2004, L 136, S. 34) geänderten Fassung lautet:

„Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet:

2.      Arzneimittel:

a)      Alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind, oder

b)      alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen.“

4        Art. 2 Abs. 2 dieser Richtlinie bestimmt:

„In Zweifelsfällen, in denen ein Erzeugnis unter Berücksichtigung aller seiner Eigenschaften sowohl unter die Definition von ‚Arzneimittel‘ als auch unter die Definition eines Erzeugnisses fallen kann, das durch andere gemeinschaftliche Rechtsvorschriften geregelt ist, gilt diese Richtlinie.“

 Richtlinie 2002/46

5        Art. 2 der Richtlinie 2002/46 lautet wie folgt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

a)      ‚Nahrungsergänzungsmittel‘ Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die normale Ernährung zu ergänzen und die aus Einfach- oder Mehrfachkonzentraten von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung bestehen und in dosierter Form in den Verkehr gebracht werden, d. h. in Form von z. B. Kapseln, Pastillen, Tabletten, Pillen und anderen ähnlichen Darreichungsformen, Pulverbeuteln, Flüssigampullen, Flaschen mit Tropfeinsätzen und ähnlichen Darreichungsformen von Flüssigkeiten und Pulvern zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen;

b)      ‚Nährstoffe‘ die folgenden Stoffe:

i)      Vitamine,

ii)      Mineralstoffe.“

6        Art. 5 dieser Richtlinie sieht vor:

„(1)      Für Vitamine und Mineralstoffe, die in Nahrungsergänzungsmitteln enthalten sind, werden Höchstmengen, bezogen auf die vom Hersteller empfohlene Tagesdosis, festgesetzt, wobei folgenden Mengen Rechnung zu tragen ist:

a)      den sicheren Höchstmengen an Vitaminen und Mineralstoffen, die durch eine wissenschaftliche Risikobewertung auf der Grundlage allgemein anerkannter wissenschaftlicher Daten ermittelt werden, wobei gegebenenfalls die unterschiedlichen Sensibilitäten der einzelnen Verbrauchergruppen zu berücksichtigen sind,

b)      den Mengen an Vitaminen und Mineralstoffen, die im Rahmen der Ernährung aus anderen Quellen zugeführt werden.

(2)      Bei der Festsetzung der in Absatz 1 genannten Höchstmengen werden zudem die Bevölkerungsreferenzmengen für Vitamine und Mineralstoffe gebührend berücksichtigt.

(3)      Um zu gewährleisten, dass Nahrungsergänzungsmittel Vitamine und Mineralstoffe in ausreichenden Mengen enthalten, sind gegebenenfalls Mindestmengen, bezogen auf die vom Hersteller empfohlene Tagesdosis, festzusetzen.

…“

 Verordnung (EU) Nr. 1169/2011

7        Art. 2 Abs. 2 Buchst. s der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission (ABl. 2011, L 304, S. 18, berichtigt in ABl. 2014, L 331, S. 41) bestimmt:

„Ferner bezeichnet der Ausdruck

s)       ‚Nährstoff‘: Eiweiße, Kohlenhydrate, Fett, Ballaststoffe, Natrium, Vitamine und Mineralstoffe, die in Anhang XIII Teil A Nummer 1 dieser Verordnung aufgeführt sind, sowie Stoffe, die zu einer dieser Klassen gehören oder Bestandteil einer dieser Klassen sind.“

 Verordnung Nr. 609/2013

8        Der 24. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 609/2013 lautet:

„Die Verordnung … Nr. 1169/2011 legt allgemeine Kennzeichnungsbestimmungen fest. Grundsätzlich sollten diese allgemeinen Kennzeichnungsbestimmungen auf die von der vorliegenden Verordnung erfassten Lebensmittelkategorien angewendet werden. In der vorliegenden Verordnung sollten jedoch, soweit dies für ihre besonderen Ziele erforderlich ist, Ausnahmen von der Verordnung … Nr. 1169/2011 bzw. Anforderungen, die über deren Bestimmungen hinausgehen, festgelegt werden.“

9        Art. 2 Abs. 2 Buchst. g dieser Verordnung bestimmt:

„Ferner bezeichnet der Ausdruck

g)      ‚Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke‘ unter ärztlicher Aufsicht zu verwendende Lebensmittel zum Diätmanagement von Patienten, einschließlich Säuglingen, die in spezieller Weise verarbeitet oder formuliert werden; sie sind zur ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder Stoffwechselprodukte oder von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf bestimmt …, für deren Diätmanagement die Modifizierung der normalen Ernährung allein nicht ausreicht“.

10      Art. 9 Abs. 5 und 6 dieser Verordnung sieht vor:

„(5)      Kennzeichnung und Aufmachung der in Artikel 1 Absatz 1 genannten Lebensmittel sowie die Werbung dafür müssen Informationen über die angemessene Verwendung dieser Lebensmittel bieten und dürfen weder irreführend sein noch diesen Erzeugnissen Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaft erwecken.

(6)      Absatz 5 steht zweckdienlichen Angaben oder Empfehlungen, die ausschließlich für medizinisch, ernährungswissenschaftlich oder pharmazeutisch qualifizierte Personen oder für andere für die Betreuung von Mutter und Kind zuständige Angehörige der Gesundheitsberufe bestimmt sind, nicht entgegen.“

 Delegierte Verordnung (EU) 2016/128

11      Die Erwägungsgründe 3 bis 5, 13 und 15 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/128 der Kommission vom 25. September 2015 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die besonderen Zusammensetzungs- und Informationsanforderungen für Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (ABl. 2016, L 25, S. 30) lauten:

„(3)      Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke werden in enger Zusammenarbeit mit Angehörigen der Gesundheitsberufe für die Ernährung von Patienten entwickelt, die an diagnostizierten spezifischen Krankheiten, Störungen oder Beschwerden, die es ihnen sehr schwer oder unmöglich machen, ihren Ernährungsbedarf durch den Verzehr anderer Lebensmittel zu decken, oder an einer dadurch hervorgerufenen Mangelernährung leiden. Daher sind Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke unter ärztlicher Aufsicht, gegebenenfalls mit Unterstützung anderer kompetenter Angehöriger der Gesundheitsberufe, zu verwenden.

(4)      Die Zusammensetzung von Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke kann stark variieren, beispielsweise je nach der Krankheit oder Störung bzw. den Beschwerden der Patienten, für deren Diätmanagement sie bestimmt sind, und je nach dem Alter der Patienten, dem Ort, an dem sie medizinisch behandelt werden, und dem Verwendungszweck des Erzeugnisses. Insbesondere können Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke in verschiedene Kategorien eingeordnet werden, je nachdem, ob es sich um Lebensmittel mit einer Standardformulierung oder einer für eine Krankheit, eine Störung oder bestimmte Beschwerden angepassten Nährstoffformulierung handelt, und je nachdem, ob sie die einzige Nahrungsquelle für die Personen darstellen, für die sie bestimmt sind.

(5)      Angesichts des breiten Spektrums an diesen Lebensmitteln, der Tatsache, dass sich die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die ihnen zugrunde liegen, rasch weiterentwickeln, und der Notwendigkeit, hinreichende Flexibilität für die Entwicklung innovativer Erzeugnisse zu gewährleisten, ist es nicht angezeigt, detaillierte Vorschriften für die Zusammensetzung solcher Lebensmittelerzeugnisse festzulegen. Es ist jedoch wichtig, auf der Grundlage allgemein anerkannter wissenschaftlicher Daten spezifische Grundsätze und Anforderungen dafür festzulegen, um zu gewährleisten, dass sie sicher, nutzbringend und wirksam für die Personen sind, für die sie bestimmt sind.

(13)      Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke müssen der Verordnung … Nr. 1169/2011 genügen. Um den Besonderheiten von Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke Rechnung zu tragen, sollten in der vorliegenden Verordnung, soweit angezeigt, Ergänzungen und Ausnahmen zu diesen allgemeinen Bestimmungen festgelegt werden.

(15)      Die Nährwertdeklaration für Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke ist unerlässlich, um deren angemessene Verwendung zu gewährleisten, sowohl für die Patienten, die diese Lebensmittel verzehren, als auch für die Angehörigen der Gesundheitsberufe, die sie empfehlen. Aus diesem Grund und um Patienten und Angehörigen der Gesundheitsberufe vollständigere Informationen zur Verfügung zu stellen, sollte die Nährwertdeklaration mehr Angaben umfassen als diejenigen, die die Verordnung … Nr. 1169/2011 verlangt. Außerdem sollte die Ausnahmeregelung in Anhang V Nummer 18 der Verordnung … Nr. 1169/2011 nicht gelten; vielmehr sollte die Nährwertdeklaration für alle Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke unabhängig von der Größe der Verpackung oder des Behältnisses verpflichtend sein.“

12      Art. 2 der Delegierten Verordnung 2016/128 lautet:

„(1)      Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke werden in folgende drei Kategorien unterteilt:

a)      diätetisch vollständige Lebensmittel mit einer Nährstoff-Standardformulierung, die bei Verwendung nach den Anweisungen des Herstellers die einzige Nahrungsquelle für die Personen, für die sie bestimmt sind, darstellen können;

b)      diätetisch vollständige Lebensmittel mit einer für eine bestimmte Krankheit oder Störung oder für bestimmte Beschwerden spezifischen angepassten Nährstoffformulierung, die bei Verwendung nach den Anweisungen des Herstellers die einzige Nahrungsquelle für die Personen, für die sie bestimmt sind, darstellen können;

c)      diätetisch unvollständige Lebensmittel mit einer Standardformulierung oder einer für eine bestimmte Krankheit oder Störung oder für bestimmte Beschwerden spezifischen angepassten Nährstoffformulierung, die sich nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle eignen.

Die unter den Buchstaben a und b genannten Lebensmittel können auch eingesetzt werden, um die Ernährung der Patienten zu ergänzen oder teilweise zu ersetzen.

(2)      Die Formulierung von Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke muss auf vernünftigen medizinischen und diätetischen Grundsätzen beruhen. Sie müssen sich gemäß den Anweisungen des Herstellers sicher und nutzbringend verwenden lassen und wirksam sein in dem Sinne, dass sie den besonderen Ernährungsanforderungen der Personen, für die sie bestimmt sind, entsprechen, was durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten zu belegen ist.

(3)      Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, die für die Ernährungsanforderungen von Säuglingen entwickelt wurden, müssen den Zusammensetzungsanforderungen des Anhangs I Teil A genügen.

Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, die nicht für die Ernährungsanforderungen von Säuglingen entwickelt wurden, müssen den Zusammensetzungsanforderungen des Anhangs I Teil B genügen.

…“

13      Art. 5 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a, d, e und g der Delegierten Verordnung bestimmt:

„(1)      Sofern in dieser Verordnung nichts anderes vorgesehen ist, müssen Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke der Verordnung … Nr. 1169/2011 genügen.

(2)      Neben den in Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung … Nr. 1169/2011 aufgeführten verpflichtenden Angaben sind für Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke zusätzlich folgende Angaben verpflichtend:

a)      der Hinweis, dass das Erzeugnis unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden muss;

d)      gegebenenfalls der Hinweis, dass das Erzeugnis die Gesundheit gefährden kann, wenn es von Personen konsumiert wird, die nicht an der Krankheit, der Störung oder den Beschwerden leiden, für die das Erzeugnis bestimmt ist;

e)      der Hinweis ‚Zum Diätmanagement bei …‘, ergänzt durch die Krankheit, die Störung oder die Beschwerden, für die das Erzeugnis bestimmt ist;

g)      eine Beschreibung der Eigenschaften und/oder Merkmale, denen das Erzeugnis seine Zweckdienlichkeit in Bezug auf die Krankheit, die Störung oder die Beschwerden verdankt, für deren Diätmanagement es vorgesehen ist, gegebenenfalls, hinsichtlich der besonderen Verarbeitung und Formulierung, mit Angaben zu Nährstoffen, die vermehrt, vermindert, eliminiert oder auf andere Weise verändert wurden, sowie die Begründung für die Verwendung des Erzeugnisses;

…“.

14      Art. 6 dieser Delegierten Verordnung sieht vor:

„(1)      Neben den in Artikel 30 Absatz 1 der Verordnung … Nr. 1169/2011 aufgeführten Angaben muss die verpflichtende Nährwertdeklaration für Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke folgende Angaben enthalten:

a)      die Menge aller in Anhang I der vorliegenden Verordnung aufgeführten Mineralstoffe und Vitamine, die das Erzeugnis enthält;

b)      die Menge an Bestandteilen von Proteinen, Kohlehydraten und Fetten und/oder sonstigen Nährstoffen und deren Bestandteilen, sofern diese Information zur zweckentsprechenden Verwendung des Erzeugnisses erforderlich ist;

c)      gegebenenfalls Angaben zur Osmolalität oder Osmolarität des Erzeugnisses;

d)      Angaben zu Quelle und Art der in dem Erzeugnis enthaltenen Proteine und/oder Proteinhydrolysate.

(2)      Abweichend von Artikel 30 Absatz 3 der Verordnung … Nr. 1169/2011 dürfen die in der verpflichtenden Nährwertdeklaration von Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke enthaltenen Angaben nicht auf der Kennzeichnung wiederholt werden.

(3)      Die Nährwertdeklaration ist für alle Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke verpflichtend, unabhängig von der Größe der größten Oberfläche der Verpackung oder des Behältnisses.

(4)      Die Artikel 31 bis 35 der Verordnung … Nr. 1169/2011 gelten für alle in der Nährstoffdeklaration von Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke aufgeführten Nährstoffe.

(5)      Abweichend von Artikel 31 Absatz 3 der Verordnung … Nr. 1169/2011 sind der Brennwert und die Nährstoffmengen von Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke diejenigen des Lebensmittels beim Verkauf und, gegebenenfalls, diejenigen des gebrauchsfertigen Lebensmittels nach Zubereitung gemäß den Anweisungen des Herstellers.

(6)      Abweichend von Artikel 32 Absätze 3 und 4 der Verordnung … Nr. 1169/2011 dürfen der Brennwert und die Nährstoffmengen von Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke nicht als Prozentsatz der Referenzmengen in Anhang XIII der genannten Verordnung angegeben werden.

(7)      Die Angaben in der Nährwertdeklaration von Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke, die nicht in Anhang XV der Verordnung … Nr. 1169/2011 aufgeführt sind, werden nach dem relevantesten Eintrag dieses Anhangs, zu dem sie gehören oder dessen Bestandteil sie sind, angeführt.

Angaben, die nicht in Anhang XV der Verordnung … Nr. 1169/2011 aufgeführt sind und nicht zu einem anderen Eintrag dieses Anhangs gehören oder Bestandteil davon sind, werden in der Nährwertdeklaration nach dem letzten Eintrag des genannten Anhangs angeführt.

Der Natriumgehalt ist zusammen mit den anderen Mineralstoffen anzugeben und kann neben dem Salzgehalt wie folgt wiederholt werden: ‚Salz: X g (davon Natrium: Y mg)‘.“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

15      Kwizda Pharma vertreibt vier Produkte, für die sie angibt, dass durch die Inhaltsstoffe die Anhaftung von Bakterien an den Schleimhäuten der Harnwege verhindert werde, so dass die Einnahme dieser Produkte im Fall von Harnwegsinfekten empfohlen werde (im Folgenden: fragliche Produkte).

16      Sie meldete dem zuständigen Ministerium das Inverkehrbringen dieser vier Produkte als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013.

17      Mit zwei Bescheiden vom 5. August 2021 und zwei Bescheiden vom 6. August 2021 lehnte der Landeshauptmann von Wien die Einstufung dieser vier Produkte als „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ ab. Diese Bescheide beruhten auf der Beurteilung der für die Prüfung der Proben der fraglichen Produkte zuständigen Verwaltungsbehörde, wonach diese Produkte insoweit keine Lebensmittel seien, als die die ausgelobte Wirkung verursachenden Inhaltsstoffe, nämlich D‑Mannose und Cranberry, ihre Wirkung nicht durch ihre Aufnahme in den Ernährungstrakt erzielten, sondern infolge deren Einwirkung auf die Organe der renalen Ausscheidung entfalteten.

18      Kwizda Pharma bekämpft diese vier Bescheide vor dem vorlegenden Gericht. Das vorlegende Gericht fragt sich, was unter dem Begriff „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ zu verstehen und wie dieser von den Begriffen „Arzneimittel“ und „Nahrungsergänzungsmittel“ abzugrenzen ist.

19      Erstens möchte das vorlegende Gericht ermitteln, welche Eigenschaften ein Lebensmittel aufweisen muss, um den besonderen Ernährungsanforderungen der Personen, für die sie bestimmt sind, im Sinne der Verordnung Nr. 609/2013 zu entsprechen.

20      Das vorlegende Gericht ist nämlich der Ansicht, dass ein Produkt als „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ einzustufen sei, wenn es die ausgelobte medizinische Wirkung ausschließlich im Rahmen von dessen Relevanz bei der Realisierung des Diätmanagements erziele, das gesundheitlich von der dieses Lebensmittel verzehrenden Person angestrebt werde. Kwizda Pharma berufe sich auf einen anderen Ansatz. Nach der Auffassung Letzterer umfasse der Begriff „Diätmanagement“ alle Fälle, in denen aufgrund einer Krankheit oder eines Leidens die Einnahme eines bestimmten Nährstoffs geboten sei. Solchen Anforderungen entsprächen daher im vorliegenden Fall Cranberry und D-Mannose, die ihre Wirkungen nicht infolge einer gebotenen Ernährungsumstellung entfalteten und im Wege der Verdauung weder aufgenommen noch verstoffwechselt würden, deren Einnahme aber angezeigt sei, um die Nierenausscheidungstätigkeit zu steigern und damit den Heilungsverlauf eines Harnwegsinfekts zu fördern.

21      Zweitens fragt sich das vorlegende Gericht, wie der Begriff „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ von den Begriffen „Arzneimittel“ und „Nahrungsergänzungsmittel“ abzugrenzen ist. Es führt insoweit aus, dass nach Ansicht von Kwizda Pharma der Zusammensetzung der Nahrungsergänzungsmittel zu entnehmen sei, dass diese auch als „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ qualifiziert werden könnten, da bei Stoffen wie Cranberry oder D‑Mannose davon auszugehen sei, dass sie einem Diätmanagement entsprächen. Außerdem mache Kwizda Pharma geltend, dass ein Produkt als „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ eingestuft werden könne, wenn es einen Stoff wie im vorliegenden Fall Cranberry und D‑Mannose enthalte, der geeignet sei, für einen Krankheitsverlauf oder eine Genesung förderlich zu sein. Eine solche Argumentation verwischt jedoch nach Auffassung des vorlegenden Gerichts die Abgrenzung zwischen Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke und Arzneimitteln.

22      Drittens möchte das vorlegende Gericht wissen, welche Tragweite die Vorgabe in Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013 hat, wonach die für die Qualifizierung als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke maßgeblichen Inhaltsstoffe ihre Wirkung im Rahmen eines Diätmanagements entfalten müssen, welches durch die Modifizierung der normalen Ernährung nicht erreicht zu werden vermag. Kwizda Pharma trage vor, dass Cranberry oder D‑Mannose nur mit einem hohen Aufwand im Rahmen der normalen Ernährung aufgenommen werden könnten, so dass bei den fraglichen Produkten diese Vorgabe erfüllt sei.

23      Viertens ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um Definition des Begriffs „Nährstoff“ im Sinne der Verordnung Nr. 609/2013, damit es das Vorbringen von Kwizda Pharma beurteilen könne, das sich auf die divergierenden Definitionen des Nährstoffbegriffs im Unionsrecht stütze und wonach im Rahmen der Verordnung Nr. 609/2013 jedes Lebensmittel und jeder Stoff, der auch zu einem Lebensmittel oder einem Nahrungsergänzungsmittel gehören könne, als Nährstoff im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. g dieser Verordnung anzusehen sei.

24      Fünftens vertrete Kwizda Pharma die Ansicht, dass die in Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013 aufgestellte Anforderung, dass ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke „nur unter ärztlicher Aufsicht zu [verwenden sei]“, erfüllt sei, wenn ein Dienstleister des Gesundheitswesens wie z. B. ein Apotheker dem Patienten ein Lebensmittel übergebe. Diese Auslegung weiche jedoch erheblich vom Bedeutungsgehalt des Ausdrucks „ärztliche Aufsicht“ ab, so dass das vorlegende Gericht wissen möchte, wie diese Anforderung auszulegen ist.

25      Unter diesen Umständen hat das Verwaltungsgericht Wien (Österreich) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1a)      Muss ein Produkt, um als „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ qualifiziert zu werden, nachweislich in der Lage sein, die ausgelobten krankheits- oder leidensspezifischen Resultate ausschließlich im Rahmen des durch diese Krankheit oder dieses Leiden gesundheitlich indizierten Diätmanagements im Hinblick auf die Anforderungen dieses Leidens oder der Krankheit auf die Nahrungsmittelzufuhr zu erzielen?

1b)      Ist in diesem Zusammenhang von einem Diätmanagement ausschließlich nur dann auszugehen, wenn eine Person ihre Ernährweise dahingehend ändert, als andere oder zusätzlich Nährstoffe zu sich genommen werden, welche im Wege der Verdauung vom Körper aufgenommenen werden?

1c)      Ist für die Qualifizierung als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke zusätzlich auch geboten, dass das Leiden oder die Krankheit, im Hinblick auf welches bzw. welche das Produkt bestimmt ist, ein Diätmanagement dahingehend fordert, dass der Patient die im Produkt enthaltenen Nährstoffe aufnimmt, welche im Wege der normalen Ernährung nicht aufgenommen zu werden vermögen?

1d)      Hat das Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke seine medizinische Wirkung ausschließlich dadurch zu erfüllen, als dieses alle oder einige dieser nicht im Wege der normalen Ernährung aufnehmbaren, jedoch für den Patienten unbedingt zur Aufrechterhaltung seiner Lebensfunktionen erforderlichen oder gebotenen Nährstoffe enthält?

Verneinendenfalls: Welcher Art müssen die Inhaltsstoffe eines Produkts sein, um die Vorgaben für ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke zu erfüllen?

2a)      Schließt die Einstufung eines Produkts als Nahrungsergänzungsmittel aus, dass dieses Produkt auch als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke eingestuft werden kann?

2b)      Verneinendenfalls: Nach welchen Kriterien ist zu bestimmen, dass ein bestimmtes Nahrungsergänzungsmittel nicht als ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke eingestuft werden kann?

2c)      Kann sich ein „Diätmanagement“ im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013 auch durch die Verwendung von „Nahrungsergänzungsmitteln“ im Sinne der Richtlinie 2002/46 erschöpfen?

2d)      Wird ein Lebensmittel schon dann zu einem Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, wenn dieses Nährstoffe enthält, welche auch im Wege der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln oder sonstigen Lebensmitteln aufgenommen werden können, welche aber im Hinblick auf eine bestimmte Erkrankung oder ein bestimmtes Leiden spezifisch zusammengestellt sind?

3)      Nach welchen Kriterien ist ein Arzneimittel von einem Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke zu unterscheiden bzw. sind beide voneinander abzugrenzen?

4)      Ist die Vorgabe in Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013, wonach die für die Qualifizierung als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke maßgeblichen Inhaltsstoffe ihre Wirkung im Rahmen eines Diätmanagements entfalten müssen, welches durch die Modifizierung der normalen Ernährung nicht erreicht zu werden vermag, dahingehend auszulegen, dass ein Patient, im Hinblick auf dessen Krankheit oder Leiden das Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke in den Verkehr gebracht wird, nicht in der Lage ist, durch die Einnahme von allgemein erhältlichen Lebensmitteln seinen Nährstoffbedarf ausreichend zu decken?

5a)      Ist die Wendung „für deren Diätmanagement die Modifizierung der normalen Ernährung allein nicht ausreicht“ im Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung 609/2013 insofern relativ, als von der Erfüllung dieser Vorgabe auch dann auszugehen ist, wenn die angesichts der jeweiligen Krankheit oder des jeweiligen Leidens gebotene Nährstoffaufnahme durch allgemein erhältliche Lebensmittel (insbesondere Nahrungsergänzungsmittel) nur mit einem besonderen Aufwand erreicht werden kann?

5b)      Bejahendenfalls, nach welchen Kriterien ist zu ermitteln, dass ein mit der Aufnahme von allgemein erhältlichen Lebensmitteln verbundener Aufwand die Vorgabe „für deren Diätmanagement die Modifizierung der normalen Ernährung allein nicht ausreicht“ im Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung 609/2013 erfüllt? Ist insbesondere bereits schon dann von der Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals auszugehen, wenn ein Patient verhalten wäre, mehrere allgemein erhältliche Nahrungsergänzungsmittel getrennt einzunehmen?

6a)      Was ist unter einem Nährstoff i. S. d. Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung 609/2013 zu verstehen?

6b)      Nach welchen Kriterien ist zu ermitteln, ob ein bestimmter Inhaltsstoff eines Produkts als ein Nährstoff i. S. d. Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung 609/2013 einzustufen ist?

7a)      Wird die Vorgabe im Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung 609/2013 „unter ärztlicher Aufsicht zu verwendende“ bereits dann erfüllt, wenn dieses Produkt in einer Apotheke abgegeben wird, ohne dass es einer vorherigen ärztlichen Verschreibung bedarf?

7b)      Nach welchen Kriterien ist zu ermitteln, ob im Hinblick auf ein bestimmtes Produkt die Vorgabe der Verwendung unter ärztlicher Aufsicht i. S. d. Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung 609/2013 erfüllt wird?

7c)      Welche Konsequenz hat der allfällige Umstand, dass dieser Vorgabe der Verwendung unter ärztlicher Aufsicht i. S. d. Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung 609/2013 im konkreten Fall bzw. sogar generell nicht entsprochen wird?

8a)      Ist nur dann vom Vorliegen eines Lebensmittels für besondere medizinische Zwecke auszugehen, wenn dieses ohne ärztliche Aufsicht nicht verwendet werden kann?

8b)      Bejahendenfalls, nach welchen Kriterien ist zu ermitteln, ob ein Lebensmittel auch ohne ärztliche Aufsicht verwendet werden kann?

 Zu den Vorlagefragen

 Zu Frage 3

26      Mit seiner dritten Frage, die zuerst zu prüfen ist, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, anhand welcher Kriterien zwischen den Begriffen „Arzneimittel“ im Sinne von Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83 und „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013 unterschieden werden kann.

27      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits hervorgehoben hat, dass sich Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke von Arzneimitteln unterscheiden und dass für diese zwei Kategorien von Erzeugnissen in Anbetracht ihrer besonderen Merkmale unterschiedliche Definitionen und rechtliche Regelungen gelten, die Ausschließlichkeitscharakter haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Oktober 2022, Orthomol, С-418/21, EU:C:2022:831, Rn. 37).

28      Die Merkmale und Funktionen der Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke unterscheiden sich von denen der Arzneimittel, worunter nach Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83 alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen verstanden werden, die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind, oder alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen (Urteil vom 27. Oktober 2022, Orthomol, С-418/21, EU:C:2022:831, Rn. 38).

29      Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke sind nämlich Lebensmittel, die zum Diätmanagement von Patienten bestimmt sind und nicht dazu dienen, menschliche Krankheiten zu verhüten oder zu heilen, die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Oktober 2022, Orthomol, С-418/21, EU:C:2022:831, Rn. 26 und 39).

30      Mithin ermöglichen es Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke als solche nicht, einer Krankheit, einer Störung oder Beschwerden entgegenzuwirken, aber sie lassen sich anhand ihrer Ernährungsfunktion charakterisieren (Urteil vom 27. Oktober 2022, Orthomol, C‑418/21, EU:C:2022:831, Rn. 40).

31      Wenn also ein Patient, wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, aus der Aufnahme eines Erzeugnisses insoweit allgemein einen Nutzen zieht, als dessen Inhaltsstoffe dazu beitragen, einer Krankheit vorzubeugen, sie zu lindern oder sie zu heilen, dann zielt dieses Erzeugnis nicht darauf ab, diesen Patienten zu ernähren, sondern ihn zu heilen, einer Krankheit vorzubeugen oder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen, was dafür spricht, dieses Erzeugnis anders denn als „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ einzustufen (Urteil vom 27. Oktober 2022, Orthomol, C‑418/21, EU:C:2022:831, Rn. 41).

32      Im vorliegenden Fall geht aus den Angaben des vorlegenden Gerichts hervor, dass Kwizda Pharma beim Vertrieb der fraglichen Produkte dafür wirbt, dass die Einnahme dieser Produkte im Fall eines Harnwegsinfekts die Beseitigung der betreffenden Krankheitserreger fördert.

33      Zwar ist es Sache der zuständigen nationalen Behörden, im Sinne einer Einzelfallbeurteilung und unter Berücksichtigung aller Merkmale der Produkte zu ermitteln, ob eben diese Produkte als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke in den Verkehr gebracht werden dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Juni 2005, HLH Warenvertrieb und Orthica, C‑211/03, C‑299/03 und C‑316/03 bis C‑318/03, EU:C:2005:370, Rn. 30); indessen dürfen Produkte, die als Mittel zur Behandlung einer Krankheit bezeichnet werden, aber nicht zum Diätmanagement von Patienten bestimmt sind, nicht als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke in den Verkehr gebracht werden.

34      Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass nach Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83, wenn Zweifel an der richtigen Qualifizierung der fraglichen Produkte bestehen, der Anwendung des Arzneimittelrechts der Union der Vorrang gebührt, was in Anbetracht der höheren Anforderungen, die sich aus dem Arzneimittelrecht für das Inverkehrbringen von Produkten ergeben, auch dem mit Art. 168 AEUV verfolgten Ziel eines hohen Gesundheitsschutzniveaus entspricht.

35      Wie der Gerichtshof für Recht erkannt hat, ist diese Bestimmung nicht nur auf die Qualifizierung als „Funktionsarzneimittel“ gemäß Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie, sondern auch auf die Qualifizierung als „Präsentationsarzneimittel“ gemäß Art. 1 Nr. 2 Buchst. a der Richtlinie anwendbar (Urteil vom 19. Januar 2023, Bundesrepublik Deutschland [Nasentropfen], C‑495/21 und C‑496/21, EU:C:2023:34, Rn. 35).

36      Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83 und Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013 dahin auszulegen sind, dass für die Abgrenzung der in diesen Bestimmungen jeweils definierten Begriffe „Arzneimittel“ und „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ im Hinblick auf Art und Merkmale des betreffenden Erzeugnisses zu beurteilen ist, ob es sich um ein Lebensmittel handelt, das besonderen Ernährungsanforderungen entsprechen soll, oder ob es sich um ein Erzeugnis handelt, das dazu bestimmt ist, menschlichen Krankheiten vorzubeugen oder sie zu heilen, menschliche physiologische Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen, oder das gegebenenfalls als solches angeboten wird.

 Zu den Fragen 1, 4 und 5

37      Mit seinen Fragen 1, 4 und 5, die zusammen zu prüfen sind, ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof im Wesentlichen um Auslegung der Begriffe „Diätmanagement“ und „Modifizierung der normalen Ernährung allein“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013.

38      Was erstens den Begriff „Diätmanagement“ betrifft, ergibt sich aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, dass Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke zwei Merkmale aufweisen, anhand deren sie von anderen Produktkategorien unterschieden werden können. Zum einen sind sie Lebensmittel, die zur ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten bestimmt sind, bei denen eine bestimmte Krankheit oder eine bestimmte Störung vorliegt bzw. bestimmte Beschwerden vorliegen. Zum anderen werden sie in spezieller Weise so verarbeitet oder formuliert, dass sie den sich aus dieser Krankheit, dieser Störung oder diesen Beschwerden ergebenden besonderen Ernährungsanforderungen entsprechen (Urteil vom 27. Oktober 2022, Orthomol, C‑418/21, EU:C:2022:831, Rn. 25).

39      Mithin sind Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke insofern Lebensmittel mit einer besonderen Ernährungsfunktion, als sie „in spezieller Weise so verarbeitet oder formuliert“ werden, um den besonderen Ernährungsanforderungen der Patienten zu entsprechen.

40      Daher erfordert die Einstufung eines Lebensmittels als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, dass es hinsichtlich seiner Zusammensetzung, seiner Beschaffenheit oder seiner Form für die Ernährungsanforderungen angemessen ist, die durch eine Krankheit, eine Störung oder Beschwerden verursacht werden und denen es entsprechen soll.

41      Diese Adäquanz ist umso notwendiger, als ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke einem „Diätmanagement“ bzw. „Ernährungsanforderungen“ entspricht, die durch eine Krankheit, eine Störung oder Beschwerden verursacht werden und deren Deckung für den Patienten unerlässlich ist.

42      Folglich macht die Verwendung des Begriffs „Diätmanagement“ bzw. „Ernährungsanforderungen“ durch den Unionsgesetzgeber deutlich, dass es entgegen dem Vorbringen von Kwizda Pharma nicht lediglich empfohlen sein kann, auf ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke zurückzugreifen.

43      Angesichts der Vielfältigkeit der „Ernährungsanforderungen“ bzw. des „Diätmanagements“, dem Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke dienen können, kann die Qualifizierung eines Erzeugnisses als solche indessen nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Erfolg des durch eine Krankheit, eine Störung oder Beschwerden bedingten „Diätmanagements“ und folglich die Wirkung des Erzeugnisses im Wege oder infolge der Verdauung eintritt.

44      So sind nach dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013 Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke u. a. für „Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder Stoffwechselprodukte“ bestimmt.

45      Damit hat der Unionsgesetzgeber die Definition von Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke nicht nur auf Lebensmittel beschränkt, die bei Verdauungsschwierigkeiten helfen, sondern er hat, indem er auch die Aufnahme, die Resorption, die Verstoffwechslung oder die Ausscheidung einbezogen hat, auf alle Stufen des Ernährungsvorgangs abgestellt.

46      Da nämlich ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke beispielsweise so konzipiert sein kann, dass es mechanische oder neurologische Mängel ausgleicht, die die Patienten daran hindern, genügend Lebensmittel zu sich zu nehmen, oder dass es bei einer Unfähigkeit bestimmter Patienten zur Ausscheidung bestimmter Nährstoffe Abhilfe schafft, kann der Begriff „Diätmanagement“ nicht auf die bloße Befriedigung des Bedarfs an Nährstoffen durch die Verdauung beschränkt werden.

47      Was zweitens die Wendung „Modifizierung der normalen Ernährung allein“ betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass dem dritten Erwägungsgrund der Delegierten Verordnung 2016/128 zufolge Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke „für die Ernährung von Patienten entwickelt [werden], die an diagnostizierten spezifischen Krankheiten, Störungen oder Beschwerden, die es ihnen sehr schwer oder unmöglich machen, ihren Ernährungsbedarf durch den Verzehr anderer Lebensmittel zu decken, oder an einer dadurch hervorgerufenen Mangelernährung leiden“.

48      Somit ist ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke für Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf bestimmt, für deren Diätmanagement „die Modifizierung der normalen Ernährung allein“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013 nicht ausreicht, da dieser Nährstoffbedarf nicht allein durch den Verzehr gewöhnlicher Lebensmittel gedeckt werden kann.

49      Außerdem muss die Wendung „Modifizierung der normalen Ernährung allein“ im Sinne dieser Bestimmung nicht nur Sachlagen erfassen, in denen eine Modifizierung der Ernährung für den Patienten unmöglich oder gefährlich ist, sondern auch solche, in denen der Patient nur „sehr schwer“ seinen Ernährungsbedarf durch den Verzehr gewöhnlicher Lebensmittel zu decken vermag.

50      Daher ist im Einzelfall zu prüfen, ob und inwieweit ein Patient durch die Modifizierung der normalen Ernährung allein seinen durch eine bestimmte Krankheit, eine bestimmte Störung oder bestimmte Beschwerden verursachten Bedarf überhaupt befriedigen kann.

51      Dabei sind die Merkmale der in Rede stehenden Krankheit oder Störung, die Schwierigkeiten, die durch eine Modifizierung der normalen Ernährung allein entstehen, und insbesondere die konkrete Möglichkeit, Zugang zu den erforderlichen Lebensmitteln zu erhalten, die Arten des Verzehrs dieser Lebensmittel und ihre Praktikabilität zu berücksichtigen, um zu bestimmen, ob der Einsatz eines Lebensmittels für besondere medizinische Zwecke es dem Patienten leichter oder sicherer ermöglicht, seinen Ernährungsbedarf zu decken.

52      Nach alledem ist auf die Fragen 1, 4 und 5 zu antworten, dass Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013 dahin auszulegen ist, dass erstens der Begriff „Diätmanagement“ einen Bedarf erfasst, der durch eine Krankheit, eine Störung oder Beschwerden verursacht wird und dessen Deckung für den Patienten unter Ernährungsgesichtspunkten unerlässlich ist, dass zweitens die Qualifizierung als „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ nicht davon abhängig gemacht werden kann, dass der Erfolg des durch eine Krankheit, eine Störung oder Beschwerden bedingten „Diätmanagements“ und folglich die Wirkung des Erzeugnisses notwendigerweise im Wege oder infolge der Verdauung eintritt, und dass drittens unter die Wendung „Modifizierung der Ernährung für den Patienten allein“ sowohl Sachlagen fallen, in denen eine Modifizierung der Ernährung für den Patienten unmöglich oder gefährlich ist, als auch Sachlagen, in denen der Patient nur sehr schwer seinen Ernährungsbedarf durch den Verzehr gewöhnlicher Lebensmittel zu decken vermag.

 Zu Frage 6

53      Mit seiner sechsten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, wie der Begriff „Nährstoff“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013 und insbesondere die Kriterien auszulegen sind, anhand deren bestimmt werden kann, ob ein Stoff als „Nährstoff“ im Sinne dieser Bestimmung einzustufen ist.

54      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff „nutriment“ (Nährstoff) in der französischen Sprachfassung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013 nicht vorkommt.

55      Der Nährstoffbegriff findet sich indessen – an der Stelle, in der in der französischen Sprachfassung dieser Vorschrift der Ausdruck „ingrédient“ verwendet wird – in den anderen Sprachfassungen dieser Vorschrift, wie etwa die niederländische („nutriënten“), die spanische („nutrientes“), die deutsche („Nährstoffe“), die tschechische („živiny“), die schwedische („näringsämnen“) und die englische („nutrients“) Sprachfassung belegen.

56      Insoweit genügt der Hinweis, dass nach ständiger Rechtsprechung die in einer der Sprachfassungen einer Vorschrift des Unionsrechts verwendete Formulierung nicht als alleinige Grundlage für die Auslegung dieser Vorschrift herangezogen werden oder Vorrang vor den übrigen Sprachfassungen beanspruchen kann (Urteil vom 15. April 2021, The North of England P & I Association, C‑786/19, EU:C:2021:276, Rn. 54).

57      Wie in Rn. 23 des vorliegenden Urteils ausgeführt, macht Kwizda Pharma vor dem vorlegenden Gericht geltend, dass im Rahmen dieser Verordnung jedes Lebensmittel und jeder Stoff, der auch zu einem Lebensmittel oder einem Nahrungsergänzungsmittel gehören könne, selbst als Nährstoff anzusehen sei. Die für die Prüfung der Proben der fraglichen Produkte zuständige Verwaltungsbehörde ging hingegen von einem viel engeren Begriffsverständnis dahin gehend aus, dass die Qualifizierung als „Nährstoff“ davon abhänge, dass ein Stoff im Wege der Verdauung verstoffwechselt werde und für die Aufrechterhaltung oder Gewährleistung der Körperfunktionen signifikante Bedeutung habe.

58      Erstens lässt sich aus dem Fehlen einer Definition des Begriffs „Nährstoff“ in der Verordnung Nr. 609/2013 oder dem Fehlen eines Verweises auf die Definition in einer anderen Rechtsvorschrift des Unionsrechts nicht ableiten, dass der Unionsgesetzgeber im Rahmen dieser Verordnung auf eine spezifische Definition zurückgreifen wollte, ohne sie jedoch klar zum Ausdruck zu bringen.

59      Zweitens müssen die Verordnung Nr. 609/2013 und die Delegierte Verordnung 2016/128 insoweit als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke vor allem und trotz ihrer Besonderheiten Lebensmittel sind, im Licht der anderen für Lebensmittel geltenden Rechtsvorschriften betrachtet werden.

60      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach dem 24. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 609/2013 die Kennzeichnungsbestimmungen, die die Verordnung Nr. 1169/2011 festlegt, grundsätzlich auf die von der Verordnung Nr. 609/2013 erfassten Lebensmittelkategorien angewendet werden.

61      Außerdem, und genauer gesagt, bezieht sich die Delegierte Verordnung 2016/128 ausdrücklich und mehrfach auf die Verordnung Nr. 1169/2011. Insbesondere ergibt sich aus Art. 5 Abs. 1 dieser Delegierten Verordnung, dass Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke grundsätzlich in Bezug auf die Lebensmittelinformation der Verordnung Nr. 1169/2011 genügen müssen. Außerdem stützt sich Art. 6 der Delegierten Verordnung hinsichtlich der besonderen Anforderungen an die Nährwertdeklaration weitgehend auf die Vorschriften der Verordnung Nr. 1169/2011 und nennt ausdrücklich die Fälle, in denen von ihren Bestimmungen abzuweichen ist.

62      Da die letztgenannten Anforderungen insbesondere Informationen über Nährstoffe umfassen, ist der Begriff „Nährstoff“ im Rahmen der Verordnung Nr. 609/2013 und der Delegierten Verordnung 2016/128 gemäß der Verordnung Nr. 1169/2011 zu definieren. Es wäre nämlich inkohärent, solche Anforderungen in Bezug auf Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke gelten zu lassen und dabei gleichzeitig von einer anderen, nicht expliziten Definition des Begriffs „Nährstoff“ auszugehen.

63      Folglich ist unter Berücksichtigung der Wechselwirkungen zwischen den Rechtsakten der Begriff „Nährstoff“ im Kontext der Verordnung Nr. 609/2013 und der Delegierten Verordnung 2016/128 genauso zu definieren wie im Rahmen der Verordnung Nr. 1169/2011.

64      In diesem Zusammenhang ist schließlich darauf hinzuweisen, dass nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. s der Verordnung Nr. 1169/2011 unter dem Begriff „Nährstoffe“ Eiweiße, Kohlenhydrate, Fett, Ballaststoffe, Natrium, Vitamine und Mineralstoffe zu verstehen sind, die in einem Anhang dieser Verordnung aufgeführt sind, sowie Stoffe, die zu einer dieser Klassen gehören oder Bestandteil einer dieser Klassen sind.

65      Eine solche Definition, die auf der Art der Stoffe und nicht auf der Verstoffwechselung und den Wirkungen der Stoffe beruht, wie die Verwaltungsbehörde im vorliegenden Fall ausgeführt hat, steht entgegen der von Kwizda Pharma vorgeschlagenen Auslegung im Einklang mit der besonderen Ernährungsfunktion der Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke.

66      Nach alledem ist auf die sechste Frage zu antworten, dass Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013 dahin auszulegen ist, dass für die Anwendung dieser Verordnung, die den Begriff „Nährstoff“ nicht definiert, auf die Definition dieses Begriffs in Art. 2 Abs. 2 Buchst. s der Verordnung Nr. 1169/2011 abzustellen ist.

 Zu den Fragen 7 und 8

67      Mit seiner siebten und seiner achten Frage, die zusammen zu prüfen sind, fragt das vorlegende Gericht zum einen, anhand welcher Kriterien festgestellt werden kann, dass ein Erzeugnis im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013 „unter ärztlicher Aufsicht zu [verwenden ist]“, und möchte zum anderen im Wesentlichen vom Gerichtshof wissen, ob diese Bestimmung dahin auszulegen ist, dass die Vorgabe, dass ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke „unter ärztlicher Aufsicht zu [verwenden ist]“, für die Einstufung eines Erzeugnisses als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke erforderlich ist und gegebenenfalls welche Konsequenzen die Nichterfüllung dieser Vorgabe hat.

68      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich zwar bereits aus dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013 ergibt, dass ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke nur „unter ärztlicher Aufsicht“ verwendet werden darf, daraus aber nicht abgeleitet werden kann, dass es sich um eine notwendige Voraussetzung für die Einstufung eines Erzeugnisses als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke handelt.

69      Wenn nämlich die Erfüllung einer solchen Einstufungsvoraussetzung von zufälligen und vom Hersteller des fraglichen Produkts unabhängigen Umständen abhinge, die sich im Nachgang zu einer solchen Einstufung bei der Verwendung des fraglichen Produkts manifestieren würden, ginge diese Voraussetzung naturgemäß ins Leere.

70      Die Erfüllung einer solchen Vorgabe stellt jedoch einen der Parameter dar, die die zuständigen nationalen Behörden zu berücksichtigen haben, wenn sie wie im vorliegenden Fall nach dem Inverkehrbringen eines Erzeugnisses als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke zum einen prüfen müssen, ob eine solche Einstufung passend ist, und zum anderen, ob das Erzeugnis den Pflichtvorgaben genügt, die in der Verordnung Nr. 609/2013 und der Delegierten Verordnung 2016/128 aufgeführt werden.

71      Aus diesen beiden Rechtsakten ergibt sich nämlich, dass die ärztliche Aufsicht untrennbar mit dem Begriff „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ verbunden ist.

72      Dieser Begriff setzt per definitionem voraus, dass das Lebensmittel für besondere „medizinische Zwecke“ bestimmt und so konzipiert ist, dass es den spezifischen Ernährungsanforderungen entspricht, die durch eine bestimmte Krankheit, eine bestimmte Störung oder bestimmte Beschwerden hervorgerufen werden.

73      Dass ein Lebensmittel in einer Apotheke abgegeben wird, genügt unter diesen Voraussetzungen nicht für die Annahme, dass es in Anbetracht seiner Eigenart und seiner Merkmale unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden muss.

74      Die „[Verwendung] unter ärztlicher Aufsicht“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013 impliziert, dass eine ärztliche Aufsicht in Anbetracht des fraglichen Produktes im Vorfeld des Verkaufs erfolgen muss. Somit muss der Einsatz eines Lebensmittels für besondere medizinische Zwecke, das insofern besonders ist, als es an die Ernährungsanforderungen des Patienten angepasst ist, dem Patienten von einem Angehörigen der Gesundheitsberufe im Hinblick auf das Diätmanagement des Patienten empfohlen werden, ohne zwangsläufig einer Verschreibung zu unterliegen. In diesem Rahmen setzt „ärztliche Aufsicht“ voraus, dass sich ein Angehöriger der Gesundheitsberufe im Sinne der Erwägungsgründe 3 und 15 der Delegierten Verordnung 2016/128 vergewissert, dass der Einsatz eines Lebensmittels für besondere medizinische Zwecke für die spezifischen Ernährungsanforderungen des Patienten angemessen ist.

75      Im Übrigen setzt diese „[Verwendung] unter ärztlicher Aufsicht“ auch voraus, dass sich die ärztliche Aufsicht über die Abgabe des Erzeugnisses hinaus erstrecken und während der Dauer seines Verzehrs fortbestehen muss, damit der betreffende Angehörige der Gesundheitsberufe die Wirkungen des Erzeugnisses auf die Ernährungsanforderungen des Patienten und auf Letzteren beurteilen kann.

76      In diesem Zusammenhang ist hinzuzufügen, dass der Unionsgesetzgeber dadurch, dass er in Art. 9 Abs. 6 der Verordnung Nr. 609/2013 die Möglichkeit von zweckdienlichen Angaben oder Empfehlungen vorgesehen hat, die ausschließlich für medizinisch, ernährungswissenschaftlich oder pharmazeutisch qualifizierte Personen oder für andere für die Betreuung von Mutter und Kind zuständige Angehörige der Gesundheitsberufe bestimmt sind, die besondere Verantwortung anerkannt hat, die diese Personen bei Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke tragen.

77      Außerdem ist die Empfehlung eines Angehörigen der Gesundheitsberufe bei Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke umso notwendiger, als die Zusammensetzung dieser Lebensmittel, wie sich aus dem vierten Erwägungsgrund der Delegierten Verordnung 2016/128 ergibt, stark variieren kann, beispielsweise je nach der Krankheit oder Störung bzw. den Beschwerden der Patienten, für deren Diätmanagement sie bestimmt sind, und je nach dem Alter der Patienten, dem Ort, an dem sie medizinisch behandelt werden, und dem Verwendungszweck des Erzeugnisses.

78      Mit einer solchen Empfehlung lässt sich nämlich gewährleisten, dass sich die Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke nach Art. 2 Abs. 2 dieser Delegierten Verordnung gemäß den Anweisungen des Herstellers nutzbringend verwenden lassen und wirksam in dem Sinne sind, dass sie den besonderen Ernährungsanforderungen der Personen, für die sie bestimmt sind, entsprechen.

79      Genauer gesagt könnte, da die Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke so konzipiert sind, dass sie den durch eine bestimmte Krankheit, eine bestimmte Störung oder bestimmte Beschwerden verursachten Ernährungsanforderungen entsprechen, der Einsatz eines solchen Lebensmittels, das insofern ungeeignet ist, als es nicht der Krankheit, der Störung oder den Beschwerden eines Patienten entsprechen würde, für den Patienten wirkungslos sein oder negative Wirkungen haben.

80      Diese Gefahr ist im Übrigen den Patienten mitzuteilen und muss nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. d der Delegierten Verordnung 2016/128 auf Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke angegeben werden.

81      Nach alledem ist auf die siebte und die achte Frage zu antworten, dass Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013 dahin auszulegen ist, dass zum einen ein Erzeugnis unter ärztlicher Aufsicht zu verwenden ist, wenn die Empfehlung und die nachfolgende Beurteilung durch einen Angehörigen der Gesundheitsberufe im Hinblick auf das durch eine besondere Krankheit, eine besondere Störung oder besondere Beschwerden bedingte Diätmanagement und auf die Wirkungen des Erzeugnisses auf die Ernährungsanforderungen des Patienten und Letzteren notwendig sind, und dass zum anderen die Vorgabe, dass ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke „unter ärztlicher Aufsicht [verwendet werden muss]“, als solche keine Voraussetzung für die Einstufung eines Erzeugnisses als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke ist.

 Zu Frage 2

82      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, nach welchen Kriterien die Begriffe „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013 und „Nahrungsergänzungsmittel“ im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2002/46 voneinander abgegrenzt werden können und ob sich diese Begriffe gegenseitig ausschließen.

83      Insoweit ist festzustellen, dass es unter Berücksichtigung der jeweiligen Merkmale von Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke und von Nahrungsergänzungsmitteln nicht ausgeschlossen ist, dass sich ihre Anwendungen überschneiden können. Diese beiden Begriffe und die sich daraus ableitenden rechtlichen Qualifizierungen schließen einander jedoch zwangsläufig aus, so dass im Einzelfall festzustellen ist, ob ein Erzeugnis als „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ oder als „Nahrungsergänzungsmittel“ einzustufen ist.

84      Auch wenn die Nahrungsergänzungsmittel nach Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2002/46 nur dazu dienen, „die normale Ernährung“ zu ergänzen, während nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013 und Art. 2 Abs. 1 und 2 der Delegierten Verordnung 2016/128 Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke die Ernährung ganz oder teilweise ersetzen, sind Nahrungsergänzungsmittel Konzentrate von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung, die wie gewisse Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke bestimmten Ernährungsanforderungen entsprechen können.

85      Wie jedoch in Rn. 39 des vorliegenden Urteils ausgeführt, zeichnen sich Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke durch die medizinischen Zwecke aus, für die diese Lebensmittel bestimmt sein können.

86      In diesem Zusammenhang sollte darauf hingewiesen werden, dass es sich bei Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke und bei Nahrungsergänzungsmitteln um Lebensmittel handelt, die sich an verschiedene Zielgruppen richten. Aus Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2002/46 ergibt sich nämlich nicht, dass Nahrungsergänzungsmittel ebenso wie Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke nur für Patienten bestimmt sind.

87      Insoweit ist hervorzuheben, dass nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013 Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke besonderen Ernährungsanforderungen entsprechen sollen, so dass die Einstufung als „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ davon abhängt, dass für diese Anforderungen die Modifizierung der normalen Ernährung allein nicht ausreicht, während Nahrungsergänzungsmittel, da sie die normale Ernährung ergänzen, integraler Bestandteil von ihr sind.

88      Die Vorschriften über die Zusammensetzung dieser beiden Kategorien von Lebensmitteln spiegeln ebenfalls diese Unterschiede und Besonderheiten wider.

89      So sieht Art. 5 der Richtlinie 2002/46 vor, dass für Vitamine und Mineralstoffe, die in Nahrungsergänzungsmitteln enthalten sind, Höchstmengen festgesetzt werden, wobei den sicheren Höchstmengen an Vitaminen und Mineralstoffen Rechnung getragen wird, die durch eine wissenschaftliche Risikobewertung auf der Grundlage allgemein anerkannter wissenschaftlicher Daten ermittelt werden, wobei gegebenenfalls die unterschiedlichen Sensibilitäten der einzelnen Verbrauchergruppen, die Mengen an Vitaminen und Mineralstoffen, die im Rahmen der Ernährung aus anderen Quellen zugeführt werden, und die Bevölkerungsreferenzmengen für Vitamine und Mineralstoffe berücksichtigt werden.

90      Solche Daten beziehen sich aber auf Bedarf und Mengen bei der Bevölkerung im Allgemeinen und nicht bei Patienten mit Ernährungsanforderungen, die durch Krankheit, Störung oder Beschwerden verursacht werden.

91      Dagegen werden die Mindest- und Höchstmengen an Vitaminen und Mineralstoffen bei Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke, die nicht für die Ernährungsanforderungen von Säuglingen entwickelt wurden, in Tabelle 2 von Teil B des Anhangs I der Delegierten Verordnung 2016/128 festgelegt und nicht in Bezug auf die Referenzmengen, sondern in Mindest- und Höchstmengen für 100 Kilojoule (kJ) bzw. 100 Kilokalorien (kcal) des Erzeugnisses ausgedrückt. Außerdem erlaubt es der besondere Verwendungszweck von gewissen Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke, hiervon abzuweichen.

92      Was ihre Verwendung betrifft, so richten sich Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke im Gegensatz zu Nahrungsergänzungsmitteln an Patienten und müssen daher unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden.

93      Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 2 der Richtlinie 2002/46 und Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013 dahin auszulegen sind, dass die in diesen Bestimmungen definierten Begriffe „Nahrungsergänzungsmittel“ und „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ einander ausschließen und dass es erforderlich ist, im Einzelfall und anhand der Merkmale und Verwendungsbedingungen zu bestimmen, ob ein Erzeugnis unter den einen oder den anderen dieser Begriffe fällt.

 Kosten

94      Für die Beteiligten der Ausgangsverfahren ist das Verfahren Teil der beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahren; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der Fassung der Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 und Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 über Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder, Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und Tagesrationen für gewichtskontrollierende Ernährung und zur Aufhebung der Richtlinie 92/52/EWG des Rates, der Richtlinien 96/8/EG, 1999/21/EG, 2006/125/EG und 2006/141/EG der Kommission, der Richtlinie 2009/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnungen (EG) Nr. 41/2009 und (EG) Nr. 953/2009 des Rates und der Kommission

sind dahin auszulegen, dass

für die Abgrenzung der in diesen Bestimmungen jeweils definierten Begriffe „Arzneimittel“ und „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ im Hinblick auf Art und Merkmale des betreffenden Erzeugnisses zu beurteilen ist, ob es sich um ein Lebensmittel handelt, das besonderen Ernährungsanforderungen entsprechen soll, oder ob es sich um ein Erzeugnis handelt, das dazu bestimmt ist, menschlichen Krankheiten vorzubeugen oder sie zu heilen, menschliche physiologische Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen.

2.      Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013

ist dahin auszulegen, dass

erstens der Begriff „Diätmanagement“ einen Bedarf erfasst, der durch eine Krankheit, eine Störung oder Beschwerden verursacht wird und dessen Deckung für den Patienten unter Ernährungsgesichtspunkten unerlässlich ist, dass zweitens die Qualifizierung als „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ nicht davon abhängig gemacht werden kann, dass der Erfolg des durch eine Krankheit, eine Störung oder Beschwerden bedingten „Diätmanagements“ und folglich die Wirkung des Erzeugnisses notwendigerweise im Wege oder infolge der Verdauung eintritt, und dass drittens unter die Wendung „Modifizierung der Ernährung für den Patienten allein“ sowohl Sachlagen fallen, in denen eine Modifizierung der Ernährung für den Patienten unmöglich oder gefährlich ist, als auch Sachlagen, in denen der Patient nur sehr schwer seinen Ernährungsbedarf durch den Verzehr gewöhnlicher Lebensmittel zu decken vermag.

3.      Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013

ist dahin auszulegen, dass

für die Anwendung dieser Verordnung, die den Begriff „Nährstoff“ nicht definiert, auf die Definition dieses Begriffs in Art. 2 Abs. 2 Buchst. s der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission abzustellen ist.

4.      Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013

ist dahin auszulegen, dass

zum einen ein Erzeugnis unter ärztlicher Aufsicht zu verwenden ist, wenn die Empfehlung und die nachfolgende Beurteilung durch einen Angehörigen der Gesundheitsberufe im Hinblick auf das durch eine besondere Krankheit, eine besondere Störung oder besondere Beschwerden bedingte Diätmanagement und auf die Wirkungen des Erzeugnisses auf die Ernährungsanforderungen des Patienten und Letzteren notwendig sind, und dass zum anderen die Vorgabe, dass ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke „unter ärztlicher Aufsicht [verwendet werden muss]“, als solche keine Voraussetzung für die Einstufung eines Erzeugnisses als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke ist.

5.      Art. 2 der Richtlinie 2002/46 und Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013

sind dahin auszulegen, dass

die in diesen Bestimmungen definierten Begriffe „Nahrungsergänzungsmittel“ und „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ einander ausschließen und dass es erforderlich ist, im Einzelfall und anhand der Merkmale und Verwendungsbedingungen zu bestimmen, ob ein Erzeugnis unter den einen oder den anderen dieser Begriffe fällt.

Prechal

Arastey Sahún

Biltgen

Wahl

 

Passer

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 2. März 2023.

Der Kanzler

 

Die Kammerpräsidentin

A. Calot Escobar

 

A. Prechal



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