C-708/17 AJ – EVN Bulgaria Toplofikatsia

C-708/17 AJ – EVN Bulgaria Toplofikatsia

Language of document : ECLI:EU:C:2019:1049

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

5. Dezember 2019(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbraucherschutz – Richtlinie 2011/83/EU – Verbraucherrecht – Art. 2 Abs. 1 – Begriff ‚Verbraucher‘ – Art. 3 Abs. 1 – Vertrag, der zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossen wird – Vertrag über die Lieferung von Fernwärme – Art. 27 – Unbestellte Waren und Dienstleistungen – Richtlinie 2005/29/EG – Unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern – Art. 5 – Verbot unlauterer Geschäftspraktiken – Anhang I – Unbestellte Waren oder Dienstleistungen – Nationale Regelung, wonach jeder Eigentümer einer Wohnung in einem in Miteigentum stehenden Gebäude, das an ein Fernwärmenetz angeschlossen ist, sich an den Kosten des Wärmeenergieverbrauchs der gemeinschaftlichen Teile und der internen Anlage des Gebäudes beteiligen muss – Energieeffizienz – Richtlinie 2006/32/EG – Art. 13 Abs. 2 – Richtlinie 2012/27/EU – Art. 10 Abs. 1 – Abrechnungsinformationen – Nationale Regelung, die vorsieht, dass bei einem in Miteigentum stehenden Gebäude die Abrechnungen bezüglich des Wärmeenergieverbrauchs der internen Anlage für jeden Eigentümer des Gebäudes proportional zum beheizten Volumen seiner Wohnung erstellt werden“

In den verbundenen Rechtssachen C‑708/17 und C‑725/17

betreffend zwei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Rayonen sad Asenovgrad (Kreisgericht Asenovgrad, Bulgarien) (C‑708/17) und vom Sofiyski rayonen sad (Kreisgericht Sofia, Bulgarien) (C‑725/17) mit Entscheidungen vom 6. Dezember 2017 bzw. vom 5. Dezember 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Dezember 2017 bzw. am 27. Dezember 2017, in den Verfahren

„EVN Bulgaria Toplofikatsia“ EAD

gegen

Nikolina Stefanova Dimitrova (C‑708/17)

und

„Toplofikatsia Sofia“ EAD

gegen

Mitko Simeonov Dimitrov (C‑725/17),

Beteiligte:

„Termokomplekt“ OOD,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras sowie der Richter S. Rodin und D. Šváby (Berichterstatter), der Richterin K. Jürimäe und des Richters N. Piçarra,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der „EVN Bulgaria Toplofikatsia“ EAD, vertreten durch S. Radev und S. Popov als Bevollmächtigte,

–        der „Toplofikatsia Sofia“ EAD, vertreten durch S. Chakalski, I. Epitropov und V. Ivanov als Bevollmächtigte,

–        von Frau Dimitrova, vertreten durch S. Memtsov und D. Dekov, advokati,

–        der litauischen Regierung, vertreten durch G. Taluntytė, J. Prasauskienė und D. Kriaučiūnas als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch N. Ruiz García, K. Talabér-Ritz und N. Nikolova als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 30. April 2019

folgendes

Urteil

1        Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. 2005, L 149, S. 22), von Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2006/32/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 über Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen und zur Aufhebung der Richtlinie 93/76/EWG des Rates (ABl. 2006, L 114, S. 64), der Art. 5 und 27 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011, L 304, S. 64) und von Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2012/27/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Energieeffizienz, zur Änderung der Richtlinien 2009/125/EG und 2010/30/EU und zur Aufhebung der Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG (ABl. 2012, L 315, S. 1).

2        Diese Ersuchen ergehen im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten, zum einen zwischen der „EVN Bulgaria Toplofikatsia“ EAD (im Folgenden: EVN) und Frau Nikolina Stefanova Dimitrova (C‑708/17) und zum anderen zwischen der „Toplofikatsia Sofia“ EAD und Herrn Mitko Simeonov Dimitrov (C‑725/18), betreffend Klagen auf Zahlung von Abrechnungen des Verbrauchs von Wärmeenergie der internen Anlage eines in Miteigentum stehenden Gebäudes.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 Richtlinie 2005/29

3        Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2005/29 sieht vor:

„Diese Richtlinie lässt das Vertragsrecht und insbesondere die Bestimmungen über die Wirksamkeit, das Zustandekommen oder die Wirkungen eines Vertrags unberührt.“

4        Art. 5 dieser Richtlinie bestimmt:

„(1)      Unlautere Geschäftspraktiken sind verboten.

(5)      Anhang I enthält eine Liste jener Geschäftspraktiken, die unter allen Umständen als unlauter anzusehen sind. …“

5        Anhang I („Geschäftspraktiken, die unter allen Umständen als unlauter gelten“) der genannten Richtlinie enthält folgende Passage:

„Aggressive Geschäftspraktiken

29.      Aufforderung des Verbrauchers zur sofortigen oder späteren Bezahlung oder zur Rücksendung oder Verwahrung von Produkten, die der Gewebetreibende geliefert, der Verbraucher aber nicht bestellt hat (unbestellte Waren oder Dienstleistungen); ausgenommen hiervon sind Produkte, bei denen es sich um Ersatzlieferungen gemäß Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 97/7/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. 1997, L 144, S. 19)] handelt.“

 Richtlinie 2011/83

6        Die Erwägungsgründe 14 und 60 der Richtlinie 2011/83 lauten:

„(14)      Diese Richtlinie sollte das innerstaatliche Vertragsrecht unberührt lassen, soweit vertragsrechtliche Aspekte durch diese Richtlinie nicht geregelt werden. Deshalb sollte diese Richtlinie keine Wirkung auf nationale Rechtsvorschriften haben, die beispielsweise den Abschluss oder die Gültigkeit von Verträgen (zum Beispiel im Fall einer fehlenden Einigung) betreffen. Desgleichen sollte diese Richtlinie nationale Rechtsvorschriften in Bezug auf die allgemeinen vertraglichen Rechtsbehelfe, die Vorschriften des allgemeinen Wirtschaftsrechts (beispielsweise Vorschriften über überhöhte Preise oder Wucherpreise) und die Vorschriften über sittenwidrige Rechtsgeschäfte unberührt lassen.

(60)      Da die Richtlinie [2005/29] die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht bestellt hat, verbietet, jedoch für diesen Fall keinen vertraglichen Rechtsbehelf vorsieht, ist es erforderlich, nunmehr in dieser Richtlinie als vertraglichen Rechtsbehelf vorzusehen, dass der Verbraucher von der Verpflichtung zur Erbringung der Gegenleistung für derartige unbestellte Lieferungen oder Erbringungen befreit ist.“

7        Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) dieser Richtlinie bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnen die Ausdrücke

1.      ‚Verbraucher‘ jede natürliche Person, die bei von dieser Richtlinie erfassten Verträgen zu Zwecken handelt, die außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit liegen;

…“

8        Art. 3 der genannten Richtlinie sieht vor:

„(1)      Diese Richtlinie gilt unter den Bedingungen und in dem Umfang, wie sie in ihren Bestimmungen festgelegt sind, für jegliche Verträge, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossen werden. Sie gilt auch für Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas, Strom oder Fernwärme, einschließlich durch öffentliche Anbieter, sofern diese Güter auf vertraglicher Basis geliefert werden.

(5)      Diese Richtlinie lässt das allgemeine innerstaatliche Vertragsrecht wie die Bestimmungen über die Wirksamkeit, das Zustandekommen oder die Wirkungen eines Vertrags, soweit Aspekte des allgemeinen Vertragsrechts in dieser Richtlinie nicht geregelt werden, unberührt.

…“

9        In Art. 27 („Unbestellte Waren und Dienstleistungen“) der Richtlinie heißt es:

„Werden unter Verstoß gegen Artikel 5 Absatz 5 und Anhang I Nummer 29 der Richtlinie [2005/29] unbestellte Waren, Wasser, Gas, Strom, Fernwärme oder digitaler Inhalt geliefert oder unbestellte Dienstleistungen erbracht, so ist der Verbraucher von der Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung befreit. In diesen Fällen gilt das Ausbleiben einer Antwort des Verbrauchers auf eine solche unbestellte Lieferung oder Erbringung nicht als Zustimmung.“

10      Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie 2011/83 sieht vor, dass „[d]iese Richtlinie … für Verträge [gilt], die nach dem 13. Juni 2014 geschlossen werden“.

 Richtlinie 2006/32

11      In den Erwägungsgründen 1, 12, 20 und 29 der Richtlinie 2006/32 heißt es:

„(1)      In der Europäischen Gemeinschaft besteht die Notwendigkeit, die Endenergieeffizienz zu steigern, die Energienachfrage zu steuern und die Erzeugung erneuerbarer Energie zu fördern, da es kurz- bis mittelfristig verhältnismäßig wenig Spielraum für eine andere Einflussnahme auf die Bedingungen der Energieversorgung und ‑verteilung, sei es durch den Aufbau neuer Kapazitäten oder durch die Verbesserung der Übertragung und Verteilung, gibt. Diese Richtlinie trägt daher zu einer Verbesserung der Versorgungssicherheit bei.

(12)      Diese Richtlinie erfordert Maßnahmen der Mitgliedstaaten, wobei die Erreichung ihrer Ziele davon abhängt, wie sich solche Maßnahmen auf die Endverbraucher auswirken. Das Endergebnis der von den Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen hängt von vielen externen Faktoren ab, die das Verhalten der Verbraucher hinsichtlich ihres Energieverbrauchs und ihrer Bereitschaft, Energiesparmethoden anzuwenden und energiesparende Geräte zu verwenden, beeinflussen. Selbst wenn die Mitgliedstaaten sich verpflichten, Anstrengungen zur Erreichung des festgelegten Richtwerts von 9 % zu unternehmen, handelt es sich bei dem nationalen Energieeinsparziel lediglich um ein Richtziel, das für die Mitgliedstaaten keine rechtlich erzwingbare Verpflichtung zur Erreichung dieses Zielwerts beinhaltet.

(20)      Energieverteiler, Verteilernetzbetreiber und Energieeinzelhandelsunternehmen können die Energieeffizienz in der Gemeinschaft verbessern, wenn die von ihnen angebotenen Energiedienstleistungen sich auf einen effizienten Endverbrauch erstrecken, wie etwa in den Bereichen Gebäudeheizung, Warmwasserbereitung, Kühlung, Produktherstellung, Beleuchtung und Antriebstechnik. Die Gewinnmaximierung wird für Energieverteiler, Verteilernetzbetreiber und Energieeinzelhandelsunternehmen damit enger mit dem Verkauf von Energiedienstleistungen an möglichst viele Kunden verknüpft, statt mit dem Verkauf von möglichst viel Energie an den einzelnen Kunden. Die Mitgliedstaaten sollten bestrebt sein, jegliche Wettbewerbsverzerrung in diesem Bereich zu vermeiden, um allen Anbietern von Energiedienstleistungen gleiche Voraussetzungen zu bieten; sie können mit dieser Aufgabe jedoch die jeweilige einzelstaatliche Regulierungsbehörde beauftragen.

(29)      Damit die Endverbraucher besser fundierte Entscheidungen in Bezug auf ihren individuellen Energieverbrauch treffen können, sollten sie mit ausreichenden Informationen über diesen Verbrauch und mit weiteren zweckdienlichen Informationen versorgt werden, wie etwa Informationen über verfügbare Energieeffizienzmaßnahmen, Endverbraucher-Vergleichsprofilen oder objektiven technischen Spezifikationen für energiebetriebene Geräte, einschließlich „Faktor-Vier“-Systemen oder ähnlicher Einrichtungen. …

…“

12      Art. 1 dieser Richtlinie lautet:

„Zweck dieser Richtlinie ist es, die Effizienz der Endenergienutzung in den Mitgliedstaaten durch folgende Maßnahmen kostenwirksam zu steigern:

a)      Festlegung der erforderlichen Richtziele sowie der erforderlichen Mechanismen, Anreize und institutionellen, finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen zur Beseitigung vorhandener Markthindernisse und ‑mängel, die der effizienten Endenergienutzung entgegenstehen;

b)      Schaffung der Voraussetzungen für die Entwicklung und Förderung eines Markts für Energiedienstleistungen und für die Erbringung von anderen Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz für die Endverbraucher.“

13      Art. 13 Abs. 1 und 2 der genannten Richtlinie bestimmt:

„(1)      „Soweit es technisch machbar, finanziell vertretbar und im Vergleich zu den potenziellen Energieeinsparungen angemessen ist, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass alle Endkunden in den Bereichen Strom, Erdgas, Fernheizung und/oder ‑kühlung und Warmbrauchwasser individuelle Zähler zu wettbewerbsorientierten Preisen erhalten, die den tatsächlichen Energieverbrauch des Endkunden und die tatsächliche Nutzungszeit widerspiegeln.

Soweit bestehende Zähler ersetzt werden, sind stets solche individuellen Zähler zu wettbewerbsorientierten Preisen zu liefern, außer in Fällen, in denen dies technisch nicht machbar oder im Vergleich zu den langfristig geschätzten potenziellen Einsparungen nicht kostenwirksam ist. Soweit neue Gebäude mit neuen Anschlüssen ausgestattet oder soweit Gebäude größeren Renovierungen im Sinne der Richtlinie 2002/91/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (ABl. 2003, L 1, S. 65)] unterzogen werden, sind stets solche individuellen Zähler zu wettbewerbsorientierten Preisen zu liefern.

(2)      Die Mitgliedstaaten stellen gegebenenfalls sicher, dass die von den Energieverteilern, Verteilernetzbetreibern und Energieeinzelhandelsunternehmen vorgenommene Abrechnung den tatsächlichen Energieverbrauch auf klare und verständliche Weise wiedergibt. Mit der Abrechnung werden geeignete Angaben zur Verfügung gestellt, die dem Endkunden ein umfassendes Bild der gegenwärtigen Energiekosten vermitteln. Die Abrechnung auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs wird so häufig durchgeführt, dass die Kunden in der Lage sind, ihren eigenen Energieverbrauch zu steuern.“

14      Gemäß Art. 27 der Richtlinie 2012/27 wurde die Richtlinie 2006/32 vorbehaltlich bestimmter Ausnahmen mit Wirkung vom 5. Juni 2014 aufgehoben.

 Richtlinie 2012/27

15      Die Erwägungsgründe 8 und 20 der Richtlinie 2012/27 sehen vor:

„(8)      Am 8. März 2011 hat die Kommission ihre Mitteilung zu einem Energieeffizienzplan 2011 verabschiedet. In der Mitteilung wurde bestätigt, dass die Union ihr Energieeffizienzziel mit dem bisherigen Kurs nicht erreichen wird. Dies gilt trotz des skizzierten Fortschritts bei den nationalen Energieeffizienzstrategien in den von den Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie [2006/32] vorgelegten ersten Nationalen Energieeffizienz-Aktionsplänen. Eine erste Analyse der zweiten Aktionspläne bestätigt, dass die Union nicht auf dem richtigen Kurs ist. Um dem entgegenzuwirken, wurden in dem Energieeffizienzplan 2011 Energieeffizienzstrategien und ‑maßnahmen für die gesamte Energiekette beschrieben. Dabei wurden folgende Bereiche einbezogen: Energieerzeugung, ‑übertragung bzw. ‑fernleitung und ‑verteilung, die Vorreiterrolle des öffentlichen Sektors bei der Energieeffizienz, Gebäude und Geräte, die Industrie sowie die Erforderlichkeit, Endkunden die Möglichkeit der Steuerung ihres Energieverbrauchs zu geben. …

(20)      Eine Bewertung der Möglichkeit, ein System ‚Weißer Zertifikate‘ auf Unionsebene einzuführen, hat gezeigt, dass ein solches System in der derzeitigen Situation mit zu hohen Verwaltungskosten verbunden und mit dem Risiko behaftet wäre, dass die Energieeinsparungen sich auf einzelne Mitgliedstaaten konzentrieren und nicht unionsweit verbreitet würden. Das Ziel eines solchen Systems auf Unionsebene ließe sich, zumindest im aktuellen Stadium, besser durch nationale Energieeffizienzverpflichtungssysteme für Energieversorgungsunternehmen erreichen oder durch andere strategische Maßnahmen, die Energieeinsparungen in gleicher Höhe bewirken. Es ist angebracht, das Anspruchsniveau solcher Systeme in einem gemeinsamen Rahmen auf Unionsebene festzulegen und gleichzeitig den Mitgliedstaaten ein erhebliches Maß an Flexibilität zuzugestehen, um der nationalen Organisation der Marktakteure, dem spezifischen Kontext des Energiesektors und den Gewohnheiten der Endkunden vollständig Rechnung zu tragen. Der gemeinsame Rahmen sollte Energieversorgungsunternehmen die Option bieten, allen Endkunden Energiedienstleistungen anzubieten und nicht nur ihren Energieabnehmern. Dadurch wird der Wettbewerb im Energiemarkt verstärkt, da die Energieversorgungsunternehmen ihr Produkt durch das Anbieten ergänzender Energiedienstleistungen differenzieren können. Der gemeinsame Rahmen sollte es den Mitgliedstaaten ermöglichen, Anforderungen in ihr nationales System aufzunehmen, mit denen soziale Ziele verfolgt werden, um insbesondere sicherzustellen, dass sozial schwache Kunden Zugang zu den Vorteilen einer größeren Energieeffizienz haben. Die Mitgliedstaaten sollten anhand objektiver und nichtdiskriminierender Kriterien festlegen, welche Energieverteiler oder Energieeinzelhandelsunternehmen verpflichtet sein sollten, das mit dieser Richtlinie festgelegte Endenergieeinsparziel zu verwirklichen.

…“

16      Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2012/27 lautet:

„Mit dieser Richtlinie wird ein gemeinsamer Rahmen für Maßnahmen zur Förderung von Energieeffizienz in der Union geschaffen, um sicherzustellen, dass das übergeordnete Energieeffizienzziel der Union von 20 % bis 2020 erreicht wird, und um weitere Energieeffizienzverbesserungen für die Zeit danach vorzubereiten.

In dieser Richtlinie werden Regeln festgelegt, mit denen Hemmnisse im Energiemarkt und Marktversagen, die der Effizienz bei der Energieversorgung und ‑nutzung entgegenstehen, beseitigt werden sollen; ferner ist die Festlegung indikativer nationaler Energieeffizienzziele bis 2020 vorgesehen.“

17      Art. 9 dieser Richtlinie bestimmt:

„(1)      Soweit es technisch machbar, finanziell vertretbar und im Vergleich zu den potenziellen Energieeinsparungen verhältnismäßig ist, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass alle Endkunden in den Bereichen Strom, Erdgas, Fernwärme, Fernkälte und Warmbrauchwasser individuelle Zähler zu wettbewerbsfähigen Preisen erhalten, die den tatsächlichen Energieverbrauch des Endkunden genau widerspiegeln und Informationen über die tatsächliche Nutzungszeit bereitstellen.

(3)      Wird ein Gebäude über ein Fernwärmenetz oder werden mehrere Gebäude aus einer zentralen Anlage mit Wärme, Kälte oder Warmwasser versorgt, ist ein Wärme- oder Warmwasserzähler am Wärmetauscher oder an der Übergabestelle zu installieren.

In Gebäuden mit mehreren Wohnungen und in Mehrzweckgebäuden, die über eine zentrale Anlage zur Wärme-/Kälteerzeugung verfügen oder über ein Fernwärmenetz oder von einer mehrere Gebäude versorgenden zentralen Anlage versorgt werden, sind bis 31. Dezember 2016 – soweit technisch machbar und kosteneffizient durchführbar – auch individuelle Verbrauchszähler zu installieren, um den Wärme‑, Kälte- oder Warmwasserverbrauch der einzelnen Einheiten zu messen. Wo der Einsatz individueller Zähler zur Messung der verbrauchten Wärme technisch nicht machbar oder nicht kosteneffizient durchführbar ist, werden individuelle Heizkostenverteiler zur Messung des Wärmeenergieverbrauchs der einzelnen Heizkörper verwendet, es sei denn, der betreffende Mitgliedstaat weist nach, dass die Installation derartiger Heizkostenverteiler nicht kosteneffizient durchführbar wäre. In diesen Fällen können alternative kosteneffiziente Methoden zur Messung des Wärmeenergieverbrauchs in Betracht gezogen werden.

Werden Gebäude mit mehreren Wohnungen über ein Fernwärme- oder Fernkältenetz versorgt oder sind eigene gemeinsame Wärme- oder Kälteerzeugungsanlagen für diese Gebäude vorhanden, so können die Mitgliedstaaten transparente Regeln für die Verteilung der Kosten des thermischen Verbrauchs oder des Warmwasserverbrauchs in diesen Gebäuden einführen, um die Transparenz und die Genauigkeit der Abrechnung des individuellen Verbrauchs zu gewährleisten. Solche Regeln enthalten gegebenenfalls Leitlinien für die Art und Weise der Zurechnung der Kosten für den Wärme- und/oder Warmwasserverbrauch in folgenden Fällen:

a)      Warmwasser für den Haushaltsbedarf;

b)      von den Verteilungseinrichtungen des Gebäudes abgestrahlte Wärme und für die Beheizung von Gemeinschaftsflächen verwendete Wärme (sofern Treppenhäuser und Flure mit Heizkörpern ausgestattet sind);

c)      zum Zwecke der Beheizung von Wohnungen.“

18      Art. 10 Abs. 1 Unterabs. 1 der genannten Richtlinie sieht vor:

„Verfügen die Endkunden nicht über intelligente Zähler gemäß den Richtlinien 2009/72/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (ABl. 2009, L 211, S. 55)] und 2009/73/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (ABl. 2009, L 211, S. 94)], so gewährleisten die Mitgliedstaaten bis zum 31. Dezember 2014, dass die Abrechnungsinformationen im Einklang mit Anhang VII Abschnitt 1.1 für alle Sektoren, die unter die vorliegende Richtlinie fallen, einschließlich Energieverteiler, Verteilernetzbetreiber und Energieeinzelhandelsunternehmen, genau sind und auf dem tatsächlichen Verbrauch beruhen, sofern dies technisch möglich und wirtschaftlich gerechtfertigt ist.“

19      Art. 27 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2012/27 sieht vor:

„Die Richtlinie [2006/32] – ausgenommen deren Artikel 4 Absätze 1 bis 4 und Anhänge I, III und IV – wird unbeschadet der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit den Fristen für die Umsetzung in innerstaatliches Recht ab 5. Juni 2014 aufgehoben. Der Artikel 4 Absätze 1 bis 4 und die Anhänge I, III und IV der Richtlinie [2006/32] werden ab dem 1. Januar 2017 aufgehoben.“

20      Art. 28 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2012/27 lautet:

„Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 5. Juni 2014 nachzukommen.“

21      Anhang VII („Mindestanforderungen an die Abrechnung und an Abrechnungsinformationen auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs“) dieser Richtlinie sieht in Nr. 1.1 vor:

„Um die Endkunden in die Lage zu versetzen, ihren eigenen Energieverbrauch zu steuern, sollte die Abrechnung auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs mindestens einmal jährlich erfolgen; Abrechnungsinformationen sollten, wenn die Verbraucher dies verlangen oder sich für die Zustellung der Abrechnung auf elektronischem Wege entschieden haben, mindestens vierteljährlich und ansonsten halbjährlich zur Verfügung gestellt werden. Ausschließlich zum Kochen verwendetes Gas kann von dieser Anforderung ausgenommen werden.“

 Bulgarisches Recht

 Energiegesetz

22      Das Zakon za energetikata (Energiegesetz) vom 9. Dezember 2003 (DV Nr. 107 vom 9. Dezember 2003) in seiner auf die Ausgangsrechtsstreitigkeiten anwendbaren Fassung (im Folgenden: Energiegesetz) enthält folgende Bestimmungen:

„133.      (2) Der Anschluss der Anlagen von Kunden in einem in Miteigentum stehenden Gebäude erfolgt mit der schriftlichen Zustimmung der Eigentümer, die mindestens zwei Drittel des Eigentums an dem in Miteigentum stehenden Gebäude vertreten.

139.      (1) Die Aufteilung des Wärmeenergieverbrauchs in einem in Miteigentum stehenden Gebäude erfolgt nach einem System der Aufteilung des Verbrauchs.

140.      (1) Die Aufteilung des Wärmeenergieverbrauchs zwischen den Kunden eines in Miteigentum stehenden Gebäudes erfolgt mittels

2.      Geräten für die Aufteilung des Wärmeenergieverbrauchs, d. h. individuellen Heizkostenverteilern, die den im Land geltenden Normen entsprechen, oder durch individuelle Wärmezähler;

(3)      Die internen Anlagen des Gebäudes für die Beheizung und Warmwasser sind Teil des Gemeinschaftseigentums.

142.      (1) Die zur Beheizung eines in Miteigentum stehenden Gebäudes bestimmte Wärmeenergie ist die Differenz zwischen der Gesamtmenge der zur Verteilung in einem in Miteigentum stehenden Gebäude bestimmten Wärmeenergie und der Wärmeenergiemenge für Warmwasser, die gemäß Art. 141 Abs. 1 bestimmt wird.

(2)      Die zur Beheizung eines in Miteigentum stehenden Gebäudes bestimmte Wärmeenergie unterteilt sich in die von der internen Anlage abgegebene Wärme, die Wärmeenergie, die zur Beheizung der gemeinschaftlichen Teile bestimmt ist, und die Wärmeenergie, die zur Beheizung der Eigentumswohnungen bestimmt ist.

149a.      (1) Die Wärmeenergiekunden in einem in Miteigentum stehenden Gebäude können die Wärmeenergie von einem Versorger beziehen, der mit der schriftlichen Zustimmung der Miteigentümer, die mindestens zwei Drittel des Eigentums an dem in Miteigentum stehenden Gebäude vertreten, auszuwählen ist.

153.      (1) Alle Eigentümer und Inhaber eines dinglichen Rechts bezüglich der Nutzung einer Wohnung in einem in Miteigentum stehenden Gebäude, die an die Unterstelle des Anschlussnehmers oder einen eigenständigen Zweig dieser Unterstelle angeschlossen sind, sind Wärmeenergiekunden und sind verpflichtet, Geräte für die Aufteilung des Wärmeenergieverbrauchs nach Art. 140 Abs. 1 Nr. 2 an den Heizkörpern zu installieren, die sich in ihrer Wohnung befinden, und die Kosten des Wärmeenergieverbrauchs unter den Voraussetzungen und gemäß den Modalitäten, die durch die betreffende Verordnung gemäß Art. 36 Abs. 3 festgelegt werden, zu zahlen.

(2)      Möchten die Eigentümer, die mindestens zwei Drittel des Eigentums an dem in Miteigentum stehenden Gebäude vertreten und an die Unterstelle des Anschlussnehmers oder einen eigenständigen Zweig der Unterstelle angeschlossen sind, nicht Verbraucher von zur Beheizung oder für Warmwasser bestimmter Wärmeenergie sein, so sind sie verpflichtet, dies beim Wärmeenergieversorgungsunternehmen schriftlich zu erklären und die Einstellung der Lieferung von Wärmeenergie für die Beheizung oder Warmwasser an diese Unterstelle des Anschlussnehmers oder einen eigenständigen Zweig dieser Unterstelle zu beantragen.

(5)      Ist ein System zur Aufteilung des Wärmeenergieverbrauchs vorgesehen, so sind die Kunden in einem in Miteigentum stehenden Gebäude nicht berechtigt, die Versorgung der sich in ihren Wohnungen befindlichen Heizkörpern mit Wärmeenergie zu unterbrechen, indem sie diese physisch von der internen Anlage des Gebäudes trennen.

(6)      Kunden, die in einem in Miteigentum stehenden Gebäude wohnen und die Versorgung der sich in ihrer Wohnung befindlichen Heizkörper mit Wärmeenergie unterbrechen, bleiben hinsichtlich der Wärme, die von der internen Anlage und den Heizkörpern in den gemeinschaftlichen Gebäudeteilen abgegeben wird, Wärmeenergiekunden.“

 Verbraucherschutzgesetz

23      Art. 62 des Zakon za zashtita na potrebitelite (Verbraucherschutzgesetz, DV Nr. 99 vom 9. Dezember 2005), mit dem Art. 27 der Richtlinie 2011/83 in bulgarisches Recht umgesetzt wurde, sieht vor:

„(1)      Die nicht bestellte entgeltliche Lieferung von Waren, Wasser, Gas, Strom, Fernwärme oder digitalen Inhalten oder die nicht bestellte entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen an einen Verbraucher ist unzulässig.

(2)      Im Fall der nicht bestellten Lieferung von Waren, Wasser, Gas, Strom, Fernwärme oder digitalen Inhalten oder der nicht bestellten Erbringung von Dienstleistungen ist der Verbraucher nicht verpflichtet, die Ware zurückzugeben und schuldet der Person, die die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht hat, keine Vergütung.

(3)      Das Ausbleiben einer Antwort des Verbrauchers in Bezug auf die Lieferung von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne von Abs. 1 gilt nicht als Zustimmung.“

 Eigentumsgesetz

24      Art. 38 Abs. 1 des Zakon za sobstvenostta (Eigentumsgesetz, DV Nr. 92 vom 16. November 1951) bestimmt:

„In Gebäuden, deren Stockwerke oder Stockwerksteile verschiedenen Eigentümern gehören, gehören das Grundstück, auf dem das Gebäude errichtet worden ist, der Hof, die Fundamente, die Außenwände, die Innenwände, die die verschiedenen Teile voneinander trennen, die tragenden Innenwände, die Säulen, die Träger, die Platten, die Balken, die Treppen, die Treppenabsätze, die Dächer, die Wände zwischen den Dachböden und den Kellern der verschiedenen Eigentümer, die Schornsteine, die Außeneingangstüren des Gebäudes und die Türen zu gemeinschaftlichen Dachböden und Kellern, die Hauptleitungen alle Arten von Anlagen und deren zentralisierte Vorrichtungen, die Aufzüge, die Dachrinnen, die Pförtnerloge sowie alle sonstigen Elemente, die aufgrund ihrer Art oder ihrer Zweckbestimmung der gemeinschaftlichen Nutzung dienen, allen Eigentümern.“

 Fernwärmeverordnung

25      Art. 70 Abs. 1 der Naredba za toplosnabdyavaneto Nr. 16-334 (Verordnung Nr. 16-334 über die Fernwärme) vom 6. April 2007 lautet:

„Die mit einem Wärmezähler in einem in Miteigentum stehenden Gebäude – einschließlich der Wohnungen der Kunden, die keine Geräte zur Aufteilung des Wärmeenergieverbrauchs besitzen, oder von Kunden, deren Heizkörper demontiert wurden – gemessene Wärmemenge wird nach den im Anhang aufgeführten Regeln aufgeteilt.“

26      Nr. 6.1 des Anhangs dieser Verordnung sieht vor, dass „[d]ie für die Beheizung verbrauchte Wärmeenergiemenge … die Wärmemengen [umfasst], die von der internen Anlage, von den Heizkörpern in den im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Teilen und von den Heizkörpern in den Eigentumswohnungen abgegeben werden“.

27      Ferner heißt es in Nr. 6.1.3 dieses Anhangs, dass „[d]ie Wärmeenergiemenge Qi, ausgedrückt in kWh, die von der internen Anlage abgegeben wird, … proportional zum beheizbaren Volumen der Wohnungen gemäß dem Grundriss aufgeteilt [wird]“.

 Ausgangsrechtsstreitigkeiten und Vorlagefragen

 Rechtssache C708/17

28      Frau Dimitrova ist Eigentümerin einer Wohnung in einem in Miteigentum stehenden Gebäude, das an das Fernwärmenetz angeschlossen ist.

29      Gemäß einem auf der Grundlage von Art. 153 Abs. 1 des Energiegesetzes geschlossenen Vertrag beliefert EVN dieses Gebäude mit Wärmeenergie, die zur Beheizung, zur Warmwasserversorgung und für die von der internen Anlage des Gebäudes abgegebene Wärme genutzt wird.

30      Im Rahmen dieses Vertrags wies das Unternehmen, das die Aufteilung des Wärmeenergieverbrauchs vornimmt, der Wohnung von Frau Dimitrova für den Zeitraum vom 1. November 2012 bis zum 30. April 2015 einen Verbrauch mit einem Wert von 266,25 bulgarischen Leva (BGN) (etwa 136 Euro) zu.

31      Da Frau Dimitrova diesen Betrag nicht gezahlt hatte, ließ EVN ihr vom Rayonen sad Asenovgrad (Kreisgericht Asenovgrad, Bulgarien) einen Mahnbescheid zustellen.

32      Frau Dimitrova focht den Mahnbescheid an und machte geltend, dass zwischen ihr und EVN kein Schuldverhältnis bestehe, dass ein Nachweis über die tatsächliche Menge verbrauchter Wärmeenergie fehle und dass der in den von EVN vorgelegten Abrechnungen angegebene Verbrauch unter Verstoß gegen Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2006/32 ihren tatsächlichen Energieverbrauch nicht widerspiegele.

33      Das vorlegende Gericht stellt klar, dass in dieser Rechtssache Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits die Nichtzahlung der Beträge bezüglich des Verbrauchs der Energie sei, die durch die interne Anlage des Gebäudes – d. h. die Gesamtheit der Leitungen und Installationen für die Verteilung von und Versorgung mit Wärmeenergie im Inneren des Gebäudes, einschließlich der durch alle Wohnungen verlaufenden Heizungssteigleitungen – abgegeben werde.

34      Das vorlegende Gericht hat insoweit Zweifel bezüglich der Rechtmäßigkeit der Abrechnung des Verbrauchs der Energie, die in jeder Wohnung durch die interne Anlage eines in Miteigentum stehenden Gebäudes abgegeben wird, wenn die Abrechnung wie im vorliegenden Fall proportional zum beheizten Volumen der Wohnung gemäß dem Grundriss ohne Berücksichtigung der tatsächlich in dieser Wohnung abgegebenen Wärmemenge erstellt wird. Es weist außerdem darauf hin, dass Frau Dimitrova weder zum Beheizen ihrer Wohnung noch zur Versorgung mit Warmwasser für den Hausgebrauch Wärmeenergie nutze.

35      Des Weiteren wirft das vorlegende Gericht die Frage auf, ob einem Verbraucher aus Art. 27 der Richtlinie 2011/83 das Recht zusteht, die Zahlung der Kosten für gelieferte Wärmeenergie, die er nicht bestellt hat, zu verweigern. Es weist darauf hin, dass der Varhoven kasatsionen sad (Oberstes Kassationsgericht, Bulgarien) in einer Auslegungsentscheidung vom 25. Mai 2017, die für die unteren Gerichte bindend sei, entschieden habe, dass das Energiegesetz, insbesondere dessen Art. 153 Abs. 6, nicht gegen Art. 62 des Verbraucherschutzgesetzes verstoße, da es nicht Sache des einzelnen Miteigentümers, sondern der Mehrheit der Miteigentümer sei, den Antrag auf Wärmelieferung in den der Regelung des Miteigentums unterliegenden Gebäuden zu stellen und allgemein zu entscheiden, ob und wie die gemeinschaftlichen Teile genutzt werden sollen, so dass die Eigentümergemeinschaft in ihrer Gesamtheit bezüglich dieser Dienstleistung als Verbraucherin anzusehen sei.

36      Unter diesen Umständen hat der Rayonen sad Asenovgrad (Kreisgericht Asenovgrad) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Steht Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2006/32 der Möglichkeit des Fernwärmeversorgungsunternehmens entgegen, die Vergütung für die verbrauchte, von der mit Fernwärme versorgten Anlage eines Gebäudes, das in gemeinschaftlichem Wohneigentum steht, abgegebene Wärmeenergie proportional zu dem beheizbaren Volumen der Eigentumswohnungen gemäß dem Grundriss zu verlangen, ohne dabei die in der einzelnen Eigentumswohnung tatsächlich abgegebene Menge der Wärmeenergie zu berücksichtigen?

2.      Ist mit Art. 27 der Richtlinie 2011/83 eine nationale Regelung vereinbar, die Verbraucher, die Eigentümer von Wohnungen in Gebäuden sind, die den Vorschriften über das gemeinschaftliche Wohneigentum unterliegen, verpflichtet, die Vergütung für die nicht in Anspruch genommene, aber von der mit Fernwärme versorgten Anlage des Gebäudes gelieferte Wärmeenergie zu bezahlen, wenn sie die Nutzung der Wärmeenergie eingestellt haben, indem sie die Heizgeräte in ihren Wohnungen abgeschafft oder die Bediensteten des Fernwärmeversorgungsunternehmens auf ihren Wunsch hin die technische Möglichkeit des Heizkörpers, Wärme abzugeben, unterbunden haben?

3.      Schafft eine solche nationale Regelung eine unlautere Geschäftspraxis im Sinne der Richtlinie 2005/29?

 Rechtssache C725/17

37      Herr Dimitrov ist seit dem 2. Dezember 2003 Eigentümer einer Wohnung in einem Gebäude, das mit einer internen Heizungs- und Warmwasseranlage ausgestattet ist, die durch sämtliche Eigentumswohnungen verläuft und von der mit einem gemeinschaftlichen Wärmezähler ausgestatteten Unterstelle des Anschlussnehmers ausgeht.

38      Der die betreffende Anlage versorgende Wärmestrom wird von Toplofikatsia Sofia auf der Grundlage eines zwischen dieser und der Eigentümergemeinschaft des Gebäudes, in dem sich die Wohnung von Herrn Dimitrov befindet, bestehenden Vertrags geliefert. Dieser Vertrag wurde am 4. Dezember 2004 über die „Termokomplekt“ OOD als Vermittlerin abgeschlossen, die auch mit der Einzelabrechnung des Wärmeverbrauchs betraut ist.

39      Da Herr Dimitrov die von Toplofikatsia Sofia im Zeitraum vom 1. Mai 2014 bis zum 30. April 2016 erbrachte Wärme- und Warmwasserlieferung nicht bezahlt hatte, erhob Letztere Klage beim Sofiyski Rayonen sad (Kreisgericht Sofia, Bulgarien) auf Zahlung der fälligen Beträge.

40      Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts betrifft der Ausgangsrechtsstreit die Fragen, ob im vorliegenden Fall ein Vertragsverhältnis entstanden ist, ob Kosten im Zusammenhang mit der Aufteilung des Verbrauchs und der Verluste in den gemeinschaftlichen Teilen des Gebäudes zu zahlen sind, wenn Teile der komplexen Dienstleistung der Wärme- und Warmwasserversorgung genutzt bzw. nicht genutzt werden, und schließlich ob der Eigentümer einer Wohnung, die sich in einem Gebäude wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden befindet, als Verbraucher anzusehen ist.

41      Hierzu führt das vorlegende Gericht aus, dass der Konstitutsionen sad (Verfassungsgericht, Bulgarien) mit Urteil vom 22. April 2010 festgestellt habe, dass nach Art. 153 Abs. 1 des Energiegesetzes alle Eigentümer und Inhaber eines dinglichen Rechts bezüglich der Nutzung einer Wohnung in einem in Miteigentum stehenden Gebäude, die an die Unterstelle des Anschlussnehmers oder einen eigenständigen Zweig dieser Unterstelle angeschlossen seien, Wärmeenergiekunden seien und verpflichtet seien, an den Heizkörpern, die sich in ihrer Wohnung befänden, Geräte zur Aufteilung des Wärmeenergieverbrauchs zu installieren und die Kosten des Wärmeenergieverbrauchs unter den Voraussetzungen und gemäß den Modalitäten, die durch die in dieser Vorschrift genannte Verordnung festgelegt würden, zu zahlen.

42      Das vorlegende Gericht weist jedoch darauf hin, dass die Vertragsparteien insoweit keine Vertragsklauseln vereinbaren könnten, als diese Klauseln einseitig von Toplofikatsia Sofia in allgemeinen Verkaufsbedingungen festgelegt würden und der Preis im Verwaltungsweg von der Komisia za energiyno i vodno regulirane (Regulierungskommission für Energie und Wasser, Bulgarien) festgesetzt werde. Das betreffende Rechtsverhältnis gleiche daher eher einer Abgabenpflicht als einem Vertrag, auch in Anbetracht dessen, dass Toplofikatsia Sofia ein Monopol innehabe und im Eigentum der Gemeinde Sofia (Bulgarien) stehe.

43      Außerdem sei es nach diesen Vorschriften in Gebäuden, die der Regelung des Miteigentums unterlägen, zulässig, in einer bestimmten Wohnung die Warmwasserversorgung abzustellen und die Heizkörper zu versiegeln, jedoch sei es nicht möglich, den letzten Teil der von Toplofikatsia Sofia erbrachten Dienstleistungen, d. h. die Aufteilung des Wärmeenergieverbrauchs, einzustellen.

44      In Anbetracht dieser Umstände hat der Sofiyski Rayonen sad (Kreisgericht Sofia) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Die Richtlinie 2011/83 nimmt von ihrem Geltungsbereich die Rechtsvorschriften des traditionellen Vertragsrechts über den Abschluss von Verträgen aus, nimmt sie von ihm aber auch die Regelung dieser äußerst untypischen, gesetzlich vorgeschriebenen Struktur für das Entstehen von Vertragsverhältnissen aus?

2.      Sofern die Richtlinie 2011/83 eine eigene Regelung in diesem Fall nicht ausschließt: Handelt es sich um einen Vertrag im Sinne von Art. 5 der Richtlinie oder um etwas anderes? Wenn es ein Vertrag ist oder wenn es kein Vertrag ist: Ist die Richtlinie im vorliegenden Fall anwendbar?

3.      Wird dieser Typ von faktischen Verträgen von der Richtlinie unabhängig davon erfasst, wann sie entstanden sind, oder gilt die Richtlinie nur für neu erworbene Wohnungen oder – noch enger – nur für neu gebaute Wohnungen (also Nutzeranlagen, die den Anschluss an das Fernwärmeversorgungsnetz beantragen)?

4.      Sofern die Richtlinie 2011/83 anwendbar ist: Verstößt die nationale Regelung gegen Art. 5 Abs. 1 Buchst. f in Verbindung mit Abs. 2, die das Recht bzw. die grundsätzliche Möglichkeit der Kündigung des Rechtsverhältnisses vorsehen?

5.      Sofern ein Vertrag abzuschließen ist: Ist hierfür eine Form vorgeschrieben und welchen inhaltlichen Umfang müssen die Informationen haben, die dem Verbraucher (hier: dem einzelnen Wohnungseigentümer und nicht der Wohnungseigentümergemeinschaft) zur Verfügung gestellt werden müssen? Hat das Fehlen rechtzeitiger und zugänglich gemachter Informationen Einfluss auf die Entstehung des Rechtsverhältnisses?

6.      Bedarf es eines ausdrücklichen Antrags, also eines förmlich geäußerten Willens seitens des Verbrauchers, um Partei eines solchen Rechtsverhältnisses zu werden?

7.      Wenn ein Vertrag geschlossen wurde, sei es förmlich oder nicht, ist die Beheizung der gemeinschaftlichen Teile des Gebäudes (insbesondere des Treppenhauses), Teil des Vertragsgegenstands und hat der Verbraucher die Dienstleistung hinsichtlich dieses Teils der Dienstleistung bestellt, wenn insoweit kein ausdrücklicher Antrag seinerseits oder sogar von der gesamten Wohnungseigentümergemeinschaft vorliegt (beispielsweise wenn die Heizkörper entfernt wurden, wovon in den allermeisten Fällen auszugehen sein wird – die Sachverständigen erwähnen nämlich keine Heizgeräte in den gemeinschaftlichen Teilen des Gebäudes)?

8.      Ist es für die Eigenschaft des Eigentümers als Verbraucher, der die Beheizung der gemeinschaftlichen Teile des Gebäudes beantragt hat, von Bedeutung (oder macht es einen Unterschied), wenn die Wärmeversorgung in seiner Eigentumswohnung eingestellt ist?

45      Mit Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofs vom 8. Februar 2018 sind die Rechtssachen C‑708/17 und C‑725/17 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamem Urteil verbunden worden.

 Vorbemerkungen

46      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es im Rahmen des durch Art. 267 AEUV geschaffenen Verfahrens der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof dessen Aufgabe, dem nationalen Gericht eine für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits sachdienliche Antwort zu geben. Aus diesem Blickwinkel obliegt es dem Gerichtshof gegebenenfalls, die ihm gestellten Fragen umzuformulieren. Der Umstand, dass ein nationales Gericht eine Vorlagefrage ihrer Form nach unter Bezugnahme auf bestimmte Vorschriften des Unionsrechts formuliert hat, hindert den Gerichtshof nicht daran, diesem Gericht alle Auslegungshinweise zu geben, die ihm bei der Entscheidung über die bei ihm anhängige Rechtssache von Nutzen sein können, und zwar unabhängig davon, ob es bei der Formulierung seiner Fragen darauf Bezug genommen hat oder nicht. Der Gerichtshof hat insoweit aus dem gesamten vom einzelstaatlichen Gericht vorgelegten Material, insbesondere aus der Begründung der Vorlageentscheidung, diejenigen Elemente des Unionsrechts herauszuarbeiten, die unter Berücksichtigung des Gegenstands des Rechtsstreits einer Auslegung bedürfen (Urteil vom 12. Februar 2019, TC, C‑492/18 PPU, EU:C:2019:108, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47      Was als Erstes die Rechtssache C‑725/17 anbelangt, betreffen die vom Sofiyski Rayonen sad (Kreisgericht Sofia) vorgelegten Fragen zum Teil die Modalitäten des Zustandekommens des Vertrags über die Lieferung von Wärmeenergie durch einen Fernwärmeversorger, insbesondere die fehlende Zustimmung des Eigentümers einer Wohnung in einem in Miteigentum stehenden Gebäude bei Abschluss des Energieversorgungsvertrags.

48      Gemäß ihrem Art. 3 Abs. 5 lässt die Richtlinie 2011/83 das allgemeine innerstaatliche Vertragsrecht wie die Bestimmungen über die Wirksamkeit, das Zustandekommen oder die Wirkungen eines Vertrags, soweit Aspekte des allgemeinen Vertragsrechts in dieser Richtlinie nicht geregelt werden, unberührt. Der 14. Erwägungsgrund der Richtlinie stellt insoweit klar, dass diese daher keine Wirkung auf nationale Rechtsvorschriften haben sollte, die beispielsweise den Abschluss oder die Gültigkeit von Verträgen, u. a. im Fall einer fehlenden Einigung, betreffen.

49      Ferner geht aus den Angaben der vorlegenden Gerichte hervor, dass es bei den Ausgangsrechtsstreitigkeiten u. a. darum geht, dass Frau Dimitrova und Herr Dimitrov unter Berufung auf Art. 27 der Richtlinie 2011/83 die vom Wärmeenergieversorger an sie gerichteten Abrechnungen mit der Begründung anfechten, dass sie die Lieferung der Wärmeenergie nicht individuell bestellt hätten und diese nicht nutzten.

50      In Anbetracht dessen möchten die vorlegenden Gerichte mit der zweiten und der dritten Frage in der Rechtssache C‑708/17 sowie mit den Fragen in der Rechtssache C‑725/17 wissen, ob Art. 27 der Richtlinie 2011/83 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 und 5 der Richtlinie 2005/29 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die vorsieht, dass die Eigentümer einer Wohnung in einem in Miteigentum stehenden Gebäude, das an ein Fernwärmenetz angeschlossen ist, verpflichtet sind, zur Deckung der Kosten des Wärmeenergieverbrauchs der gemeinschaftlichen Teile und der internen Anlage des Gebäudes beizutragen, obwohl sie die Wärmelieferung nicht individuell bestellt haben und die Wärme in ihrer Wohnung nicht nutzen.

51      Was als Zweites die Rechtssache C‑708/17 anbelangt, ersucht der Rayonen sad Asenovgrad (Kreisgericht Asenovgrad) den Gerichtshof mit seiner ersten Frage für die Entscheidung des bei ihm insoweit anhängigen Rechtsstreits um Auslegung der Bestimmungen der Richtlinie 2006/32, insbesondere von Art. 13 Abs. 2, der u. a. vorsieht, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass die an die Energieendkunden gerichteten Abrechnungen den tatsächlichen Energieverbrauch wiedergeben.

52      Gemäß Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 2012/27, die die Richtlinie 2006/32 ersetzt hat, wurde Letztere mit Wirkung vom 5. Juni 2014 aufgehoben. Außerdem hatten die Mitgliedstaaten nach Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2012/27 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft zu setzen, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 5. Juni 2014 nachzukommen. Im Übrigen enthält diese Richtlinie keine spezifischen Bestimmungen hinsichtlich der zeitlichen Geltung der Bestimmungen der Richtlinie 2006/32, die durch sie ersetzt wurden.

53      Da sich der Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits in der Rechtssache C‑708/17 auf den Zeitraum vom 1. November 2012 bis zum 30. April 2015 bezieht, ist somit, wie der Generalanwalt in Nr. 67 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben, die erste Frage in der Rechtssache C‑708/17 anhand der Bestimmungen der Richtlinien 2006/32 und 2012/27 zu prüfen.

54      Der Rayonen sad Asenovgrad (Kreisgericht Asenovgrad) möchte daher mit seiner ersten Frage wissen, ob Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2006/32 und Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2012/27 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegenstehen, die vorsieht, dass bei einem in Miteigentum stehenden Gebäude die Abrechnungen über den Wärmeenergieverbrauch bezüglich der internen Anlage für jeden Eigentümer des Gebäudes proportional zum beheizten Volumen seiner Wohnung erstellt werden.

 Zu den Vorlagefragen

 Zur zweiten und dritten Frage in der Rechtssache C708/17 sowie zu den Fragen in der Rechtssache C725/17

 Zur Anwendbarkeit der Richtlinie 2011/83

55      Nach ihrem Art. 3 Abs. 1 gilt die Richtlinie 2011/83 unter den Bedingungen und in dem Umfang, wie sie in ihren Bestimmungen festgelegt sind, für jegliche Verträge, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossen werden. Gemäß dieser Vorschrift gilt die Richtlinie auch für Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas, Strom oder Fernwärme, einschließlich durch öffentliche Anbieter, sofern diese Güter auf vertraglicher Basis geliefert werden.

56      Des Weiteren ist der Begriff „Verbraucher“ in Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83 definiert als jede natürliche Person, die bei von dieser Richtlinie erfassten Verträgen zu Zwecken handelt, die außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit liegen. Der Gerichtshof hat hierzu entschieden, dass dieser Begriff jeden nicht gewerblich oder beruflich Tätigen bezeichnet (Urteil vom 4. Oktober 2018, Kamenova, C‑105/17, EU:C:2018:808, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57      Für die Zwecke der Auslegung dieser Richtlinie kommt dem Begriff „Verbraucher“ somit entscheidende Bedeutung zu, und ihre Bestimmungen sind im Wesentlichen aus der Sicht des Verbrauchers als des Adressaten und Opfers unlauterer Geschäftspraktiken konzipiert (Urteil vom 3. Oktober 2013, Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, C‑59/12, EU:C:2013:634, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

58      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Angaben der vorlegenden Gerichte, dass sowohl in der Rechtssache C‑708/17 als auch in der Rechtssache C‑725/17 ein Vertrag über die Wärmeenergieversorgung des in Miteigentum stehenden Gebäudes besteht und dass die Eigentümer der Wohnungen in dem jeweiligen Gebäude nach dem jeweiligen Vertrag Adressaten der Abrechnungen über den Verbrauch von Wärmeenergie für die internen Anlagen und die gemeinschaftlichen Teile des Gebäudes sind.

59      Aus Art. 149a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 Abs. 1 des Energiegesetzes ergibt sich nämlich, dass die Eigentümer und die Inhaber eines dinglichen Rechts bezüglich der Nutzung einer Wohnung in einem in Miteigentum stehenden Gebäude, das an die Unterstelle des Anschlussnehmers oder einen eigenständigen Zweig dieser Unterstelle angeschlossen ist, gemäß dem mit dem Energieversorger geschlossenen Vertrag dessen Kunden sind. Soweit diese Eigentümer oder diese Rechteinhaber aber nicht gewerblich oder beruflich tätige natürliche Personen sind, sind sie Verbraucher im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83. Daraus folgt, wie der Generalanwalt in Nr. 52 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Verträge zur Kategorie der Verträge über die Lieferung von Fernwärme gehören, die im Sinne von Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie zwischen Unternehmern und Verbrauchern geschlossen werden.

60      Was die zeitliche Geltung der Richtlinie 2011/83 betrifft, so enthält diese eine spezifische Bestimmung, die ausdrücklich die Voraussetzungen für die zeitliche Geltung ihrer Bestimmungen festlegt. So sieht Art. 28 Abs. 2 dieser Richtlinie vor, dass diese Bestimmungen für Verträge gelten, die nach dem 13. Juni 2014 geschlossen werden.

61      Da die dem Gerichtshof zur Verfügung stehenden Akten keine Angaben zum Zeitpunkt des Abschlusses der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Verträge enthalten, werden im vorliegenden Fall die nationalen Gerichte zu bestimmen haben, ob diese nach diesem Zeitpunkt 13. Juni 2014 geschlossen wurden, um festzustellen, ob die Richtlinie 2011/83 in zeitlicher Hinsicht anwendbar ist.

 Zur Beantwortung der Fragen

62      Mit der zweiten und der dritten Frage in der Rechtssache C‑708/17 sowie den Fragen in der Rechtssache C‑725/17 möchten die vorlegenden Gerichte wissen, ob Art. 27 der Richtlinie 2011/83 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 und 5 der Richtlinie 2005/29 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die vorsieht, dass die Eigentümer einer Wohnung in einem in Miteigentum stehenden Gebäude, das an ein Fernwärmenetz angeschlossen ist, verpflichtet sind, zur Deckung der Kosten des Wärmeenergieverbrauchs der gemeinschaftlichen Teile und der internen Anlage des Gebäudes beizutragen, obwohl sie die Wärmelieferung nicht individuell bestellt haben und die Wärme in ihrer Wohnung nicht nutzen.

63      Gemäß Art. 27 der Richtlinie 2011/83 ist der Verbraucher, wenn unter Verstoß gegen Art. 5 Abs. 5 und Anhang I Nr. 29 der Richtlinie 2005/29 unbestellte Waren, Wasser, Gas, Strom, Fernwärme oder digitaler Inhalt geliefert oder unbestellte Dienstleistungen erbracht werden, von der Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung befreit, und in diesen Fällen gilt das Ausbleiben einer Antwort des Verbrauchers auf eine solche unbestellte Lieferung oder Erbringung nicht als Zustimmung. Wie sich aus dem 60. Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/83 ergibt, stellt diese Praxis nämlich eine nach der Richtlinie 2005/29 verbotene unlautere Geschäftspraxis dar.

64      Nach diesen Erwägungsgründen handelt es sich bei unbestellten Waren und Dienstleistungen um die „Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht bestellt hat“. Der Gerichtshof hat insoweit darauf hingewiesen, dass eine „unbestellte Ware oder Dienstleistung“ im Sinne von Nr. 29 des Anhangs I der Richtlinie 2005/29, auf die Art. 27 der Richtlinie 2011/83 verweist, insbesondere ein Verhalten ist, das darin besteht, dass der Gewerbetreibende den Verbraucher zur Bezahlung einer Ware oder Dienstleistung auffordert, die er dem Verbraucher geliefert hat, die vom Verbraucher aber nicht bestellt worden ist (Urteil vom 13. September 2018, Wind Tre und Vodafone Italia, C‑54/17 und C‑55/17, EU:C:2018:710, Rn. 43).

65      Wie der Generalanwalt in Nr. 58 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, soll mit Art. 27 der Richtlinie 2011/83 somit verhindert werden, dass ein Gewerbetreibender dem Verbraucher eine Vertragsbeziehung aufzwingt.

66      Im vorliegenden Fall sieht Art. 133 Abs. 2 des Energiegesetzes vor, dass der Anschluss der Anlagen von Kunden in einem in Miteigentum stehenden Gebäude mit der schriftlichen Zustimmung der Eigentümer erfolgt, die mindestens zwei Drittel des Eigentums an dem in Miteigentum stehenden Gebäude vertreten.

67      Im Übrigen ergibt sich aus den Angaben der vorlegenden Gerichte, dass Art. 153 Abs. 1 dieses Gesetzes alle Eigentümer und Inhaber eines dinglichen Rechts bezüglich der Nutzung einer Wohnung in einem in Miteigentum stehenden Gebäude, die an die Unterstelle des Anschlussnehmers oder einen eigenständigen Zweig dieser Unterstelle angeschlossen sind, Wärmeenergiekunden sind. Daher sind sie verpflichtet, Geräte zur Aufteilung des Wärmeenergieverbrauchs an den Heizkörpern zu installieren, die sich in ihrer Wohnung befinden, und die Kosten des Wärmeenergieverbrauchs zu zahlen. Darüber hinaus stellt Art. 153 Abs. 6 des genannten Gesetzes klar, dass Kunden, die in einem in Miteigentum stehenden Gebäude wohnen und die Versorgung der sich in ihrer Wohnung befindlichen Heizkörper mit Wärmeenergie unterbrechen, hinsichtlich der Wärme, die von der internen Anlage und den Heizkörpern in den gemeinschaftlichen Gebäudeteilen abgegeben wird, Wärmeenergiekunden bleiben.

68      Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass die Versorgung in einem in Miteigentum stehenden Gebäude mit Wärme auf einem für Rechnung der Gesamtheit der Miteigentümer gestellten Antrag gemäß den besonderen Vorschriften des nationalen Rechts über das Miteigentum beruht.

69      Was insoweit den Umstand anbelangt, dass die Miteigentümer wie im vorliegenden Fall nicht an der Annahme dieser Entscheidung mitgewirkt haben oder dieser widersprochen haben, hat der Gerichtshof unlängst entschieden, dass im Rahmen eines Rechtsstreits über eine Zahlungsverpflichtung, die sich aus einer Entscheidung der Hauptversammlung der Miteigentümer ergibt und kraft bulgarischen Rechts entsteht, jeder Miteigentümer sich dadurch, dass er Miteigentümer einer Immobilie wird und bleibt, damit einverstanden erklärt, dass sämtliche Bestimmungen des Miteigentumsvertrags sowie die von der Hauptversammlung der Miteigentümer dieser Immobilie angenommenen Entscheidungen für ihn gelten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Mai 2019, Kerr, C‑25/18, EU:C:2019:376‚ Rn. 29).

70      Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Versorgung der internen Anlage und folglich der gemeinschaftlichen Teile eines in Miteigentum stehenden Gebäudes mit Wärmeenergie, die nach der von der Eigentümergemeinschaft des Gebäudes angenommenen Entscheidung, dieses Gebäude an die Fernwärme anzuschließen, erfolgt, als eine unbestellte Lieferung von Fernwärme im Sinne von Art. 27 der Richtlinie 2011/83 anzusehen ist.

71      In Anbetracht dieser Umstände ist auf die zweite und die dritte Frage in der Rechtssache C‑708/17 sowie auf die Fragen in der Rechtssache C‑725/17 zu antworten, dass Art. 27 der Richtlinie 2011/83 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 und 5 der Richtlinie 2005/29 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung, die vorsieht, dass die Eigentümer einer Wohnung in einem in Miteigentum stehenden Gebäude, das an ein Fernwärmenetz angeschlossen ist, verpflichtet sind, sich an den Kosten des Wärmeenergieverbrauchs der gemeinschaftlichen Teile und der internen Anlage des Gebäudes zu beteiligen, obwohl sie die Wärmelieferung nicht individuell bestellt haben und die Wärme in ihrer Wohnung nicht nutzen, nicht entgegensteht.

 Zur ersten Frage in der Rechtssache C708/17

72      Der Rayonen sad Asenovgrad (Kreisgericht Asenovgrad) möchte mit seiner ersten Frage in der Rechtssache C‑708/17 wissen, ob Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2006/32 und Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2012/27 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die vorsieht, dass bei einem in Miteigentum stehenden Gebäude die Abrechnungen über den Wärmeenergieverbrauch der internen Anlage für jeden Eigentümer des Gebäudes proportional zum beheizten Volumen seiner Wohnung erstellt werden.

73      Die Beklagte des Ausgangsverfahrens in der Rechtssache C‑708/17 gelangt mit dem Hinweis darauf, dass eine solche Auslegungsmethode es nicht ermögliche, für jeden Bewohner eines in Miteigentum stehenden Gebäudes den tatsächlichen Verbrauch der Wärmeenergie zu bestimmen, die von der durch seine Wohnung gehenden internen Anlage abgegeben werde, zu dem Ergebnis, dass eine solche Abrechnungsmethode mit dem Unionsrecht unvereinbar sei. Die Richtlinien 2006/32 und 2012/27 verpflichteten die Energieversorger aber, dem Endkunden gegenüber nur das abzurechnen, was er tatsächlich verbraucht habe, was somit eine proportional zum beheizten Volumen der betreffenden Wohnung berechnete Abrechnung ausschließe.

74      Weder aus dem Wortlaut von Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2006/32 und Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2012/27 noch aus der allgemeinen Systematik und dem Zweck der Regelung, in die sich diese Vorschriften einfügen, ergibt sich, dass diese eine solche Verpflichtung begründen würden.

75      Zweck der Richtlinien 2006/32 und 2012/27 ist nämlich, worauf in ihrem jeweiligen Art. 1 hingewiesen wird, die Förderung der Energieeffizienz. In diesem Zusammenhang ist, wie sich aus den Erwägungsgründen 1 und 20 der Richtlinie 2006/32 und dem achten Erwägungsgrund der Richtlinie 2012/27 ergibt, die gesamte Energiekette vom Energieerzeuger bis zum Endkunden, der die Energie verbraucht, aufgefordert, diesen Zweck zu erreichen.

76      Insoweit stellt der 29. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/32 klar, dass, damit die Endverbraucher besser fundierte Entscheidungen in Bezug auf ihren individuellen Energieverbrauch treffen können, sie mit ausreichenden Informationen über diesen Verbrauch und mit weiteren zweckdienlichen Informationen versorgt werden sollten, wie etwa Informationen über verfügbare Energieeffizienzmaßnahmen, Endverbraucher-Vergleichsprofile oder objektive technische Spezifikationen für energiebetriebene Geräte, einschließlich „Faktor-Vier“-Systeme oder ähnliche Einrichtungen.

77      Aus diesem Grund sieht Art. 13 Abs. 2 dieser Richtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten gegebenenfalls sicherstellen, dass die von den Energieverteilern, Verteilernetzbetreibern und Energieeinzelhandelsunternehmen vorgenommene Abrechnung den tatsächlichen Energieverbrauch wiedergibt.

78      Allerdings wird, wie der Generalanwalt in Nr. 74 seiner Schlussanträge im Kern ausgeführt hat, durch die Verwendung des Worts „gegebenenfalls“ in dieser Vorschrift deutlich gemacht, dass sie zwingend in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 der genannten Richtlinie zu lesen ist.

79      In der letztgenannten Vorschrift wird aber darauf hingewiesen, dass die Mitgliedstaaten, soweit es „technisch machbar, finanziell vertretbar und im Vergleich zu den potenziellen Energieeinsparungen angemessen ist“, sicherstellen, dass alle Endkunden u. a. in den Bereichen Strom und Fernheizung individuelle Zähler erhalten, die den tatsächlichen Energieverbrauch widerspiegeln.

80      Aus den Materialien zur Richtlinie 2006/32, insbesondere aus dem Bericht des Parlaments vom 2. Mai 2005 über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Endenergieeffizienz und zu Energiedienstleistungen (A6-0130/2005), geht hervor, dass der Unionsgesetzgeber hinsichtlich der Installierung individueller Zähler, die die Messung des tatsächlichen und effektiven Verbrauchs des Endkunden ermöglichen, die Realisierbarkeit einer solchen Installierung in teils sehr alten Gebäuden berücksichtigen wollte und der Ansicht war, dass es nicht immer realistisch, zumutbar oder verhältnismäßig wäre, diese Installierung in Anbetracht des unverhältnismäßigen Aufwands, den sie verursachen könnte, vorzunehmen.

81      Da die Installierung individueller Zähler nicht immer in Betracht kommt, können die Abrechnungen selbst somit nur dann auf den tatsächlichen Energieverbrauch gestützt werden, wenn dies technisch möglich ist, was im Übrigen durch die Verwendung des Worts „gegebenenfalls“ in Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2006/32 bestätigt wird.

82      Die Materialien zur Richtlinie 2012/27, insbesondere der Bericht des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juli 2012 über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Energieeffizienz und zur Aufhebung der Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG (A7-0265/2012), zeigen klar, dass diese Besorgnisse bei der Neufassung der Richtlinie 2006/32 vom Unionsgesetzgeber berücksichtigt worden sind und in Art. 9 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3 Unterabs. 2 und 3 sowie in Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2012/27 Niederschlag gefunden haben.

83      So verlangt Art. 9 Abs. 1 dieser Richtlinie, dass die Mitgliedstaaten, soweit es technisch machbar, finanziell vertretbar und im Vergleich zu den potenziellen Energieeinsparungen verhältnismäßig ist, sicherstellen, dass alle Energieendkunden individuelle Zähler erhalten, die den tatsächlichen Energieverbrauch genau widerspiegeln. Was die Abrechnung anbelangt, sieht Art. 10 Abs. 1 der genannten Richtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten, wenn die Endkunden nicht über intelligente Zähler gemäß den Richtlinien 2009/72 und 2009/73 verfügen, bis zum 31. Dezember 2014 gewährleisten, dass die Abrechnungsinformationen im Einklang mit Anhang VII Abschnitt 1.1 genau sind und auf dem tatsächlichen Verbrauch beruhen, sofern dies technisch möglich und wirtschaftlich gerechtfertigt ist.

84      Ferner wurde die Besonderheit der in Miteigentum stehenden Gebäude, die von einem Wärmenetz versorgt werden, vom Unionsgesetzgeber in der Richtlinie 2012/27 berücksichtigt. Denn Art. 9 Abs. 3 Unterabs. 2 dieser Richtlinie sieht zwar vor, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen mussten, dass individuelle Zähler bis spätestens 31. Dezember 2016 in solchen Gebäuden installiert wurden, jedoch stellt diese Vorschrift klar, dass dort, wo der Einsatz individueller Zähler zur Messung der verbrauchten Wärme technisch nicht machbar oder nicht kosteneffizient durchführbar ist, individuelle Heizkostenverteiler zur Messung des Wärmeenergieverbrauchs der einzelnen Heizkörper verwendet werden, es sei denn, der Mitgliedstaat weist nach, dass die Installation derartiger Heizkostenverteiler nicht kosteneffizient durchführbar wäre. In diesen Fällen können alternative kosteneffiziente Methoden zur Messung des Wärmeenergieverbrauchs in Betracht gezogen werden.

85      In Anbetracht der dem Gerichtshof zur Kenntnis gebrachten Umstände scheint es schwer vorstellbar, dass die Abrechnungen bezüglich der Heizung in solchen in Miteigentum stehenden Gebäuden wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, insbesondere was die interne Anlage und die gemeinschaftlichen Teile anbelangt, vollständig individualisiert werden können.

86      Was insbesondere die interne Anlage betrifft, ergibt sich aus diesen Umständen, dass es, wie EVN geltend macht, schwierig, wenn nicht gar unmöglich ist, die Menge der von dieser Anlage in den einzelnen Wohnungen abgegebenen Wärme genau zu bestimmen. Diese Menge umfasst nämlich nicht nur die Wärme, die in der betreffenden Wohnung vom Material der internen Anlage, wie z. B. den durch diese Wohnung verlaufenden Leitungen und Rohren, abgegeben wird, sondern auch den Wärmeaustausch zwischen beheizten Räumen und nicht beheizten Räumen. Wie der Generalanwalt in Nr. 85 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, sind die Wohnungen eines in Miteigentum stehenden Gebäudes in thermischer Hinsicht nicht voneinander unabhängig, da die Wärme zwischen den beheizten und den weniger beheizten Einheiten zirkuliert.

87      Es scheint daher technisch schwierig zu sein, den genauen Verbrauch jedes einzelnen Bewohners des betreffenden in Miteigentum stehenden Gebäudes hinsichtlich der von der internen Anlage abgegeben Wärmeenergie individuell zu bestimmen.

88      Was die Berechnungsmethode für die Abrechnung des Wärmeenergieverbrauchs in in Miteigentum stehenden Gebäuden anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten über einen weiten Gestaltungsspielraum verfügen. Sowohl aus dem 12. Erwägungsgrund und Art. 1 der Richtlinie 2006/32 als auch aus dem 20. Erwägungsgrund und Art. 1 der Richtlinie 2012/27 geht nämlich hervor, dass diese beiden Richtlinien den Mitgliedstaaten einen gemeinsamen Rahmen geben sollen, der es ihnen ermöglicht, geeignete Maßnahmen zu treffen, um den Energieverbrauch zu verringern, ihnen aber die Wahl der Durchführungsmodalitäten lässt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. August 2018, Saras Energía, C‑561/16, EU:C:2018:633‚ Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

89      Insoweit sieht Art. 9 Abs. 3 Unterabs. 3 der Richtlinie 2012/27 vor, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, transparente Regeln für die Verteilung der Kosten des thermischen Verbrauchs oder des Warmwasserverbrauchs einzuführen, um insbesondere die Kosten, die sich aus dem Verbrauch an für den Haushaltsbedarf bestimmtem Warmwasser, dem Verbrauch von Wärme, die von der Anlage des Gebäudes zur Beheizung der gemeinschaftlichen Bereiche abgestrahlt wird, und dem Verbrauch für die Beheizung der Wohnungen ergeben, unterscheiden zu können.

90      Im vorliegenden Fall scheint die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung aber den in dieser Bestimmung enthaltenen Leitlinien zu entsprechen, da sie vorsieht, dass die Kosten des thermischen Verbrauchs unterteilt werden in die Kosten, die der von der internen Anlage abgegebenen Wärme entsprechen, die Kosten der Wärmeenergie, die zur Beheizung der gemeinschaftlichen Teile bestimmt ist, und die Kosten der Wärmeenergie, die zur Beheizung der Eigentumswohnungen bestimmt ist.

91      In Anbetracht des weiten Gestaltungsspielraums, der den Mitgliedstaaten eingeräumt ist, ist somit festzustellen, dass die Richtlinie 2006/32 und die Richtlinie 2012/27 dem nicht entgegensteht, dass die Methode zur Berechnung der von der internen Anlage abgegebenen Wärme proportional auf das beheizte Volumen der jeweiligen Wohnung abstellt.

92      Nach alledem ist auf die erste Frage in der Rechtssache C‑708/17 zu antworten, dass Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2006/32 und Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2012/27 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung, die vorsieht, dass bei einem in Miteigentum stehenden Gebäude die Abrechnungen über den Wärmeenergieverbrauch der internen Anlage für jeden Eigentümer einer Wohnung in dem Gebäude proportional zum beheizten Volumen seiner Wohnung erstellt werden, nicht entgegenstehen.

 Kosten

93      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den bei den vorlegenden Gerichten anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieser Gerichte. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 27 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 und 5 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung, die vorsieht, dass die Eigentümer einer Wohnung in einem in Miteigentum stehenden Gebäude, das an ein Fernwärmenetz angeschlossen ist, verpflichtet sind, sich an den Kosten des Wärmeenergieverbrauchs der gemeinschaftlichen Teile und der internen Anlage des Gebäudes zu beteiligen, obwohl sie die Wärmelieferung nicht individuell bestellt haben und die Wärme in ihrer Wohnung nicht nutzen, nicht entgegensteht.

2.      Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2006/32/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 über Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen und zur Aufhebung der Richtlinie 93/76/EWG des Rates und Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2012/27/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Energieeffizienz, zur Änderung der Richtlinien 2009/125/EG und 2010/30/EU und zur Aufhebung der Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung, die vorsieht, dass bei einem in Miteigentum stehenden Gebäude die Abrechnungen über den Wärmeenergieverbrauch der internen Anlage für jeden Eigentümer einer Wohnung in dem Gebäude proportional zum beheizten Volumen seiner Wohnung erstellt werden, nicht entgegenstehen.

Unterschriften


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