Vorläufige Fassung
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)
22. Februar 2024(* )
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Art. 110 AEUV – Jährliche Verkehrsabgabe – Höhere Belastung von eingeführten Gebrauchtfahrzeugen gegenüber gleichartigen Fahrzeugen, die sich bereits auf dem inländischen Markt befinden“
In der Rechtssache C‑694/22
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingelegt am 10. November 2022,
Europäische Kommission, vertreten durch M. Björkland, K. Mifsud-Bonnici und R. Valletta Mallia als Bevollmächtigte,
Klägerin,
gegen
Republik Malta, vertreten durch A. Buhagiar als Bevollmächtigte,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. Biltgen, des Richters J. Passer und der Richterin M. L. Arastey Sahún (Berichterstatterin),
Generalanwalt: A. M. Collins,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass die Republik Malta gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 110 AEUV verstoßen hat, indem sie auf Kraftfahrzeuge, die vor dem 1. Januar 2009 in anderen Mitgliedstaaten zugelassen und ab diesem Datum nach Malta verbracht wurden, eine höhere jährliche Verkehrsabgabe erhoben hat als auf gleichartige Fahrzeuge, die vor diesem Datum in Malta zugelassen wurden.
Rechtlicher Rahmen
2 Art. 2 Abs. 1 des Motor Vehicles Registration and Licensing Act (Gesetz über die Zulassung von Kraftfahrzeugen) in der durch das Gesetz XV von 2016 geänderten Fassung, das in Kapitel 368 der Gesetze Maltas enthalten ist (im Folgenden: Zulassungsgesetz), bestimmt:
„Soweit nichts anderes bestimmt ist, bezeichnet in diesem Gesetz
…
‚Verkehrsabgabe‘ die Abgabe, die bei der Zulassung eines Kraftfahrzeugs und danach jährlich entrichtet wird;
…
‚Zulassungssteuer‘ die gemäß Art. 3 erhobene Zulassungssteuer;
…“
3 Art. 3 Abs. 1 des Zulassungsgesetzes sieht vor:
„Die [Verkehrsbehörde in Malta] erhebt im Namen der Regierung eine Zulassungssteuer und eine Verkehrsabgabe zu dem in diesem Gesetz angegebenen Satz bzw. in der angegebenen Höhe bei der Zulassung von:
(a) allen nach Malta eingeführten oder verbrachten Kraftfahrzeugen und
(b) allen in Malta hergestellten Kraftfahrzeugen,
es sei denn, das Fahrzeug unterliegt einer Befreiung nach diesem Gesetz oder ist bereits in einem anderen Land zugelassen und wird gemäß den Bestimmungen von Art. 18 vorübergehend nach Malta verbracht oder eingeführt …“
4 Art. 8 dieses Gesetzes bestimmt:
„(1) Die Zulassungssteuer für Fahrzeuge der Klassen M1, M2 und M3 wird auf den Zulassungswert eines in den Zweiten Anhang eingestuften oder vorläufig eingestuften Kraftfahrzeugs erhoben, und zwar zu dem für die betreffende Klasse angegebenen Satz bzw. in der angegebenen Höhe und entsprechend den in den einzelnen Anhängen festgelegten Kriterien:
Dies gilt unter der Voraussetzung, dass sie bei Gebrauchtfahrzeugen der Klasse M1, die in den Zweiten Anhang eingestuft sind und nicht unter Art. 6 Abs. 2 fallen, den abgeschriebenen Reststeuerwert eines identischen oder gleichwertigen Kraftfahrzeugs auf dem maltesischen Markt nicht übersteigt.
(2) Die Zulassungssteuer für Fahrzeuge der Klassen N1, N2 und N3 richtet sich nach den im Ersten Anhang angegebenen Sätzen bzw. Beträgen.
(3) Für nach Malta verbrachte Kraftfahrzeuge, die in einem anderen Mitgliedstaat geleast oder gemietet wurden und nach Art. 3 Abs. 2 einer Zulassungssteuer unterliegen, ist die zu entrichtende Zulassungssteuer die in Art. 3 Abs. 3 vorgesehene Steuer.
(4) Kraftfahrzeuge der Klasse M1, deren CO2-Emissionswerte 221 g/km oder mehr betragen (und deren Emissionswert der neuesten europäischen Norm, der neuesten europäischen Norm minus eins oder der neuesten europäischen Norm minus zwei entspricht), sowie Krafträder mit einem Hubraum von 801 cm3 oder mehr, die erstmals bei der [Verkehrsbehörde in Malta] nach diesem Gesetz zugelassen werden sollen, dürfen nur zugelassen werden, um auf maltesischen Straßen ausschließlich an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen und anderen Feiertagen genutzt zu werden.
Die Zulassungssteuer für diese Kraftfahrzeuge der Klasse M1 und diese Krafträder wird zu dem im Zweiten Anhang dieses Gesetzes festgelegten Satz erhoben.
(5) Eine Verkehrsabgabe wird bei der Zulassung von Kraftfahrzeugen der Klasse M1 und Krafträdern, die jeweils gemäß den Abs. 3 und 4 zugelassen werden, zu dem im Vierten Anhang angegebenen vollen Satz und danach jährlich geschuldet.
…“
5 Der Vierte Anhang des Zulassungsgesetzes unterscheidet zwischen Fahrzeugen, die vor dem 1. Januar 2009 in Malta zugelassen wurden – die einer Verkehrsabgabe unterliegen, die auf der Grundlage des Hubraums des Fahrzeugmotors, der Antriebsart (Diesel oder Benzin) und des Herstellungsjahrs des Fahrzeugs berechnet wird –, und Fahrzeugen, die ab dem 1. Januar 2009 in Malta zugelassen wurden – die einer Verkehrsabgabe unterliegen, die auf der Grundlage der CO2‑Emissionen (Benzinmotoren), CO2- und Partikelemissionen (Dieselmotoren) und des Herstellungsjahrs berechnet wird.
Vorverfahren und Verfahren vor dem Gerichtshof
6 Nachdem die Kommission festgestellt hatte, dass der Vierte Anhang des Zulassungsgesetzes gegen Art. 110 AEUV verstoße, indem er für Kraftfahrzeuge, die vor dem 1. Januar 2009 in anderen Mitgliedstaaten als der Republik Malta zugelassen und ab diesem Datum nach Malta verbracht wurden, die Erhebung einer höheren jährlichen Verkehrsabgabe (im Folgenden: JVA) vorsehe als für gleichartige Fahrzeuge, die vor diesem Datum in Malta zugelassen wurden, richtete sie am 7. Juni 2019 ein Aufforderungsschreiben an diesen Mitgliedstaat.
7 Die Republik Malta antwortete mit Schreiben vom 26. August 2019, in dem sie erstens darlegte, dass die Regelung der Zulassungssteuer für Fahrzeuge und die Regelung der JVA komplementär seien, so dass die letztgenannte Regelung nicht isoliert im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 110 AEUV geprüft werden könne. Zweitens gab sie an, dass die durch den Vierten Anhang des Zulassungsgesetzes eingeführte Regelung in Bezug auf die JVA für ab dem 1. Januar 2009 in Malta zugelassene Fahrzeuge (im Folgenden: neues System) auf dem Verursacherprinzip beruhe und neue, kleinere und sauberere Fahrzeuge begünstige. Drittens argumentierte sie, dass die Anwendung des neuen Systems auf vor dem 1. Januar 2009 in Malta zugelassene Fahrzeuge diejenigen Personen benachteiligen würde, die ihr Fahrzeug vor diesem Datum erworben hätten. Viertens teilte sie mit, dass Änderungen des Zulassungsgesetzes geprüft würden, mit denen der Diskriminierung abgeholfen werden könne, die nach Ansicht der Kommission durch den Vierten Anhang dieses Gesetzes gegenüber den ab dem 1. Januar 2009 nach Malta eingeführten Fahrzeugen geschaffen werde.
8 Am 9. Juni 2021 gab die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, in der sie wiederholte, dass die durch den Vierten Anhang des Zulassungsgesetzes eingeführte Regelung der JVA ihrer Ansicht nach gegen Art. 110 AEUV verstoße. Sie stellte fest, dass die von der Republik Malta in ihrem Schreiben vom 26. August 2019 erwähnten Änderungen immer noch nicht angenommen worden seien und dass sie diese bei ihrer Bewertung nicht berücksichtigt habe. Sie habe aber aus dem Umstand, dass diese Änderungen vorgeschlagen worden seien, abgeleitet, dass die Republik Malta das Vorliegen der in Rede stehenden Diskriminierung anerkenne. Sie forderte die Republik Malta daher auf, der mit Gründen versehenen Stellungnahme binnen zwei Monaten nachzukommen.
9 Mit Schreiben vom 5. August 2021 antwortete die Republik Malta auf diese mit Gründen versehene Stellungnahme und machte nähere Ausführungen zu den geplanten gesetzgeberischen Maßnahmen zur Behebung des gerügten Verstoßes. Im Übrigen wies der Mitgliedstaat erneut auf die negativen Folgen hin, die die Anwendung des neuen Systems auf den gesamten vor dem 1. Januar 2009 in Malta zugelassenen Fahrzeugbestand für die Eigentümer der betreffenden Fahrzeuge hätte. Eine solche Anwendung würde nämlich das berechtigte Vertrauen dieser Eigentümer verletzen, die gemäß der Regelung, die vor der Einführung des Vierten Anhangs des Zulassungsgesetzes galt (im Folgenden: altes System), zum Zeitpunkt der Zulassung ihres Fahrzeugs hierfür eine Steuer in der Erwartung entrichtet hätten, dass in der Folgezeit keine weitere Abgabe erhoben werde. In diesem Zusammenhang wies die Republik Malta darauf hin, dass die sozialen Auswirkungen einer solchen Änderung zu berücksichtigen seien, die sich aus der Wahrscheinlichkeit ergäben, dass die unter das alte System fallenden Fahrzeuge Personen gehörten, die sich in einer finanziell prekären Lage befänden.
10 Da die Kommission von der Antwort der Republik Malta nicht überzeugt war, beschloss sie, die vorliegende Klage zu erheben.
Zur Klage
Vorbringen der Parteien
11 Die Kommission stützt ihre Klage auf eine einzige Rüge, mit der sie geltend macht, die Republik Malta habe insofern gegen Art. 110 AEUV verstoßen, als die durch den Vierten Anhang des Zulassungsgesetzes eingeführte Regelung betreffend die Bestimmung der Höhe der JVA eine Diskriminierung in Bezug auf Gebrauchtfahrzeuge bewirke, die vor dem 1. Januar 2009 in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen und ab diesem Datum nach Malta eingeführt worden seien.
12 Als Erstes weist die Kommission darauf hin, dass gemäß dieser Regelung Fahrzeuge, die vor dem 1. Januar 2009 in Malta zugelassen worden seien, nach dem alten System zu besteuern seien, wonach die JVA auf der Grundlage des Hubraums des Fahrzeugmotors, der Antriebsart (Diesel oder Benzin) und des Herstellungsjahrs berechnet werde. Dagegen seien die ab diesem Datum in Malta zugelassenen Fahrzeuge nach dem neuen System zu besteuern, wonach die JVA für Fahrzeuge mit Benzinmotor auf der Grundlage der CO2-Emissionen, für Fahrzeuge mit Dieselmotor auf der Grundlage der CO2- und Partikelemissionen und für beide Fahrzeugkategorien auf der Grundlage des Herstellungsjahrs berechnet werde.
13 Da die nach dem neuen System geltende JVA unstreitig höher sei als die nach dem alten System, unterlägen Fahrzeuge, die vor dem 1. Januar 2009 in Malta zugelassen worden seien, einer niedrigeren JVA als gleichartige Fahrzeuge, die in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen und ab diesem Datum nach Malta verbracht worden seien. In diesem Zusammenhang führt die Kommission einige Beispiele an, die diese Behauptung ihrer Ansicht nach veranschaulichen.
14 Die Kommission weist darauf hin, dass Art. 110 AEUV jeden Mitgliedstaat verpflichte, seine Steuern auf Kraftfahrzeuge so zu wählen und auszugestalten, dass ihre Wirkung nicht darin bestehe, den Verkauf inländischer Gebrauchtfahrzeuge zu fördern und damit die Einfuhr gleichartiger Gebrauchtfahrzeuge aus anderen Mitgliedstaaten zu erschweren (Urteil vom 7. Juli 2011, Nisipeanu, C‑263/10, EU:C:2011:466, Rn. 25).
15 In diesem Zusammenhang verweist die Kommission auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs, die sich u. a. aus den Urteilen vom 11. Dezember 1990, Kommission/Dänemark (C‑47/88, EU:C:1990:449, Rn. 17), vom 3. Juni 2010, Kalinchev (C‑2/09, EU:C:2010:312, Rn. 32 und 40), sowie vom 7. April 2011, Tatu (C‑402/09, EU:C:2011:219, Rn. 55), ergebe und aus der hervorgehe, dass es sich bei Gebrauchtfahrzeugen aus anderen Mitgliedstaaten, die „Waren aus anderen Mitgliedstaaten“ im Sinne von Art. 110 AEUV darstellten, um Fahrzeuge handele, die in anderen Mitgliedstaaten als dem betreffenden Mitgliedstaat zum Verkauf angeboten würden und im Fall eines Kaufs durch einen Einwohner letzteren Mitgliedstaats in diesen eingeführt und dort in Betrieb genommen werden dürften, während es sich bei gleichartigen inländischen Fahrzeugen, die „inländische Waren“ im Sinne von Art. 110 AEUV darstellten, um gebrauchte Kraftfahrzeuge desselben Typs mit denselben Eigenschaften und derselben Abnutzung handele, die in dem betreffenden Mitgliedstaat zum Verkauf angeboten würden.
16 Nach Ansicht der Kommission berücksichtigt die durch den Vierten Anhang des Zulassungsgesetzes eingeführte Regelung bei der Bestimmung der Höhe der JVA nicht das Datum der Erstzulassung der Fahrzeuge, wenn diese vor dem 1. Januar 2009 in einem anderen Mitgliedstaat als der Republik Malta erfolgt sei, so dass sich daraus eine Besteuerung von aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Fahrzeugen ergebe, die höher sei als die von Fahrzeugen, die vor diesem Datum in Malta zugelassen worden seien.
17 Die Kommission schließt daraus, dass die durch den Vierten Anhang des Zulassungsgesetzes eingeführte Regelung – ebenso wie die portugiesische Steuerregelung betreffend die jährliche Verkehrssteuer auf in Portugal zugelassene Kraftfahrzeuge, die der Gerichtshof im Beschluss vom 17. April 2018, dos Santos (C‑640/17, EU:C:2018:275), für mit Art. 110 AEUV unvereinbar befunden habe – dazu führe, dass eine günstige Besteuerung inländischer Gebrauchtfahrzeuge gefördert und die Überführung gleichartiger Gebrauchtfahrzeuge aus anderen Mitgliedstaaten erschwert werde, was gegen Art. 110 AEUV verstoße.
18 Als Zweites tritt die Kommission den Argumenten entgegen, die die Republik Malta im Vorverfahren vorgebracht hat, um zu begründen, warum der Vierte Anhang des Zulassungsgesetzes mit Art. 110 AEUV vereinbar sei.
19 Insoweit macht sie erstens geltend, das Vorbringen der Republik Malta zum komplementären Charakter der Zulassungssteuer und der JVA sei nicht stichhaltig, da die Vereinbarkeit der JVA mit dem Unionsrecht unabhängig von jeder anderen Fahrzeugsteuer zu beurteilen sei. Im Übrigen bestehe zwischen diesen beiden Abgaben, auch wenn sie dieselbe Rechtsgrundlage im maltesischen Recht hätten, kein Zusammenhang in der Art und Weise ihrer Berechnung, da die Zulassungssteuer nur einmal, die JVA hingegen jährlich erhoben werde. Schließlich könnte die Republik Malta, selbst wenn sie es für angebracht hielte, die vor dem 1. Januar 2009 in Malta zugelassenen Fahrzeuge als Ausgleichsmaßnahme nach dem alten System zu besteuern, der durch den Vierten Anhang des Zulassungsgesetzes geschaffenen Diskriminierung leicht abhelfen, indem sie schlichtweg die eingeführten Gebrauchtfahrzeuge, die vor diesem Datum in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen wurden, steuerlich gleichbehandeln würde.
20 Zweitens entbinde die Verfolgung eines Umweltziels, im vorliegenden Fall durch die Aufnahme des Verursacherprinzips in das neue System, einen Mitgliedstaat nicht von der Verpflichtung, jede Diskriminierung zu vermeiden. Außerdem könnte, wie der Gerichtshof bereits in Rn. 60 des Urteils vom 7. April 2011, Tatu (C‑402/09, EU:C:2011:219), entschieden habe, das Ziel des Umweltschutzes im vorliegenden Fall umfassender und kohärenter erreicht werden, indem die Umweltkomponente der JVA für alle vor dem 1. Januar 2009 zugelassenen Fahrzeuge mit einem bestimmten Alter, unabhängig davon, ob es sich um eingeführte Gebrauchtfahrzeuge oder um „inländische“ Fahrzeuge handele, erhöht würde.
21 Drittens könnten die Erwägungen zum Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und zu den sozialen Auswirkungen, die sich aus der Anwendung des neuen Systems auf den vor dem 1. Januar 2009 zugelassenen inländischen Kraftfahrzeugbestand ergäben, einen Verstoß gegen das in Art. 110 AEUV verankerte grundlegende Diskriminierungsverbot nicht rechtfertigen, da die maltesischen Behörden die von ihnen geäußerten Bedenken ohne Weiteres und unter Beachtung von Art. 110 AEUV ausräumen könnten, indem sie auf sämtliche Fahrzeuge, die vor diesem Datum in Malta oder in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen wurden, das alte System anwendeten.
22 Als Drittes schließlich weist die Kommission darauf hin, dass das laufende Verfahren, mit dem die Republik Malta vorgeblich Änderungen am Zulassungsgesetz vorgenommen habe, keine Auswirkungen auf die vorliegende Klage habe. Zum einen sei nämlich von der Republik Malta noch keine Änderung formell angenommen worden. Zum anderen ergebe sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen sei, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde, im vorliegenden Fall also am 9. August 2021.
23 Die Republik Malta weist erstens darauf hin, dass in Malta keine Fahrzeuge hergestellt und somit alle Fahrzeuge zwangsläufig in diesen Mitgliedstaat eingeführt würden. Da es also keinen lokalen Fahrzeugmarkt gebe, hätte sie niemals in Betracht ziehen können, irgendeine Regelung zum Schutz eines solchen Marktes zu erlassen. Daher sei jede Bezugnahme auf „inländische Waren“ als Gegensatz zu „eingeführten Waren“ im Kontext des maltesischen Fahrzeugmarkts eine Absurdität und pure Fiktion. Daher seien sämtliche rechtlichen Argumente der Kommission, soweit sie auf dieser Fiktion beruhten, zurückzuweisen.
24 Im Übrigen beruhe die Unterscheidung, die mit der durch den Vierten Anhang des Zulassungsgesetzes eingeführten Regelung in Bezug auf die Bestimmung der Höhe der JVA vorgenommen werde, nicht auf der Frage, ob das betreffende Fahrzeug in Malta hergestellt oder aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführt worden sei – was eindeutig einen Verstoß gegen Art. 110 AEUV darstellen würde –, sondern auf dem Datum der Zulassung des Fahrzeugs.
25 Zweitens bringt die Republik Malta vor, dass auf maltesischen Straßen kein Fahrzeug genutzt werden dürfe, wenn nicht sein Eigentümer bei seiner Einfuhr nach Malta und seiner Zulassung in diesem Mitgliedstaat die Zulassungssteuer und in der Folgezeit die JVA entrichtet habe. Daher seien die Zulassungssteuer und die JVA entgegen dem Vorbringen der Kommission als Teil einer einheitlichen und umfassenden Abgabenregelung anzusehen, so dass die Beurteilung eines ihrer Bestandteile unabhängig von dem anderen unweigerlich zu ungerechtfertigten und ungerechten Schlussfolgerungen führen würde.
26 In diesem Zusammenhang weist die Republik Malta darauf hin, dass die durch den Vierten Anhang des Zulassungsgesetzes bei der Bestimmung der Höhe der JVA geschaffene Ungleichbehandlung der vor dem 1. Januar 2009 – also im Rahmen des alten Systems – in Malta zugelassenen Fahrzeuge und der ab diesem Datum – also im Rahmen des neuen Systems – zugelassenen Fahrzeuge dem Umstand Rechnung trage, dass die Eigentümer von im Rahmen des alten Systems zugelassenen Fahrzeugen eine deutlich höhere Zulassungssteuer hätten entrichten müssen als die Eigentümer von im Rahmen des neuen Systems zugelassenen Fahrzeugen. Letzteren sei im Gegenzug eine JVA auferlegt worden, die je nach CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeuge variiere.
27 Das System sei damit so ausgestaltet, dass es zu einer gerechten Gesamtbesteuerung der Fahrzeuge führe und dem Schaden entgegenwirke, der andernfalls für vor 2009 in Malta zugelassene Fahrzeuge aufgrund der Senkung der Zulassungssteuer, die aus den 2009 angenommenen Änderungen folge, entstünde. Daher sei davon auszugehen, dass die vor dem 1. Januar 2009 in Malta zugelassenen und die ab diesem Datum zugelassenen Fahrzeuge zwei objektiv unterschiedlichen Kategorien angehörten, die aufgrund der Neugestaltung des Besteuerungssystems nicht vergleichbar seien und daher nicht Gegenstand einer Diskriminierung sein könnten.
28 Zur Veranschaulichung dieses Arguments verweist die Republik Malta auf eine Tabelle in Anlage 1 zu ihrer Klagebeantwortung, die einen Vergleich zwischen den sieben am häufigsten in Malta zugelassenen Fahrzeugmodellen enthält. Daraus gehe hervor, dass die Erhebung einer höheren JVA auf ab dem 1. Januar 2009 zugelassene Fahrzeuge gegenüber der JVA, die auf vor diesem Datum zugelassene Fahrzeuge erhoben worden sei, eine gerechte Maßnahme dargestellt habe, um die Gesamtsteuerlast für Eigentümer von vor 2009 zugelassenen Fahrzeugen so weit wie möglich derjenigen für Eigentümer von ab dem 1. Januar 2009 zugelassenen Fahrzeugen anzunähern.
29 Die Erhebung einer höheren JVA auf ab dem 1. Januar 2009 zugelassene Fahrzeuge führe somit zu keinerlei Diskriminierung in Bezug auf vor diesem Datum gegenüber nach diesem Datum zugelassenen Fahrzeugen, sondern trage vielmehr dazu bei, eine Diskriminierung und offensichtliche Ungerechtigkeit zu vermeiden, der die Eigentümer von vor dem 1. Januar 2009 zugelassenen Fahrzeugen ausgesetzt wären, wenn dieselbe JVA unterschiedslos angewandt werden müsste. Durch die Erhebung einer JVA in gleicher Höhe könnten die Eigentümer letzterer Fahrzeuge nämlich in keiner Weise die von ihnen entrichtete höhere Zulassungssteuer amortisieren, was unweigerlich dazu führen würde, dass der Restwert dieser Fahrzeuge gegenüber dem Wert der nach diesem Datum zugelassenen Fahrzeuge erheblich verringert würde.
30 Im Übrigen könnten die vor dem 1. Januar 2009 in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen und ab diesem Datum nach Malta eingeführten Fahrzeuge nicht mit Fahrzeugen gleichgestellt werden, die vor diesem Datum in Malta zugelassen worden seien, da für Erstere in ihrem Herkunftsmitgliedstaat eine völlig andere Regelung der Zulassungssteuer gegolten habe.
31 Drittens hält die Republik Malta an ihrer Darstellung fest, dass das neue System mit der Anwendung des Verursacherprinzips auf den Schutz der Umwelt abziele, indem neue, kleinere und sauberere Fahrzeuge begünstigt würden. Im Rahmen des neuen Systems steige der Satz der JVA proportional sowohl zum Alter des Fahrzeugs als auch zu seinen CO2‑Gesamtemissionen. Dieses System ziele damit tatsächlich darauf ab, den Kauf umweltfreundlicherer Fahrzeuge und eine häufigere Erneuerung der Fahrzeuge zu fördern, da die Höhe der JVA in den ersten fünf Jahren nach der Zulassung jedes Fahrzeugs konstant sei.
32 Viertens wiederholt die Republik Malta, dass die erzwungene Anwendung des neuen Systems auf den gesamten vor dem 1. Januar 2009 in Malta zugelassenen Kraftfahrzeugbestand diejenigen Personen benachteiligen würde, die ihr Fahrzeug vor diesem Datum erworben hätten, da eine solche Anwendung zu einer erheblichen Verringerung des Restwerts der betreffenden Fahrzeuge führen und ihren Eigentümern eine hohe steuerliche Belastung im Stadium der JVA auferlegen würde, obwohl sie bereits im Stadium der Zulassung eine hohe steuerliche Belastung getragen hätten. Somit würde der Übergang zum neuen System die berechtigten Erwartungen der Eigentümer von im Rahmen des alten Systems in Malta zugelassenen Fahrzeugen beeinträchtigen. Außerdem berücksichtige diese Anwendung nicht die sozialen Auswirkungen, die sich daraus ergäben, dass die unter das alte System fallenden Fahrzeuge in der Regel Personen gehörten, deren finanzielle Lage prekär sei.
33 Fünftens und letztens führt die Republik Malta an, dass die Änderungen des Zulassungsgesetzes, die dem behaupteten Verstoß gegen Art. 110 AEUV abhelfen würden, bereits vom maltesischen Parlament angenommen worden seien und am 1. Januar 2024 in Kraft träten. Sie weist jedoch darauf hin, dass diese Änderungen der Kommission nur im Geist der Zusammenarbeit und Verständigung vorgelegt worden seien und in keiner Weise die Anerkennung irgendeines Verstoßes oder einer Diskriminierung implizierten.
Würdigung durch den Gerichtshof
34 Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Situation zu beurteilen ist, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde, und dass später eingetretene Änderungen vom Gerichtshof nicht berücksichtigt werden können (Urteil vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑116/22, EU:C:2023:687, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).
35 Daher wirkt sich im vorliegenden Fall die Annahme der in Rn. 33 des vorliegenden Urteils genannten Änderungen des Zulassungsgesetzes durch das maltesische Parlament nach Ablauf der Frist, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 9. Juni 2021 gesetzt wurde, weder auf den Gegenstand der vorliegenden Klage noch auf ihre Begründetheit aus.
36 Als Zweites bildet Art. 110 AEUV, wie der Gerichtshof wiederholt festgestellt hat, eine Ergänzung der Bestimmungen über die Abschaffung der Zölle und der Abgaben gleicher Wirkung. Diese Bestimmung des AEU-Vertrags soll den freien Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten unter normalen Wettbewerbsbedingungen dadurch gewährleisten, dass jede Form des Schutzes beseitigt wird, die aus einer inländischen Abgabe folgen könnte, die Waren aus anderen Mitgliedstaaten diskriminiert (Urteil vom 3. Juni 2010, Kalinchev, C‑2/09, EU:C:2010:312, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).
37 Zu diesem Zweck ist es nach Art. 110 Abs. 1 AEUV jedem Mitgliedstaat untersagt, auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten inländische Abgaben zu erheben, die höher sind als bei gleichartigen inländischen Waren.
38 Diese Bestimmung soll somit die vollkommene Wettbewerbsneutralität der inländischen Abgaben für bereits auf dem inländischen Markt befindliche und für eingeführte Waren gewährleisten (Urteil vom 7. April 2011, Tatu, C‑402/09, EU:C:2011:219, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
39 Insoweit hat der Gerichtshof entschieden, dass eine Steuerregelung nur dann mit Art. 110 AEUV vereinbar ist, wenn ihre Ausgestaltung es unter allen Umständen ausschließt, dass die eingeführten Waren höher besteuert werden als die inländischen Waren, und sie damit in keinem Fall diskriminierende Wirkungen haben kann (Urteil vom 3. Juni 2010, Kalinchev, C‑2/09, EU:C:2010:312, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).
40 In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof ausgeführt, dass ein Verstoß gegen Art. 110 Abs. 1 AEUV vorliegt, wenn die Abgabe auf die eingeführte Ware und die Abgabe auf die gleichartige inländische Ware in unterschiedlicher Weise und nach unterschiedlichen Modalitäten berechnet werden, so dass die eingeführte Ware – und sei es auch nur in bestimmten Fällen – höher belastet wird (Urteil vom 3. Juni 2010, Kalinchev, C‑2/09, EU:C:2010:312, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).
41 Somit greift das in Art. 110 AEUV enthaltene Verbot immer dann ein, wenn eine inländische Abgabe eines Mitgliedstaats geeignet ist, die Einfuhr von Gegenständen aus anderen Mitgliedstaaten zugunsten gleichartiger inländischer Waren zu erschweren (Urteil vom 19. Dezember 2013, X, C‑437/12, EU:C:2013:857, Rn. 38).
42 Zum einen ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass Steuern auf Kraftfahrzeuge, wie u. a. die Verkehrs- und Zulassungssteuern, inländische Abgaben der Mitgliedstaaten darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. März 2001, Kommission/Frankreich, C‑265/99, EU:C:2001:169, Rn. 51, und vom 19. Dezember 2013, X, C‑437/12, EU:C:2013:857, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).
43 Zum anderen steht fest, dass es sich bei den auf dem Markt eines Mitgliedstaats befindlichen Kraftfahrzeugen um „inländische Waren“ dieses Mitgliedstaats im Sinne von Art. 110 AEUV handelt. Werden diese Waren auf dem Gebrauchtwagenmarkt dieses Mitgliedstaats zum Verkauf angeboten, sind sie als eingeführten Gebrauchtfahrzeugen desselben Typs mit denselben Eigenschaften und derselben Abnutzung „gleichartige Waren“ anzusehen (Urteil vom 7. Juli 2011, Nisipeanu, C‑263/10, EU:C:2011:466, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).
44 Folglich verpflichtet Art. 110 AEUV jeden Mitgliedstaat, seine Steuern auf Kraftfahrzeuge so zu wählen und auszugestalten, dass ihre Wirkung nicht darin besteht, den Verkauf inländischer Gebrauchtwagen zu fördern und die Einfuhr gleichartiger Gebrauchtwagen zu erschweren (Urteil vom 7. April 2011, Tatu, C‑402/09, EU:C:2011:219, Rn. 56).
45 In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof u. a. entschieden, dass eine Regelung eines Mitgliedstaats gegen Art. 110 AEUV verstößt, nach der die mit ihr eingeführte einheitliche Verkehrssteuer auf zur Personenbeförderung bestimmte Kraftfahrzeuge (Pkw), die in diesem Mitgliedstaat zugelassen oder registriert sind, ungeachtet des Datums der Erstzulassung erhoben wird, wenn diese in einem anderen Mitgliedstaat erfolgte und dadurch die Besteuerung von aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Fahrzeugen höher ist als die gleichartiger inländischer Fahrzeuge. Eine solche Regelung hat nämlich zur Folge, dass der Verkauf inländischer Gebrauchtfahrzeuge gefördert und damit die Einfuhr gleichartiger Gebrauchtfahrzeuge erschwert wird (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 17. April 2018, dos Santos, C‑640/17, EU:C:2018:275, Rn. 21 und 22).
46 Somit ist im Licht dieser Rechtsprechung zu prüfen, ob die durch den Vierten Anhang des Zulassungsgesetzes eingeführte Regelung in Bezug auf die Bestimmung der Höhe der JVA die in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils beschriebene Folge hat, so dass sie, wie die Kommission vorträgt, gegen das in Art. 110 AEUV enthaltene Diskriminierungsverbot verstößt.
47 Insoweit ist erstens gemäß der in Rn. 43 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung und entgegen dem Vorbringen der Republik Malta, dass es keinen maltesischen Fahrzeugmarkt gebe, festzustellen, dass die in Malta zugelassenen und auf dem Gebrauchtwagenmarkt dieses Mitgliedstaats zum Verkauf angebotenen Fahrzeuge als eingeführten Gebrauchtfahrzeugen desselben Typs mit denselben Eigenschaften und derselben Abnutzung „gleichartige inländische Waren“ im Sinne von Art. 110 AEUV anzusehen sind.
48 Zweitens gilt die JVA, wie sich aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 5 des Zulassungsgesetzes ergibt, für nach Malta eingeführte sowie für dort hergestellte Kraftfahrzeuge und wird bei der Zulassung solcher Fahrzeuge und danach jährlich erhoben.
49 Drittens steht fest, dass im Rahmen der durch den Vierten Anhang des Zulassungsgesetzes eingeführten Regelung eine unterschiedliche JVA angewandt wird, je nachdem, ob sie vor oder ab dem 1. Januar 2009 in Malta zugelassene Fahrzeuge betrifft. Insbesondere wird bei Fahrzeugen, die vor diesem Datum in Malta zugelassen wurden, die JVA auf der Grundlage des Hubraums des Fahrzeugmotors, der Antriebsart (Diesel oder Benzin) und des Herstellungsjahrs berechnet. Dagegen wird bei Fahrzeugen, die ab diesem Datum in Malta zugelassen wurden, die JVA auf der Grundlage der CO2-Emissionen (Benzinmotoren), der CO2- und Partikelemissionen (Dieselmotoren) und des Herstellungsjahrs (beide Motortypen) berechnet.
50 Viertens geht aus den Schriftsätzen der Parteien hervor, dass aufgrund dieser unterschiedlichen Berechnungsmodalitäten die Höhe der JVA für ab dem 1. Januar 2009 in Malta zugelassene Fahrzeuge die Höhe der JVA für gleichartige, vor diesem Datum in Malta zugelassene Fahrzeuge übersteigt, was durch die Beispiele bestätigt wird, die die Kommission dem Gerichtshof vorgelegt hat und die von der Republik Malta nicht bestritten worden sind.
51 Somit hat die durch den Vierten Anhang des Zulassungsgesetzes eingeführte Regelung in Bezug auf die Bestimmung der Höhe der JVA zur Folge, dass die Gebrauchtfahrzeuge, die in Malta verkauft werden, nachdem sie dort vor dem 1. Januar 2009 zugelassen worden sind, einer niedrigeren JVA unterliegen als gleichartige Gebrauchtfahrzeuge, die vor diesem Datum in einem anderen Mitgliedstaat als der Republik Malta zugelassen und ab diesem Datum nach Malta verbracht wurden.
52 Eine solche Regelung belastet daher die Gebrauchtfahrzeuge, die erstmals vor dem 1. Januar 2009 in einem anderen Mitgliedstaat als der Republik Malta zugelassen und nach diesem Datum in letzteren Mitgliedstaat eingeführt wurden, mit einer höheren Besteuerung als gleichartige inländische Gebrauchtfahrzeuge, die vor diesem Datum in Malta zugelassen wurden, da sie das Datum, an dem die eingeführten Fahrzeuge in anderen Mitgliedstaaten zugelassen wurden, nicht berücksichtigt. Eine solche Regelung hat also zur Folge, dass der Verkauf inländischer Gebrauchtfahrzeuge gefördert und damit die Einfuhr gleichartiger Gebrauchtfahrzeuge erschwert wird (vgl. entsprechend Beschluss vom 17. April 2018, dos Santos, C‑640/17, EU:C:2018:275, Rn. 21).
53 Als Drittes kann das Vorbringen der Republik Malta, mit dem die Vereinbarkeit der durch den Vierten Anhang des Zulassungsgesetzes eingeführten Regelung mit Art. 110 AEUV dargetan werden soll, diese Beurteilung nicht in Frage stellen.
54 Was erstens das Vorbringen betrifft, die Zulassungssteuer und die JVA seien Teil einer einheitlichen und umfassenden Abgabenregelung, ist nämlich festzustellen, dass – abgesehen davon, dass diese beiden Abgaben dieselbe Rechtsgrundlage im maltesischen Recht haben – nichts in den von der Republik Malta vorgelegten Unterlagen, insbesondere in der in Rn. 28 des vorliegenden Urteils erwähnten Tabelle in Anlage 1 zu ihrer Klagebeantwortung, die Feststellung zulässt, dass diese Abgaben in solcher Weise zusammenhängen, dass eine gemeinsame Würdigung gerechtfertigt wäre.
55 Was zum einen die Natur dieser Abgaben betrifft, wird die Zulassungssteuer aufgrund der Zulassung des Fahrzeugs in Malta geschuldet, während die JVA aufgrund des Haltens eines Fahrzeugs, das für den Betrieb auf öffentlichen Straßen geeignet ist, geschuldet wird. Was zum anderen die Fälligkeit dieser Abgaben anbelangt, wird die Zulassungssteuer nur einmal bei der Zulassung des Fahrzeugs in Malta geschuldet, während die JVA bei der Zulassung und danach während der gesamten Lebensdauer des Fahrzeugs jährlich zu entrichten ist.
56 Außerdem bliebe, selbst wenn das Bestehen eines Zusammenhangs zwischen der Zulassungssteuer und der JVA als erwiesen angesehen werden könnte, die Republik Malta jedenfalls den Nachweis schuldig, dass der Gesamtbetrag der Zulassungssteuer, die die Eigentümer von vor 2009 in Malta zugelassenen Fahrzeugen entrichten, und der während der gesamten Lebensdauer dieser Fahrzeuge zu entrichtenden JVA genauso hoch ist wie der Gesamtbetrag der Zulassungssteuer, die die Eigentümer gleichartiger Fahrzeuge, die erstmals vor dem 1. Januar 2009 in einem anderen Mitgliedstaat als der Republik Malta zugelassen und ab diesem Datum in letzteren Mitgliedstaat eingeführt wurden, entrichten, und der während der gesamten Lebensdauer dieser Fahrzeuge zu entrichtenden JVA.
57 Zweitens genügt in Bezug auf das Vorbringen der Republik Malta, das neue System diene durch die Anwendung des Verursacherprinzips dem Schutz der Umwelt, die Feststellung, dass der Mitgliedstaat nicht dargetan hat, inwiefern die Einführung einer JVA, die eingeführte Gebrauchtfahrzeuge stärker belastet als gleichartige inländische Gebrauchtfahrzeuge, geeignet sein soll, die Erreichung dieses Ziels zu gewährleisten.
58 Im Übrigen könnte, wie die Kommission zu Recht ausgeführt hat, die Verfolgung eines Ziels des Umweltschutzes umfassender und kohärenter erreicht werden, indem die Umweltkomponente der JVA für alle Fahrzeuge eines bestimmten Alters erhöht würde, nämlich für Gebrauchtfahrzeuge, die erstmals vor dem Jahr 2009 zugelassen wurden, unabhängig davon, ob sie in Malta oder in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen wurden. Eine solche Erhöhung würde nicht den inländischen Gebrauchtwagenmarkt zum Nachteil der Inbetriebnahme eingeführter Gebrauchtfahrzeuge in diskriminierender Weise begünstigen und entspräche darüber hinaus dem Verursacherprinzip (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Juli 2011, Nisipeanu, C‑263/10, EU:C:2011:466, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).
59 Drittens hat die Republik Malta auch in Bezug auf das Vorbringen zum Grundsatz des Vertrauensschutzes und zu sozialen Erwägungen – selbst wenn dieser Grundsatz und diese Erwägungen ein legitimes Ziel zur Rechtfertigung der in Rede stehenden Ungleichbehandlung darstellen sollten – nicht dargetan, inwiefern die Einführung einer solchen Ungleichbehandlung geeignet sein soll, die Wahrung dieses Grundsatzes zu gewährleisten und die sozialen Erwägungen zu berücksichtigen.
60 In diesem Zusammenhang ist mit der Kommission festzustellen, dass die Republik Malta, wenn sie es für erforderlich halten sollte, etwaige Erwartungen der Eigentümer des vor dem 1. Januar 2009 in Malta zugelassenen inländischen Kraftfahrzeugbestands zu schützen, dies erreichen könnte, ohne gegen das in Art. 110 AEUV vorgesehene Diskriminierungsverbot zu verstoßen, indem sie das alte System sowohl auf diese Fahrzeuge als auch auf die vor diesem Datum in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen und ab diesem Datum nach Malta eingeführten Fahrzeuge anwendet.
61 Folglich verstößt die durch den Vierten Anhang des Zulassungsgesetzes eingeführte Regelung in Bezug auf die Bestimmung der Höhe der JVA gegen Art. 110 AEUV, so dass der einzigen von der Kommission erhobenen Rüge stattzugeben ist.
62 Nach alledem hat die Republik Malta gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 110 AEUV verstoßen, indem sie auf Kraftfahrzeuge, die vor dem 1. Januar 2009 in anderen Mitgliedstaaten zugelassen und ab diesem Datum nach Malta verbracht wurden, eine höhere jährliche Verkehrsabgabe erhoben hat als auf gleichartige Fahrzeuge, die vor diesem Datum in Malta zugelassen wurden.
Kosten
63 Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
64 Da im vorliegenden Fall die Republik Malta unterlegen ist, sind ihr neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission gemäß deren Antrag aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Republik Malta hat gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 110 AEUV verstoßen, indem sie auf Kraftfahrzeuge, die vor dem 1. Januar 2009 in anderen Mitgliedstaaten zugelassen und ab diesem Datum nach Malta verbracht wurden, eine höhere jährliche Verkehrsabgabe erhoben hat als auf gleichartige Fahrzeuge, die vor diesem Datum in Malta zugelassen wurden.
2. Die Republik Malta trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission.
Unterschriften