Vorläufige Fassung
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)
22. Februar 2024(* )
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobene Steuern – Verpflichtung zur Erstattung der Mehrwertsteuer und zur Zahlung von Zinsen auf den Mehrwertsteuerbetrag – Erstattung aufgrund von Fehlern in der Buchführung des Steuerpflichtigen – Erstattung aufgrund der rückwirkenden Änderung der Modalitäten für die Berechnung der abzugsfähigen Mehrwertsteuer auf die Gemeinkosten des Steuerpflichtigen“
In der Rechtssache C‑674/22
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Rechtbank Gelderland (Bezirksgericht Gelderland, Niederlande) mit Entscheidung vom 26. Oktober 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Oktober 2022, in dem Verfahren
Gemeente Dinkelland
gegen
Ontvanger van de Belastingdienst/Grote ondernemingen, kantoor Zwolle
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos (Berichterstatter), der Richterin O. Spineanu-Matei, der Richter J.‑C. Bonichot und S. Rodin sowie der Richterin L. S. Rossi,
Generalanwalt: G. Pitruzzella,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der Gemeente Dinkelland, vertreten durch Steuerberater D. van der Zijden,
– der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und J. M. Hoogveld als Bevollmächtigte,
– der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Jokubauskaitė und W. Roels als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Unionsrechts in Bezug auf die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Zinsen auf Mehrwertsteuerbeträge zu zahlen, die unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhoben wurden und erstattet werden.
2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gemeente Dinkelland (Gemeinde Dinkelland, Niederlande) und dem Ontvanger van de Belastingdienst/Grote ondernemingen, kantoor Zwolle (Steuereinnehmer/Große Unternehmen, Dienststelle Zwolle) (im Folgenden: Steuerverwaltung) wegen der Weigerung der Steuerverwaltung, der Gemeinde Dinkelland Zinsen auf einen ihr erstatteten Mehrwertsteuerbetrag zu zahlen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
3 Art. 9 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1) (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie) lautet:
„(1) Als ‚Steuerpflichtiger‘ gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt.
Als ‚wirtschaftliche Tätigkeit‘ gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.
(2) Neben den in Absatz 1 genannten Personen gilt als Steuerpflichtiger jede Person, die gelegentlich ein neues Fahrzeug liefert, das durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung an den Erwerber nach einem Ort außerhalb des Gebiets eines Mitgliedstaats, aber im Gebiet der Gemeinschaft versandt oder befördert wird.“
4 Art. 168 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet wie folgt:
„Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
a) die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden;
b) die Mehrwertsteuer, die für Umsätze geschuldet wird, die der Lieferung von Gegenständen beziehungsweise dem Erbringen von Dienstleistungen gemäß Artikel 18 Buchstabe a sowie Artikel 27 gleichgestellt sind;
c) die Mehrwertsteuer, die für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i geschuldet wird;
d) die Mehrwertsteuer, die für dem innergemeinschaftlichen Erwerb gleichgestellte Umsätze gemäß den Artikeln 21 und 22 geschuldet wird;
e) die Mehrwertsteuer, die für die Einfuhr von Gegenständen in diesem Mitgliedstaat geschuldet wird oder entrichtet worden ist.“
5 Art. 173 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor:
„(1) Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug gemäß den Artikeln 168, 169 und 170 besteht, als auch für Umsätze, für die kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, darf nur der Teil der Mehrwertsteuer abgezogen werden, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt.
Dieser Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs wird … für die Gesamtheit der von dem Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt.
(2) Die Mitgliedstaaten können folgende Maßnahmen ergreifen:
…
c) dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihn verpflichten, den Vorsteuerabzug je nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände oder Dienstleistungen vorzunehmen;
…“
6 Art. 183 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:
„Übersteigt der Betrag der abgezogenen Vorsteuer den Betrag der für einen Steuerzeitraum geschuldeten Mehrwertsteuer, können die Mitgliedstaaten den Überschuss entweder auf den folgenden Zeitraum vortragen lassen oder nach den von ihnen festgelegen Einzelheiten erstatten.
Die Mitgliedstaaten können jedoch festlegen, dass geringfügige Überschüsse weder vorgetragen noch erstattet werden.“
7 Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:
„Die Mehrwertsteuer wird von jeder Person geschuldet, die diese Steuer in einer Rechnung ausweist.“
8 Art. 250 Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:
„Jeder Steuerpflichtige hat eine Mehrwertsteuererklärung abzugeben, die alle für die Festsetzung des geschuldeten Steuerbetrags und der vorzunehmenden Vorsteuerabzüge erforderlichen Angaben enthält, gegebenenfalls einschließlich des Gesamtbetrags der für diese Steuer und Abzüge maßgeblichen Umsätze sowie des Betrags der steuerfreien Umsätze, soweit dies für die Feststellung der Steuerbemessungsgrundlage erforderlich ist.“
Niederländisches Recht
9 Art. 28c der Invorderingswet 1990 (Beitreibungsgesetz 1990) (im Folgenden: Beitreibungsgesetz) sieht vor:
„(1) Sofern der Steuereinnehmer aufgrund einer Entscheidung des Steuerinspektors verpflichtet ist, Steuern zu erstatten, weil die betreffende Steuer unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhoben worden ist, werden dem Steuerschuldner auf Antrag Beitreibungszinsen gezahlt.
(2) Die Beitreibungszinsen nach Abs. 1 werden linear für den Zeitraum berechnet, der am Tag nach der Entrichtung, der Begleichung oder der Abführung der Steuer beginnt und am Tag vor dem Erstattungszeitpunkt endet, und haben den dem Steuerschuldner zu erstattenden oder erstatteten Betrag zur Bemessungsgrundlage. Abweichend von Satz 1 werden Beitreibungszinsen nach Abs. 1 nicht für die Tage berechnet, für die gemäß Kapitel VA der Algemene wet inzake rijksbelastingen [(Allgemeines Gesetz über die staatlichen Steuern)] Steuerzinsen oder gemäß Art. 28b Beitreibungszinsen gezahlt werden.
…“
10 Nach Art. 30ha der Algemene wet inzake rijksbelastingen (Allgemeines Gesetz über die staatlichen Steuern) werden, wenn innerhalb von acht Wochen nach Eingang des Erstattungsantrags kein Erstattungsbescheid ergeht, Zinsen für den Zeitraum gewährt, der acht Wochen nach Eingang des Erstattungsantrags beginnt und 14 Tage nach dem Datum des Erstattungsbescheids endet. Steht die Erstattung im Zusammenhang mit einer Stellungnahme der Steuerverwaltung zur Zahlung der durch Erklärung entrichteten Steuer, werden auch Zinsen für den Zeitraum gezahlt, der am Tag nach der Zahlung beginnt und 14 Tage nach dem Datum des Erstattungsbescheids endet. In den anderen Fällen sind keine Zinsen zu zahlen.
11 Die Wet op het BTW-compensatiefonds (Gesetz über den Mehrwertsteuerausgleichsfonds) gilt nur für Gemeinden, Provinzen und regionale öffentliche Einrichtungen, die zur Vergabe von Konzessionen für den öffentlichen Verkehr befugt sind. Nach diesem Gesetz haben die genannten öffentlichen Personen Anspruch auf einen Beitrag aus dem Mehrwertsteuerausgleichsfonds, um die Mehrwertsteuer auf Gegenstände und Dienstleistungen auszugleichen, die sie im Rahmen nicht wirtschaftlicher Tätigkeiten in Anspruch nehmen.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
12 Die Gemeinde Dinkelland übt sowohl nicht wirtschaftliche Tätigkeiten aus, insbesondere Handlungen, die sie in ihrer Funktion als Organ der öffentlichen Verwaltung vornimmt, als auch wirtschaftliche Tätigkeiten, die entweder der Mehrwertsteuer unterliegen oder von der Steuer befreit sein können.
13 Hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten ist die Gemeinde Dinkelland Steuerpflichtige im Sinne von Art. 9 der Mehrwertsteuerrichtlinie. Sofern die in Art. 168 dieser Richtlinie vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind, hat die Gemeinde daher das Recht auf Abzug der Mehrwertsteuer, die ihr von ihren Warenlieferanten und Dienstleistungserbringern in Rechnung gestellt worden ist.
14 Hinsichtlich ihrer nicht wirtschaftlichen Tätigkeiten gilt die Gemeinde Dinkelland nicht als mehrwertsteuerpflichtig und ist daher nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, hat aber Anspruch auf einen Beitrag aus dem Mehrwertsteuerausgleichsfonds, der es ihr ermöglicht, die von ihr gezahlte oder geschuldete Mehrwertsteuer auszugleichen.
15 So muss diese Gemeinde für jede ihr ausgestellte Rechnung, auf der Mehrwertsteuer ausgewiesen ist, feststellen, ob der erworbene Gegenstand oder die erworbene Leistung einer nicht wirtschaftlichen oder einer wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen ist und ob die Gemeinde im letztgenannten Fall zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
16 Die Gemeinkosten dieser Gemeinde, die nicht unmittelbar einer bestimmten Tätigkeit zugeordnet werden können, können zu einem Teil dem Vorsteuerabzug unterliegen und zu einem anderen Teil einen Beitrag aus dem Mehrwertsteuerausgleichsfonds zur Folge haben. Der jeweilige Umfang dieses Abzugs bzw. dieses Beitrags wird von der Gemeinde Dinkelland auf der Grundlage ihrer Buchführung unter Anwendung eines Vorsteueraufteilungsschlüssels festgelegt.
17 Für die Jahre 2012 bis 2016 entrichtete die Gemeinde Mehrwertsteuer und erhielt Beiträge aus dem Mehrwertsteuerausgleichsfonds auf der Grundlage ihrer Steuererklärungen.
18 Nach ab dem 14. April 2016 anwendbaren Änderungen der nationalen Rechtsvorschriften über die Buchführung der Gemeinden und nach der Änderung der steuerlichen Einordnung bestimmter Tätigkeiten der Gemeinde Dinkelland arbeitete diese einen neuen Vorsteueraufteilungsschlüssel aus, aufgrund dessen der Anspruch auf Beiträge aus dem Mehrwertsteuerausgleichsfonds vermindert und das Recht auf Vorsteuerabzug erhöht wurde.
19 Im Übrigen veranlasste die Gemeinde eine Prüfung ihrer Buchführung, die Fehler bei der Einordnung bestimmter von ihr erbrachter Leistungen und bei der Eintragung bestimmter Soll- oder Habenpositionen erkennen ließ.
20 Die aus diesen beiden Gründen vorgenommenen Berichtigungen der Buchführung der Gemeinde Dinkelland führten zu einer Neuberechnung der geschuldeten Mehrwertsteuer und der abzugsfähigen Vorsteuer für die Jahre 2012 bis 2016. Auf dieser Grundlage beantragte die Gemeinde am 29. September 2017 die Erstattung eines Teils der für diese Jahre entrichteten Mehrwertsteuer.
21 Mit Bescheid vom 1. Juli 2020 gewährte die Steuerverwaltung die Erstattung des geforderten Betrags in Höhe von insgesamt 705 943 Euro. Auf der Grundlage von Art. 30ha des Allgemeinen Gesetzes über die staatlichen Steuern gewährte die Steuerverwaltung zudem für den Zeitraum, der acht Wochen nach Eingang des Erstattungsantrags begann und 14 Tage nach Bekanntgabe des Erstattungsbescheids endete, Zinsen in Höhe von 75 498 Euro auf den erstatteten Betrag.
22 Am 31. Juli 2020 beantragte die Gemeinde Dinkelland die Zahlung von Zinsen auf den erstatteten Betrag gemäß Art. 28c des Beitreibungsgesetzes ab dem Tag der Zahlung der Mehrwertsteuer. Die Steuerverwaltung lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 9. September 2020 ab, die mit Bescheid vom 15. Juli 2021 bestätigt wurde, mit der der Widerspruch der Gemeinde zurückgewiesen wurde.
23 Die Gemeinde Dinkelland erhob gegen diesen Bescheid Klage bei der Rechtbank Gelderland (Bezirksgericht Gelderland, Niederlande), dem vorlegenden Gericht.
24 Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass die Steuerverwaltung Art 28c des Beitreibungsgesetzes nicht angewandt habe, der im Anschluss an das Urteil vom 18. April 2013, Irimie (C‑565/11, EU:C:2013:250), erlassen worden sei und vorsehe, dass bei Erstattung einer unionsrechtswidrig erhobenen Steuer an den Steuerpflichtigen Zinsen ab dem auf die Entrichtung dieser Steuer folgenden Tag zu zahlen seien.
25 Im Gegensatz zur Steuerverwaltung ist das vorlegende Gericht der Ansicht, dass sich eine Erstattung, die sich aus einer Erhöhung der Vorsteuer ergebe, deren Abzug zuvor nicht geltend gemacht worden sei, sehr wohl auf einen „erhobenen“ Betrag im Sinne von Art. 28c des Beitreibungsgesetzes beziehe. Das vorlegende Gericht fragt sich jedoch, ob der im vorliegenden Fall erstattete Betrag unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhoben wurde.
26 Die Steuerverwaltung könne nicht für Fehler bei der Buchführung der Gemeinde Dinkelland verantwortlich gemacht werden. Rn. 56 des Urteils vom 28. April 2022, Gräfendorfer Geflügel- und Tiefkühlfeinkost u. a. (C‑415/20, C‑419/20 und C‑427/20, EU:C:2022:306), sei jedoch zu entnehmen, dass sich die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen auf den erstatteten Betrag daraus ergebe, dass der rechtsgrundlos gezahlte Betrag für eine bestimmte Zeit nicht zur Verfügung gestanden habe, ohne dass es auf ein etwaiges Verschulden des Steuerpflichtigen ankomme.
27 In Bezug auf die Änderung des Vorsteueraufteilungsschlüssels fragt das vorlegende Gericht, ob die Nichtverfügbarkeit dieses Betrags angesichts des Umstands, dass die aus dieser Änderung folgende Erstattung des Mehrwertsteuerbetrags im Wesentlichen auf der Änderung der für die Gemeinden geltenden Buchführungsvorschriften beruht, als Folge eines Verstoßes gegen das Unionsrecht angesehen werden kann.
28 Unter diesen Umständen hat die Rechtbank Gelderland (Bezirksgericht Gelderland) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Ist der Rechtsgrundsatz, dass Verzugszinsen zu zahlen sind, weil ein Anspruch auf Erstattung von unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobenen Steuern besteht, dahin auszulegen, dass bei Gewährung einer Umsatzsteuererstattung an den Steuerpflichtigen diesem auch Verzugszinsen gezahlt werden müssen, wenn:
a) die Erstattung die Folge von Fehlern in der Buchführung des Steuerpflichtigen, wie in dieser Entscheidung beschrieben, ist, die dem Steuerinspektor nicht zugerechnet werden können;
b) die Erstattung die Folge von Neuberechnungen beim Aufteilungsschlüssel für den Abzug von Umsatzsteuer auf Gemeinkosten ist und dabei die in der vorliegenden Entscheidung beschriebenen Umstände zugrunde gelegt werden?
2. Bei Bejahung von Frage 1: Ab welchem Zeitpunkt besteht in diesen Fällen ein Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen?
Zu den Vorlagefragen
29 Mit seinen beiden Fragen, die zusammen zu beantworten sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob das Unionsrecht dahin auszulegen ist, dass es eine Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen an einen Steuerpflichtigen ab dem Zeitpunkt der Zahlung eines später von der Steuerverwaltung erstatteten Mehrwertsteuerbetrags begründet, wenn diese Erstattung zum Teil auf der Feststellung beruht, dass der Steuerpflichtige infolge von Fehlern in seiner Buchführung sein Recht auf Vorsteuerabzug für die betreffenden Jahre nicht vollständig ausgeübt hat, und zum Teil auf einer rückwirkenden Änderung der Modalitäten für die Berechnung der abzugsfähigen Mehrwertsteuer auf die Gemeinkosten des Steuerpflichtigen.
30 Wenn ein Mitgliedstaat unter Verstoß gegen Vorschriften des Unionsrechts Steuern erhoben hat, haben die Einzelnen Anspruch auf Erstattung nicht nur der zu Unrecht erhobenen Steuer, sondern auch der Beträge, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser Steuer an diesen Staat gezahlt oder von diesem einbehalten worden sind. Darunter fallen auch die Einbußen aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit von Geldbeträgen infolge der vorzeitigen Fälligkeit der Steuer (Urteile vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation, C‑446/04, EU:C:2006:774, Rn. 205, sowie vom 23. April 2020, Sole-Mizo und Dalmandi Mezőgazdasági, C‑13/18 und C‑126/18, EU:C:2020:292, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
31 Nach dieser Rechtsprechung ergibt sich der Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, die unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobenen Steuerbeträge zuzüglich Zinsen zu erstatten, aus dem Unionsrecht (Urteil vom 23. April 2020, Sole-Mizo und Dalmandi Mezőgazdasági, C‑13/18 und C‑126/18, EU:C:2020:292, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).
32 Der Effektivitätsgrundsatz verlangt im Fall der Erstattung einer von einem Mitgliedstaat unionsrechtswidrig erhobenen Steuer, dass die nationalen Vorschriften, die u. a. die Berechnung eventuell zu zahlender Zinsen regeln, nicht dazu führen, dass dem Steuerpflichtigen eine angemessene Entschädigung für die Einbußen, die er durch die zu Unrecht gezahlte Steuer erlitten hat, vorenthalten wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Juli 2012, Littlewoods Retail u. a., C‑591/10, EU:C:2012:478, Rn. 29, sowie vom 23. April 2020, Sole-Mizo und Dalmandi Mezőgazdasági, C‑13/18 und C‑126/18, EU:C:2020:292, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).
33 Die Einbußen hängen nämlich u. a. davon ab, wie lange der unter Verstoß gegen das Unionsrecht zu Unrecht gezahlte Betrag nicht zur Verfügung stand, und entstehen somit grundsätzlich im Zeitraum vom Tag der zu Unrecht erfolgten Zahlung der fraglichen Steuer bis zum Tag ihrer Erstattung (Urteil vom 18. April 2013, Irimie, C‑565/11, EU:C:2013:250, Rn. 28).
34 Um zu bestimmen, ob das Unionsrecht die Verpflichtung begründet, einem Steuerpflichtigen ab Zahlung eines Mehrwertsteuerbetrags, der später erstattet wird, Zinsen zu zahlen, ist daher zu prüfen, ob dieser Betrag als im Sinne der in den Rn. 30 bis 33 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung „unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhoben“ anzusehen ist.
35 Erstens stellt ein Mehrwertsteuerbetrag, der vereinnahmt wird, weil der Steuerpflichtige sein Recht auf Vorsteuerabzug nicht ausgeübt hat, einen „erhobenen“ Betrag dar.
36 Was zweitens den Begriff „Verstoß gegen das Unionsrecht“ betrifft, so wird die Mehrwertsteuer, wenn der Steuerpflichtige sie irrtümlich in Rechnung stellt, nicht unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhoben, sondern in Anwendung von Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie, der bestimmt, dass die Mehrwertsteuer von jeder Person geschuldet wird, die diese Steuer in einer Rechnung ausweist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Oktober 2022, HUMDA, C‑397/21, EU:C:2022:790, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).
37 Im Übrigen hat nach Art. 250 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie jeder Steuerpflichtige eine Mehrwertsteuererklärung abzugeben, die alle für die Festsetzung des geschuldeten Steuerbetrags und der vorzunehmenden Vorsteuerabzüge erforderlichen Angaben enthält. Folglich handelt die Steuerverwaltung nicht unter Verstoß gegen das Unionsrecht, wenn sie auf der Grundlage dieser Erklärung einen Mehrwertsteuerbetrag erhebt, auch wenn der Steuerpflichtige aus Gründen, die in seiner Sphäre liegen, nicht die Angaben gemacht hat, die für die Feststellung des Umfangs seines in Art. 168 dieser Richtlinie vorgesehenen Rechts auf Vorsteuerabzug erforderlich sind, und dieses Recht somit nicht ausgeübt hat.
38 Daher kann ein Mehrwertsteuerbetrag nicht deshalb als „unter Verstoß gegen das Unionsrecht“ erhoben angesehen werden, weil der Steuerpflichtige sein Recht auf Vorsteuerabzug irrtümlich nicht ausgeübt hat.
39 Darüber hinaus kann ein Mehrwertsteuerbetrag, der aufgrund der rückwirkenden Änderung der Modalitäten für die Berechnung der abzugsfähigen Vorsteuer auf die Gemeinkosten eines Steuerpflichtigen erstattet wird, nur dann als „unter Verstoß gegen das Unionsrecht“ im Sinne der in den Rn. 30 bis 33 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung erhoben angesehen werden, wenn die ursprünglichen Modalitäten dieser Berechnung, die der Erhebung dieses Betrags zugrunde lagen, aufgrund der anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften oder einer Anforderung der Steuerverwaltung mit dem Unionsrecht unvereinbar sind.
40 Hierzu ist festzustellen, dass nach Art. 168 der Mehrwertsteuerrichtlinie die Vorsteuer nur dann abziehbar ist, wenn die Gegenstände oder Dienstleistungen, für die sie gezahlt wurde, für die Zwecke besteuerter Umsätze verwendet werden.
41 Die für die Gemeinkosten entrichteten Vorsteuerbeträge entsprechen jedoch dem Erwerb von Gegenständen und Dienstleistungen, die für die gesamte Tätigkeit der Steuerpflichtigen verwendet wurden.
42 Daher ist für die Aufteilung dieser Mehrwertsteuerbeträge danach zu unterscheiden, ob sich die Gemeinkosten auf wirtschaftliche Tätigkeiten oder auf nicht wirtschaftliche Tätigkeiten beziehen, und für die Aufteilung der auf wirtschaftliche Tätigkeiten bezogenen Kosten danach, ob sie sich auf besteuerte Umsätze beziehen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, oder auf befreite Umsätze, die kein Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen.
43 Was die Aufteilung der Vorsteuerbeträge danach angeht, ob sich die entsprechenden Aufwendungen auf wirtschaftliche Tätigkeiten oder auf nicht wirtschaftliche Tätigkeiten beziehen, ist darauf hinzuweisen, dass die Vorsteuer auf den Erwerb von Gegenständen und Dienstleistungen durch einen Steuerpflichtigen nicht zum Abzug berechtigen kann, soweit diese Gegenstände und Dienstleistungen für Tätigkeiten verwendet wurden, die aufgrund ihres nicht wirtschaftlichen Charakters nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuerrichtlinie fallen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. September 2021, Balgarska natsionalna televizia, C‑21/20, EU:C:2021:743, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).
44 Die Mehrwertsteuerrichtlinie regelt nicht, welche Methoden oder Kriterien die Mitgliedstaaten anwenden müssen, wenn sie Bestimmungen erlassen, die eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge danach zulassen, ob sich die entsprechenden Aufwendungen auf wirtschaftliche oder auf nicht wirtschaftliche Tätigkeiten beziehen (vgl. entsprechend Urteil vom 13. März 2008, Securenta, C‑437/06, EU:C:2008:166, Rn. 33).
45 Daher und damit die Steuerpflichtigen die notwendigen Berechnungen anstellen können, obliegt es den Mitgliedstaaten, unter Beachtung der dem Gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegenden Prinzipien die hierfür geeigneten Methoden und Kriterien festzulegen (vgl. entsprechend Urteil vom 13. März 2008, Securenta, C‑437/06, EU:C:2008:166, Rn. 34).
46 Folglich haben die Mitgliedstaaten ihr Ermessen so auszuüben, dass der Abzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer erfolgt, der auf die zum Abzug berechtigenden Umsätze entfällt. Sie müssen also darauf achten, dass die Berechnung des Verhältnisses zwischen wirtschaftlichen und nicht wirtschaftlichen Tätigkeiten objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen jeder dieser beiden Tätigkeiten tatsächlich zuzurechnen ist (vgl. entsprechend Urteil vom 13. März 2008, Securenta, C‑437/06, EU:C:2008:166, Rn. 37).
47 Bei der Ausübung ihres Ermessens sind die Mitgliedstaaten befugt, gegebenenfalls jeden geeigneten Aufteilungsschlüssel anzuwenden (vgl. entsprechend Urteil vom 13. März 2008, Securenta, C‑437/06, EU:C:2008:166, Rn. 38).
48 Was die Aufteilung der Vorsteuerbeträge danach angeht, ob sich die entsprechenden Aufwendungen auf Umsätze beziehen, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, oder auf Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ergibt sich aus Art. 173 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie, dass der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig ist, der auf den Betrag der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze entfällt. Nach Art. 173 Abs. 2 Buchst. c dieser Richtlinie können die Mitgliedstaaten dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihn verpflichten, den Abzug je nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände oder Dienstleistungen vorzunehmen.
49 Sofern die in den Rn. 43 bis 48 des vorliegenden Urteils genannten Anforderungen erfüllt sind, hindert das Unionsrecht einen Mitgliedstaat daher nicht daran, dem Steuerpflichtigen zu gestatten oder ihn zu verpflichten, mittels eines unter seiner Verantwortung ausgearbeiteten Aufteilungsschlüssels die Modalitäten für die Berechnung der abzugsfähigen Mehrwertsteuer auf seine Gemeinkosten festzulegen.
50 Im vorliegenden Fall ergibt sich die Berechnung der abzugsfähigen Mehrwertsteuer auf die Gemeinkosten der Gemeinde Dinkelland aus einem von dieser Gemeinde auf der Grundlage ihrer Buchführung erstellten Schlüssel, der es ermöglicht, diese Kosten auf die nicht wirtschaftlichen und die wirtschaftlichen Tätigkeiten der Gemeinde und innerhalb der wirtschaftlichen Tätigkeiten auf die besteuerten Umsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, und die befreiten Umsätze aufzuteilen, die dazu nicht berechtigen. Der Gemeinde wurde der in Rede stehende Mehrwertsteuerbetrag aufgrund der rückwirkenden Anwendung eines neuen Aufteilungsschlüssels auf die Jahre 2012 bis 2016 erstattet.
51 In Beantwortung eines Ersuchens um Klarstellung des Gerichtshofs an das vorlegende Gericht vom 19. Juli 2023 hat dieses klargestellt, dass nach den niederländischen Rechtsvorschriften die tatsächliche Verwendung das Kriterium ist, nach dem Gegenstände und Dienstleistungen – einschließlich der unter die Gemeinkosten fallenden – einer nicht wirtschaftlichen Tätigkeit oder einer wirtschaftlichen Tätigkeit sowie innerhalb dieser Tätigkeit Umsätzen zuzurechnen sind, die zum Vorsteuerabzug berechtigen.
52 Daher deutet nichts darauf hin, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden niederländischen Rechtsvorschriften nicht den in den Rn. 43 bis 48 des vorliegenden Urteils genannten Anforderungen entsprechen.
53 Aus der Antwort des vorlegenden Gerichts auf das Ersuchen um Klarstellung geht zugleich hervor, dass diese Rechtsvorschriften nicht die Modalitäten zur Bestimmung der tatsächlichen Verwendung der unter die Gemeinkosten fallenden Gegenstände und Dienstleistungen festlegen. Nach den bis 2016 geltenden nationalen Rechtsvorschriften über die Buchführung der Gemeinden konnten die Gemeinkosten entgegen den Rechtsvorschriften, mit denen sie geändert wurden, den Haupttätigkeiten zugerechnet werden. Die Gemeinden verfügten bei der Durchführung dieser Zurechnung über einen gewissen Spielraum.
54 Das vorlegende Gericht hat ferner darauf hingewiesen, dass zwar im Interesse der Rechtssicherheit Konsultationen zwischen der Gemeinde Dinkelland und der Steuerverwaltung stattgefunden hätten, zwischen den beiden aber keine Einigung erzielt worden sei, da die Steuerverwaltung ausschließlich die Methode akzeptiert habe, die darin bestanden habe, die tatsächliche Verwendung der Gegenstände und Dienstleistungen auf der Grundlage der Buchführung dieser Gemeinde zu bestimmen. Im Übrigen spiegele die in Anwendung der bis 2016 geltenden nationalen Rechtsvorschriften über die Buchführung der Gemeinden angewandte Methodik die tatsächliche Nutzung der Waren und Dienstleistungen nicht grundsätzlich falsch wider.
55 Aus der Antwort des vorlegenden Gerichts auf dieses Ersuchen um Klarstellung geht auch nicht hervor, dass die etwaige Unrichtigkeit der ursprünglich vorgenommenen steuerlichen Einstufung bestimmter Tätigkeiten, deren rückwirkende Änderung aufgrund tatsächlicher und konzeptioneller Änderungen erfolgte, auf den anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften oder einer Anforderung der Steuerverwaltung beruhte.
56 Aus dem Vorstehenden ergibt sich vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Überprüfungen, dass der ursprünglich von der Gemeinde Dinkelland für die Jahre 2012 bis 2016 verwendete Aufteilungsschlüssel unter der alleinigen Verantwortung der Gemeinde Dinkelland festgelegt wurde.
57 Folglich stellt in Anbetracht der Ausführungen in Rn. 39 des vorliegenden Urteils der auf der Grundlage dieses Aufteilungsschlüssels berechnete Betrag der abzugsfähigen Mehrwertsteuer keinen Betrag dar, der „unter Verstoß gegen das Unionsrecht“ im Sinne der in den Rn. 30 bis 33 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung erhoben wurde.
58 Schließlich ist selbst bei Nichtvorliegen eines „unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobenen“ Betrags im Sinne der in den Rn. 30 bis 33 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung auf Art. 183 der Mehrwertsteuerrichtlinie zu verweisen, wenn eine Mehrwertsteuerforderung ihrer Natur nach als „Überschuss“ der Mehrwertsteuer im Sinne dieser Bestimmung anzusehen ist.
59 Insoweit hat der Gerichtshof entschieden, dass der Grundsatz der steuerlichen Neutralität – auch wenn Art. 183 der Mehrwertsteuerrichtlinie weder eine Pflicht zur Zahlung von Zinsen auf den zu erstattenden Vorsteuerüberschuss vorsieht noch angibt, ab wann solche Zinsen zu zahlen sind – verlangt, dass die finanziellen Verluste im Zusammenhang mit der Erstattung eines Vorsteuerüberschusses durch die Zahlung von Verzugszinsen ausgeglichen werden. Die Verpflichtung zur Zahlung dieser Zinsen besteht jedoch nur, wenn der Vorsteuerüberschuss nicht innerhalb einer angemessenen Frist erstattet wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Mai 2021, technoRent International u. a., C‑844/19, EU:C:2021:378, Rn. 40).
60 Hier ist für den Fall, dass diese Bestimmung anwendbar sein sollte, was das vorlegende Gericht zu beurteilen hat, darauf hinzuweisen, dass eine Frist von acht Wochen für die Bearbeitung eines Antrags auf Mehrwertsteuererstattung durch die Steuerverwaltung, wie sie in Art. 30ha des Allgemeinen Gesetzes über die staatlichen Steuern offenbar vorgesehen ist, im Sinne der in Rn. 59 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung für die Bearbeitung eines Antrags auf Mehrwertsteuererstattung durch die Steuerverwaltung einschließlich der tatsächlichen Erstattungsmaßnahmen nicht unangemessen erscheint.
61 Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass das Unionsrecht dahin auszulegen ist, dass es keine Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen an einen Steuerpflichtigen ab dem Zeitpunkt der Zahlung eines später von der Steuerverwaltung erstatteten Mehrwertsteuerbetrags begründet, wenn diese Erstattung zum Teil auf der Feststellung beruht, dass der Steuerpflichtige infolge von Fehlern in seiner Buchführung sein Recht auf Vorsteuerabzug für die betreffenden Jahre nicht vollständig ausgeübt hat, und zum Teil auf einer rückwirkenden Änderung der Modalitäten für die Berechnung der abzugsfähigen Mehrwertsteuer auf die Gemeinkosten des Steuerpflichtigen, sofern diese Modalitäten unter der alleinigen Verantwortung des Steuerpflichtigen festgelegt werden.
Kosten
62 Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:
Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass es keine Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen an einen Steuerpflichtigen ab dem Zeitpunkt der Zahlung eines später von der Steuerverwaltung erstatteten Mehrwertsteuerbetrags begründet, wenn diese Erstattung zum Teil auf der Feststellung beruht, dass der Steuerpflichtige infolge von Fehlern in seiner Buchführung sein Recht auf Vorsteuerabzug für die betreffenden Jahre nicht vollständig ausgeübt hat, und zum Teil auf einer rückwirkenden Änderung der Modalitäten für die Berechnung der abzugsfähigen Mehrwertsteuer auf die Gemeinkosten des Steuerpflichtigen, sofern diese Modalitäten unter der alleinigen Verantwortung des Steuerpflichtigen festgelegt werden.
Unterschriften