C-604/19 – Gmina Wrocław

C-604/19 – Gmina Wrocław

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:C:2020:647

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

JULIANE KOKOTT

vom 3. September 2020(1)

Rechtssache C604/19

Gmina Wrocław

gegen

Dyrektor Krajowej Informacji Skarbowej

(Vorabentscheidungsersuchen des Wojewódzki Sąd Administracyjny we Wrocławiu [Woiwodschaftsverwaltungsgericht Breslau, Polen])

„Vorabentscheidungsersuchen – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Richtlinie 2006/112 – Art. 14 Abs. 2 Buchst. a – Begriff der ‚Lieferung‘ von Gegenständen – Gesetzliche Umwandlung eines Erbnießbrauchs in Eigentum – Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen – Fiktion einer Lieferung –Gemeinde als Steuerpflichtige, wenn sie Entgelte für eine gesetzlich angeordnete Umwandlung vereinnahmt“

I.      Einführung

1.        Der Gerichtshof muss sich in diesem Verfahren mit der mehrwertsteuerrechtlichen Behandlung eines gesetzlichen Eigentumserwerbs gegen Zahlung eines Umwandlungsentgelts beschäftigen. Im vorliegenden Fall waren Grundstücke mit einem besonderen dinglichen Recht (dem Erbnießbrauch) belastet. Dies führte dazu, dass der „wirtschaftliche Eigentümer“ – der, der das Grundstück wie ein Eigentümer nutzte – und der „formale Eigentümer“ – der, dem das Grundstück zivilrechtlich gehörte – personenverschieden waren. Entgelte, die der Inhaber des Erbnießbrauchrechts an den Grundstückseigentümer zahlte, unterlagen der polnischen Mehrwertsteuer.

2.        Im Zuge einer sachenrechtlichen Reform verloren nun die bisherigen Eigentümer der Grundstücke kraft Gesetzes ihr Eigentum an die Inhaber des Erbnießbrauchrechts. Letztere sind verpflichtet, die jährlichen Raten für den Erbnießbrauch für 20 Jahre weiterzuzahlen oder eine Einmalzahlung in gleicher Höhe zu leisten. Unterliegen die von den früheren Eigentümern nun vereinnahmten Entgelte wie bisher auch der Mehrwertsteuer?

3.        Betroffen waren hier Grundstücke einer Gemeinde. Zu klären ist daher weiter, ob die Gemeinde hier als Steuerpflichtige oder im Rahmen einer hoheitlichen Tätigkeit handelte, so dass keine Mehrwertsteuer anfällt.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht

4.        Den unionsrechtlichen Rahmen bestimmen die Art. 2, 9, 13, 14 sowie 24 und 25 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).(2)

5.        Nach Art. 2 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie unterliegen Lieferungen von Gegenständen gegen Entgelt (Buchst. a) ebenso der Mehrwertsteuer wie Dienstleistungen gegen Entgelt (Buchst. c).

6.        Aus Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie folgt, dass als „Steuerpflichtiger“ gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbständig ausübt.

7.        Art. 13 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht eine Ausnahme von der Steuerpflicht bestimmter Tätigkeiten von Einrichtungen des öffentlichen Rechts vor:

„(1)      Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Umsätzen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.

Falls sie solche Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, gelten sie für diese Tätigkeiten oder Umsätze jedoch als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

Die Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten in Bezug auf die in Anhang I genannten Tätigkeiten in jedem Fall als Steuerpflichtige, sofern der Umfang dieser Tätigkeiten nicht unbedeutend ist.“

8.        Art. 14 Abs. 1 und 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmen, wann eine Lieferung vorliegt:

„(1)      Als ‘Lieferung von Gegenständen‘ gilt die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.

(2)      Neben dem in Absatz 1 genannten Umsatz gelten folgende Umsätze als Lieferung von Gegenständen:

a)      die Übertragung des Eigentums an einem Gegenstand gegen Zahlung einer Entschädigung auf Grund einer behördlichen Anordnung oder kraft Gesetzes;

b)      die Übergabe eines Gegenstands aufgrund eines Vertrags, der die Vermietung eines Gegenstands während eines bestimmten Zeitraums oder den Ratenverkauf eines Gegenstands vorsieht, der die Klausel enthält, dass das Eigentum unter normalen Umständen spätestens mit Zahlung der letzten fälligen Rate erworben wird;

c)      die Übertragung eines Gegenstands auf Grund eines Vertrags über eine Einkaufs- oder Verkaufskommission.“

9.        Art. 24 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie definiert Dienstleistungen:

„(1)      Als ‚Dienstleistung‘ gilt jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenständen ist.“

10.      Art. 25 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie regelt:

„Eine Dienstleistung kann unter anderem in einem der folgenden Umsätze bestehen:

c)       Erbringung einer Dienstleistung auf Grund einer behördlichen Anordnung oder kraft Gesetzes.“

B.      Polnisches Recht

11.      Diese unionsrechtlichen Vorgaben wurden im polnischen Recht durch das Gesetz über die Steuer auf Gegenstände und Dienstleistungen (im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz) umgesetzt.(3) Art. 7 Abs. 1 des Mehrwertsteuergesetzes lautet dabei:

„Als Lieferung von Gegenständen … gilt die Übertragung der Befähigung, über die Gegenstände wie ein Eigentümer zu verfügen, darunter auch:

1)      die Übertragung des Eigentums an Gegenständen gegen Entschädigung auf Anordnung einer Einrichtung des öffentlichen Rechts oder eines Rechtssubjekts, das im Namen einer solchen Einrichtung handelt, oder kraft Gesetzes; …

6)      die Einräumung eines Erbnießbrauchrechts an Grundstücken.“

12.      Das Erbnießbrauchrecht ist geregelt im Immobilienverwaltungsgesetz.(4) Gemäß Art. 12a Abs. 1 des Immobilienverwaltungsgesetzes unterliegen die von den Erbnießbrauchern geschuldeten Beträge dem Privatrecht.

13.      Nach Art. 32 Abs. 1 des Immobilienverwaltungsgesetzes können Grundstücke, an denen ein Erbnießbrauch eingeräumt wurde, nur an den Erbnießbraucher verkauft werden.

14.      Art. 32 Abs. 2 des Immobilienverwaltungsgesetzes stellt klar, dass ein zuvor eingeräumtes Erbnießbrauchrecht mit dem Abschluss eines Kaufvertrags über die Immobilie kraft Gesetzes erlischt.

15.      Gemäß Art. 69 des Immobilienverwaltungsgesetzes umfasst der vom Erbnießbraucher zu zahlende Kaufpreis den Betrag, der dem Wert des Erbnießbrauchrechts an dieser Immobilie, am Tag des Verkaufs, entspricht.

16.      Das Gesetz über die Umwandlung des Erbnießbrauchrechts an zu Wohnzwecken bebauten Grundstücken in ein Eigentumsrecht an diesen Grundstücken (im Folgenden: Umwandlungsgesetz)(5) regelt in Art. 1 Abs. 1, dass das Erbnießbrauchrecht an zu Wohnzwecken bebauten Grundstücken zum 1. Januar 2019 in ein Eigentumsrecht an diesen Grundstücken umgewandelt wird.

17.      Art. 7 des Umwandlungsgesetzes trifft Bestimmungen über das zu zahlende Entgelt. Nach Abs. 2 entspricht das Entgelt seiner Höhe nach dem jährlich für den Erbnießbrauch zu zahlendem Entgelt. Abs. 6 regelt, dass die jährliche Zahlung während eines Zeitraums von 20 Jahren ab dem Datum der Umwandlung zu entrichten ist. Abs. 7 gewährt auf Antrag die Möglichkeit einer Einmalzahlung in gleicher Höhe. In Art. 12 Abs. 2 des Umwandlungsgesetzes wird Art. 12a des Immobilienverwaltungsgesetzes für anwendbar erklärt.

III. Sachverhalt

18.      Der dem Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegende Rechtsstreit basiert auf einem Antrag der Gemeinde Wrocław (Breslau, Polen) (der Klägerin im Ausgangsverfahren, im Folgenden: Klägerin) beim Dyrektor Krajowej Informacji Skarbowej (Direktor der nationalen Steuerinformationsbehörde, im Folgenden: Steuerbehörde) auf Einzelfallauslegung.

19.      Die Klägerin ist eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, aber zugleich auch als aktive Mehrwertsteuerpflichtige registriert. Sie war Eigentümerin von Immobilien, die mit einem Erbnießbrauch Dritter belastet waren.

20.      Der Erbnießbrauch ist ein zeitlich befristetes dingliches Nutzungsrecht an einem Grundstück, das dem Inhaber eine eigentümerähnliche Stellung verleiht. Der Erbnießbraucher zahlt während des Erbnießbrauchs an den Eigentümer ein jährliches Entgelt. Alle Parteien sind sich darüber einig, dass die Bestellung eines solchen Erbnießbrauchs als eine Lieferung gegen Entgelt nach Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Nr. 6 des Mehrwertsteuergesetzes zu qualifizieren ist. Ebenfalls scheint Einigkeit dahin gehend zu bestehen, dass die Gemeinde die Zahlungen des Erbnießbrauchers als Steuerpflichtige vereinnahmt hat.

21.      Auf Grundlage des Umwandlungsgesetzes ging das Eigentum an den Immobilien zum 1. Januar 2019 auf den jeweiligen Erbnießbraucher über. Die früheren Eigentümer erhalten im Gegenzug über einen Zeitraum von 20 Jahren eine jährliche Zahlung. Die Höhe der Jahresrate entspricht exakt der bisher für den Erbnießbrauch jährlich zu zahlenden Rate. Auf Antrag ist das Umwandlungsentgelt auch als Einmalzahlung zahlbar.

22.      Die Klägerin wollte von der Steuerbehörde wissen, ob diese Entgelte auch der Mehrwertsteuer unterliegen. Mit Entscheidung vom 15. Januar 2019 bejahte die Steuerbehörde dies. Sie sieht in der Umwandlung des Rechts eine Fortsetzung der ursprünglich durch die Einräumung des Erbnießbrauchs begründeten Lieferung. In der Konsequenz teile der Vorgang des Eigentumsübergangs das rechtliche Schicksal des Erbnießbrauchs.

23.      Dagegen erhob die Klägerin Klage beim Wojewódzki Sąd Administracyjny we Wrocławiu (Woiwodschaftsverwaltungsgericht Breslau, Polen). Sie ist der Ansicht, dass das Umwandlungsentgelt nicht der Mehrwertsteuer unterfällt. Der Erbnießbraucher habe bereits mit dem Erbnießbrauch eine eigentümerähnliche Stellung und damit die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Grundstück erlangt. Erstarkt nun der Erbnießbrauch zum Eigentum, könne dasselbe Grundstück nicht noch einmal Gegenstand einer Lieferung sein. Im Übrigen habe sie hier im Rahmen einer nicht steuerpflichtigen hoheitlichen Tätigkeit gehandelt.

IV.    Vorabentscheidungsverfahren

24.      Das Wojewódzki Sąd Administracyjny we Wrocławiu (Woiwodschaftsverwaltungsgericht Breslau) hat dem Gerichtshof mit Entscheidung vom 19. Juni 2019 folgende Fragen vorgelegt:

1.      Stellt die kraft Gesetzes erfolgte Umwandlung eines Erbnießbrauchrechts an einer Immobilie in ein Eigentumsrecht, wie sie unter den Umständen der streitbefangenen Rechtssache vorliegt, eine Lieferung von Gegenständen im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Buchst. a in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie dar, die der Mehrwertsteuer unterliegt?

2.      Falls die erste Frage verneint wird: Stellt die kraft Gesetzes erfolgte Umwandlung eines Erbnießbrauchrechts an einer Immobilie in ein Eigentumsrecht eine Lieferung von Gegenständen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie dar, die der Mehrwertsteuer unterliegt?

3.      Handelt eine Gemeinde, die ein Entgelt für die kraft Gesetzes erfolgte Umwandlung eines Erbnießbrauchrechts an einer Immobilie in ein Eigentumsrecht bezieht, wie es unter den Umständen der vorliegenden Rechtssache der Fall ist, als Steuerpflichtige im Sinne von Art. 9 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie oder als Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 13 der Mehrwertsteuerrichtlinie?

25.      Im Verfahren vor dem Gerichtshof haben die Klägerin, die Republik Polen und die Europäische Kommission schriftlich Stellung genommen.

V.      Rechtliche Würdigung

A.      Zu den Vorlagefragen

26.      Im Kern geht es dem vorlegenden Gericht mit seiner ersten und seiner zweiten Frage darum, zu klären, ob die gesetzliche Umwandlung des Erbnießbrauchs in ein Eigentumsrecht der Mehrwertsteuer unterliegt, wenn im Gegenzug durch den neuen Eigentümer ein gesetzlich festgelegtes Entgelt zu zahlen ist. Da diese Konstellationen primär Grundstücke im Eigentum von Einrichtungen des öffentlichen Rechts betreffen, fragt das Gericht mit seiner dritten Frage, ob die Gemeinde überhaupt als Steuerpflichtige gehandelt hat.

27.      Die beiden ersten Fragen lassen sich gemeinsam beantworten. Soweit sie sich allerdings ausdrücklich darauf beziehen, ob es sich bei der Umwandlung des Erbnießbrauchrechts um eine Lieferung von Gegenständen im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Buchst. a oder Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie handelt, ist auf Folgendes hinzuweisen.

28.      Die offenbar hinter den ersten beiden Fragen stehende Annahme des Gerichts, dass die Mehrwertsteuerpflicht hier von dem Vorliegen einer Lieferung abhängig ist, ist unzutreffend. Steuerbare Umsätze liegen nicht nur bei einer Lieferung von Gegenständen nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 14 der Mehrwertsteuerrichtlinie, sondern auch bei Dienstleistungen nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. c in Verbindung mit Art. 24 der Mehrwertsteuerrichtlinie vor. Die Mehrwertsteuerrichtlinie erfasst alles als Dienstleistung, was keine Lieferung ist (Art. 24 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie).

29.      Die Unterscheidung, ob es sich bei einem steuerbaren Umsatz um eine Lieferung oder um eine Dienstleistung handelt, ist bedeutsam für den Leistungsort, den Leistungszeitpunkt und den Steuersatz. Für die Frage, ob Mehrwertsteuer grundsätzlich anfällt, spielt sie aber keine Rolle. Um dem Gericht eine nützliche Antwort zu geben, bedürfen die Fragen daher einer gewissen Präzisierung.

30.      Konkret möchte das Gericht eigentlich wissen, ob der gesetzmäßige Eigentumsübergang gegen Zahlung eines Umwandlungsentgelts einen steuerbaren Umsatz (Lieferung oder Dienstleistung gegen Entgelt) darstellt (dazu B) und ob die Klägerin insoweit als Steuerpflichtige (dazu C) gehandelt hat. Wenn dem so ist, dann unterliegt die gesetzliche Umwandlung des Erbnießbrauchrechts in Eigentum gegen ein Umwandlungsentgelt – da keine Steuerbefreiung eingreift – der Mehrwertsteuer.

B.      Zur ersten und zur zweiten Frage: Umwandlung des Erbnießbrauchrechts in Eigentum als steuerbarer Umsatz (Lieferung oder Dienstleistung gegen Entgelt)

31.      Bezüglich der ersten und der zweiten Frage kommen meines Erachtens zwei denkbare Lösungen in Betracht. Entweder handelt es sich um zwei isolierte Handlungen: die Einräumung des Erbnießbrauchs an dem Grundstück und der Erwerb des Eigentums hieran kraft Gesetzes. Wenn Letzteres keine Lieferung ist, dann liegt mit der Umwandlung in das Eigentum eine Dienstleistung vor (dazu 1.). Oder die Umwandlung stellt sich bei einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung als Fortsetzung des Erbnießbrauchs dar, indem das Umwandlungsgesetz den Liefergegenstand nachträglich erweitert (dazu 2.).

32.      Unabhängig davon, welcher Betrachtungsweise (isolierte Betrachtung oder wirtschaftliche Gesamtbetrachtung) der Gerichtshof folgen mag – in beiden Fällen liegt ein steuerbarer Umsatz vor. Damit stellt sich die vom vorlegenden Gericht aufgeworfene Frage nach der Auslegung von Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie hier im Grunde nicht (dazu 3.).

1.      Isolierte Betrachtung des Eigentumsübergangs

33.      Bei formaler Betrachtung überträgt der Eigentümer auf den Erbnießbraucher zunächst die Verfügungsmacht am Grundstück, worin eine mehrwertsteuerpflichtige Lieferung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie zu sehen ist. Im zweiten Schritt wandelt sich das Erbnießbrauchrecht kraft Gesetzes in Eigentum um. Wenn die Umwandlung keine Lieferung ist, weil die Verfügungsmacht schon auf den Inhaber des Erbnießbrauchrechts übergegangen war, liegt jedenfalls eine steuerbare Dienstleistung nach Art. 24 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie vor.

34.      Steuerbar sind als Dienstleistungen nach Art. 24 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie nämlich solche Umsätze, die keine Lieferung von Gegenständen sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs erfordert eine steuerpflichtige Dienstleistung gegen Entgelt lediglich, dass zwischen einem Leistenden und einem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet.(6) Dies ist dann der Fall, wenn zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht.(7)

35.      Nicht jede Zahlung führt dabei zwangsläufig zu einem steuerbaren Leistungsaustausch. Eine Besteuerung im Rahmen einer Verbrauchsteuer erfolgt nur dort, wo der Leistungsempfänger auch einen verbrauchbaren Vorteil erlangt.(8) An einer Dienstleistung im Sinne von Art. 24 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie fehlt es daher, wenn ein Zahlungsempfänger eine Zahlung nicht als Gegenleistung für eine bestimmbare Leistung, sondern aus anderen Gründen (z. B. Ersatz eines Verzugsschadens(9) oder Ausgleich eines entgangenen Gewinns(10)) erhält.(11)

36.      Im vorliegenden Fall lässt sich ein verbrauchbarer Vorteil für den bisherigen Erbnießbraucher ohne Weiteres bejahen. An einem solchen fehlt es hier nicht deshalb, weil der Erbnießbraucher auch schon vor der Umwandlung als Inhaber der Verfügungsmacht wirtschaftlich gesehen das Grundstück wie ein Eigentümer nutzte. Als Eigentümer hingegen kann er nun nicht nur die Früchte aus dem Grundstück ziehen, sondern das Grundstück auch an Dritte übertragen. Die Umwandlung des Erbnießbrauchrechts in Eigentum ist daher ein verbrauchbarer Vorteil. Bei isolierter Betrachtung liegt mithin eine Dienstleistung nach Art. 24 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie vor.

2.      Wirtschaftliche Gesamtbetrachtung: Eigentumsübergang als bloße Fortsetzung der ursprünglichen Lieferung

37.      Ich halte im vorliegenden Fall aber in Übereinstimmung mit Polen eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung für überzeugender. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Umwandlung des Erbnießbrauchs in Eigentum nicht mehrwertsteuerrechtlich irrelevant, sondern als Fortsetzung einer Lieferung nach Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie zu beurteilen.

38.      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs umfasst eine Lieferung jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer.(12) Kann der Empfänger einer Lieferung nicht „als Eigentümer“ über einen Gegenstand verfügen, schließt dies eine Lieferung nicht aus, wenn er zumindest „wie ein Eigentümer“ mit der Sache verfahren kann.(13) Das wird jedenfalls in einigen Sprachfassungen der Mehrwertsteuerrichtlinie deutlich.(14)

39.      Bestätigt wird dies auch durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs. Das Prinzip der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts und der Gleichheitssatz erfordern eine autonome und einheitliche Auslegung unionsrechtlicher Begriffe.(15) Diese wäre gefährdet, wenn es für das Vorliegen einer Lieferung, auf den zivilrechtlichen Eigentumserwerb ankäme, der von der Ausgestaltung des nationalen Zivilrechts abhängt. Ob das Eigentum übergeht, kann daher für den Begriff der Lieferung nicht maßgebend sein.(16) Verfügungsmacht im Sinne von Art. 14 der Mehrwertsteuerrichtlinie ist somit nicht gleichzusetzen mit der rechtlichen Eigentümerstellung. Die fehlende zivilrechtliche Eigentumsübertragung steht nach Auffassung des Gerichtshofs daher einer Lieferung nicht entgegen.(17)

40.      Die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangten die jetzigen Eigentümer bereits mit der Übertragung des Erbnießbrauchrechts. Der Erbnießbraucher kann das Grundstück wie ein Eigentümer nutzen. Die Übertragung des Erbnießbrauchs wird daher zutreffend von allen Beteiligten als mehrwertsteuerpflichtige Lieferung nach Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie qualifiziert, so dass die jährlichen Entgelte der Mehrwertsteuer unterliegen. Hierauf weist das vorlegende Gericht explizit hin.

41.      Unzutreffend ist aber die Schlussfolgerung der Klägerin, der Umwandlungsvorgang sei mehrwertsteuerrechtlich unbedeutend. Bisher stellten sich die jährlichen Zahlungen der Erbnießbraucher an den Eigentümer als Gegenleistung für die Erlangung der Verfügungsmacht an dem Grundstück dar. Sie unterlagen deshalb als Entgelt für die Lieferung von Gegenständen nach Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 7 Ziff. 6 des Mehrwertsteuergesetzes der Mehrwertsteuer. Dass dem bisherigen Erbnießbraucher nun auch die Eigentümerstellung übertragen wird und er nun anstelle der Erbnießbrauchraten ein Umwandlungsentgelt zahlt, vermag an dem steuerrechtlichen Schicksal der Zahlungen nichts zu ändern.

42.      Denn die Zahlungen beziehen sich weiter auf die Lieferung des Grundstücks. Der bisherige Erbnießbraucher zahlt weiterhin ein Entgelt für die Erlangung der Verfügungsmacht an dem Grundstück. Im Umwandlungsvorgang liegt lediglich eine Modifikation des Liefergegenstandes. Ursprünglich wurde das Entgelt für den alleinigen Erbnießbrauch gezahlt, nun für den zum Eigentum erstarkten Erbnießbrauch.

43.      Deutlich wird dies auch in der Ausgestaltung des Umwandlungsentgelts, wie Polen zu Recht betont. Der bisherige Erbnießbraucher zahlt seine für den Erbnießbrauch geschuldeten Raten weiter – lediglich unter veränderten Konditionen. Das im Rahmen der Umwandlung des Eigentums gezahlte Entgelt entspricht seiner Höhe nach exakt dem, was für den Erbnießbrauch im Jahr zu zahlen wäre.

44.      Wenn nun nach Art. 7 Abs. 7 des Umwandlungsgesetzes auf Antrag die Möglichkeit einer Einmalzahlung eingeräumt wird oder nach Art. 7 Abs. 6 des Umwandlungsgesetzes eine Deckelung auf 20 Jahresraten erfolgt, so handelt es sich dabei lediglich um die Regelung von Zahlungsmodalitäten. Der Rechtsgrund der Zahlung ändert sich dadurch nicht. Ziel des Umwandlungsgesetzes ist wohl allein, das bisherige Auseinanderfallen von formellem und materiellem Eigentum zu überwinden. Sowohl die Verpflichtung zur Zahlung als auch die Höhe des Entgelts folgen aus der ursprünglichen Übertragung des Erbnießbrauchs und sind wirtschaftlich daher auch einheitlich als Entgelt für diese Lieferung zu betrachten.

3.      Lieferung im Sinne von Art. 14 Abs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie?

45.      Welcher Betrachtungsweise der Gerichtshof auch folgen mag, auf die Auslegung von Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie, wonach als Lieferung die Übertragung des Eigentums an einem Gegenstand kraft Gesetzes gegen Zahlung einer Entschädigung gilt, kommt es daher im Ergebnis nicht an. Ein steuerbarer Vorgang liegt in jedem Fall vor.

46.      Dennoch möchte das vorlegende Gericht das Verhältnis von Art. 14 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie geklärt wissen. Im Rahmen des Kooperationsverhältnisses mit den nationalen Gerichten beantwortet der Gerichtshof möglichst deren Fragen. Die Fragestellung des vorlegenden Gerichts scheint allerdings auf einer unzutreffenden Annahme zu beruhen. Anscheinend geht es davon aus, dass Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie eine Lieferung fingiert, wenn es am Übergang von Verfügungsmacht im Sinne von Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie fehlt.

47.      Zwar hat der Gerichtshof einmal(18) – allerdings in einem Fall, in dem eine Lieferung nach Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorlag(19) – entschieden, Art. 14 Abs. 2 Buchst. a sei im Verhältnis zu Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie lex specialis. Dieser fingiere auch eine Lieferung, wenn es an einer Verschaffung der Verfügungsmacht fehle.(20) Dem stehen bei genauer Betrachtung aber der Wortlaut und die Systematik der Norm (dazu Nrn. 48 und 49), ihre Historie (dazu Nrn. 50 und 51) sowie teleologische Erwägungen (dazu Nrn. 52 ff.) entgegen.

48.      Aus dem Wortlaut und der Systematik von Art. 14 der Mehrwertsteuerrichtlinie folgt, dass Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie immer von dem Vorliegen einer Lieferung ausgeht. So spricht dieser von der „Übertragung des Eigentums“. Die Übertragung des Eigentums ist gerade der klassische Fall einer Lieferung nach Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie.(21)

49.      Auch die Parallelvorschrift des Art. 25 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie spricht gegen ein Lex-specialis-Verhältnis. Sie stellt nämlich eindeutig („unter anderem“) klar, dass Dienstleistungen nach dem Grundtatbestand des Art. 24 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie auch solche sind, die erzwungenermaßen erbracht werden. Art. 25 der Mehrwertsteuerrichtlinie kommt somit nur die Bedeutung eines Regelbeispiels zu. Keineswegs fingiert diese Vorschrift irgendetwas. Dieses Verständnis kann auch auf das Verhältnis von Art. 14 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie übertragen werden.(22)

50.      Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie geht zurück auf Art. 5 Abs. 4 der Sechsten Umsatzsteuerrichtlinie.(23) Letztere Norm wiederum beruht auf Art. 5 Abs. 2 Buchst. f. des Vorschlags der sechsten Richtlinie des Rates.(24) Dieser lautete: „Als Lieferungen im Sinne des Absatzes 1 gelten ferner: … f) die Übertragung des Eigentums an einem Gegenstand gegen Zahlung einer Entschädigung auf Grund einer behördlichen Anordnung, falls eine nicht behördlich angeordnete Veräußerung dieses Gegenstandes der Steuer unterliegen würde.“

51.      Folglich sollte mit der Regelung der Gleichlauf der mehrwertsteuerrechtlichen Behandlung einer normalen, nicht behördlich angeordneten Veräußerung und einer behördlich angeordneten Übertragung des Eigentums sichergestellt werden.

52.      Auch unter teleologischen Gesichtspunkten kann die Auffassung, Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie beinhalte die Fiktion einer Lieferung, falls es an der Übertragung von Verfügungsmacht fehle,(25) nicht überzeugen.

53.      Dies bestätigt der Blick auf die anderen beiden Alternativen des Art. 14 Abs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie. Denn auch Art. 14 Abs. 2 Buchst. b oder c der Mehrwertsteuerrichtlinie dienen nicht einfach der Fiktion einer Lieferung. Art. 14 Abs. 2 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie stellt lediglich klar, dass z. B. beim Finanzierungsleasing insgesamt eine Lieferung vorliegt(26), unabhängig davon, in welcher Reihenfolge nun die wirtschaftliche Verfügungsmacht und letztlich das Eigentum übergehen.

54.      Ein besonderer Zweck ist auch bei Art. 14 Abs. 2 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie erkennbar, der Kommissionsgeschäfte betrifft. Wenngleich die Geschäftsbesorgungsleistung des Kommissionärs an den Kommittenten im Grunde als Dienstleistung nach Art. 24 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie zu behandeln wäre, qualifiziert Art. 14 Abs. 2 Buchst. c diese Leistung für den Fall der Verkaufskommission in eine Lieferung um. Die Norm fingiert damit zwei gleichartige Lieferungen von Gegenständen, die nacheinander erfolgen,(27) um den Gleichlauf der Umsätze zwischen Kommissionär und Kommittenten sowie zwischen Kommissionär und Abnehmer in der mehrwertsteuerlichen Beurteilung sicherzustellen.

55.      Im Rahmen des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie ist hingegen kein Grund ersichtlich, warum eine Lieferung für den Fall fingiert werden sollte, in dem das Eigentum losgelöst von der Verfügungsmacht übergeht. Ganz im Gegenteil würde eine solche Auslegung in Fällen wie dem vorliegenden zu einer systemwidrigen Verdoppelung der Lieferung führen. Ein und derselbe Gegenstand, der bereits einmal an den Erwerber geliefert wurde, kann nicht ein zweites Mal an denselben Erwerber geliefert werden. Die Gefahr einer Besteuerungslücke besteht angesichts des Auffangtatbestandes der Dienstleistung nach Art. 24 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht.

56.      Der Regelungsgehalt des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie erschöpft sich mithin lediglich in der Klarstellung, dass ein (erzwungener) Eigentumsübergang auf öffentlich-rechtlicher Grundlage als Lieferung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie der Mehrwertsteuer unterfällt, wenn ein vergleichbares privatrechtliches Geschäft eine solche Lieferung wäre. Dafür spricht letztlich auch, dass der Gesetzgeber hier vor allem Fallgruppen wie die Enteignung oder die Zwangsvollstreckung(28) vor Augen gehabt haben mag. In beiden Fällen wird aber unstreitig die Verfügungsmacht an den Gegenständen übertragen.

C.      Zur dritten Frage: keine Tätigkeit im Rahmen öffentlicher Gewalt

57.      Mit der dritten Frage wirft das vorlegende Gericht die Frage auf, ob die Gemeinde im vorliegenden Fall überhaupt als Steuerpflichtige im Sinne von Art. 9 der Mehrwertsteuerrichtlinie tätig wird. Vereinnahmt die Gemeinde das Umwandlungsentgelt als Einrichtung des öffentlichen Rechts bei Ausübung einer Tätigkeit, die ihr im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegt, dann könnte die Ausnahmevorschrift des Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie einen steuerbaren Umsatz ausschließen.

58.      Auch wenn – was die schriftlichen Ausführungen Polens nahelegen – die gesetzlich angeordnete Umwandlung des Erbnießbrauchrechts in Polen vor allem oder gar ausschließlich Grundstücke von Einrichtungen des öffentlichen Rechts betreffen sollte, ist Art. 13 der Mehrwertsteuerrichtlinie hier nicht einschlägig.

59.      Hintergrund dieser Regelung ist, dass gewisse Tätigkeiten, obwohl sie wirtschaftlicher Art sind, eng mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse verflochten sind,(29) die allein Einrichtungen des öffentlichen Rechts vorbehalten sind. Eine Wettbewerbsverzerrung kann dann ausgeschlossen werden.

60.      Einrichtungen des öffentlichen Rechts agieren deshalb nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs aber nur dann im Rahmen der öffentlichen Gewalt, wenn sie auf Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung handeln und gerade nicht Tätigkeiten unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie private Unternehmer ausüben.(30)

61.      Weder der Eigentumsverlust noch die Vereinnahmung des Umwandlungsentgelts stellt sich hier als Ausübung öffentlicher Gewalt dar. Zwar verpflichtet das Umwandlungsgesetz die Gemeinde zur Durchführung eines Verwaltungsverfahrens. Das von den bisherigen Erbnießbrauchern zu zahlende Entgelt legt die Gemeinde aber nicht als Hoheitsträgerin kraft einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens fest.

62.      Vielmehr nimmt die Gemeinde die Zahlung in ihrer Eigenschaft als bisherige Grundstückseigentümerin entgegen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Umwandlung kraft Gesetzes der sachenrechtlichen Bereinigung des in Zeiten des Kommunismus offenbar untersagten Erwerbs staatlicher Grundstücke dient, weswegen damals auf das Instrument des Erbnießbrauch zurückgegriffen wurde. Die jetzige Übertragung des Eigentums stellt sich wirtschaftlich betrachtet als Fortsetzung der mit der Einräumung des Erbnießbrauchs verbundenen Lieferung dar (dazu oben 2.). Die Pflicht zur Entgeltzahlung knüpft – wie auch die Kommission zutreffend betont – also an die Überlassung des Erbnießbrauchs an den gemeindlichen Grundstücken an. Diese findet jedoch ihre Grundlage im Zivilrecht.

63.      Deswegen handelte die Gemeinde bei der Vereinnahmung der Erbnießbrauchraten auch als Steuerpflichtige. Es besteht daher kein Grund, die Tätigkeit der Gemeinde nun anders zu qualifizieren als bisher.

64.      Insofern lässt das Umwandlungsgesetz die (zivilrechtliche) Rechtsnatur des Entgelts unberührt. Dies bestätigt Art. 12 Abs. 2 des Umwandlungsgesetzes. Dieser verweist nämlich ausdrücklich auf Art. 12a des Immobilienverwaltungsgesetzes, der die zivilrechtliche Rechtsnatur der Entgelte des Erbnießbrauchers regelt.

D.      Ergebnis

65.      Ich schlage daher dem Gerichtshof vor, wie folgt zu entscheiden:

1.      Die kraft Gesetzes erfolgte Umwandlung eines Erbnießbrauchrechts an einer Immobilie in ein Eigentumsrecht, wie sie hier im konkreten Fall vorliegt, stellt eine Lieferung von Gegenständen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 dar, die der Mehrwertsteuer unterliegt.

2.      Eine Gemeinde, die ein Entgelt für die kraft Gesetzes erfolgte Umwandlung eines Erbnießbrauchrechts an einer Immobilie in ein Eigentumsrecht bezieht, wie es unter den Umständen der vorliegenden Rechtssache der Fall ist, handelt als Steuerpflichtige im Sinne von Art. 9 Abs. 1 und nicht als Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 13 der Richtlinie 2006/112.
































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