C-466/21 P – Land Rheinland-Pfalz/ Deutsche Lufthansa

C-466/21 P – Land Rheinland-Pfalz/ Deutsche Lufthansa

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:C:2023:195

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALAWALTS

PRIIT PIKAMÄE

vom 9. März 2023(1)

Rechtssache C466/21 P

Land Rheinland-Pfalz

gegen

Deutsche Lufthansa AG,

Europäische Kommission

„Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Luftverkehrssektor – Dem Flughafen Frankfurt-Hahn von Deutschland gewährte Betriebsbeihilfe – Beschluss, keine Einwände zu erheben – Nichtigkeitsklage – Eigenschaft als ‚Beteiligter‘ – Wahrung der Verfahrensrechte – Begriff ‚Gesamtplan‘“

1.        Mit seinem Rechtsmittel beantragt das Land Rheinland-Pfalz (Deutschland, im Folgenden: Land) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 19. Mai 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission  (T‑218/18, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2021:282), mit dem das Gericht den Beschluss C(2017) 5289 final der Kommission vom 31. Juli 2017 über die staatliche Beihilfe SA.47969 (2017/N), die Deutschland dem Flughafen Frankfurt-Hahn in Form einer Betriebsbeihilfe gewährt hat (im Folgenden: streitiger Beschluss), für nichtig erklärt hat.

2.        Dieses Urteil ist im Rahmen der vorliegenden Rechtssache Gegenstand zweier Anschlussrechtsmittel, mit denen die Europäische Kommission und die Deutsche Lufthansa AG (im Folgenden: DLH) beantragen, das Urteil insgesamt bzw. insoweit aufzuheben, als mit ihm die zweite Rüge des ersten Teils des einzigen von DLH vorgebrachten Klagegrundes zurückgewiesen worden ist.

3.        Der Gerichtshof wird ein weiteres Mal zur Befugnis befragt, gegen eine Entscheidung vorzugehen, mit der die Kommission beschließt, das Verwaltungsverfahren im Bereich staatlicher Beihilfen einzustellen, weil die Beihilfe keinen Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt begegnet. In diesem Zusammenhang hat er sich zur Bedeutung des Begriffs „Beteiligter“ und zu den Fällen zu äußern, in denen davon ausgegangen werden kann, dass ein solcher Beteiligter mit seinem Rechtsmittel eine Verletzung seiner Verfahrensrechte geltend gemacht hat. Überdies wird der Gerichtshof u. a. die Frage zu entscheiden haben, ob das Gericht richtigerweise den Rechtsbegriff „Gesamtplan“ verwendet hat, um zu ermitteln, ob die untersuchte Beihilfe von ihrem unmittelbaren Empfänger an ein anderes Unternehmen durchgeleitet worden ist. Auf Ersuchen des Gerichtshofs werden sich die vorliegenden Schlussanträge lediglich auf diese Rechtsfragen beziehen.

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

4.        Am 7. April 2017 teilte die Bundesrepublik Deutschland der Kommission ihre Absicht mit, dem Flughafen Frankfurt-Hahn wegen seines defizitären Zustands eine Betriebsbeihilfe zu gewähren (im Folgenden: streitige Beihilfe). Dieser Flughafen wird von der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH (im Folgenden: FFHG) betrieben.

5.        Mit dem streitigen Beschluss entschied die Kommission im Wesentlichen, dass kein förmliches Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen sei, weil die Maßnahme, obwohl sie eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle, nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar sei. Genauer gesagt wies die Kommission im streitigen Beschluss insbesondere darauf hin, dass es im Einzugsgebiet des Flughafens Frankfurt-Hahn keine weiteren Flughäfen gebe.

6.        Vor dem streitigen Beschluss hatte die Kommission zwei andere Beschlüsse zu Maßnahmen erlassen, die die Bundesrepublik Deutschland zugunsten des Flughafens Frankfurt-Hahn und von Ryanair getroffen hatte. Der erste dieser Beschlüsse, der Beschluss (EU) 2016/788 vom 1. Oktober 2014 über die staatliche Beihilfe SA.32833 (11/C) (ex 11/NN) Deutschlands betreffend die Finanzierung des Flughafens Frankfurt-Hahn im Zeitraum 2009‑2011 (ABl. 2016, L 134, S. 1), war Gegenstand des Beschlusses vom 17. Mai 2019, Deutsche Lufthansa/Kommission (T‑764/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:349). Um den zweiten Beschluss, den Beschluss (EU) 2016/789 vom 1. Oktober 2014 über die staatliche Beihilfe SA.21121 (C 29/08) (ex NN 54/07) Deutschlands über die Finanzierung des Flughafens Frankfurt-Hahn und die finanziellen Beziehungen zwischen dem Flughafen und Ryanair (ABl. 2016, L 134, S. 46), ging es im Urteil vom 12. April 2019, Deutsche Lufthansa/Kommission (T‑492/15, EU:T:2019:252). Die gegen diesen Beschluss bzw. dieses Urteil eingelegten Rechtsmittel wurden mit den Urteilen vom 15. Juli 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission (C‑453/19 P, EU:C:2021:608), und vom 20. Januar 2022, Deutsche Lufthansa/Kommission (C‑594/19 P, EU:C:2022:40), zurückgewiesen.

7.        Darüber hinaus eröffnete die Kommission aufgrund einer unter dem Aktenzeichen SA.43260 registrierten Beschwerde der Klägerin hinsichtlich anderer Maßnahmen zugunsten des Flughafens Frankfurt-Hahn und von Ryanair am 26. Oktober 2018 das förmliche Prüfverfahren (im Folgenden: Verfahren Hahn IV).

II.    Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

8.        Mit Klageschrift, die am 29. März 2018 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob DLH Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses.

9.        DLH machte vor dem Gericht im Wesentlichen einen einzigen Klagegrund geltend.

10.      Mit dem angefochtenen Urteil entschied das Gericht, dass die Kommission nicht sämtliche nach den Leitlinien für staatliche Beihilfe für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften (ABl. 2014, C 99, S. 3) für ihre Beurteilung vorgeschriebenen Kriterien hinsichtlich des Einzugsgebiets des Flughafens Frankfurt-Hahn ordnungsgemäß berücksichtigt habe, so dass die unzureichende und unvollständige Prüfung der Kommission es dieser nicht ermöglicht habe, alle Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der streitigen Beihilfe mit dem Binnenmarkt zu beseitigen. Das Gericht gab daher dem einzigen Klagegrund von DLH teilweise statt und erklärte den streitigen Beschluss für nichtig.

III. Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien

A.      Anträge des Rechtsmittels

11.      Mit seinem Rechtsmittel beantragt das Land, das angefochtene Urteil aufzuheben, die Klage gegen den streitigen Beschluss endgültig abzuweisen und DLH die Kosten im ersten Rechtszug und in der Rechtsmittelinstanz aufzuerlegen.

12.      DLH beantragt, das Rechtsmittel als unzulässig oder jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen und dem Land die Kosten aufzuerlegen.

13.      Die Kommission beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben, die Klage als unzulässig oder hilfsweise als unbegründet abzuweisen und DLH die Kosten im ersten Rechtszug und in der Rechtsmittelinstanz aufzuerlegen.

B.      Anträge des von DLH eingelegten Anschlussrechtsmittels

14.      Mit ihrem Anschlussrechtsmittel beantragt DLH, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit mit ihm die zweite Rüge des ersten Teils ihres einzigen Klagegrundes zurückgewiesen wird, und dem Land die Kosten aufzuerlegen.

15.      Das Land beantragt, das Anschlussrechtsmittel von DLH zurückzuweisen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage gegen den streitigen Beschluss endgültig abzuweisen sowie DLH die Kosten im ersten Rechtszug und in der Rechtsmittelinstanz aufzuerlegen.

16.      Die Kommission beantragt, das Anschlussrechtsmittel von DLH als unzulässig oder hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen und DLH die Kosten im ersten Rechtszug und in der Rechtsmittelinstanz aufzuerlegen.

C.      Anträge des Anschlussrechtsmittels der Kommission

17.      Mit ihrem Anschlussrechtsmittel beantragt die Kommission, das angefochtene Urteil aufzuheben, die Klage als unzulässig oder hilfsweise als unbegründet abzuweisen und DLH die Kosten im ersten Rechtszug und in der Rechtsmittelinstanz aufzuerlegen.

18.      DLH beantragt, das Anschlussrechtsmittel der Kommission als unzulässig oder jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen und der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

19.      Das Land beantragt, dem Anschlussrechtsmittel der Kommission stattzugeben, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage gegen den streitigen Beschluss endgültig abzuweisen sowie DLH die Kosten im ersten Rechtszug und in der Rechtsmittelinstanz aufzuerlegen.

20.      DLH, das Land und die Kommission sind in der mündlichen Verhandlung vom 30. November 2022 angehört worden.

IV.    Würdigung

21.      Auf Ersuchen des Gerichtshofs beziehen sich die vorliegenden Schlussanträge lediglich auf den jeweils ersten Grund des Rechtsmittels des Landes bzw. des Anschlussrechtsmittels der Kommission, mit denen ein Rechtsfehler und eine mangelnde Begründung des angefochtenen Urteils hinsichtlich der Feststellung der Klagebefugnis von DLH im vorliegenden Fall geltend gemacht werden, sowie auf den zweiten Grund des Anschlussrechtsmittels von DLH, mit dem gerügt wird, das Gericht habe den Begriff „Gesamtplan“ fehlerhaft verwendet, um zu ermitteln, ob die untersuchte Beihilfe von FFHG an Ryanair durchgeleitet worden sei, und auf diese Weise zu beurteilen, ob Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der streitigen Beihilfe mit dem Binnenmarkt bestünden.

A.      Rechtsmittelgründe der fehlenden Klagebefugnis von DLH (erster Grund des Rechtsmittels und erster Grund des Anschlussrechtsmittels der Kommission)

1.      Zusammenfassung des angefochtenen Urteils und des Vorbringens der Parteien

22.      Die Erwägungen des Gerichts, die zur Anerkennung der Klagebefugnis von DLH und damit zur Zurückweisung der Einrede der Unzulässigkeit der von dieser erhobenen Klage führen, werden vom Land und von der Kommission im Hinblick auf die Auslegung des Begriffs „Beteiligter“ und lediglich vom Land in Bezug auf die Tatsache beanstandet, dass sich DLH auf ihre Verfahrensrechte berufen hat.

23.      In den Rn. 39 bis 56 des angefochtenen Urteils hat das Gericht im Wesentlichen entschieden, dass DLH aus zwei Gründen eine „Beteiligte“ im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung (EU) 2015/1589(2) sei. Zum einen hat es in Rn. 50 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die dem Flughafen Frankfurt-Hahn gewährte streitige Beihilfe die Wettbewerbsstellung des Flughafens Frankfurt am Main, bei dem es sich um den wichtigsten Drehkreuzflughafen von DLH handle, und damit die Interessen dieser Fluggesellschaft beeinträchtigen könnte. Zum anderen hat es in den Rn. 51 bis 54 des angefochtenen Urteils hervorgehoben, dass die streitige Beihilfe dem Flughafen Frankfurt-Hahn die Fortführung seiner Tätigkeit und Ryanair die Aufrechterhaltung des durch sie von diesem Flughafen aus auf DLH ausgeübten Wettbewerbsdrucks ermöglicht habe.

24.      In den Rn. 61 bis 64 des angefochtenen Urteils hat das Gericht im Wesentlichen die Auffassung vertreten, aus der Prüfung der Nichtigkeitsklageschrift insgesamt ergebe sich, dass DLH der Kommission vorgeworfen habe, durch die Entscheidung, kein förmliches Prüfverfahren zu eröffnen, ihre Verfahrensrechte verletzt zu haben.

2.      Beurteilung

a)      Einleitende Bemerkungen

25.      Bevor mit der Prüfung der Frage begonnen wird, ob die vom Land und von der Kommission geäußerte Kritik begründet ist, sind einige einleitende Bemerkungen zu machen, mit dem Ziel, den rechtlichen Kontext zu definieren, in den sich die Beurteilung der Klagebefugnis von DLH einfügen muss.

26.      Nach Art. 263 Abs. 4 AEUV wird u. a. jeder natürlichen oder juristischen Person die Klagebefugnis für die Erhebung einer Klage gegen eine nicht an sie gerichtete Handlung der Union zuerkannt, sofern diese Handlung sie „unmittelbar und individuell“ betrifft.

27.      Zusammengefasst ist eine solche Person nach der klassischen Rechtsprechung „unmittelbar betroffen“, wenn zwischen der angefochtenen Handlung und ihrer Rechtsstellung ein direkter Zusammenhang besteht(3), und „individuell betroffen“, wenn diese Handlung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt(4).

28.      Wie bereits festgestellt worden ist, sind diese beiden Voraussetzungen unterschiedlicher Natur, da die unmittelbare Betroffenheit im Wesentlichen die Rechtsstellung des Klägers betrifft, während sich die individuelle Betroffenheit ausschließlich auf seine faktische Situation bezieht(5).

29.      Da es im vorliegenden Fall um eine Klage gegen einen Beschluss der Kommission im Bereich staatlicher Beihilfen geht, ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des in Art. 108 AEUV vorgesehenen Beihilfenkontrollverfahrens zwischen der Vorprüfungsphase nach Art. 108 Abs. 3 AEUV, die nur dazu dient, der Kommission eine erste Meinungsbildung über die teilweise oder völlige Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Binnenmarkt zu ermöglichen, und der in Art. 108 Abs. 2 AEUV geregelten Phase der formellen Prüfung zu unterscheiden ist. Die formelle Phase erweist sich als unerlässlich, wenn die Kommission bei der Prüfung, ob eine Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, auf „ernste Schwierigkeiten“ stößt. Konnten all diese Schwierigkeiten durch die Erstprüfung nicht ausgeräumt werden, ist die Kommission, um sich umfassende Kenntnis zu verschaffen, daher verpflichtet, alle erforderlichen Stellungnahmen einzuholen und dazu das formelle Prüfverfahren einzuleiten(6). Nur in diesem Verfahren erlegt der Vertrag der Kommission somit die Verpflichtung auf, den „Beteiligten“ Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

30.      Nach einer gefestigten Rechtsprechung, die bis zu den Urteilen Cook/Kommission(7) und Matra/Kommission(8) zurückreicht, können die Beteiligten, wenn die Kommission, ohne das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, mit einer nach der Vorphase getroffenen Entscheidung feststellt, dass eine Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, die Wahrung ihrer Verfahrensrechte nur durchsetzen, wenn sie die Möglichkeit haben, diese Entscheidung vor den Unionsgerichten anzufechten. Daher wird eine Klage auf Nichtigerklärung einer solchen Entscheidung, die von einem „Beteiligten“ im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV erhoben wird, für zulässig erklärt, wenn der Kläger mit der Erhebung der Klage die Verfahrensrechte wahren möchte, die ihm nach der letztgenannten Bestimmung zustehen(9). In einem solchen Fall muss der Kläger – anders als ein Kläger, der die Begründetheit einer nach Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens getroffenen Entscheidung in Frage stellt – nicht dartun, dass ihm eine besondere Stellung im Sinne der aus dem Urteil Plaumann hervorgegangenen Rechtsprechung (im Folgenden: Plaumann-Rechtsprechung) zukommt, was insbesondere dann der Fall wäre, wenn seine Marktstellung durch die Beihilfe, die Gegenstand der betreffenden Entscheidung ist, „spürbar beeinträchtigt“ würde(10).

31.      Der Begriff „Beteiligte“ ist vom Unionsgesetzgeber in Art. 1 Buchst. h der Verordnung (EG) Nr. 659/1999(11) präzisiert worden, auf den Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 gefolgt ist, der „Beteiligte“ als „Mitgliedstaaten, Personen, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, deren Interessen aufgrund der Gewährung einer Beihilfe beeinträchtigt sein können, insbesondere der Beihilfeempfänger, Wettbewerber und Berufsverbände“, definiert. Auch wenn dieser Begriff so insbesondere ein Unternehmen, das mit dem Beihilfeempfänger in Wettbewerb steht, umfasst, bezieht er sich nach ständiger Rechtsprechung auf eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten(12). Daher hat der Gerichtshof anerkannt, dass Unternehmen, die keine direkten Wettbewerber des Beihilfeempfängers sind, als „Beteiligte“ betrachtet werden, sofern in rechtlich hinreichender Weise dargetan wird, dass sich die Beihilfe auf ihre Situation konkret auswirken kann(13).

32.      Im Licht dieser Bemerkungen werde ich im Folgenden die spezifische Kritik untersuchen, die das Land und die Kommission im Zusammenhang mit den Erwägungen des Gerichts, die dazu geführt haben, dass die von DLH vor ihm erhobene Klage für zulässig erklärt worden ist, vorgebracht haben.

b)      Zur Beteiligteneigenschaft von DLH

1)      Zur falschen Auslegung des Begriffs „indirekter Wettbewerber“

33.      Die Kommission trägt vor, das Gericht habe den Begriff „indirekter Wettbewerber“ zu weit ausgelegt, was es dazu veranlasst habe, fälschlicherweise festzustellen, dass DLH eine „Beteiligte“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs sei. Zum einen habe das Gericht nicht die Anforderungen der Urteile Kronoply sowie Österreich/Scheucher-Fleisch u. a.(14) erfüllt, in denen der Gerichtshof es in Bezug auf den Nachweis für das Vorliegen eines indirekten Wettbewerbs für notwendig gehalten habe, dass zunächst dargetan werde, dass der Beihilfeempfänger und der indirekte Wettbewerber – zumindest für einen Teil ihrer Tätigkeit – in einem Wettbewerbsverhältnis zueinander stünden, und anschließend, dass die Beihilfe geeignet sei, die Wettbewerbsstellung dieses Wettbewerbers zu beeinträchtigen. Zum anderen habe das Gericht nicht festgestellt, welche Auswirkungen die fragliche Beihilfe tatsächlich auf den Flughafen Frankfurt am Main, insbesondere seine Rentabilität, und die Flüge gehabt habe, die sowohl von DLH ab dem Flughafen Frankfurt am Main als auch von Ryanair ab dem Flughafen Frankfurt-Hahn angeboten würden.

34.      Auch wenn es zutrifft, dass das Gericht, wie die Kommission behauptet, in den Rn. 45 und 46 des angefochtenen Urteils die Absicht gehabt zu haben scheint, das Verhältnis zwischen dem Empfänger der streitigen Beihilfe – FFHG – und der Klägerin – DLH – als indirektes Wettbewerbsverhältnis zu kennzeichnen, ist die Auslegung, die von der Rechtsprechung im Hinblick auf die Frage gewählt worden ist, ob es sich bei einem Unternehmen, das kein direkter Wettbewerber des Beihilfeempfängers ist, um einen „Beteiligten“ handelt, viel weiter, als die Kommission vorträgt.

35.      Zur ersten Rüge, mit der die Kommission dem Gericht vorwirft, dass es nicht die Auffassung vertreten hat, das Vorliegen eines indirekten Wettbewerbs setze voraus, dass der Kläger und der Beihilfeempfänger zumindest für einen Teil ihrer Tätigkeit in Wettbewerb zueinander stünden, ist zu sagen, dass diese Rüge auf die Urteile Kronoply und Österreich/Scheucher-Fleisch gestützt wird.

36.      Ich glaube nicht, dass die Auslegung dieser Urteile, so wie sie von der Kommission vorgeschlagen wird, die Zustimmung des Gerichtshofs erhalten kann.

37.      Im Urteil Kronoply hat der Gerichtshof ein Unternehmen, das kein direkter Wettbewerber des Beihilfeempfängers war, wohl aber denselben Rohstoff im Rahmen seines Produktionsprozesses benötigte, als Beteiligten betrachtet. Allerdings geht aus diesem Urteil keineswegs hervor, dass der Gerichtshof damit die Zuerkennung dieser Eigenschaft generell allein auf Unternehmen beschränken wollte, die sich zumindest für einen Teil ihrer Tätigkeit in einem Wettbewerbsverhältnis mit dem Beihilfeempfänger befinden.

38.      In der Rechtssache, in der das Urteil Österreich/Scheucher-Fleisch ergangen ist, bestand die fragliche Beihilfe in Subventionen, die im Rahmen eines Programms zur Förderung der Erzeugung, Be- und Verarbeitung sowie Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse in Österreich mittels eines Gütesiegels gewährt wurden, und kam sämtlichen Unternehmen zugute, die in der für dieses Siegel spezifischen Kette tätig waren, einschließlich bestimmter Schlacht- und Zerlegungsbetriebe sowie ihrer Einzelhändler.

39.      Die Klägerinnen, bei denen es sich um im Bereich Tierschlachtung und ‑zerlegung tätige Unternehmen handelte, die das genannte Siegel nicht führten, sind – als direkte Wettbewerber der die gleiche mit dem Gütesiegel ausgezeichnete Tätigkeit entfaltenden Unternehmen und als indirekte Wettbewerber der mit diesem Siegel ausgestatteten Einzelhändler – als Beteiligte angesehen worden. Der Gerichtshof hat daher Unternehmen wie den Klägerinnen, die nicht auf der gleichen Ebene wie die Einzelhändler tätig waren und sich demnach mit keinem Teil ihrer Tätigkeit in einem Wettbewerbsverhältnis zu diesen befanden, die Eigenschaft „indirekter Wettbewerber“ zuerkannt(15).

40.      Im Übrigen fügen sich die besagten Urteile in eine Rechtsprechungslinie ein, mit der der Gerichtshof meines Erachtens in einer größeren Vielzahl von Situationen, als die Kommission im vorliegenden Fall behauptet, die Auffassung vertreten hat, dass die Beteiligteneigenschaft Unternehmen zukommt, die keine direkten Wettbewerber des Beihilfeempfängers sind. Ein gutes Beispiel für diesen Ansatz des Gerichtshofs ist im Urteil 3F enthalten.

41.      In der Rechtssache, die diesem Urteil zugrunde gelegen hat, ging es um eine dänische Regelung – einschließlich steuerlicher Maßnahmen – für das dänische internationale Schiffsregister. Nach dieser Regelung konnten Reeder der im Register eingetragenen Schiffe zum einen Seeleute aus Drittstaaten gegen ein Entgelt beschäftigen, das im Einklang mit dem nationalen Recht dieser Drittstaaten stand, aber niedriger war, als es sich aus der Anwendung des dänischen Rechts ergab. Zum anderen wurden alle auf den eingetragenen Schiffen beschäftigten Seeleute von der Einkommensteuer befreit, was reduzierte Lohnansprüche dieser Seeleute gegenüber den Reedern mit sich brachte.

42.      In seinem Urteil hat der Gerichtshof anerkannt, dass eine Seeleutegewerkschaft als „Beteiligte“ betrachtet werden konnte, weil sich die fragliche Beihilfe auf ihre Situation konkret hätte auswirken können und diese Auswirkungen ihre „Wettbewerbsposition“ gegenüber anderen Seeleutegewerkschaften, deren Mitglieder auf den im vorerwähnten Register eingetragenen Schiffen beschäftigt waren, nicht auf dem Markt, in dem die Reeder tätig waren, sondern auf dem Markt der Bereitstellung von Arbeitskräften betrafen(16).

43.      In Verbindung mit den Urteilen Kronoply und Österreich/Scheucher-Fleisch könnte dieses Urteil 3F darauf hindeuten, dass der Beteiligtenbegriff den Nachweis verlangt, dass die Beihilfegewährung einen Einfluss auf die Wettbewerbsposition des Klägers hat, unabhängig von der Frage, ob dieser Einfluss einen anderen Markt als den betrifft, in dem der Beihilfeempfänger seiner Tätigkeit nachgeht.

44.      Hinzu kommt, dass das Urteil, das der Gerichtshof in der Rechtssache Ja zum Nürburgring/Kommission(17) unlängst erlassen hat, die Konturen des besagten Begriffs beträchtlich erweitert zu haben scheint.

45.      In diesem Urteil ist die Zuerkennung der Beteiligteneigenschaft an den in Form eines Vereins organisierten Rechtsmittelführer mit der Tatsache begründet worden, dass die fragliche Beihilfe im Rahmen des Verkaufs der Vermögenswerte des Nürburgring-Komplexes an ein auf Profitmaximierung ausgerichtetes Privatunternehmen gewährt worden war und dies die gemeinnützigen Ziele des Rechtsmittelführers sowie seine Existenz selbst, die speziell mit der Nürburgring-Rennstrecke verknüpft war, beeinträchtigte(18).

46.      Dementsprechend kann der Rüge der Kommission, wonach das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, indem es von DLH nicht den Nachweis verlangt habe, dass sie – und sei es auch nur teilweise – mit dem Flughafen Frankfurt-Hahn in Wettbewerb stehe, nach meinem Dafürhalten nicht stattgegeben werden.

47.      Bezüglich der zweiten Rüge, mit der die Kommission dem Gericht vorwirft, implizit davon ausgegangen zu sein, dass die tatsächlichen Auswirkungen der Beihilfegewährung für die Zwecke der Einstufung eines nicht im Wettbewerb mit dem Beihilfeempfänger stehenden Unternehmens als „Beteiligter“ nicht festgestellt zu werden bräuchten, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission ein weiteres Mal auf die Urteile Kronoply und Österreich/Scheucher-Fleisch bezieht.

48.      Meines Erachtens können diese Urteile nicht als Nachweis dafür dienen, dass das Gericht, um eine zutreffende Auslegung des Begriffs „Beteiligter“ zu finden, hätte feststellen müssen, welche Auswirkungen die fragliche Beihilfe auf den Flughafen Frankfurt am Main, insbesondere seine Rentabilität, und die Flüge hatte, die sowohl von DLH ab dem Flughafen Frankfurt am Main als auch von Ryanair ab dem Flughafen Frankfurt-Hahn angeboten werden.

49.      Was das erste Urteil angeht, so hat der Gerichtshof die Argumentation des Gerichts bestätigt, wonach die Klägerinnen dargetan hätten, dass der Holzpreis gestiegen sei und sich negative Folgen für sie nicht ausschließen ließen, auch wenn sie nicht nachgewiesen hätten, dass dieser Anstieg auf die Gewährung der fraglichen Beihilfe zurückzuführen sei. Weit davon entfernt, Gegenstand einer Feststellung betreffend die tatsächlichen Auswirkungen der Beihilfegewährung zu sein, hat sich der Gerichtshof nur zu dem Zweck auf den Anstieg des Holzpreises bezogen, seine Schlussfolgerung hinsichtlich des Vorliegens einer rein potenziellen Beeinträchtigung der Marktstellung der Klägerinnen aufgrund dieser Gewährung zu verstärken(19).

50.      Was das zweite Urteil betrifft, so scheint mir keine seiner Randnummern eine Feststellung des Gerichtshofs zu enthalten, dass sich die Beihilfe zugunsten der Einzelhändler tatsächlich auf die Klägerinnen (nicht mit einem Gütesiegel ausgezeichnete Schlacht- und Zerlegungsbetriebe) ausgewirkt hat.

51.      Darüber hinaus bestätigen die oben untersuchten Urteile 3F und Nürburgring, dass für die Schlussfolgerung, wonach ein Unternehmen, das kein direkter Wettbewerber des Beihilfeempfängers ist, als „Beteiligter“ betrachtet werden kann, die tatsächlichen Auswirkungen der Beihilfe nicht festgestellt zu werden brauchen.

52.      Diese zweite Rüge kann daher meines Erachtens keinen Erfolg haben.

2)      Zu dem Umstand, dass die Klägerin eine Beeinträchtigung ihrer rechtlichen Interessen oder ihrer Rechtsstellung nicht nachgewiesen hat

53.      Die Kommission macht geltend, das Gericht habe den Begriff „Beteiligter“ insofern falsch ausgelegt, als es von DLH nicht den Nachweis verlangt habe, dass die Gewährung der fraglichen Beihilfe „ihre rechtlichen Interessen oder ihre Rechtsstellung“ beeinträchtige.

54.      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff „Beteiligter“ nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs u. a. auf ein Unternehmen Anwendung findet, das kein direkter Wettbewerber des Beihilfeempfängers ist, sofern es geltend macht, dass „seine Interessen durch die Gewährung der Beihilfe beeinträchtigt werden könnten“, und damit „in rechtlich hinreichender Weise dartut, dass sich die Beihilfe auf seine Situation konkret auswirken kann“(20). Dagegen scheint mir aus dieser Rechtsprechung nicht hervorzugehen, dass nur Unternehmen, deren rechtliche Interessen oder Rechtsstellung beeinträchtigt zu werden drohen, die Eigenschaft eines „Beteiligten“ zuerkannt werden könnte.

55.      Zur Stützung ihrer Auslegung führt die Kommission die Urteile 3F und Nürburgring an. Im Hinblick auf das erste Urteil scheint sie die Auffassung zu vertreten, dass der Klägerin – einer Seeleutegewerkschaft – die Eigenschaft einer „Beteiligten“ zuerkannt worden sei, weil die Beihilfegewährung deren Rechtsstellung beeinträchtigt habe, indem sie ihre Verhandlungsposition gegenüber bestimmten dänischen Reedern geändert habe, worin nach meinem Dafürhalten ein unrichtiges Verständnis des Urteils zum Ausdruck kommt. Wie oben bereits erläutert worden ist, ergab sich die Beteiligteneigenschaft nach Ansicht des Gerichtshofs nämlich aus der Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung dieser Gewerkschaft gegenüber anderen Seeleutegewerkschaften bei Tarifvertragsverhandlungen, was Auswirkungen auf die Gewerkschaft hinsichtlich ihrer Fähigkeit zur Folge hatte, Mitglieder zu werben(21). Unter diesen Umständen ist keine Änderung der Rechtsstellung der Klägerin verlangt worden. In Bezug auf das zweite Urteil trägt die Kommission vor, die Änderung der Rechtsstellung, die die Schlussfolgerung gestatte, dass es sich beim Rechtsmittelführer um einen „Beteiligten“ handle, erkläre sich durch die Tatsache, dass das von diesem Rechtsmittelführer verfolgte gemeinnützige Ziel „rechtlich unerreichbar“ gemacht worden sei, da der Beihilfeempfänger und Erwerber des Nürburgring-Komplexes ein Privatunternehmen sei. Daher scheint dieses Organ auf die Tatsache anzuspielen, dass die Gewährung der fraglichen Beihilfe eine künftige Änderung der Rechtsstellung des Rechtsmittelführers zur Folge haben soll. Ich für meinen Teil bin der Meinung, dass die Schlussfolgerung des Gerichtshofs auf der Unvereinbarkeit zwischen dem Ziel des Rechtsmittelführers und dem des Unternehmens beruht, das in den Genuss der Beihilfe gekommen ist – unter Ausschluss jeglicher Erwägung beispielsweise im Zusammenhang mit einer möglichen späteren Auflösung des Rechtsmittelführers(22).

56.      Die fehlende Relevanz des Kriteriums im Zusammenhang mit einer Änderung der rechtlichen Interessen oder der Rechtsstellung der Klagepartei im Rahmen dieser Beurteilung sollte im Übrigen nicht überraschen. Denn wie zuvor in den vorliegenden Schlussanträgen dargelegt worden ist, soll die Klagebefugnis als „Beteiligter“ bei einem Beschluss, mit dem eine Beihilfe nach Durchführung des Vorprüfverfahrens für Beihilfen für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wird, die Voraussetzung, wonach ein Kläger im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV „individuell betroffen“ sein muss, so wie sie vom Gerichtshof in seiner Plaumann-Rechtsprechung ausgelegt worden ist, lockern. Daher ist die Beteiligteneigenschaft Ausdruck des rechtlichen Kriteriums, das für die Prüfung der im AEU‑Vertrag festgelegten Voraussetzung der individuellen Betroffenheit relevant ist. Allerdings betrifft diese, wie bereits erläutert worden ist, die faktische Situation und nicht die Rechtsstellung des Klägers.

57.      In Anbetracht dieser Ausführungen hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen, als es DLH allein im Hinblick auf deren wirtschaftliches Interesse als „Beteiligte“ betrachtet hat.

58.      Die übrigen von der Kommission erhobenen diesbezüglichen Rügen können die vorgeschlagene Auslegung meiner Meinung nach nicht entkräften.

59.      Die Notwendigkeit einer Beeinträchtigung der rechtlichen Interessen oder der Rechtsstellung des Klägers lässt sich entgegen der Ansicht der Kommission weder aus einer Parallele zur Rechtsprechung zur unmittelbaren Betroffenheit im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV(23) noch aus einer Parallele zur Rechtsprechung betreffend den Begriff „Interesse am Ausgang des Rechtsstreits“, wie er in Art. 40 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union enthalten ist, oder dem Urteil Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci (im Folgenden: Urteil Montessori)(24) ableiten.

60.      Die erste Rechtsprechung betrifft die Auslegung der Voraussetzung der „unmittelbaren Betroffenheit“ und ist daher aus den oben dargelegten Gründen nicht relevant.

61.      Die zweite Rechtsprechung betrifft eine Bestimmung der Satzung des Gerichtshofs, wonach das Recht, einem beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängigen Rechtsstreit beizutreten, den Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie allen anderen Personen zusteht, sofern sie ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits glaubhaft machen können. Nach dieser ständigen Rechtsprechung ist unter einem berechtigten Interesse am Ausgang des Rechtsstreits ein unmittelbares und gegenwärtiges Interesse daran zu verstehen, dass den Anträgen der Partei stattgegeben wird, die der Streithelfer unterstützen will, was eine Prüfung der Frage voraussetzt, ob derjenige, der einen Antrag auf Zulassung als Streithelfer stellt, von einer Entscheidung der Kommission unmittelbar betroffen ist und ob sein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits erwiesen ist. Wie die Kommission in Erinnerung ruft, hat der Gerichtshof klargestellt, dass ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits grundsätzlich nur dann als hinreichend unmittelbar angenommen werden kann, wenn dieser Ausgang eine Änderung der Rechtsstellung des Antragstellers bewirken könnte(25). Dabei handelt es sich jedoch um eine Beurteilung, die derjenigen entspricht, die sich auf die unmittelbare Betroffenheit im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV bezieht, und sich als solche nicht dazu eignet, im Rahmen der Auslegung des Begriffs „Beteiligter“ übertragen zu werden. Jedenfalls ist dieses exegetische Ergebnis das Produkt einer für die Streithilfe spezifischen Abwägung zwischen dem Erfordernis, den Rahmen der Rechtssachen besser beurteilen zu können, und dem Erfordernis, eine Vielzahl einzelner Streitbeitritte zu vermeiden, die die Effizienz und den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens beeinträchtigen würden(26).

62.      Das Urteil Montessori(27) ist in diesem Zusammenhang nicht maßgeblich, wie der Gerichtshof bereits im Urteil Nürburgring entschieden hat. In ersterem Urteil ging es nämlich nicht um die Beteiligteneigenschaft einer Person oder eines Unternehmens, sondern um die Frage, ob in Anbetracht eines Kommissionsbeschlusses, der die Wirkungen der fraglichen nationalen Maßnahmen, mit denen eine Beihilferegelung eingeführt worden war, unberührt gelassen hatte, die Rechtsstellung eines Beschwerdeführers unmittelbar berührt war, der geltend machte, durch diese Maßnahmen in eine nachteilige Wettbewerbssituation versetzt worden zu sein(28).

3)      Zur Verletzung der Begründungspflicht hinsichtlich des Bestehens eines Wettbewerbs zwischen DLH und Ryanair

63.      Die Kommission und das Land beanstanden darüber hinaus in mehrerlei Hinsicht die in den Rn. 51 bis 54 des angefochtenen Urteils enthaltenen Beurteilungen des Gerichts betreffend die Beziehungen zwischen DLH und Ryanair.

64.      Die Kommission vertritt vor allem die Ansicht, das Gericht habe in den Rn. 52 und 53 des angefochtenen Urteils in Bezug auf das Bestehen eines Wettbewerbs zwischen DLH und Ryanair die Pflicht verletzt, auf ihr sämtliches Vorbringen einzugehen.

65.      Zunächst hat der Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren u. a. zu prüfen, ob das Gericht auf sämtliches Vorbringen des Klägers rechtlich hinreichend eingegangen ist. Ein Rechtsmittelgrund, mit dem gerügt wird, das Gericht sei auf einen Klagegrund nicht eingegangen, läuft im Wesentlichen darauf hinaus, einen Verstoß gegen die Begründungspflicht zu rügen, die sich aus Art. 36 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der nach Art. 53 Abs. 1 der Satzung für das Gericht entsprechend gilt, und Art. 117 der Verfahrensordnung des Gerichts ergibt. Hinzuzufügen ist jedoch, dass das Gericht nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht verpflichtet ist, bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend zu behandeln; die Begründung des Gerichts kann daher implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe zu erfahren, aus denen das Gericht ihrer Argumentation nicht gefolgt ist, und dem Gerichtshof ausreichende Angaben liefert, damit er seine Kontrollfunktion wahrnehmen kann(29).

66.      Zu beachten ist, dass die Kommission in ihren erstinstanzlichen Schriftsätzen mit Nachdruck die Behauptung bestritten hatte, dass die von Ryanair ab dem Flughafen Frankfurt-Hahn angebotenen Flüge in Wettbewerb mit den von DLH ab dem Flughafen Frankfurt am Main angebotenen Flügen zu denselben Zielorten standen.

67.      Die Kommission hatte in diesem Zusammenhang u. a. erstens hervorgehoben, dass DLH den Flughafen Frankfurt am Main als Drehkreuz („Hub“) nutze und die bei Weitem meisten ihrer Fluggäste Transitreisende seien, während Ryanair ab dem Flughafen Frankfurt-Hahn günstige Flüge im Rahmen des „Punkt-zu-Punkt-Verkehrs“ durchführe, und zweitens, dass die von DLH vor dem Gericht beigebrachten angeblichen Beweise keinerlei Informationen enthielten, die das Bestehen eines solchen Wettbewerbs stützten, wie beispielsweise Daten zur Entwicklung der Zahl der Fluggäste und zur Rentabilität der von DLH gleichzeitig mit Ryanair betriebenen Flugstrecken(30).

68.      In den Randnummern des angefochtenen Urteils, auf die sich die Rügen der Kommission beziehen, insbesondere in Rn. 52, kommt jedoch bei der Frage, ob zwischen DLH und Ryanair ein Wettbewerb besteht, beinahe ein Vermutungsansatz zum Ausdruck, da das Gericht darin lediglich feststellt, dass die Identität der von diesen Gesellschaften bedienten Zielorte „darauf hindeute[t], dass … ein Wettbewerb besteht“. Meines Erachtens kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Gericht damit implizit auf das von der Kommission angeführte Vorbringen eingegangen ist, mit dem gerade der obligatorische Charakter des Zusammenhangs zwischen der Annahme (Identität der bedienten Zielorte) und der Schlussfolgerung (Bestehen eines Wettbewerbs) in Frage gestellt werden sollte. Ich bin somit der Ansicht, dass diese Begründung keinesfalls als hinreichend angesehen werden kann, um es der Kommission zu ermöglichen, die Gründe für die Zurückweisung ihrer Argumentation zu verstehen, und dem Gerichtshof, seine gerichtliche Kontrolle wahrzunehmen.

69.      Folglich ist die Argumentation in den Rn. 51 bis 54 des angefochtenen Urteils mit einem Begründungsmangel behaftet, so dass der Gerichtshof der vorliegenden Rüge stattgeben sollte.

70.      In Anbetracht der vorstehenden Schlussfolgerung brauchen die übrigen vom Land und von der Kommission erhobenen Rügen, die sich auf diesen Teil der Argumentation des Gerichts beziehen, nicht geprüft zu werden.

4)      Zum Verstoß gegen die Vorschriften über die Beweislast bei der Feststellung des Bestehens eines Wettbewerbs zwischen den Flughäfen Frankfurt-Hahn und Frankfurt am Main

71.      Die Kommission wirft dem Gericht im Wesentlichen vor, sich auf den vermeintlichen Wettbewerb zwischen dem Flughafen Frankfurt am Main und dem Flughafen Frankfurt-Hahn sowie auf die Auswirkungen der streitigen Beihilfe auf den Flughafen Frankfurt am Main gestützt zu haben, um die Zulässigkeit der Klage von DLH zu rechtfertigen, obwohl ein solches Vorbringen in der Nichtigkeitsklageschrift nicht vorgebracht worden war.

72.      Obgleich die Kommission einen Verstoß gegen die Vorschriften über die Beweislast geltend macht, lässt eine genauere Prüfung der von ihr erhobenen Rüge meines Erachtens erkennen, dass mit dieser eher ein Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens durch das Gericht beanstandet werden soll.

73.      Ich weise nämlich darauf hin, dass der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur jedem Verfahrensbeteiligten das Recht verleiht, die Schriftstücke und Erklärungen, die die Gegenpartei dem Gericht vorgelegt hat, zur Kenntnis zu nehmen und zu erörtern. Er umfasst auch das Recht der Verfahrensbeteiligten, die Gesichtspunkte, die das Gericht von Amts wegen aufgeworfen hat und auf die es seine Entscheidung gründen möchte, zur Kenntnis zu nehmen und zu erörtern. Für die Erfüllung der Anforderungen im Zusammenhang mit dem Recht auf ein faires Verfahren kommt es nämlich darauf an, dass die Beteiligten sowohl die tatsächlichen als auch die rechtlichen Umstände, die für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sind, kennen und kontradiktorisch erörtern können(31).

74.      In Rn. 50 des angefochtenen Urteils scheint das Gericht davon auszugehen, dass die Flughäfen Frankfurt-Hahn und Frankfurt am Main Wettbewerber sind.

75.      In dem der Zulässigkeit gewidmeten Teil ihrer Nichtigkeitsklageschrift erwähnt DLH in keiner Weise einen Wettbewerb zwischen diesen beiden Flughäfen und entwickelt eine Argumentation, die fast ausschließlich auf dem Wettbewerbsverhältnis beruht, in dem sie mit Ryanair steht.

76.      Zwar ist festzuhalten, dass DLH im einleitenden Teil dieser Klageschrift (Rn. 48) und in dem Teil, der die Begründetheit des streitigen Beschlusses betrifft (Rn. 117 und 118), nachzuweisen versucht, dass die Subventionierung von Ryanair durch FFHG es dieser Fluggesellschaft ermöglicht hat, an größere Flughäfen, u. a. den von Frankfurt am Main, zu gehen und der Betreiber des letztgenannten Flughafens nunmehr eine Strategie der Anziehung von Billigfluggesellschaften verfolgt. In diesem Zusammenhang beanstandet sie die von der Kommission im Rahmen ihrer Prüfung der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Binnenmarkt vorgenommene Abgrenzung des Einzugsgebiets des Flughafens Frankfurt-Hahn, insbesondere Rn. 46 des streitigen Beschlusses.

77.      Ich bin jedoch der Ansicht, dass unter diesen Umständen nur eine ausgesprochen wohlwollende Auslegung der Klageschrift, die einen logischen Ansatz zur Ermittlung der impliziten, aber notwendigen Bedeutung ihres Wortlauts voraussetzt, zu der Schlussfolgerung, dass die beiden Flughäfen nach Auffassung von DLH in einem Wettbewerbsverhältnis zueinander stehen, und daher zur Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts im Rahmen der Beurteilung der Frage führen könnte, ob DLH in rechtlich hinreichender Weise dargetan hat, dass sich die fragliche Beihilfe auf ihre Situation konkret auswirken kann.

78.      Da das Gericht damit einen Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens begangen hat, schlage ich dem Gerichtshof vor, der vorliegenden Rüge stattzugeben.

5)      Zum Rechtsfehler bei der Feststellung einer Gefahr konkreter Auswirkungen auf die Situation von DLH durch die Gewährung der streitigen Beihilfe aufgrund der Beeinträchtigung des Betriebs des Flughafens Frankfurt am Main

79.      Das Land macht geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es in Rn. 50 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass durch die streitige Beihilfe Wettbewerbsdruck auf den Flughafen Frankfurt am Main ausgeübt werden könnte, der sich möglicherweise negativ auf dessen Kunden, darunter DLH, auswirke.

80.      Da ich eine positive Antwort auf die vorherige Rüge betreffend einen Verstoß gegen die Vorschriften über die Beweislast hinsichtlich der fehlenden Behauptung des Bestehens eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Flughäfen Frankfurt-Hahn und Frankfurt am Main vorgeschlagen habe, werde ich die vorliegende Rüge nur hilfsweise behandeln.

81.      Vor der Prüfung dieser Rüge ist darauf hinzuweisen, dass der im vorliegenden Fall einschlägige Rechtsrahmen in dem Urteil präzisiert worden ist, das der Gerichtshof unlängst in der Rechtssache Solar Ileias Bompaina erlassen hat.

82.      Es ging um eine griechische Regelung, die eine Reduzierung der Einspeisetarife bewirkte, die erneuerbare Energiequellen nutzende Erzeuger wie die Rechtsmittelführerin erhielten, und mit der das Defizit eines Sonderkontos abgebaut werden sollte, das zuvor im Gesetzgebungswege eingerichtet worden war, um die Einspeisetarife u. a. für diese Erzeuger zu finanzieren. Das Sonderkonto wurde im Wesentlichen aus einem den Verbrauchern auferlegten Sonderbeitrag und aus zusätzlichen Quellen wie den Einkünften der Teilnehmer des relevanten Marktes gespeist. Nach Auffassung der Rechtsmittelführerin schlug sich die besagte Regelung in der Gewährung einer Beihilfe an die Stromversorger nieder, da von diesen kein Beitrag erhoben wurde. Wären die Stromversorger am Abbau des Defizits beteiligt worden, wäre die Vermögenslage der Rechtsmittelführerin dieser zufolge besser ausgefallen, da es dann nicht erforderlich gewesen wäre, die ihr zugutekommenden Einspeisetarife zu senken.

83.      In Bezug auf die Frage, ob sich die Beihilfe auf die Situation der Rechtsmittelführerin konkret auswirken konnte, hat der Gerichtshof in diesem Urteil klargestellt, dass, auch wenn eine potenzielle Beeinträchtigung der Interessen der Rechtsmittelführerin ausreicht, die Gefahr einer konkreten Auswirkung auf diese Interessen rechtlich hinreichend dargetan werden können muss(32). Mit anderen Worten ist das maßgebliche Kriterium nach Auffassung des Gerichtshofs das Bestehen eines rechtlich hinreichend nachgewiesenen potenziellen Kausalzusammenhangs zwischen der behaupteten Beihilfe und der konkreten Beeinträchtigung der Interessen oder der Marktstellung des betreffenden Unternehmens(33).

84.      Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Gerichtshof die Schlussfolgerung des Gerichts bestätigt, wonach die Rechtsmittelführerin nicht erläutert habe, inwiefern sich die behauptete Nichtinanspruchnahme der Stromversorger auf die Festsetzung der auf sie anwendbaren neuen Einspeisetarife hätte auswirken können, wo doch die vorgenommenen Anpassungen hauptsächlich darauf abzielten, die diesen Erzeugern zuvor gewährte Überkompensation auszugleichen(34).

85.      Zu Auslegungszwecken ist es sinnvoll, einen Schritt zurückzugehen und daran zu erinnern, dass die Rechtsprechung, wie in Nr. 30 der vorliegenden Schlussanträge erläutert worden ist, den Kreis der Subjekte erweitert hat, die aufgrund der von ihr zwischen der Beteiligteneigenschaft und dem Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen dem Kläger und dem Beihilfeempfänger vorgenommenen Trennung als Beteiligte betrachtet werden können.

86.      Als Folge einer solchen Erweiterung scheint das Beweiserfordernis im Hinblick auf den potenziellen Kausalzusammenhang zwischen der Beihilfe und der konkreten Beeinträchtigung der Situation des Klägers einen richtiggehenden Schutzwall darzustellen, mit dem sich vermeiden lässt, dass eine Klage gegen eine Entscheidung der Kommission wie den streitigen Beschluss nicht in eine Art actio popularis umgewandelt wird. Der Gerichtshof scheint uns nach meiner Einschätzung daher aufzufordern, diesen Zusammenhang als vergleichsweise strikt zu verstehen, dabei aber im Blick zu behalten, dass er nur den Nachweis einer rein potenziellen – und nicht tatsächlichen – Beeinträchtigung der Situation des Klägers verlangt.

87.      Der vorstehend beschriebene Ansatz umfasst meines Erachtens das Erfordernis, darzutun, dass sich die streitige Beihilfe als solche – und nicht das bloße Bestehen eines potenziellen Interessenkonflikts zwischen ihrem Empfänger und dem Kläger – auf dessen Interessen auswirken kann(35).

88.      In Rn. 50 des angefochtenen Urteils hat das Gericht im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass DLH, da der Flughafen Frankfurt am Main das wichtigste Zentrum für ihren Flugbetrieb ist und sich in der Nähe des durch die streitige Beihilfe begünstigten Flughafens befindet, ein Interesse daran hat, dass der Betrieb des erstgenannten Flughafens nicht durch eine mögliche Beeinträchtigung seiner Wettbewerbsstellung, die sich aus der Gewährung der streitigen Beihilfe ergeben könnte, beeinträchtigt wird.

89.      Diese Kausalkette enthält nach meinem Dafürhalten eine offensichtliche Lücke.

90.      Das Gericht liefert nämlich keinen Anhaltspunkt dafür, dass sich ein möglicher Wettbewerbsdruck auf dem Flughafen Frankfurt am Main negativ auf dessen Kunden wie beispielsweise DLH auswirken würde. Ich teile insoweit die Bemerkung des Landes, wonach eine auf allgemeinen wettbewerbspolitischen Erwägungen beruhende Argumentation sogar zu einer gegenteiligen Annahme führen könnte, da der Flughafen Frankfurt am Main unter Wettbewerbsdruck veranlasst wäre, den dort tätigen Fluggesellschaften bessere Vertragsbedingungen zu bieten.

91.      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof – sollte er die Auffassung vertreten, dass die zuvor untersuchte Rüge zurückzuweisen ist – vor, festzustellen, dass die Argumentation in Rn. 50 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler enthält, und daher der vorliegenden Rüge stattzugeben.

c)      Zu der Tatsache, dass sich DLH auf ihre Verfahrensrechte beruft

92.      Das Land wirft dem Gericht vor, erstens – u. a. in Rn. 62 des angefochtenen Urteils – zu Unrecht die Auffassung vertreten zu haben, dass DLH in ihrer Nichtigkeitsklageschrift gerügt habe, die Kommission habe ihre Verfahrensrechte verletzt, als sie beschlossen habe, kein förmliches Prüfverfahren einzuleiten, und zweitens diese Feststellung nicht ordnungsgemäß begründet zu haben.

93.      Nach ständiger Rechtsprechung ist es nicht Sache des Gerichts, eine Klage, mit der ausschließlich die Begründetheit einer Entscheidung über die Beurteilung einer Beihilfe als solche in Frage gestellt wird, dahin auszulegen, dass sie in Wirklichkeit auf die Wahrung der dem Kläger nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zustehenden Verfahrensrechte abzielt, wenn der Kläger nicht ausdrücklich einen darauf gerichteten Klagegrund vorgebracht hat. Eine solche Auslegung würde nämlich zu einer Neueinstufung des Klagegegenstands führen(36).

94.      In den Urteilen Kronoply und Österreich/Scheucher-Fleisch hat der Gerichtshof bestätigt, dass, wenn die Kläger im ersten Rechtszug die Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission beantragen, kein förmliches Prüfverfahren einzuleiten, die vorerwähnte Beschränkung der Befugnis zur Auslegung der Klagegründe nicht dazu führt, dass das Gericht daran gehindert wäre, die Sachargumente eines Klägers zu prüfen, um festzustellen, ob sie auch Bestandteile aufweisen, die einen ebenfalls vom Kläger vorgebrachten Klagegrund stützen, mit dem ausdrücklich auf ernsthafte, die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens rechtfertigende Schwierigkeiten hingewiesen wird(37).

95.      Im Urteil Belgien/Deutsche Post und DHL International(38) hat der Gerichtshof klargestellt, dass aus der Nichtigkeitsklageschrift ein eindeutig identifizierbarer Klagegrund, der auf die Wahrung der Verfahrensrechte der Klägerinnen gestützt wäre, nicht deutlich hervorzugehen braucht. Er hat die Tatsache als ausreichend angesehen, dass die Klägerinnen nach dem Wortlaut dieser Klageschrift geltend machen, dass ihnen aufgrund der Nichteinleitung des förmlichen Prüfverfahrens die Verfahrensgarantien nicht zugutegekommen seien, auf die sie Anspruch hätten. Daher ist eine Nichtigkeitsklage nach Auffassung des Gerichtshofs zulässig, sofern das Gericht nur über die Klagegründe entscheidet, mit denen dargetan werden soll, dass die Kommission das förmliche Prüfverfahren hätte einleiten müssen(39).

96.      Die Umstände des vorliegenden Falls scheinen mir ähnlich zu liegen. Die von DLH im ersten Rechtszug erhobene Klage ist nämlich gegen den Beschluss der Kommission gerichtet, kein förmliches Prüfverfahren einzuleiten. Obwohl aus der Nichtigkeitsklageschrift von DLH ein eindeutig identifizierbarer Klagegrund, der auf die Wahrung ihrer Verfahrensrechte gestützt wäre, nicht deutlich hervorgeht, lässt sich dem Wortlaut dieser Klageschrift, insbesondere ihren Rn. 55 und 56, entnehmen, dass DLH Argumente vorbringt, die so verstanden werden können, dass der Kommission vorgeworfen wird, kein förmliches Prüfverfahren eingeleitet zu haben.

97.      Das Gericht hat die Klagegründe im angefochtenen Urteil aber nicht wie vom Gerichtshof vorgeschrieben aufgeschlüsselt und damit einen Rechtsfehler begangen. Dieser Rüge des Landes ist daher meines Erachtens stattzugeben.

98.      Jedenfalls kann aufgrund des zu unbestimmten und lapidaren Charakters von Rn. 62 des angefochtenen Urteils nach meiner Einschätzung nicht davon ausgegangen werden, dass diese Randnummer die Anforderungen erfüllt, die der dem Gericht obliegenden Begründungspflicht zugrunde liegen. Das Gericht hätte nämlich ausdrücklich die Randnummern der Nichtigkeitsklageschrift von DLH bezeichnen müssen, die es ihm ermöglicht haben, seine allgemeine Beurteilung, wonach sich die Tatsache, dass sich DLH auf ihre Verfahrensrechte beruft, „aus der Prüfung [dieser] Klageschrift insgesamt“ ergibt, zu untermauern.

B.      Vermeintlich unsachgemäßer Rückgriff auf den Begriff „Gesamtplan“ durch das Gericht (erste und dritte Rüge des zweiten Grundes des Anschlussrechtsmittels von DLH)

1.      Zusammenfassung des angefochtenen Urteils und des Vorbringens der Parteien

99.      In der Sache beanstandet DLH u. a. die Argumentation in den Rn. 129 bis 142 des angefochtenen Urteils, in dem das Gericht die Rügen von DLH zurückgewiesen und entschieden hat, dass die Kommission nicht verpflichtet war, mehrere zugunsten von Ryanair getroffene Maßnahmen zu berücksichtigen, um beurteilen zu können, ob Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der streitigen Beihilfe mit dem Binnenmarkt bestanden. Die Beihilfe, so DLH, diene dazu, die Verluste auszugleichen, die FFHG gerade aufgrund dieser Maßnahmen zum Vorteil von Ryanair erleide, so dass Ryanair in Wirklichkeit die mittelbar Begünstigte der streitigen Beihilfe sei, was Zweifel an deren Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt hätte wecken müssen. Die Kommission tritt diesem Argument entgegen.

2.      Beurteilung

100. In Anbetracht der negativen Schlussfolgerung, die ich dem Gerichtshof hinsichtlich der Zulässigkeit der von DLH vor dem Gericht erhobenen Klage zu ziehen vorschlage, sind die nachfolgenden Ausführungen lediglich als Hilfsargumentation zu verstehen.

101. Zunächst ist anzumerken, dass die in Rn. 140 des angefochtenen Urteils enthaltene Schlussfolgerung des Gerichts auf zwei Feststellungen beruht. Zum einen geht das Gericht in Rn. 137 des angefochtenen Urteils davon aus, dass bestimmte Maßnahmen zugunsten von Ryanair Gegenstand des Verfahrens Hahn IV sind. Zum anderen erkennt es in den Rn. 138 und 139 dieses Urteils für Recht, dass keine der Maßnahmen Teil eines „Gesamtplans“ mit der streitigen Beihilfe sind.

102. DLH bestreitet u. a., dass es richtig ist, auf das Konzept des „Gesamtplans“ zurückzugreifen, um die Möglichkeit auszuschließen, dass die streitige Beihilfe an Ryanair durchgeleitet worden ist.

103. Ich weise insoweit darauf hin, dass die drei Kriterien, die das Gericht herangezogen hat, um das Vorliegen eines Gesamtplans festzustellen, i) das zeitliche Auseinanderfallen der streitigen Beihilfe und der betrachteten Maßnahmen, ii) die Änderung der Aktionärsstruktur zwischen Vertragsschluss und Beihilfegewährung sowie iii) die unterschiedliche Form dieser Maßnahmen sind.

104. Daraus folgt, dass der materielle Gehalt der Prüfung, die das Gericht vorgenommen hat, um festzustellen, ob die streitige Beihilfe und die anderen in Rede stehenden Maßnahmen Teil eines „Gesamtplans“ sind, dem materiellen Gehalt der Analyse entspricht, die von der Rechtsprechung des Gerichtshofs für die Feststellung vorgeschrieben wird, ob mehrere aufeinanderfolgende Beihilfemaßnahmen für die Zwecke der beihilferechtlichen Vorschriften als eine einzige Maßnahme anzusehen sind. Der Gerichtshof hat nämlich anerkannt, dass dies dann der Fall sein kann, wenn die staatlichen Maßnahmen in Anbetracht ihrer zeitlichen Abfolge, ihres Zwecks und der Lage des Unternehmens zum Zeitpunkt dieser Maßnahmen derart eng miteinander verknüpft sind, dass sie sich unmöglich voneinander trennen lassen(40).

105. Der vorliegende Rechtsmittelgrund betrifft gleichwohl nicht die Einstufung einer Reihe staatlicher Maßnahmen als staatliche Beihilfe, da nicht bestritten wird, dass die direkte Zahlung zugunsten von FFHG eine Beihilfe darstellt. Die Rechtsfrage, um die sich der vorliegende Rechtsmittelgrund dreht, bezieht sich auf die etwaige Existenz eines mittelbar Begünstigten dieser Beihilfe im Hinblick auf deren Rückforderung, genauer gesagt darauf, ob davon ausgegangen werden kann, dass die Beihilfe an Ryanair durchgeleitet worden ist.

106. Ich bin deshalb davon überzeugt, dass die aus dem Urteil Bouygues(41) hervorgegangene Rechtsprechungslinie (im Folgenden: Bouygues-Rechtsprechung) im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, was im Übrigen durch die Tatsache belegt wird, dass sich durch die Feststellungen, wonach die streitige Beihilfe und die anderen in Rede stehenden Maßnahmen zeitlich auseinanderfallen, sie unterschiedliche Formen annehmen bzw. die Beteiligungsstruktur von FFHG verändert worden ist, nicht ausschließen lässt, dass die Beihilfe Ryanair möglicherweise über die besagten Maßnahmen zugutegekommen ist.

107. Eine Feststellung, dass eine solche Durchleitung tatsächlich stattgefunden hat, kann sich nur aus einer Anwendung der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum mittelbaren Vorteil ergeben, so wie sie aus den Urteilen Deutschland/Kommission(42), Niederlande/Kommission(43) und Mediaset/Kommission(44) hervorgeht.

108. In Rn. 116 der Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe(45) hat die Kommission die letztgenannte Rechtsprechung dahin gehend zusammengefasst, dass nach ihr „die vorhersehbare Wirkung der Maßnahme ex ante betrachtet werden“ sollte, wobei „[e]in mittelbarer Vorteil … vor[liegt], wenn die Maßnahme so ausgestaltet ist, dass ihre sekundären Auswirkungen bestimmbaren Unternehmen oder Gruppen von Unternehmen zugeleitet werden“. Obwohl ich mich der Auslegung der Kommission anschließe, habe ich unlängst vorgetragen, dass sich das Vorliegen eines mittelbaren Vorteils bei einer Auslegung der genannten Rechtsprechung aus dem Inhalt der anwendbaren Vorschriften oder aus dem Inhalt derselben Vorschriften in Verbindung mit dem bestehenden tatsächlichen Kontext ergibt(46).

109. Die von der Bouygues-Rechtsprechung herangezogenen Kriterien, so wie das Gericht sie in den Rn. 138 und 139 des angefochtenen Urteils verwendet hat, spielen bei dieser Beurteilung offensichtlich keine Rolle.

110. Insoweit lässt sich beispielsweise das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Niederlande/Kommission(47) anführen. Zusammengefasst ging es um eine Regelung, die eine Beihilfe in Form einer Entschädigung zugunsten der Betreiber niederländischer Tankstellen im Grenzgebiet zu Deutschland vorsah, um den Unterschied zwischen den geltenden Verbrauchsteuersätzen in den Niederlanden und in Deutschland sowie den Sätzen eines Vertrags zu verringern, der vorsah, dass die diese Tankstellen beliefernden Mineralölgesellschaften verpflichtet waren, die Betreiber in Höhe eines an der Abfüllstation gewährten Preisnachlasses, der diesem Unterschied entsprach, zu entlasten. In seinem Urteil hat der Gerichtshof die Auffassung vertreten, dass die Beihilfe an die Mineralölgesellschaften durchgeleitet worden war, obwohl die in Rede stehenden Maßnahmen unterschiedlicher Natur waren, keine Wirkungen zwischen denselben Parteien erzeugten und zeitlich auseinanderfielen.

111. Ich bin folglich der Ansicht, dass das Gericht das aus der Rechtsprechung zum mittelbaren Vorteil hervorgegangene Kriterium hätte anwenden müssen, um zu prüfen, ob die Maßnahme zur Gewährung der streitigen Beihilfe so ausgestaltet war, dass zumindest ein Teil dieser Beihilfe Ryanair zugutekam. Da das Gericht hingegen die sich aus der Bouygues-Rechtsprechung ergebenden Kriterien angewandt hat, hat es nach meinem Dafürhalten einen Rechtsfehler begangen.

112. Sollte der Gerichtshof die Auffassung vertreten, dass die von DLH vor dem Gericht erhobene Klage zulässig ist, müsste er dem zweiten Grund des Anschlussrechtsmittels von DLH unter Berücksichtigung des Vorstehenden meines Erachtens stattgeben.

V.      Ergebnis

113. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, das angefochtene Urteil aufgrund der vom Gericht bei der Feststellung der Klagebefugnis von DLH begangenen Rechtsfehler aufzuheben.

















































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