C-204/23 – Lufthansa Linee Aeree Germaniche u.a.

C-204/23 – Lufthansa Linee Aeree Germaniche u.a.

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:C:2024:357

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)

25. April 2024(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Luftverkehr – Flughafenentgelte – Richtlinie 2009/12/EG – Art. 11 Abs. 5 – Finanzierung der unabhängigen Aufsichtsbehörde – Beitrag der Flughafennutzer – Kriterien für die Abgabeerhebung“

In der Rechtssache C‑204/23

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) mit Entscheidung vom 24. März 2023, beim Gerichtshof eingegangen am 28. März 2023, in dem Verfahren

Autorità di regolazione dei trasporti

gegen

Lufthansa Linee Aeree Germaniche,

Austrian Airlines,

Brussels Airlines,

Swiss International Air Lines Ltd,

Lufthansa Cargo,

Beteiligte:

Presidenza del Consiglio dei ministri,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten N. Piçarra (Berichterstatter) sowie der Richter N. Jääskinen und M. Gavalec,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Lufthansa Linee Aeree Germaniche, der Austrian Airlines, der Brussels Airlines, der Swiss International Air Lines Ltd und der Lufthansa Cargo, vertreten durch F. L. Arrigoni, Avvocato,

–        der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von M. De Vergori und S. L. Vitale, Avvocati dello Stato,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch P. A. Messina und B. Sasinowska als Bevollmächtigte,

aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie 2009/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2009 über Flughafenentgelte (ABl. 2009, L 70, S. 11).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Autorità di regolazione dei trasporti (Regulierungsbehörde für das Verkehrswesen, Italien) (im Folgenden: Aufsichtsbehörde) auf der einen und der Lufthansa Linee Aeree Germaniche, der Austrian Airlines, der Brussels Airlines, der Swiss International Air Lines Ltd und der Lufthansa Cargo (im Folgenden zusammen: betroffene Flughafennutzer) auf der anderen Seite über die Gültigkeit einer Entscheidung der Aufsichtsbehörde, mit der die Höhe und die Modalitäten für die Zahlung des Beitrags zur Finanzierung dieser Behörde für das Jahr 2019 festgelegt werden.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Im zwölften Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/12 wird ausgeführt:

„In jedem Mitgliedstaat sollte eine unabhängige Aufsichtsbehörde eingerichtet werden, um die Unparteilichkeit ihrer Entscheidungen und die ordnungsgemäße und wirksame Anwendung dieser Richtlinie zu gewährleisten. Die Behörde sollte in Bezug auf Personal, Fachwissen und finanzielle Ausstattung über die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendigen Mittel verfügen.“

4        In Art. 2 dieser Richtlinie heißt es:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

2.      ‚Flughafenleitungsorgan‘ eine Stelle, die nach den nationalen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder Verträgen – gegebenenfalls neben anderen Tätigkeiten – die Aufgabe hat, die Einrichtungen eines Flughafens oder Flughafennetzes zu verwalten und zu betreiben, und der die Koordinierung und Überwachung der Tätigkeiten der verschiedenen Akteure auf dem betreffenden Flughafen oder in dem betreffenden Flughafennetz obliegt;

3.      ‚Flughafennutzer‘ jede natürliche oder juristische Person, die für die Beförderung von Fluggästen, Post und/oder Fracht auf dem Luftwege zu oder von dem betreffenden Flughafen verantwortlich ist;

4.      ‚Flughafenentgelt‘ eine zugunsten des Flughafenleitungsorgans erhobene und von den Flughafennutzern gezahlte Abgabe für die Nutzung der Einrichtungen und Dienstleistungen, die ausschließlich vom Flughafenleitungsorgan bereitgestellt werden und mit Landung, Start, Beleuchtung und Abstellen von Luftfahrzeugen sowie mit der Abfertigung von Fluggästen und Fracht in Zusammenhang stehen;

…“

5        Nach Art. 3 („Diskriminierungsverbot“) der Richtlinie müssen „[d]ie Mitgliedstaaten … sicher[stellen], dass Flughafenentgelte im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht keine Diskriminierung zwischen Flughafennutzern beinhalten“.

6        Art. 11 („Unabhängige Aufsichtsbehörde“) Abs. 3 und 5 der Richtlinie 2009/12 sieht vor:

„(3)      Die Mitgliedstaaten gewährleisten die Unabhängigkeit der unabhängigen Aufsichtsbehörde, indem sie deren rechtliche Trennung von und funktionale Unabhängigkeit gegenüber Flughafenleitungsorganen und Luftfahrtunternehmen sicherstellen. Mitgliedstaaten, die weiterhin an Flughäfen, Flughafenleitungsorganen oder Luftfahrtunternehmen beteiligt sind oder Flughafenleitungsorgane oder Luftfahrtunternehmen kontrollieren, stellen sicher, dass die Funktionen, die mit dem Eigentum oder der Kontrolle in Zusammenhang stehen, nicht der unabhängigen Aufsichtsbehörde übertragen werden. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die unabhängige Aufsichtsbehörde ihre Befugnisse unparteiisch und transparent ausübt.

(5)      Die Mitgliedstaaten können einen Mechanismus zur Finanzierung der unabhängigen Aufsichtsbehörde schaffen, der auch die Erhebung einer Gebühr bei Flughafennutzern und Flughafenleitungsorganen umfassen kann.“

 Italienisches Recht

7        Das durch die Legge n. 214 (Gesetz Nr. 214) vom 22. Dezember 2011 (GURI Nr. 300 vom 27. Dezember 2011 – Ordentliche Beilage Nr. 276) mit Änderungen in ein Gesetz umgewandelte Decreto legge n. 201 – Disposizioni urgenti per la crescita, l’equità e il consolidamento dei conti pubblici (Gesetzesdekret Nr. 201 – Dringlichkeitsmaßnahmen für Wachstum, Gerechtigkeit und die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte) vom 6. Dezember 2011 (GURI Nr. 284 vom 6. Dezember 2011 – Ordentliche Beilage Nr. 251) in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Gesetz Nr. 214/2011) bestimmt in Art. 37 Abs. 6 Buchst. b:

„Für die Ausübung der Zuständigkeiten nach Abs. 2, der Tätigkeiten nach Abs. 3 sowie der weiteren gesetzlich zugewiesenen Zuständigkeiten und Tätigkeiten wird wie folgt Sorge getragen:

b)      mittels Zahlung eines Beitrags durch die im Verkehrssektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer, für die die [Aufsichtsbehörde] auf dem Markt, auf dem diese tätig sind, die Ausübung der gesetzlich vorgesehenen Zuständigkeiten oder Tätigkeiten konkret aufgenommen hat, in Höhe von höchstens 1 Promille des im letzten Geschäftsjahr aus den ausgeübten Tätigkeiten erzielten Umsatzes; für diesen Beitrag werden Freibeträge in Abhängigkeit von der Umsatzhöhe vorgesehen. Die Berechnung des Umsatzes erfolgt so, dass eine doppelte Beitragszahlung vermieden wird. Der Beitrag wird jährlich durch einen Rechtsakt der [Aufsichtsbehörde] festgelegt, der dem Ministerpräsidenten zur Genehmigung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft und Finanzen vorgelegt wird. Innerhalb von 30 Tagen nach Vorlage des Rechtsakts können Bemerkungen formuliert werden, denen die [Aufsichtsbehörde] nachkommt; erfolgen innerhalb dieser Frist keine Bemerkungen, gilt der Rechtsakt als genehmigt.“

 Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

8        Am 19. Dezember 2018 erließ die Aufsichtsbehörde auf der Grundlage von Art. 37 Abs. 6 Buchst. b des Gesetzes Nr. 214/2011 eine Entscheidung, mit der die Höhe und die Modalitäten für die Zahlung des dieser Behörde von den Flughafennutzern für das Jahr 2019 geschuldeten Beitrags festgelegt wurden.

9        Die betroffenen Flughafennutzer erhoben gegen diese Entscheidung Klage beim Tribunale amministrativo regionale per il Piemonte (Regionales Verwaltungsgericht Piemont, Italien).

10      Nachdem dieses Gericht der Klage stattgegeben hatte, legte die Aufsichtsbehörde beim Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien), dem vorlegenden Gericht, Rechtsmittel ein. Sie machte damit zum einen geltend, dass die Wirtschaftsteilnehmer im Verkehrssektor zum Kreis derjenigen gehörten, die zur Zahlung des in Art. 37 Abs. 6 Buchst. b des Gesetzes Nr. 214/2011 vorgesehenen Beitrags verpflichtet seien. Zum anderen machte sie geltend, dass im Luftverkehrssektor, der durch die Richtlinie 2009/12 geregelt werde, die Befugnisse der Aufsichtsbehörde im Hinblick sowohl auf die Flughafenleitungsorgane als auch auf die Flughafennutzer ausgeübt würden.

11      Nach Ansicht der betroffenen Flughafennutzer wiederum stellt der von ihnen nach der fraglichen Entscheidung der Aufsichtsbehörde geschuldete umsatzbasierte Beitrag im Gegensatz zu der Gebühr im Sinne von Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie 2009/12 eine allgemeine Abgabe dar, die in keinem Zusammenhang mit der Erbringung einer bestimmten Dienstleistung stehe. Folglich verstoße die italienische Regelung gegen besagten Art. 11 Abs. 5, da sie einen Beitrag vorsehe, mit dem sämtliche Kosten der Aufsichtsbehörde gedeckt werden sollten, ohne dass er in einen Zusammenhang mit den tatsächlichen Betriebskosten gebracht werde. Müssten im Übrigen alle Flughafennutzer – und nicht nur diejenigen, die in dem Mitgliedstaat, dem die betreffende Aufsichtsbehörde angehöre, ansässig oder nach dem Recht dieses Mitgliedstaats errichtet seien – zur Finanzierung der Aufsichtsbehörden in mehreren Mitgliedstaaten beitragen, hätte dies für sie eine unnatürliche Kostenvervielfachung zur Folge, die dem Geist dieser Richtlinie zuwiderlaufe.

12      Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, dass Art. 37 Abs. 6 Buchst. b des Gesetzes Nr. 214/2011 auf den ersten Blick nicht unionsrechtswidrig sei, da die Mitgliedstaaten nach Art. 11 Abs. 3 und 5 der Richtlinie 2009/12 berechtigt seien, die Finanzierung der Aufsichtsbehörden sicherzustellen, indem sie von den Flughafennutzern einen Beitrag zu dieser Finanzierung verlangten.

13      Zwar unterscheide sich ein Flughafenentgelt von Beiträgen, die nicht an eine bestimmte Dienstleistung gebunden seien, darin, dass es die Gegenleistung für eine Leistung sei, doch schließe der in Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie 2009/12 vorgesehene Finanzierungsmechanismus, „der auch die Erhebung einer Gebühr … umfassen kann“, eine Form der Finanzierung, die von einer bestimmten Gegenleistung unabhängig sei, nicht aus. Jedenfalls berücksichtige die nationale Praxis im Rahmen des mit Art. 37 Abs. 6 Buchst. b des Gesetzes Nr. 214/2011 errichteten mehrstufigen Verfahrens die Korrelation zwischen der Höhe des in Rede stehenden Beitrags und den Betriebskosten der Aufsichtsbehörde.

14      Überdies solle die Errichtung eines gemeinsamen Rahmens für Flughafenentgelte, der mit der Richtlinie 2009/12 vorgesehen werde, eine einheitliche Behandlung nicht nur der Flughafenleitungsorgane der Europäischen Union untereinander, sondern auch zwischen den Flughafennutzern – wie etwa den Luftfahrtunternehmen – gewährleisten. Eine etwaige Beschränkung des fraglichen Beitrags auf Flughafennutzer mit Sitz im Inland könne so zu einer Wettbewerbsverzerrung führen.

15      Unter diesen Umständen hat der Consiglio di Stato (Staatsrat) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist der den Flughafensektor betreffende Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie 2009/12 dahin auszulegen, dass die Finanzierung der Aufsichtsbehörde nur über die Erhebung von Flughafenentgelten bzw. nicht auch über andere Finanzierungsformen wie die Erhebung eines Beitrags erfolgen darf (die erkennende Kammer ist der Auffassung, dass es eine bloße Möglichkeit für den Mitgliedstaat ist, die zur Finanzierung der Aufsichtsbehörde dienenden Beträge über Flughafenentgelte zu erheben)?

2.      Dürfen die Gebühren oder Beiträge, die nach Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie 2009/12 zur Finanzierung der Aufsichtsbehörde erhoben werden können, ausschließlich konkrete – in der Richtlinie jedoch nicht benannte – Leistungen und Kosten betreffen, oder genügt nicht ihre Ausrichtung an den Betriebskosten der Aufsichtsbehörde, wie sie den übermittelten und von staatlichen Behörden geprüften Abschlüssen zu entnehmen sind?

3.      Ist Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie 2009/12 dahin auszulegen, dass die Gebühren nur bei denjenigen Rechtsträgern erhoben werden können, die gebietsansässig sind oder nach dem Recht des Staates, der die Aufsichtsbehörde eingesetzt hat, errichtet wurden, und kann dies auch für Beiträge gelten, die für den Betrieb der Aufsichtsbehörde erhoben werden?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten und zur zweiten Frage

16      Mit seiner ersten und seiner zweiten Frage, die gemeinsam zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie 2009/12 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Finanzierung der unabhängigen Aufsichtsbehörde dadurch sichergestellt wird, dass bei Flughafennutzern ein Beitrag erhoben wird, dessen Höhe nicht in Zusammenhang mit den Kosten der von dieser Behörde erbrachten Dienstleistungen steht.

17      Nach Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie 2009/12 können „[d]ie Mitgliedstaaten… einen Mechanismus zur Finanzierung der unabhängigen Aufsichtsbehörde schaffen, der auch die Erhebung einer Gebühr bei Flughafennutzern und Flughafenleitungsorganen umfassen kann“.

18      Als Erstes ist festzustellen, dass die „Gebühr“ im Sinne dieser Bestimmung nicht mit dem „Flughafenentgelt“ im Sinne von Art. 2 Nr. 4 dieser Richtlinie zu vermengen ist. Zum einen wird dieses Flughafenentgelt nämlich „zugunsten des Flughafenleitungsorgans“ erhoben, das in Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie 2009/12 definiert ist, während eine „Gebühr“ im Sinne von Art. 11 Abs. 5 dieser Richtlinie u. a. bei Flughafenleitungsorganen erhoben werden kann. Zum anderen besteht die Gegenleistung für das „Flughafenentgelt“ im Sinne von Art. 2 Nr. 4 der Richtlinie in der „Nutzung der Einrichtungen und Dienstleistungen, die ausschließlich vom Flughafenleitungsorgan bereitgestellt werden und mit Landung, Start, Beleuchtung und Abstellen von Luftfahrzeugen sowie mit der Abfertigung von Fluggästen und Fracht in Zusammenhang stehen“. Die Erbringung dieser Dienstleistungen fällt daher nicht in die Zuständigkeit der „unabhängigen Aufsichtsbehörde“ im Sinne von Art. 11 der Richtlinie 2009/12.

19      Als Zweites geht aus dem Wortlaut von Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie 2009/12 klar hervor, dass die Schaffung eines Mechanismus zur Finanzierung der Aufsichtsbehörden für die Mitgliedstaaten eine bloße Option und keine Verpflichtung darstellt. Das Gleiche gilt für die Erhebung einer Gebühr für diese Finanzierung bei Flughafennutzern, wie sie in Art. 2 Nr. 3 der Richtlinie definiert sind.

20      Daraus folgt, dass die Mitgliedstaaten, wenn sie gemäß Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie 2009/12 beschließen, einen Mechanismus zur Finanzierung ihrer Aufsichtsbehörden zu schaffen, nicht verpflichtet sind, eine Korrelation zwischen der Höhe des Beitrags, den sie von den Flughafennutzern und den Flughafenleitungsorganen verlangen, einerseits und den Kosten der von einer solchen Behörde erbrachten Dienstleistungen andererseits herzustellen.

21      Sie müssen jedoch bei der Schaffung eines solchen Mechanismus die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts wie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Grundsatz der Nichtdiskriminierung beachten (vgl. entsprechend Urteile vom 23. April 2009, Angelidaki u. a., C‑378/07 bis C‑380/07, EU:C:2009:250, Rn. 83 und 85, sowie vom 5. Mai 2011, Ze Fu Fleischhandel und Vion Trading, C‑201/10 und C‑202/10, EU:C:2011:282, Rn. 37).

22      Gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darf die nationale Regelung, mit der ein Finanzierungsmechanismus für die Aufsichtsbehörde nach Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie 2009/12 geschaffen wird, nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des mit dieser Bestimmung verfolgten Ziels erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Februar 2018, Lloyd’s of London, C‑144/17, EU:C:2018:78, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung), nämlich, wie sich aus Art. 11 Abs. 3 in Verbindung mit dem zwölften Erwägungsgrund dieser Richtlinie ergibt, diese Behörde in Bezug auf Personal, Fachwissen und Finanzen mit Mitteln auszustatten, die sie in die Lage versetzen, ihre Aufgaben unparteiisch, transparent und in völliger Unabhängigkeit wahrzunehmen.

23      Das Verbot der Diskriminierung zwischen Flughafennutzern ist seinerseits, was die Flughafenentgelte im Sinne von Art. 2 Nr. 4 der Richtlinie 2009/12 betrifft, in Art. 3 dieser Richtlinie enthalten und ergibt sich in Bezug auf die Gebühren oder Beiträge, die von den Flughafennutzern nach Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie verlangt werden, unmittelbar aus dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung.

24      Demnach ist auf die erste und die zweite Frage zu antworten, dass Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie 2009/12 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung, nach der die Finanzierung der unabhängigen Aufsichtsbehörde dadurch sichergestellt wird, dass bei Flughafennutzern ein Beitrag erhoben wird, dessen Höhe nicht in Zusammenhang mit den Kosten der von dieser Behörde erbrachten Dienstleistungen steht, nicht entgegensteht, sofern eine solche Regelung mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, namentlich denjenigen der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung, in Einklang steht.

 Zur dritten Frage

25      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie 2009/12 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Finanzierung der unabhängigen Aufsichtsbehörde dadurch sichergestellt wird, dass bei Flughafennutzern ein Beitrag erhoben wird, auch wenn sie nicht in dem Mitgliedstaat, dem diese Behörde angehört, ansässig sind oder nicht nach dem Recht dieses Mitgliedstaats errichtet wurden.

26      Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass der Wortlaut von Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie 2009/12 die Anwendung des Mechanismus zur Finanzierung der unabhängigen Aufsichtsbehörde nicht auf bestimmte Kategorien von Flughafennutzern in Abhängigkeit davon beschränkt, dass sie in dem betreffenden Mitgliedstaat ansässig sind oder nach dessen Recht errichtet wurden.

27      Zweitens könnte, wie sowohl das vorlegende Gericht als auch die Europäische Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen im Wesentlichen ausgeführt haben, eine Beschränkung der zur Finanzierung der unabhängigen Aufsichtsbehörde eines Mitgliedstaats auferlegten Beiträge allein auf die Flughafennutzer mit Sitz im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats, da damit einherginge, dass die Flughafennutzer mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat trotz ihrer Nutzung der Flughäfen des erstgenannten Mitgliedstaats von diesen Beiträgen befreit wären, den Wettbewerb zwischen diesen beiden Kategorien von Flughafennutzern verfälschen.

28      Demnach ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie 2009/12 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung, nach der die Finanzierung der unabhängigen Aufsichtsbehörde dadurch sichergestellt wird, dass bei Flughafennutzern ein Beitrag erhoben wird, auch wenn sie nicht in dem Mitgliedstaat, dem diese Behörde angehört, ansässig sind oder nicht nach dem Recht dieses Mitgliedstaats errichtet wurden, nicht entgegensteht.

 Kosten

29      Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie 2009/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2009 über Flughafenentgelte

ist dahin auszulegen, dass

er einer nationalen Regelung, nach der die Finanzierung der unabhängigen Aufsichtsbehörde dadurch sichergestellt wird, dass bei Flughafennutzern ein Beitrag erhoben wird, dessen Höhe nicht in Zusammenhang mit den Kosten der von dieser Behörde erbrachten Dienstleistungen steht, nicht entgegensteht, sofern eine solche Regelung mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, namentlich denjenigen der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung, in Einklang steht.

2.      Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie 2009/12

ist dahin auszulegen, dass

er einer nationalen Regelung, nach der die Finanzierung der unabhängigen Aufsichtsbehörde dadurch sichergestellt wird, dass bei Flughafennutzern ein Beitrag erhoben wird, auch wenn sie nicht in dem Mitgliedstaat, dem diese Behörde angehört, ansässig sind oder nicht nach dem Recht dieses Mitgliedstaats errichtet wurden, nicht entgegensteht.

Unterschriften



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