SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
PRIIT PIKAMÄE
vom 9. März 2023(1)
Rechtssache C‑133/22
LACD GmbH
gegen
BB Sport GmbH & Co. KG
(Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs [Deutschland])
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbraucherschutz – Richtlinie 2011/83/EU – Art. 2 Nr. 14 – Richtlinie (EU) 2019/771 – Art. 2 Nr. 12 – Fernabsatzvertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer – Gewerbliche Garantie, die sich auf Eigenschaften oder Anforderungen bezieht, die nicht mit der Vertragsmäßigkeit des Produkts zusammenhängen – Unbefristete Verpflichtung des Herstellers zur Warenrücknahme und Erstattung allein aufgrund der Unzufriedenheit des Käufers“
1. „Zufrieden oder Geld zurück!“ Dieser griffige Werbeslogan entspricht zwar einer bekannten und weit verbreiteten Werbetaktik. Im vorliegenden Fall stellt sich aber die Frage, ob er Gegenstand einer gewerblichen Garantie im Sinne von Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83/EU(2) und Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie (EU) 2019/771(3) sein kann.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
2. Für die vorliegende Rechtssache relevant sind Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83 und Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie 2019/771.
Deutsches Recht
3. Gemäß § 443 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (im Folgenden: BGB) liegt eine Garantie vor, wenn der Verkäufer, der Hersteller oder ein sonstiger Dritter in einer Erklärung oder einschlägigen Werbung, die vor oder bei Abschluss des Kaufvertrags verfügbar war, zusätzlich zu der gesetzlichen Mängelhaftung insbesondere die Verpflichtung eingeht, den Kaufpreis zu erstatten, die Sache auszutauschen, nachzubessern oder in ihrem Zusammenhang Dienstleistungen zu erbringen, falls die Sache nicht diejenige Beschaffenheit aufweist oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen nicht erfüllt, die in der Erklärung oder einschlägigen Werbung beschrieben sind.
4. § 479 Abs. 1 BGB sieht vor, dass eine Garantieerklärung im Sinne von § 443 BGB einfach und verständlich abgefasst sein muss, und zählt die Angaben auf, die diese Erklärung enthalten muss.
Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
5. Neben einer Verkaufstätigkeit, die über ihren eigenen Online-Shop erfolgt, vertreibt die LACD GmbH über Einzelhändler und Onlinehändler von ihr selbst hergestellte Sport- und Fitnessartikel unter der Marke LACD. An ihren T‑Shirts brachte sie Hängeetiketten mit folgendem Text an:
„LACD-Garantie
Jedes LACD-Produkt ist mit unserer eigenen lebenslangen Garantie ausgestattet. Wenn Sie mit einem unserer Produkte nicht voll und ganz zufrieden sind, schicken Sie es bitte an den Händler zurück, bei dem Sie es erworben haben. Sie können es auch direkt an LACD zurückschicken, aber vergessen Sie nicht, uns mitzuteilen, wo und wann Sie es gekauft haben.“
6. Im August 2018 kaufte die BB Sport GmbH, die in ihrem Online-Shop ebenfalls Sport- und Fitnessartikel verkauft, über eine Testkäuferin bei dem auf der Online-Handelsplattform Amazon Marketplace vertretenen Unternehmen Outdoor-Works zwei T‑Shirts der Marke LACD, an denen Hängeetiketten mit der in der vorstehenden Nummer angeführten Erklärung angebracht waren.
7. Da BB Sport der Ansicht war, dass die Angaben auf diesen Etiketten nicht den gesetzlichen Anforderungen an eine Garantieerklärung im Sinne der §§ 443 und 479 BGB genügten, erhob sie beim Landgericht München I (Deutschland) eine wettbewerbsrechtliche Klage auf Verurteilung von LACD, die Anbringung solcher Etiketten auf ihren Bekleidungsprodukten zu unterlassen. Nachdem dieses Gericht ihre Klage abgewiesen hatte, legte BB Sport beim Oberlandesgericht München (Deutschland) Berufung ein, der stattgegeben wurde.
8. LACD legte daraufhin Revision beim vorlegenden Gericht ein, das der Ansicht ist, dass der Ausgang des Rechtsstreits von der Auslegung von Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83 und Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie 2019/771 abhänge.
9. Dieses Gericht stellt fest, dass die Klage von BB Sport nur Erfolg haben könne, wenn das LACD vorgeworfene Verhalten als „unlautere Geschäftspraxis“ eingestuft werde. Die Feststellung eines Verstoßes von LACD gegen die in § 479 Abs. 1 BGB vorgesehenen Informationspflichten und damit des Vorliegens einer solchen Praxis setze jedoch voraus, dass die in der Erklärung von LACD enthaltene Verpflichtung, das Bekleidungsstück bei Unzufriedenheit des Verbrauchers zurückzunehmen, eine „Garantie“ im Sinne von § 443 Abs. 1 BGB darstelle – einer Bestimmung, mit der Art. 1 Abs. 2 Buchst. e und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 1999/44/EG(4) in deutsches Recht umgesetzt worden seien und die seit dem 1. Januar 2022 ihre Grundlage in Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie 2019/771 finde.
10. Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, dass die „Zufriedenheit des Verbrauchers mit dem erworbenen Produkt“ zwar nicht zur „Beschaffenheit der Kaufsache“ gehöre, sie aber eine „andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderung“ im Sinne von § 443 Abs. 1 BGB darstellen könne. Dieses Kriterium sei dieser Bestimmung des BGB am 13. Juni 2014 hinzugefügt worden, um den Begriff der „gewerblichen Garantie“ in Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83 umzusetzen, und die genannte Bestimmung des nationalen Rechts müsse daher richtlinienkonform im Hinblick auf diesen Artikel ausgelegt werden.
11. Unter diesen Umständen hat der Bundesgerichtshof (Deutschland) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Kann eine andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderung im Sinne von Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83 und eine andere nicht mit der Vertragsmäßigkeit verbundene Anforderung im Sinne von Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie 2019/771 vorliegen, wenn die Verpflichtung des Garantiegebers an in der Person des Verbrauchers liegende Umstände, insbesondere an seine subjektive Haltung zur Kaufsache (hier: die in das Belieben des Verbrauchers gestellte Zufriedenheit mit der Kaufsache) anknüpft, ohne dass diese persönlichen Umstände mit dem Zustand oder den Merkmalen der Kaufsache zusammenhängen müssen?
2. Für den Fall, dass Frage 1 bejaht wird:
Muss das Fehlen von Anforderungen, die sich auf in der Person des Verbrauchers liegende Umstände (hier: seine Zufriedenheit mit den erworbenen Waren) gründen, anhand objektiver Umstände feststellbar sein?
Verfahren vor dem Gerichtshof
12. Die Klägerin und die Beklagte des Ausgangsverfahrens sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.
Zur Bestimmung des einschlägigen rechtlichen Rahmens
13. Die Prüfung des Vorabentscheidungsersuchens wirft zunächst die Frage nach der Bestimmung des einschlägigen rechtlichen Rahmens auf. Während das vorlegende Gericht den Gerichtshof um Auslegung einiger Bestimmungen der Richtlinien 2011/83 und 2019/771 ersucht, macht die Revisionsklägerin des Ausgangsverfahrens geltend, die erste Vorlagefrage sei „unzulässig“, soweit sie die erste dieser beiden Richtlinien betreffe, da die zum Zeitpunkt des angeblichen Verstoßes anwendbare Rechtsnorm die Richtlinie 1999/44 gewesen sei. Die Kommission schlägt ihrerseits vor, diese Frage unter Auslassung der Richtlinie 2019/771, die im Hinblick auf ihren zeitlichen Geltungsbereich nicht anwendbar sei, umzuformulieren. Es ist festzustellen, dass die vorliegende Rechtssache in der Tat einen normativen Anhäufungsprozess aufweist, der den Richter dazu zwingt, eine normative Archäologie zu betreiben, die es ihm ermöglichen soll, die Problematik der Abfolge der Rechtsnormen zu lösen.
14. Als Erstes ist festzustellen, dass zum Zeitpunkt des Online-Kaufs der betreffenden Ware die Richtlinien 1999/44 und 2011/83 in Kraft waren, wobei die Richtlinie 1999/44 erst mit Wirkung zum 1. Januar 2022 durch die Richtlinie 2019/771 aufgehoben wurde. Die Richtlinie 1999/44 über den Verbrauchsgüterkaufvertrag(5) zielte hauptsächlich darauf ab, dem Verkäufer die Verpflichtung aufzuerlegen, dem Verbraucher eine dem Kaufvertrag gemäße Ware zu liefern und für jede Vertragswidrigkeit bei der Lieferung dieser Ware einzustehen. Vertragsbestandteile wie die Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit, Abhilfemaßnahmen im Fall einer Vertragswidrigkeit und die wesentlichen Modalitäten für deren Anwendung waren Gegenstand einer Mindestharmonisierung.
15. In Anbetracht der gängigen Praxis von Verkäufern oder Herstellern, bei Waren eine Garantie in Bezug auf jeden Mangel zu gewähren, der innerhalb einer bestimmten Frist auftreten kann, enthielt die Richtlinie 1999/44 auch Bestimmungen zu diesem Begriff der „Garantie“. In ihrem Art. 1 Abs. 2 Buchst. e wurde diese definiert als „jede von einem Verkäufer oder Hersteller gegenüber dem Verbraucher ohne Aufpreis eingegangene Verpflichtung, den Kaufpreis zu erstatten, das Verbrauchsgut zu ersetzen oder nachzubessern oder in sonstiger Weise Abhilfe zu schaffen, wenn das Verbrauchsgut nicht den in der Garantieerklärung oder in der einschlägigen Werbung genannten Eigenschaften entspricht“. Art. 6 der Richtlinie 1999/44 bestimmte die rechtliche Ausgestaltung dieser Garantie, die zusätzlich zu den gesetzlichen Rechten des Verbrauchers in Bezug auf die Übereinstimmung der Ware mit dem Kaufvertrag galt, und verlangte die Bereitstellung bestimmter Informationen, um sicherzustellen, dass der Verbraucher nicht irregeführt wird(6).
16. Die Richtlinie 1999/44 wurde durch die Richtlinie 2011/83 geändert(7), deren Bestimmungen für Verträge gelten, die nach dem 13. Juni 2014 geschlossen wurden(8), und die die Vorschriften über die Informationen harmonisiert, die u. a. bei Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen bereitgestellt werden müssen. Gemäß Art. 2 Nr. 7 der Richtlinie 2011/83 ist der Fernabsatzvertrag definiert als „jede[r] Vertrag, der zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw. Dienstleistungssystems geschlossen wird, wobei bis einschließlich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ausschließlich ein oder mehrere Fernkommunikationsmittel verwendet wird/werden“. Im vorliegenden Fall wurde die Kleidung bei dem Unternehmen Outdoor-Works gekauft, das auf der Online-Handelsplattform Amazon Marketplace vertreten ist, was einem Fernabsatzvertrag entspricht(9).
17. Die auf diese Weise umgesetzte Harmonisierung im Bereich der vorvertraglichen Information betrifft auch die „gewerbliche Garantie“, die in Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83 neu definiert wird als „jede dem Verbraucher gegenüber zusätzlich zur gesetzlichen Gewährleistung eingegangene Verpflichtung des Unternehmers oder eines Herstellers (Garantiegebers), den Kaufpreis zu erstatten oder die Waren auszutauschen oder nachzubessern oder Dienstleistungen für sie zu erbringen, falls sie nicht diejenigen Eigenschaften aufweisen oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen nicht erfüllen, die in der Garantieerklärung oder der einschlägigen Werbung, wie sie bei oder vor dem Abschluss des Vertrags verfügbar war, beschrieben sind“.
18. Die Richtlinie 2011/83 kann meines Erachtens nicht als lex specialis im Verhältnis zur Richtlinie 1999/44 angesehen werden, da zwischen diesen Rechtsnormen kein Verhältnis speziellerer, von allgemeinen Regeln im selben Bereich der Verbrauchsgüterkaufverträge abweichender Bestimmungen vorliegt. Für die Beantwortung der Frage des vorlegenden Gerichts ist jedoch gemäß dem für die zeitliche Abfolge von Rechtsnormen geltenden Grundsatz lex posterior derogat legi priori, der den Vorrang der Richtlinie 2011/83 gegenüber der Richtlinie 1999/44 im Hinblick auf die gewerbliche Garantie bei Fernabsatzverträgen begründet, ausschließlich ihre neue Definition der gewerblichen Garantie heranzuziehen.
19. Neben der chronologischen Reihenfolge dieser Sekundärrechtsakte sprechen für die Annahme, dass nur die Richtlinie 2011/83 zu berücksichtigen ist, auch der umfassende Charakter der mit dieser Richtlinie umgesetzten Harmonisierung der vorvertraglichen Verbraucherinformationen(10) sowie die Tatsache, dass Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83, der die Definition der gewerblichen Garantie enthält, nicht von ihrem Art. 6 betreffend die Informationspflichten gegenüber Verbrauchern getrennt werden kann(11). Insoweit stelle ich fest, dass der Gesetzeber des Jahres 2011 in die zuvor in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44 enthaltene Definition der gewerblichen Garantie den eigenständigen Charakter dieser Garantie gegenüber der gesetzlichen Gewährleistung aufgenommen hat, den Anwendungsbereich der gewerblichen Garantie durch die Unterscheidung zweier möglicher Gegenstände präzisiert hat und eine Informationspflicht begründet hat, die auf die gesetzliche Gewährleistung für die Vertragsmäßigkeit der Ware und die Existenz gewerblicher Garantien sowie „die Bedingungen [von solchen Garantien]“ bezogen ist – eine allgemein gehaltene Formulierung, die sich von derjenigen unterscheidet, die in dem oben genannten Art. 6 Abs. 2 verwendet wird.
20. Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 1999/44 mit Wirkung zum 1. Januar 2022 aufgehoben wurde und durch die Richtlinie 2019/771 ersetzt wurde, die gemäß ihrem Art. 23 Satz 1 und ihrem Art. 24 Abs. 2 für Verträge gilt, die ab dem 1. Januar 2022 geschlossen wurden, wobei anzumerken ist, dass die streitgegenständlichen T‑Shirts im August 2018 erworben wurden. Das vorlegende Gericht ersucht den Gerichtshof gleichwohl um Auslegung von Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie 2019/771 und weist darauf hin, dass dem von BB Sport gestellten Antrag auf Unterlassung einer unlauteren Geschäftspraxis, der sich auf die Wiederholungsgefahr stütze, nur stattgegeben werden könne, wenn das LACD vorgeworfene Verhalten sowohl zum Zeitpunkt des Geschehens als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung der Revisionsinstanz gegen das Wettbewerbsrecht verstoße.
21. Es ist festzustellen, dass sich der Gerichtshof in einem Fall, der ein gleichgelagertes Ausgangsverfahren betraf, dafür entschieden hat, die im Stadium der Rechtsmittelentscheidung in zeitlicher Hinsicht anwendbare Norm des Unionsrechts unabhängig von der Feststellung auszulegen, dass sich der dem Ausgangsverfahren zugrunde liegende Sachverhalt vor dem Erlass dieser Norm zugetragen hatte.
22. Der Gerichtshof erinnerte zum einen an seine Rechtsprechung, wonach die Gerichte der Mitgliedstaaten es ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Richtlinie so weit wie möglich unterlassen müssen, das innerstaatliche Recht in einer Weise auszulegen, die die Erreichung des mit dieser Richtlinie verfolgten Ziels nach Ablauf der Umsetzungsfrist ernsthaft gefährden könnte. Im vorliegenden Fall galt eine solche Unterlassungspflicht jedenfalls zum Zeitpunkt des Erlasses der Vorlageentscheidung, d. h. am 10. Februar 2022, als die Richtlinie 2019/771 nicht nur in Kraft getreten war, sondern auch die auf den 1. Juli 2021 festgesetzte Frist für ihre Umsetzung abgelaufen war. Zum anderen stellte er fest, dass jedenfalls aus der Vorlageentscheidung, wie auch im vorliegenden Fall, ausdrücklich hervorging, dass es für die Entscheidung über die Revision darauf ankam, ob die fragliche Unterlassung auf der Grundlage der Rechtslage beansprucht werden konnte, die zu dem Zeitpunkt galt, zu dem nach der Verkündung des Vorabentscheidungsurteils die Entscheidung über den Ausgangsrechtsstreit ergehen würde, da der Anspruch auch auf die Abwehr zukünftiger Verletzungshandlungen gerichtet war. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass dem vorlegenden Gericht die von ihm begehrte Auslegung der Richtlinie 2019/771 von Nutzen sein kann, um über den bei ihm anhängigen Rechtsstreit zu entscheiden(12).
23. In diesem Zusammenhang stelle ich fest, dass die Richtlinie 2019/771 gemäß ihrem elften Erwägungsgrund die Richtlinie 2011/83 ergänzt, indem sie Vorschriften für die Vertragsmäßigkeit der Waren, die Abhilfen bei nicht vertragsgemäßen Waren und die Modalitäten für deren Inanspruchnahme einführt. Der 62. Erwägungsgrund der Richtlinie 2019/771 sieht jedoch auch vor, dass zur Gewährleistung von Transparenz bestimmte Anforderungen an gewerbliche Garantien vorgesehen werden sollten, neben den vorvertraglichen Informationspflichten in Bezug auf das Bestehen und die Bedingungen von gewerblichen Garantien gemäß der Richtlinie 2011/83. In diesem Zusammenhang definiert Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie 2019/771 eine gewerbliche Garantie als „jede dem Verbraucher gegenüber zusätzlich zur gesetzlichen Gewährleistung eingegangene Verpflichtung des Verkäufers oder eines Herstellers (Garantiegebers), den Kaufpreis zu erstatten oder die Waren zu ersetzen, nachzubessern oder in sonstiger Weise Abhilfe zu schaffen, falls sie nicht die Eigenschaften aufweisen oder andere nicht mit der Vertragsmäßigkeit verbundene Anforderungen erfüllen sollten, die in der Garantieerklärung oder der einschlägigen Werbung, wie sie bei oder vor Abschluss des Vertrags verfügbar war, beschrieben sind“.
24. Aus alledem ergibt sich, dass sich die Antwort des Gerichtshofs auf Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83 und Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie 2019/771 beziehen muss.
Zu den Vorlagefragen
25. Mit seinen beiden Vorlagefragen, die gemeinsam zu behandeln sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83 und Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie 2019/771 dahin auszulegen sind, dass der dort genannte Begriff „gewerbliche Garantie“ die Verpflichtung eines Herstellers(13) zur Rücknahme der Ware und zur Erstattung des Kaufpreises(14) einer Ware ohne zeitliche Begrenzung allein aufgrund der Unzufriedenheit des Käufers mit dieser Ware umfasst, und, falls dies bejaht wird, welche Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer solchen Garantie gelten.
26. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sind bei der Auslegung einer Bestimmung des Unionsrechts nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden, zu berücksichtigen(15).
Zur grammatikalischen Auslegung
27. Aus dem Wortlaut von Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83, der in Nr. 17 der vorliegenden Schlussanträge angeführt wird, ergibt sich, dass der Unionsgesetzgeber offensichtlich beabsichtigte, dem Begriff der gewerblichen Garantie einen weiten Anwendungsbereich zu verleihen.
28. Das gilt zunächst für die Verwendung des umfassenden Ausdrucks „jede … eingegangene Verpflichtung“, der das Verhalten des Unternehmers beschreiben soll, der sich direkt oder indirekt an potenzielle Käufer der zum Verkauf angebotenen Produkte wendet. Die Formulierung der vorgenannten Bestimmung offenbart sodann, dass diese Garantie insofern einen zweifachen Bezugspunkt hat, als sie Anwendung finden kann, wenn die erworbene Ware nicht diejenigen „Eigenschaften“ aufweist oder nicht „andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen“ erfüllt, die in der Garantieerklärung oder der einschlägigen Werbung beschrieben sind.
29. Um die Bedeutung dieser Alternativen besser zu verstehen, muss man auf die Entstehungsgeschichte der fraglichen Bestimmung zurückblicken. Der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Rechte der Verbraucher bezog sich lediglich auf die in der Garantieerklärung oder in der einschlägigen Werbung beschriebenen „Eigenschaften“. Dieser Begriff verweist zweifellos auf den objektiven Begriff der „Merkmale“ oder „Eigenschaften“ der Kaufsache, der für die Vertragsmäßigkeit ausschlaggebend ist, und weist darauf hin, dass die gewerbliche Garantie, die zur gesetzlichen Gewährleistung hinzukommt, in einer Erweiterung dieser Letzteren bestehen kann.
30. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens und infolge eines parlamentarischen Änderungsantrags wurde ein zweiter möglicher Bezugspunkt hinzugefügt, dessen Formulierung ausdrücklich vom ersten abweicht und im Gegensatz zu diesem eine Beziehung zur Ware beschreibt, die nicht mit irgendeiner Form von Vertragswidrigkeit verbunden ist. Der neutrale und allgemeine Ausdruck „[optionale] andere … Anforderungen“ („d’autres éléments éventuels“) ist gänzlich geeignet, die Nichterfüllung der subjektiven Erwartungen des Verbrauchers an das erworbene Produkt unabhängig von jeder objektiven Erwägung im Zusammenhang mit den Merkmalen oder Eigenschaften des Produkts abzudecken. Die Prüfung verschiedener Sprachfassungen von Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83, insbesondere der deutschen, der englischen und der italienischen Sprachfassung, zeigt, dass eine Terminologie verwendet wird – nämlich die Begriffe „Anforderungen“, „requirements“ und „requisito“, die dem Begriff der französischen Sprachfassung „exigences“ entsprechen –, die meines Erachtens besser geeignet ist, das Konzept einer gewerblichen Garantie zu vermitteln, deren möglicher Bezugspunkt die Unzufriedenheit des Verbrauchers mit der gekauften Ware ist.
31. Es ist interessant, zu beobachten, dass die Definition des Begriffs „gewerbliche Garantie“ in Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie 2019/771 in einem nahezu identischen Wortlaut wie in Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83 formuliert ist, wobei die für unsere Erörterung relevante Änderung gerade darin besteht, dass u. a. in der französischen und in der spanischen Sprachfassung der Ausdruck „optionale andere Elemente“ („d’autres éléments éventuels“) durch den Ausdruck „optionale andere Anforderungen“ („d’autres exigences éventuelles“), die nicht mit der Vertragsmäßigkeit verbunden sind, ersetzt wurde.
32. Es ist schließlich zu betonen, dass laut ausdrücklicher Beschreibung in den vorgenannten Sprachfassungen diese anderen Anforderungen optional („éventuels“) sind und in der Garantieerklärung oder in der einschlägigen Werbung genannt sein müssen, deren Inhalt ausschließlich in der Verantwortung des Unternehmers liegt, was der Ausübung seiner unternehmerischen Freiheit und seiner souveränen Entscheidung über die Art und den Umfang der gewerblichen Garantie für die verkauften Produkte absolut entspricht.
33. Es zeigt sich somit, dass der Wortlaut sowohl von Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83 als auch von Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie 2019/771 nicht die Möglichkeit ausschließt, dass ein Hersteller eine Garantie anbietet, die nicht vom Produkt selbst, aber von den auf dessen Vertragsmäßigkeit bezogenen Anforderungen losgelöst ist und die ein unbedingtes Versprechen der Rücknahme und der Erstattung des Kaufpreises für den Fall enthält, dass der Käufer mit diesem Produkt nicht zufrieden ist.
Zur teleologischen Auslegung
34. Wie aus Art. 1 der Richtlinie 2011/83 im Licht von deren Erwägungsgründen 4, 5 und 7 hervorgeht, verfolgt diese Richtlinie den Zweck, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten, indem die Information und die Sicherheit der Verbraucher bei Geschäften mit Unternehmern garantiert wird. Darüber hinaus ist der Verbraucherschutz in der Politik der Union in Art. 169 AEUV sowie in Art. 38 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verankert(16). Dieses Ziel ist auch dasjenige der Richtlinie 2019/771, wie die Erwägungsgründe 2, 3, 5 und 10 sowie Art. 1 dieser Richtlinie bestätigen, wobei der 62. Erwägungsgrund der Richtlinie klarstellt, dass es den Mitgliedstaaten zwar freisteht, Vorschriften zu Aspekten gewerblicher Garantien festzulegen, die nicht von der Richtlinie erfasst sind, diese Regelungen den Verbrauchern jedoch nicht den Schutz vorenthalten dürfen, den ihnen die Richtlinie in diesem Bereich bietet.
35. Die Annahme, dass die Verpflichtung eines Unternehmers, die ausschließlich von der persönlichen Zufriedenheit des Verbrauchers mit der Kaufsache abhängt, als gewerbliche Garantie in den sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 2011/83 und in den der Richtlinie 2019/771 fallen kann, trägt im Rahmen des Binnenmarkts, dessen reibungsloses Funktionieren diese Rechtsakte gewährleisten sollen, zu einem hohen Verbraucherschutzniveau bei.
36. Über eine mögliche Ausweitung der gesetzlichen Gewährleistung hinaus gelangt der Verbraucher in den Genuss weiterer Rechte mit verpflichtender Wirkung für den Unternehmer. Diese Anerkennung weiterer Rechte betrifft auch die Umsetzung der Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen, also die vor Abschluss eines Vertrags erteilten Informationen über dessen Bedingungen und die Folgen des Vertragsschlusses, die für den Verbraucher von grundlegender Bedeutung sind(17). Auf der Grundlage dieser Informationen entscheidet der Verbraucher, ob er sich gegenüber dem Unternehmer vertraglich binden möchte. Die Informationspflicht nach Art. 6 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2011/83 ermöglicht es dem Verbraucher, vor Abschluss eines Fernabsatzvertrags in angemessener Form die Informationen zu erhalten, die er benötigt, um entscheiden zu können, ob er den Vertrag abschließt oder nicht, und genügt so dem im Allgemeininteresse liegenden legitimen Ziel des Schutzes der Verbraucher gemäß Art. 169 AEUV, auf das im dritten Erwägungsgrund dieser Richtlinie hingewiesen wird, ohne den Wesensgehalt der Meinungs- und Informationsfreiheit sowie die unternehmerische Freiheit des Unternehmers, wie sie in den Art. 11 und 16 der Charta gewährleistet werden, zu beeinträchtigen(18).
37. Eine Auslegung im gegenteiligen Sinne zu der hier vorgeschlagenen wäre hingegen geeignet, das Ziel des Verbraucherschutzes zu gefährden, da in diesem Bereich auf die mutmaßliche Erwartung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist(19). Meines Erachtens würde der Durchschnittsverbraucher angesichts einer Geschäftspraxis, die auf einem Slogan wie „zufrieden oder Geld zurück“ beruht und die seine Aufmerksamkeit wirksam auf sich zieht, aber tückisch ist, weil sie suggeriert, dass er über ein echtes Garantierecht verfügt, das dem Unternehmer entgegengehalten werden kann, unter dem Einfluss dieser letztgenannten Erwägung dazu neigen, sich für den Abschluss eines Vertrags zu entscheiden. Wie die Kommission betont, kann die Irreführung der Verbraucher über ihre Rechte gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2005/29/EG(20) eine unlautere und mithin verbotene Geschäftspraxis darstellen.
38. Die einzige Möglichkeit, Rechtssicherheit in den Vertragsbeziehungen zwischen Unternehmern und Verbrauchern zu schaffen, besteht darin, die Erfüllung der subjektiven Erwartungen der Verbraucher in Bezug auf die Kaufsache in den Anwendungsbereich der gewerblichen Garantie einzubeziehen. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass der siebte Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/83 und der fünfte Erwägungsgrund der Richtlinie 2019/771 zeigen, dass diese beiden Normen das gleiche Ziel verfolgen, nämlich die Rechtssicherheit von Kaufverträgen zwischen Verbrauchern und Unternehmern zu stärken, wodurch auch das Vertrauen dieser Akteure gestärkt werden kann. Im 62. Erwägungsgrund der Richtlinie 2019/771 werden als Anliegen explizit die Erhöhung der Rechtssicherheit und die „Vermeidung einer Irreführung der Verbraucher“ im Bereich der gewerblichen Garantie genannt.
39. Was die oben erwähnte unternehmerische Freiheit betrifft, so hat der Gerichtshof zwar entschieden, dass bei der Auslegung der Bestimmungen der Richtlinie 2011/83, wie aus dem vierten Erwägungsgrund dieser Richtlinie hervorgeht, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sicherzustellen ist, wobei die unternehmerische Freiheit des Unternehmers, wie sie in Art. 16 der Charta gewährleistet wird, zu wahren ist, doch kommt es auf eine solche Abwägung im vorliegenden Fall nicht an, da die Bestimmung des Gegenstands und des Umfangs der gewerblichen Garantie Ausdruck dieser Freiheit selbst ist(21). Es ist gerade der Verkäufer oder der Hersteller, der die Bedingungen für die Inanspruchnahme dieser Garantie frei festlegt und sie dem Verbraucher im Rahmen seiner Geschäftsstrategie anbietet, wobei er einerseits auf die Wirksamkeit seines Verkaufs- oder Werbearguments vertraut, um die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität seines Angebots im Vergleich zu dem seiner Konkurrenten zu verbessern und in der Folge sein Geschäftsvolumen zu erhöhen, und andererseits auf eine geringe Rückgabe der verkauften Waren in dem Fall, dass seine Kunden sich entscheiden, ihren Kauf zu revidieren.
40. Im Übrigen ist festzustellen, dass die Zusage des Unternehmers „zufrieden oder Geld zurück“ eine alte, besonders weit verbreitete Werbetechnik darstellt, die durch das Unionsrecht im Laufe der Zeit lediglich genauer geregelt wurde. Diese Garantie wird ihrerseits durch das Versprechen „zufrieden und Geld zurück“ übertroffen, bei dem ein Unternehmer Artikel anbietet, für die man auf einfache Anfrage eine volle Rückerstattung erhalten kann, ohne mit dem Produkt „unzufrieden“ sein zu müssen.
41. Es sei daran erinnert, dass das Ziel, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten, in der Politik der Union auf der Tatsache beruht, dass sich die Verbraucher gegenüber Unternehmern in einer unterlegenen Position befinden, da sie als schlechter informiert, wirtschaftlich schwächer und rechtlich weniger erfahren als ihre Vertragspartner anzusehen sind(22). Letztere sind also absolut in der Lage, den rechtlichen Rahmen ihres Handelns gegenüber Verbrauchern zu verstehen und somit die Tragweite einer kaufmännischen Verpflichtung zu ermessen, die zur gesetzlichen Gewährleistung der Vertragsmäßigkeit hinzukommt, für die Unternehmer in ihrem gesamten Geltungsbereich verbindlich ist und bei der der Unionsgesetzgeber folgerichtig keinerlei Maßnahme zum Schutz der Unternehmer vorgesehen hat.
42. In diesem Zusammenhang bin ich der Ansicht, dass das Ziel, dem Unternehmer unverhältnismäßige, mit bestimmten Situationen verbundene Nachteile zu ersparen, das vom Gesetzgeber festgelegt(23) und vom Gerichtshof in seiner Rechtsprechung umgesetzt(24) wurde, keine Grundlage hat, wenn der Betroffene die gegenüber dem Verbraucher eingegangene zwingende Verpflichtung frei und in voller Kenntnis der Sachlage festlegt und er zuvor die möglichen finanziellen Auswirkungen dieser Verpflichtung berücksichtigt hat. Ich stelle mit Interesse fest, dass der Gerichtshof entschieden hat, dass die Informationspflicht nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83 zum Tragen kommen soll, wenn der Unternehmer die Aufmerksamkeit des Verbrauchers ausdrücklich auf das Bestehen einer gewerblichen Garantie des Herstellers lenkt, um daraus ein Verkaufs- oder Werbeargument herzuleiten und somit die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität seines Angebots im Vergleich zu den Angeboten seiner Wettbewerber zu verbessern. Sodann stellte er klar, dass eine solche Informationspflicht nicht als eine unverhältnismäßige Belastung für den Unternehmer angesehen werden könne, da Letzterer selbst in voller Kenntnis der Sachlage die Entscheidung treffe, die Aufmerksamkeit des Verbrauchers auf diesen Umstand zu lenken, und beabsichtige, daraus einen Wettbewerbsvorteil zu ziehen(25).
43. Unter diesen Umständen scheint mir die Auslegung, dass die Verpflichtung eines Unternehmers, die allein an die persönliche Zufriedenheit des Verbrauchers mit der Kaufsache anknüpft, Gegenstand einer gewerblichen Garantie sein kann, dem Ziel des Unionsrechts entspricht, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu gewährleisten.
Zur systematischen Auslegung
44. Die systematische Auslegung stützt meines Erachtens die vorgeschlagene Auslegung der gewerblichen Garantie. Denn die Einbeziehung eines Angebots, das die zeitlich unbegrenzte Rücknahme der Ware nebst Kaufpreiserstattung bei Unzufriedenheit des Käufers zum Gegenstand hat, in den Anwendungsbereich der gewerblichen Garantie erscheint wie eine Erweiterung des Widerrufsrechts, das dem Verbraucher durch die Richtlinie 2011/83 zuerkannt wird.
45. So sieht Art. 9 dieser Richtlinie vor, dass der Verbraucher ein solches Recht innerhalb einer bestimmten Frist ausüben kann, ohne dass ihm Nachteile entstehen und ohne dass er seine Entscheidung begründen muss. Hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs sieht Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83 vor, dass der „Unternehmer … alle Zahlungen, die er vom Verbraucher erhalten hat, gegebenenfalls einschließlich der Lieferkosten, … zurückzuzahlen [hat]“, wobei der Verbraucher die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren und in einem Sonderfall einen Teil der Lieferkosten zu tragen hat(26). Aus dem 37. Erwägungsgrund dieser Richtlinie geht hervor, dass das Widerrufsrecht den Verbraucher im Fall eines Fernabsatzgeschäfts schützen soll, in dem er „die Waren nicht sehen kann, bevor er den Vertrag abschließt“. Das Widerrufsrecht soll also den Nachteil ausgleichen, der sich für den Verbraucher aus einem Fernabsatzvertrag ergibt, indem es ihm eine angemessene Bedenkzeit einräumt, während der er die Möglichkeit hat, die Kaufsache zu prüfen und auszuprobieren(27).
46. Die in der Garantieerklärung oder in der entsprechenden Werbung genannte Möglichkeit des Verbrauchers, seine Meinung zu ändern und die online erworbene Ware ohne zeitliche Begrenzung und allein aufgrund seiner Unzufriedenheit mit dem Produkt zurückzugeben, treibt die Logik des Widerrufsrechts in seiner zeitlichen Dimension nur auf die Spitze.
47. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, festzustellen, dass Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83 und Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie 2019/771 dahin auszulegen sind, dass der dort genannte Begriff „gewerbliche Garantie“ die Verpflichtung eines Herstellers umfasst, eine im Rahmen eines Fernabsatzvertrags erworbene Ware ohne zeitliche Begrenzung allein aufgrund der Unzufriedenheit des Käufers mit dieser Ware zurückzunehmen und den Kaufpreis zu erstatten.
48. Diese Schlussfolgerung scheint mir diejenige zu den Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer solchen Garantie vorzugeben. Das vorlegende Gericht stellt sich insoweit die Frage, ob die Unzufriedenheit des Verbrauchers auf der Grundlage objektiver Umstände festgestellt werden müsse. Diese Frage kann nur verneint werden, da die Nichterfüllung der subjektiven Erwartungen des Verbrauchers an das erworbene Produkt naturgemäß nicht Gegenstand einer objektiven Überprüfung sein kann, weil das Gericht nicht in der Lage ist, die persönlichen Gedanken des Betroffenen zu ergründen. Eine einfache Erklärung des Verbrauchers in diesem Sinne bei Rücksendung der Ware genügt insoweit.
Ergebnis
49. Im Licht der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, dem Bundesgerichtshof (Deutschland) wie folgt zu antworten:
Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie (EU) 2019/771 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs, zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/2394 und der Richtlinie 2009/22/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 1999/44/EG
sind dahin auszulegen, dass
der dort genannte Begriff „gewerbliche Garantie“ die Verpflichtung eines Herstellers umfasst, eine im Rahmen eines Fernabsatzvertrags erworbene Ware ohne zeitliche Begrenzung allein aufgrund der erklärten Unzufriedenheit des Verbrauchers mit dieser Ware zurückzunehmen und den Kaufpreis zu erstatten.