C-114/22 – Dyrektor Izby Administracji Skarbowej w Warszawie (TVA – Acquisition fictive)

C-114/22 – Dyrektor Izby Administracji Skarbowej w Warszawie (TVA – Acquisition fictive)

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:C:2023:430

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)

25. Mai 2023(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Steuerrecht – Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Recht auf Vorsteuerabzug – Versagung – Versagung, die auf die Nichtigkeit des Geschäfts nach nationalem Zivilrecht gestützt ist“

In der Rechtssache C‑114/22

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht, Polen) mit Entscheidung vom 23. November 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 18. Februar 2022, in dem Verfahren

Dyrektor Izby Administracji Skarbowej w Warszawie

gegen

W. sp. z o.o.

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten D. Gratsias sowie der Richter I. Jarukaitis (Berichterstatter) und Z. Csehi,

Generalanwältin: T. Ćapeta,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        des Dyrektor Izby Administracji Skarbowej w Warszawie, vertreten durch B. Kołodziej, D. Pach und T. Wojciechowski,

–        der W. sp. z o.o., vertreten durch M. Kwietko-Bębnowski, Doradca podatkowy,

–        der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Armenia und I. Barcew als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 167, Art. 168 Buchst. a, Art. 178 Buchst. a und Art. 273 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1) in der durch die Richtlinie 2010/45/EU des Rates vom 13. Juli 2010 (ABl. 2010, L 189, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2006/112) im Licht der Grundsätze der Steuerneutralität und der Verhältnismäßigkeit.

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Dyrektor Izby Administracji Skarbowej w Warszawie (Direktor der Finanzverwaltungskammer Warschau, Polen, im Folgenden: Direktor der Finanzverwaltung) und der W. sp. z o.o. über das Recht auf Abzug der auf einer Rechnung an W. vom 27. Oktober 2015 ausgewiesenen Mehrwertsteuer.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        In Art. 63 der Richtlinie 2006/112 heißt es:

„[Der] Steueranspruch [tritt] zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Lieferung von Gegenständen bewirkt oder die Dienstleistung erbracht wird.“

4        Art. 167 der Richtlinie 2006/112 sieht vor:

„Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.“

5        Art. 168 der Richtlinie 2006/112 bestimmt:

„Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a)      die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden;

…“

6        In Art. 178 der Richtlinie 2006/112 heißt es:

„Um das Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, muss der Steuerpflichtige folgende Bedingungen erfüllen:

a)      für den Vorsteuerabzug nach Artikel 168 Buchstabe a in Bezug auf die Lieferung von Gegenständen oder das Erbringen von Dienstleistungen muss er eine gemäß Titel XI Kapitel 3 Abschnitte 3 bis 6 ausgestellte Rechnung besitzen;

…“

7        Art. 273 der Richtlinie 2006/112 sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten können vorbehaltlich der Gleichbehandlung der von Steuerpflichtigen bewirkten Inlandsumsätze und innergemeinschaftlichen Umsätze weitere Pflichten vorsehen, die sie für erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und um Steuerhinterziehung zu vermeiden, sofern diese Pflichten im Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht zu Formalitäten beim Grenzübertritt führen.

Die Möglichkeit nach Absatz 1 darf nicht dazu genutzt werden, zusätzlich zu den in Kapitel 3 genannten Pflichten weitere Pflichten in Bezug auf die Rechnungsstellung festzulegen.“

 Polnisches Recht

8        Art. 88 Abs. 3a Nr. 4 Buchst. c der Ustawa o podatku od towarów i usług (Gesetz über die Steuer auf Gegenstände und Dienstleistungen) vom 11. März 2004 (Dz. U. 2011, Nr. 177, Pos. 1054) in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz) bestimmt:

„3a.      Rechnungen und Zollunterlagen berechtigen weder zum Vorsteuerabzug noch zur Erstattung des Steuerüberschusses oder der Vorsteuer, wenn

4)      die ausgestellten Rechnungen, berichtigten Rechnungen oder Zollunterlagen

c)      Handlungen belegen, auf die die Art. 58 und 83 des Zivilgesetzbuchs Anwendung finden – soweit sie diese Handlungen betreffen.“

9        Art. 58 der Ustawa – Kodeks cywilny (Gesetz über das Zivilgesetzbuch) vom 23. April 1964, konsolidierte Fassung (Dz. U. 2020, Pos. 1740) (im Folgenden: Zivilgesetzbuch) sieht vor:

„§ 1.      Ein Rechtsgeschäft, das dem Gesetz zuwiderläuft oder die Umgehung des Gesetzes zum Zweck hat, ist nichtig, es sei denn, dass eine einschlägige Vorschrift eine andere Rechtsfolge vorsieht …

§ 2.      Ein Rechtsgeschäft, das den Grundsätzen des gesellschaftlichen Zusammenlebens zuwiderläuft, ist nichtig.

§ 3.      Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Rechtsgeschäfts, so bleibt das Rechtsgeschäft im Übrigen wirksam, es sei denn, dass sich aus den Umständen ergibt, dass es ohne die nichtigen Bestimmungen nicht vorgenommen worden wäre.“

10      Art. 83 des Zivilgesetzbuchs lautet:

„§ 1.      Eine Willenserklärung, die gegenüber einem anderen mit dessen Einverständnis zum Schein abgegeben wird, ist nichtig. Wurde eine solche Erklärung zur Verdeckung eines anderen Rechtsgeschäfts abgegeben, so ist die Wirksamkeit der Erklärung anhand der für dieses Rechtsgeschäft geltenden Bestimmungen zu beurteilen.

§ 2.      Die Abgabe einer Willenserklärung nur zum Schein wirkt sich nicht auf die Wirksamkeit eines entgeltlichen Rechtsgeschäfts aus, das auf der Grundlage der zum Schein abgegebenen Erklärung vorgenommen wird, sofern ein Dritter durch dieses Rechtsgeschäft ein Recht erwirbt oder von einer Verpflichtung befreit wird, es sei denn, dieser Dritte hat im bösen Glauben gehandelt.“

 Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

11      Am 27. Oktober 2015 stellte die M. sp. z o.o. S.K.A. eine Rechnung über einen der Mehrwertsteuer unterliegenden Markenverkauf an W. aus, die die Mehrwertsteuer erklärte und entrichtete.

12      Mit Bescheid vom 20. Oktober 2017 stellte die Finanzverwaltung das Recht auf Vorsteuerabzug, das W. hinsichtlich dieser Rechnung in Anspruch genommen hatte, auf der Grundlage von Art. 88 Abs. 3a Nr. 4 Buchst. c des Mehrwertsteuergesetzes mit der Begründung in Frage, dass der in Rede stehende Markenverkauf nach Art. 58 § 2 des Zivilgesetzbuchs wegen Verletzung der Grundsätze des gesellschaftlichen Zusammenlebens im Sinne dieser Bestimmung nichtig sei.

13      Dieser Bescheid wurde mit Bescheid des Direktors der Finanzverwaltung vom 11. Oktober 2018 bestätigt, der allerdings der Auffassung war, dass der in Rede stehende Markenverkauf zum Schein im Sinne von Art. 83 des Zivilgesetzbuchs erfolgt sei.

14      W. erhob gegen diesen letztgenannten Bescheid Klage beim Wojewódzki Sąd Administracyjny w Warszawie (Woiwodschaftsverwaltungsgericht Warschau, Polen), der diesen Bescheid mit Urteil vom 29. Mai 2019 mit der Begründung aufhob, dass die Finanzverwaltung nicht den Beweis erbracht habe, dass das in Rede stehende Geschäft zum Schein erfolgt sei.

15      Der Direktor der Finanzverwaltung legte gegen dieses Urteil beim Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht, Polen), dem vorlegenden Gericht, Kassationsbeschwerde ein.

16      Dieses Gericht hat Zweifel an der Vereinbarkeit von Art. 88 Abs. 3a Nr. 4 Buchst. c des Mehrwertsteuergesetzes mit der Richtlinie 2006/112.

17      Aus dieser Richtlinie gehe nicht hervor, dass ein Steuerpflichtiger sein Recht auf Abzug der ihm in Rechnung gestellten Mehrwertsteuer mit der Begründung verlieren könne, dass das in Rede stehende Geschäft dem nationalen Zivilrecht zuwiderlaufe, da das Recht auf Vorsteuerabzug nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs integraler Bestandteil des Mehrwertsteuersystems sei und grundsätzlich nicht eingeschränkt werden dürfe. Die Autonomie der Mehrwertsteuer gegenüber den Vorschriften des nationalen Zivilrechts und die Neutralität der Mehrwertsteuer sprächen dafür, dass die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nach dem nationalen Zivilrecht nicht automatisch zum Ausschluss des Abzugsrechts führen dürfe.

18      Der Rechtsprechung des Gerichtshofs sei zu entnehmen, dass Ausnahmen vom Recht auf Vorsteuerabzug nur in den in der Richtlinie 2006/112 ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig seien, dass sie eng auszulegen seien und dass dieses Recht zu versagen sei, wenn anhand der objektiven Sachlage nachgewiesen werde, dass es in betrügerischer Weise oder missbräuchlich geltend gemacht werde.

19      Zwar hätten die Mitgliedstaaten gemäß Art. 273 der Richtlinie 2006/112 die Möglichkeit, Maßnahmen zu erlassen, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und um Steuerhinterziehung zu vermeiden, sie seien jedoch verpflichtet, ihre Befugnis unter Beachtung des Unionsrechts und seiner allgemeinen Grundsätze, u. a. des Grundsatzes der Neutralität, und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auszuüben.

20      Unter diesen Umständen hat der Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Sind Art. 167, Art. 168 Buchst. a, Art. 178 Buchst. a und Art. 273 der Richtlinie 2006/112 sowie die Grundsätze der Neutralität und der Verhältnismäßigkeit dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Bestimmung wie Art. 88 Abs. 3a Nr. 4 Buchst. c des Mehrwertsteuergesetzes entgegenstehen, die dem Steuerpflichtigen das Recht auf Abzug der Vorsteuer auf den Erwerb eines Rechts (Gegenstands), der nur zum Schein im Sinne der nationalen zivilrechtlichen Vorschriften erfolgt ist, versagt, und zwar unabhängig von der Feststellung, ob mit dem Umsatz ein Steuervorteil angestrebt wurde, dessen Gewährung einem oder mehreren Zielen der Richtlinie zuwiderliefe, und ob dieser Vorteil den wesentlichen Zweck der vertraglichen Vereinbarung ausgemacht hat?

 Zur Vorlagefrage

21      Einleitend ist festzustellen, dass der Direktor der Finanzverwaltung der Auffassung ist, das Vorabentscheidungsersuchen müsse gemäß Art. 94 Buchst. a der Verfahrensordnung des Gerichtshofs mit der Begründung für unzulässig erklärt werden, dass in ihm weder der maßgebliche Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits noch die tatsächlichen Umstände, auf denen die Vorlagefrage beruhe, dargestellt würden, da nicht die Gründe erläutert würden, weshalb das in Rede stehende Geschäft zum Schein erfolgt sei.

22      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung gemäß Art. 94 dieser Verfahrensordnung eine Auslegung des Unionsrechts, die für das nationale Gericht von Nutzen ist, nur dann möglich ist, wenn das vorlegende Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Kontext, in dem sich seine Fragen stellen, darlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen, auf denen diese beruhen, erläutert. Außerdem muss die Vorlageentscheidung die genauen Gründe angeben, aus denen dem nationalen Gericht die Auslegung des Unionsrechts fraglich und die Vorlage einer Vorabentscheidungsfrage an den Gerichtshof erforderlich erscheint (Urteil vom 24. Februar 2022, Suzlon Wind Energy Portugal, C‑605/20, EU:C:2022:116, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23      Im vorliegenden Fall trifft es zu, dass das vorlegende Gericht keine Informationen über die Gründe vorgelegt hat, weshalb das im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehende Geschäft vom Direktor der Finanzverwaltung als Scheingeschäft angesehen wurde. Dagegen erläutert es knapp aber eindeutig den Inhalt von dessen Bescheid, mit dem das Recht auf Vorsteuerabzug versagt wird, das Gegenstand dieses Rechtsstreits ist, und stellt genau die Gründe dar, weshalb es Zweifel an der Vereinbarkeit der Bestimmung des nationalen Rechts, die die Rechtsgrundlage dieses Bescheids bildet, mit der Richtlinie 2006/112 und den Grundsätzen der Steuerneutralität und der Verhältnismäßigkeit hat.

24      Folglich ist das Vorabentscheidungsersuchen zulässig.

25      Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 167, Art. 168 Buchst. a, Art. 178 Buchst. a und Art. 273 der Richtlinie 2006/112 in Verbindung mit den Grundsätzen der Steuerneutralität und der Verhältnismäßigkeit dahin auszulegen sind, dass sie nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, nach denen dem Steuerpflichtigen das Recht auf Vorsteuerabzug allein deshalb versagt wird, weil das betreffende Geschäft in Anwendung der Bestimmungen des nationalen Zivilrechts als Scheingeschäft eingestuft wird und nichtig ist, ohne dass dargetan werden muss, dass es auf einer Mehrwertsteuerhinterziehung oder einem Rechtsmissbrauch beruht.

26      Wie aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, wird diese Frage im Kontext eines Rechtsstreits gestellt, in dem der Direktor der Finanzverwaltung den Einspruch des Steuerpflichtigen gegen einen Bescheid zurückgewiesen hat, mit dem das Recht auf Vorsteuerabzug wegen des fiktiven Charakters der auf der Eingangsstufe erfolgten Markenübertragung versagt wurde, und sich dabei auf eine Bestimmung des Mehrwertsteuergesetzes gestützt hat, nach der das Recht auf Vorsteuerabzug zu versagen ist, wenn auf den in Rede stehenden steuerbaren Umsatz eine Vorschrift des Zivilgesetzbuchs anwendbar ist, nach der die Willenserklärung, die gegenüber der anderen Partei mit deren Einverständnis zum Schein abgegeben wurde, nichtig ist.

27      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs das Recht der Steuerpflichtigen, von der von ihnen geschuldeten Mehrwertsteuer die Mehrwertsteuer abzuziehen, die für die Gegenstände und Dienstleistungen, die sie für eine steuerbare Tätigkeit erworben oder empfangen haben, als Vorsteuer geschuldet wird oder entrichtet wurde, einen fundamentalen Grundsatz des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems darstellt. Das in den Art. 167 ff. der Richtlinie 2006/112 vorgesehene Recht auf Vorsteuerabzug ist somit integraler Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer und kann grundsätzlich nicht eingeschränkt werden, sofern die materiellen wie auch formalen Anforderungen oder Bedingungen, denen dieses Recht unterliegt, von den Steuerpflichtigen, die es ausüben wollen, eingehalten werden (Urteile vom 28. Juli 2011, Kommission/Ungarn, C‑274/10, EU:C:2011:530, Rn. 42 und 43, und vom 24. November 2022, Finanzamt M [Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug], C‑596/21, EU:C:2022:921, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Durch die Regelung über den Vorsteuerabzug soll der Unternehmer vollständig von der im Rahmen aller seiner wirtschaftlichen Tätigkeiten geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleistet folglich die Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis, sofern diese Tätigkeiten grundsätzlich selbst der Mehrwertsteuer unterliegen (Urteile vom 14. Februar 1985, Rompelman, 268/83, EU:C:1985:74, Rn. 19, vom 21. Juni 2012, Mahagében und Dávid, C‑80/11 und C‑142/11, EU:C:2012:373, Rn. 39, sowie vom 24. November 2022, Finanzamt M [Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug], C‑596/21, EU:C:2022:921, Rn. 22).

29      Das Recht auf Vorsteuerabzug unterliegt jedoch der Einhaltung sowohl materieller als auch formaler Anforderungen oder Bedingungen.

30      Die für die Entstehung dieses Rechts erforderlichen materiellen Anforderungen oder Bedingungen werden in Art. 168 der Richtlinie 2006/112 aufgezählt. Um das Recht auf Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen zu können, ist es danach zum einen erforderlich, dass der Betreffende „Steuerpflichtiger“ im Sinne dieser Richtlinie ist, und zum anderen, dass die zur Begründung dieses Rechts angeführten Gegenstände oder Dienstleistungen von ihm auf einer nachfolgenden Umsatzstufe für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden und, wie in Buchst. a dieses Artikels bestimmt wird, auf einer vorausgehenden Umsatzstufe von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht worden sind.

31      Des Weiteren entsteht gemäß Art. 167 der Richtlinie 2006/112 das Recht auf Vorsteuerabzug, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht, wobei der Steueranspruch nach Art. 63 dieser Richtlinie zu dem Zeitpunkt eintritt, zu dem die Lieferung von Gegenständen bewirkt oder die Dienstleistung erbracht wird. Daraus folgt, dass das Recht auf Vorsteuerabzug grundsätzlich vom Nachweis der tatsächlichen Bewirkung des Umsatzes abhängt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. Mai 2005, António Jorge, C‑536/03, EU:C:2005:323, Rn. 24 und 25, vom 27. Juni 2018, SGI und Valériane, C‑459/17 und C‑460/17, EU:C:2018:501, Rn. 34 und 35, sowie vom 29. September 2022, Raiffeisen Leasing, C‑235/21, EU:C:2022:739, Rn. 40). Ohne tatsächliche Bewirkung der Lieferung des Gegenstands oder der Dienstleistung kann somit kein Recht auf Vorsteuerabzug entstehen.

32      Der Gerichtshof hat im Übrigen bereits entschieden, dass es dem Mechanismus der Mehrwertsteuer immanent ist, dass ein fiktiver Umsatz nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen kann, da er in keinerlei Verbindung zu den auf der Ausgangsstufe versteuerten Umsätzen stehen kann (Urteil vom 8. Mai 2019, EN.SA., C‑712/17, EU:C:2019:374, Rn. 24 und 25 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Somit kann erstens die Weigerung, einem Steuerpflichtigen unter Umständen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden ein Recht auf Vorsteuerabzug einzuräumen, mit der Feststellung gerechtfertigt werden, dass der Nachweis der tatsächlichen Bewirkung des Umsatzes, der zur Begründung des Rechts auf Vorsteuerabzug geltend gemacht wird, nicht erbracht ist.

34      Um das Recht auf Vorsteuerabzug unter solchen Umständen grundsätzlich bejahen zu können, muss nämlich geprüft werden, ob die Markenübertragung, die zur Stützung dieses Rechts geltend gemacht wird, tatsächlich durchgeführt wurde und ob die betreffenden Marken vom Steuerpflichtigen für seine besteuerten Umsätze benutzt wurden.

35      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Beweislast beim Steuerpflichtigen liegt, der durch objektive Nachweise belegen muss, dass ihm ein Steuerpflichtiger auf einer vorausgehenden Umsatzstufe tatsächlich Gegenstände geliefert oder Dienstleistungen erbracht hat, die seinen der Mehrwertsteuer unterliegenden Umsätzen dienten und für die er tatsächlich Mehrwertsteuer entrichtet hat (Urteile vom 21. November 2018, Vădan, C‑664/16, EU:C:2018:933, Rn. 44, vom 11. November 2021, Ferimet, C‑281/20, EU:C:2021:910, Rn. 39, und vom 16. Februar 2023, DGRFP Cluj, C‑519/21, EU:C:2023:106, Rn. 100).

36      Was die Würdigung der zum Nachweis des Vorliegens des steuerpflichtigen Umsatzes vorgelegten Beweise betrifft, so ist sie vom nationalen Gericht gemäß den Beweisregeln des nationalen Rechts anhand einer umfassenden Beurteilung aller Gesichtspunkte und tatsächlichen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (Urteil vom 6. September 2012, Mecsek-Gabona, C‑273/11, EU:C:2012:547, Rn. 53, und Beschluss vom 9. Januar 2023, A.T.S. 2003, C‑289/22, EU:C:2023:26, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Wenn sich im Ausgangsverfahren aus dieser Würdigung, die das vorlegende Gericht vorzunehmen hat, ergibt, dass die geltend gemachte Markenübertragung nicht tatsächlich durchgeführt wurde, kann kein Recht auf Vorsteuerabzug entstehen.

38      In diesem Kontext kann, wie die polnische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen geltend macht, das vorlegende Gericht den Umstand – sein Vorliegen unterstellt – berücksichtigen, dass sich die Parteien trotz des scheinbaren Abschlusses eines Kaufvertrags in Wirklichkeit weiterhin so verhielten, als wäre der Veräußerer immer noch Inhaber der in Rede stehenden Marken und W. nur ihr Fremdbesitzer.

39      Wenn hingegen aus dieser Gesamtwürdigung hervorgeht, dass die Übertragung tatsächlich durchgeführt wurde und die übertragenen Marken vom Steuerpflichtigen auf einer nachfolgenden Umsatzstufe für seine besteuerten Umsätze benutzt wurden, kann ihm das Recht auf Vorsteuerabzug grundsätzlich nicht versagt werden.

40      Allerdings kann zweitens dem Steuerpflichtigen dieses Recht versagt werden, wenn aufgrund der objektiven Sachlage feststeht, dass dieses Recht in einer Weise geltend gemacht wird, die eine Steuerhinterziehung oder einen Rechtsmissbrauch darstellt.

41      Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen ein Ziel ist, das von der Richtlinie 2006/112 anerkannt und gefördert wird, und dass der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, dass eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Unionsrecht nicht erlaubt ist. Auch wenn die materiellen Voraussetzungen für das Recht auf Vorsteuerabzug erfüllt sind, haben die nationalen Behörden und Gerichte dieses Recht daher zu versagen, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass es in einer Weise geltend gemacht wird, die eine Steuerhinterziehung oder einen Rechtsmissbrauch darstellt (Urteile vom 3. März 2005, Fini H, C‑32/03, EU:C:2005:128, Rn. 34 und 35, vom 19. Oktober 2017, Paper Consult, C‑101/16, EU:C:2017:775, Rn. 43, sowie vom 1. Dezember 2022, Aquila Part Prod Com, C‑512/21, EU:C:2022:950, Rn. 26).

42      In Bezug auf Steuerhinterziehung ist das Recht auf Vorsteuerabzug nach ständiger Rechtsprechung nicht nur dann zu versagen, wenn der Steuerpflichtige selbst eine Hinterziehung begeht, sondern auch dann, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige, dem die Gegenstände geliefert oder die Dienstleistungen erbracht wurden, die als Grundlage für die Begründung des Rechts auf Vorsteuerabzug dienen, wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt hat, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Dezember 2012, Bonik, C‑285/11, EU:C:2012:774, Rn. 40, vom 11. November 2021, Ferimet, C‑281/20, EU:C:2021:910, Rn. 48, und vom 1. Dezember 2022, Aquila Part Prod Com, C‑512/21, EU:C:2022:950, Rn. 27).

43      Da die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts eine Ausnahme von dem Grundprinzip ist, das dieses Recht darstellt, obliegt es den Steuerbehörden, die objektiven Umstände rechtlich hinreichend nachzuweisen, die den Schluss zulassen, dass der Steuerpflichtige eine Mehrwertsteuerhinterziehung begangen hat oder wusste oder hätte wissen müssen, dass der zur Begründung dieses Rechts geltend gemachte Umsatz in eine Steuerhinterziehung einbezogen war. Es obliegt sodann den nationalen Gerichten, zu prüfen, ob die betreffenden Steuerbehörden diese objektiven Umstände nachgewiesen haben (Beschluss vom 9. Januar 2023, A.T.S. 2003, C‑289/22, EU:C:2023:26, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44      In Bezug auf Rechtsmissbrauch setzt nach ständiger Rechtsprechung die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer zum einen voraus, dass die fraglichen Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2006/112 und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderliefe, und zum anderen, dass aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich ist, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen lediglich ein Steuervorteil bezweckt wird (Urteile vom 21. Februar 2006, Halifax u. a., C‑255/02, EU:C:2006:121, Rn. 74 und 75, vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses, C‑419/14, EU:C:2015:832, Rn. 36, und vom 15. September 2022, HA.EN., C‑227/21, EU:C:2022:687, Rn. 35).

45      Was die Frage anbelangt, ob das wesentliche Ziel eines Umsatzes nur in der Erlangung des Steuervorteils besteht, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Bereich der Mehrwertsteuer bereits entschieden hat, dass der Steuerpflichtige bei einer Wahlmöglichkeit zwischen zwei Umsätzen nicht verpflichtet ist, den Umsatz zu wählen, der die höhere Mehrwertsteuerzahlung nach sich zieht, sondern vielmehr das Recht hat, seine Tätigkeit so zu gestalten, dass er seine Steuerschuld in Grenzen hält. Somit können die Steuerpflichtigen die Organisationsstrukturen und die Geschäftsmodelle, die sie als für ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten und zur Begrenzung ihrer Steuerlast am besten geeignet erachten, im Allgemeinen frei wählen (Urteil vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses, C‑419/14, EU:C:2015:832, Rn. 42, und Beschluss vom 9. Januar 2023, A.T.S. 2003, C‑289/22, EU:C:2023:26, Rn. 40).

46      Der im Bereich der Mehrwertsteuer geltende Grundsatz des Verbots missbräuchlicher Praktiken verbietet somit rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen, die allein zu dem Zweck erfolgen, einen Steuervorteil zu erlangen, dessen Gewährung den Zielen der Richtlinie 2006/112 zuwiderliefe (Urteile vom 16. Juli 1998, ICI, C‑264/96, EU:C:1998:370, Rn. 26, und vom 27. Oktober 2011, Tanoarch, C‑504/10, EU:C:2011:707, Rn. 51, sowie Beschluss vom 9. Januar 2023, A.T.S. 2003, C‑289/22, EU:C:2023:26, Rn. 41).

47      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten nach Art. 273 der Richtlinie 2006/112 erlassen dürfen, um eine genaue Erhebung der Mehrwertsteuer sicherzustellen und um Steuerhinterziehung zu vermeiden, nicht über das zur Erreichung dieser Ziele Erforderliche hinausgehen dürfen. Sie dürfen daher nicht so eingesetzt werden, dass sie systematisch das Recht auf Vorsteuerabzug und damit die Neutralität der Mehrwertsteuer in Frage stellen (Urteil vom 9. Dezember 2021, Kemwater ProChemie, C‑154/20, EU:C:2021:989, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

48      Im vorliegenden Fall ist zum einen festzustellen, dass aus den Erläuterungen des vorlegenden Gerichts nicht hervorgeht, dass die Gesichtspunkte, anhand deren ein Rechtsgeschäft, das einen mehrwertsteuerpflichtigen Umsatz betrifft, nach den Vorschriften des nationalen Zivilrechts als Scheingeschäft und damit nichtig eingestuft werden kann, mit den Gesichtspunkten zusammenfallen, die es gemäß den Angaben in den Rn. 33 bis 38 des vorliegenden Urteils ermöglichen, einen mehrwertsteuerpflichtigen wirtschaftlichen Vorgang nach Maßgabe des Unionsrechts als fiktiv einzustufen und somit die Weigerung, dem Steuerpflichtigen ein Recht auf Vorsteuerabzug einzuräumen, gemäß der in Rn. 32 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung zu rechtfertigen. Eine solche Nichtigkeit kann daher diese Weigerung grundsätzlich nicht rechtfertigen.

49      Zum anderen geht aus den Feststellungen des vorlegenden Gerichts hervor, dass die in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften allgemein jede Situation erfassen, in der der Steuerpflichtige ein nach dem Zivilgesetzbuch als Scheingeschäft eingestuftes und damit nichtiges Rechtsgeschäft abgeschlossen hat, ohne dass es erforderlich wäre, unabhängig von den anwendbaren Vorschriften des Zivilrechts und anhand objektiver Umstände nachzuweisen, dass dieses Recht in betrügerischer Weise oder missbräuchlich geltend gemacht wurde. Zwar kann der nach den Bestimmungen des nationalen Zivilrechts fiktive Charakter des zwischen dem Steuerpflichtigen und dem Aussteller der Rechnung geschlossenen Vertrags ein Indiz für eine betrügerische oder missbräuchliche Praxis im Sinne und für die Anwendung der Richtlinie 2006/112 darstellen, eine solche Praxis kann jedoch nicht allein aus diesem Umstand abgeleitet werden.

50      Unter diesen Umständen ist nach alledem festzustellen, dass nationale Rechtsvorschriften wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden dadurch, dass sie vorsehen, dass die in einer zivilrechtlichen Vorschrift vorgesehene Nichtigkeit eines als Scheingeschäft eingestuften Rechtsgeschäfts die Versagung des Rechts auf Vorsteuerabzug nach sich zieht, ohne dass dargetan werden muss, dass die Voraussetzungen dafür, einen steuerbaren wirtschaftlichen Vorgang nach Maßgabe des Unionsrechts als fiktiven Umsatz einzustufen, erfüllt sind oder dass, wenn dieser Umsatz tatsächlich bewirkt wurde, dieses Recht auf Vorsteuerabzug in betrügerischer Weise oder missbräuchlich ausgeübt wurde, über das hinausgehen, was zur Erreichung der Ziele der Richtlinie 2006/112, die genaue Erhebung der Mehrwertsteuer sicherzustellen und Steuerhinterziehung zu vermeiden, notwendig ist.

51      Auf die Vorlagefrage ist daher zu antworten, dass Art. 167, Art. 168 Buchst. a, Art. 178 Buchst. a und Art. 273 der Richtlinie 2006/112 im Licht der Grundsätze der Steuerneutralität und der Verhältnismäßigkeit dahin auszulegen sind, dass sie nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, nach denen dem Steuerpflichtigen das Recht auf Vorsteuerabzug allein deshalb versagt wird, weil ein steuerbarer wirtschaftlicher Vorgang in Anwendung der Bestimmungen des nationalen Zivilrechts als Scheingeschäft eingestuft wird und nichtig ist, ohne dass dargetan werden muss, dass die Voraussetzungen dafür, diesen Vorgang nach Maßgabe des Unionsrechts als fiktiven Umsatz einzustufen, erfüllt sind oder dass, wenn dieser Umsatz tatsächlich bewirkt wurde, er auf einer Mehrwertsteuerhinterziehung oder einem Rechtsmissbrauch beruht.

 Kosten

52      Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 167, Art. 168 Buchst. a, Art. 178 Buchst. a und Art. 273 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2010/45/EU des Rates vom 13. Juli 2010 geänderten Fassung sind im Licht der Grundsätze der Steuerneutralität und der Verhältnismäßigkeit

dahin auszulegen, dass

sie nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, nach denen dem Steuerpflichtigen das Recht auf Vorsteuerabzug allein deshalb versagt wird, weil ein steuerbarer wirtschaftlicher Vorgang in Anwendung der Bestimmungen des nationalen Zivilrechts als Scheingeschäft eingestuft wird und nichtig ist, ohne dass dargetan werden muss, dass die Voraussetzungen dafür, diesen Vorgang nach Maßgabe des Unionsrechts als fiktiven Umsatz einzustufen, erfüllt sind oder dass, wenn dieser Umsatz tatsächlich bewirkt wurde, er auf einer Mehrwertsteuerhinterziehung oder einem Rechtsmissbrauch beruht.

Unterschriften



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