C-11/22 – Est Wind Power

C-11/22 – Est Wind Power

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:C:2023:241

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

ATHANASIOS RANTOS

vom 23. März 2023(1)

Rechtssache C11/22

Est Wind Power OÜ

gegen

AS Elering

(Vorabentscheidungsersuchen des Tallinna Halduskohus [Verwaltungsgericht Tallinn, Estland])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Staatliche Beihilfen – Beihilfen für erneuerbare Energien – Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014‑2020 – Rn. 19 Abs. 44 und Rn. 126 Fn. 66 – Errichtung eines Windparks – Begriff ‚staatliche Genehmigung für die Durchführung eines Investitionsvorhabens‘ – Begriff ‚Beginn der Arbeiten‘“

 Einleitung

1.        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Rn. 19 Abs. 44 und Rn. 126 Fn. 66 der Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014‑2020 (im Folgenden: Leitlinien von 2014)(2).

2.        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gesellschaft Est Wind Power OÜ (im Folgenden: EWP), einer Erzeugerin erneuerbarer Energien, und AS Elering, der für die Gewährung von Beihilfen für erneuerbare Energien zuständigen estnischen Behörde, hinsichtlich der Rechtmäßigkeit eines von dieser erlassenen Bescheids, mit dem festgestellt wird, dass der Stand des Bauvorhabens von EWP für einen Windpark nicht die Voraussetzungen der nationalen Rechtsvorschriften erfülle, die es EWP ermöglichen, für den Bau des geplanten Windparks auf der Grundlage einer von der estnischen Regierung erlassenen Beihilferegelung eine Beihilfe für erneuerbare Energien zu erhalten.

3.        Entsprechend dem Ersuchen des Gerichtshofs behandeln die vorliegenden Schlussanträge die erste und die achte Vorlagefrage, die die Auslegung der Begriffe „Beginn der Arbeiten“ und „staatliche Genehmigung für die Durchführung eines Investitionsvorhabens“ betreffen, wobei der erste Begriff in Rn. 19 Abs. 44 sowie Rn. 126 Fn. 66 der Leitlinien von 2014 und der zweite im 42. Erwägungsgrund des Beschlusses vom 6. Dezember 2017 betreffend die Änderungen der estnischen Beihilferegelung für erneuerbare Energien und effiziente Kraft-Wärme-Kopplung (Staatliche Beihilfe SA.47354)(3) (im Folgenden: Beschluss von 2017) genannt werden und alle beide Voraussetzung für die Gewährung der in Rede stehenden Beihilfe sind.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 Leitlinien von 2014

4.        Rn. 19 Abs. 44 der Leitlinien von 2014 enthält die folgende Definition:

„‚Beginn der Arbeiten‘: entweder der Beginn der Bauarbeiten für die Investition oder die erste verbindliche Bestellung von Ausrüstung oder eine andere Verpflichtung, die die Investition unumkehrbar macht, wobei der früheste Zeitpunkt maßgebend ist; der Kauf von Grundstücken oder Vorarbeiten wie die Einholung von Genehmigungen und die Erstellung vorläufiger Durchführbarkeitsstudien gelten nicht als Beginn der Arbeiten. …“

5.        Rn. 50 der Leitlinien von 2014 stellt klar:

„Die Kommission schließt einen Anreizeffekt aus, wenn mit den Arbeiten an dem beihilfefähigen Vorhaben bereits vor der Einreichung des Beihilfeantrags bei den nationalen Behörden begonnen wurde. Wenn mit der Durchführung des Vorhabens bereits vor der Einreichung des Beihilfeantrags begonnen wurde, werden für dieses Vorhaben gewährte Beihilfen nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen.“

6.        Rn. 126 der Leitlinien von 2014 sieht u. a. vor:

„ …

Ab dem 1. Januar 2017 gilt Folgendes:

Beihilfen werden im Rahmen einer Ausschreibung anhand eindeutiger, transparenter und diskriminierungsfreier Kriterien (66) gewährt …“.

7.        Fn. 66 zu Rn. 126 der Leitlinien lautet: „Für Anlagen, die vor dem 1. Januar 2017 in Betrieb genommen wurden und für die die Beihilfe vor diesem Zeitpunkt vom Mitgliedstaat bestätigt wurde, können Beihilfen auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Bestätigung geltenden Regelung gewährt werden.“

 Beschluss von 2017

8.        In den Erwägungsgründen 42 bis 44 des Beschlusses vom 6. Dezember 2017 heißt es:

„(42)      Fußnote 66 der [Leitlinien von 2014] kann als Umsetzung des Rechtsgrundsatzes des Vertrauensschutzes angesehen werden und ist mit dem Erfordernis des Anreizeffekts staatlicher Beihilfen eng verbunden. Konkret bedeutet dies, dass die Erzeuger, deren Vorhaben sich am 1. Januar 2017 in einem solchen Entwicklungsstadium befunden hat, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit fertiggestellt werden kann, von den die Beihilfe gewährenden Behörden als bestehende Erzeuger angesehen werden sollten, so dass sie die Beihilfe auf der Grundlage der bestehenden Beihilferegelung erhalten sollten (Vertrauensschutz). Danach ist mindestens erforderlich, dass den Bauträgern die zur Durchführung des Vorhabens erforderliche staatliche Genehmigung erteilt wurde und dass sie zur Nutzung des Grundstücks, auf dem das Vorhaben verwirklicht werden soll, nach dem Gesetz berechtigt sind.

(43)      Die Definition des Begriffs ‚Beginn der Arbeiten‘ in Randnummer (19) Absatz 44 der [Leitlinien von 2014] nennt in diesem Zusammenhang weitere Einzelheiten. Fußnote 66 der [Leitlinien von 2014] sollte deshalb von den die Beihilfe gewährenden Behörden so gelesen und ausgelegt werden, dass dieser Umstand berücksichtigt wird. Die Kommission bemerkt dazu, dass die Mitgliedstaaten über ihre für die ordnungsgemäße Durchführung der Beihilfemaßnahmen zuständigen Behörden weiterhin verantwortlich sind.

(44) In dem Fall, dass die die Beihilfe gewährende Behörde die Auffassung vertritt, dass die Arbeiten zu einem bestimmten Vorhaben im Sinne von Randnummer (19) Absatz 44 der [Leitlinien von 2014] vor dem 1. Januar 2017 begonnen haben, ist die Kommission der Ansicht, dass diese Bewertung das Vorhaben als solches betrifft“.

 Estnisches Recht

9.        § 59 („Beihilfe“) des Elektrituruseadus (Strommarktgesetz) (Riigi Teataja vom 30. Juni 2020, im Folgenden: ELTS) sah in seiner bis zum 31. Oktober 2021 geltenden Fassung vor:

„(1)      Der Erzeuger hat gegen den Übertragungsnetzbetreiber einen Anspruch auf die Beihilfe im Sinne dieses Paragrafen: 1. für die Stromerzeugung aus einer Quelle erneuerbarer Energie unter Verwendung einer Produktionsanlage, deren Nettoleistung 125 MW nicht übersteigt;

(2)      Der Übertragungsnetzbetreiber zahlt an den Erzeuger auf dessen Antrag eine Beihilfe:

(21)      Die Beihilfe im Sinne von Abs. 2 dieses Paragrafen ist eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 [AEUV], die gemäß den [Leitlinien von 2014] und auf der Grundlage des [Beschlusses von 2017] gewährt wird.

(22)      Die Beihilfe im Sinne von Abs. 2 dieses Paragrafen für die Energie, die von einer Produktionsanlage mit einer Stromleistung von mindestens 1 MW erzeugt wird, kann von einem Erzeuger beantragt werden, der in Bezug auf das Investitionsvorhaben für diese Produktionsanlage spätestens am 31. Dezember 2016 mit den Arbeiten begonnen hat, indem er mindestens eine die folgenden Maßnahmen ergriffen hat:

1.      er hat mit der Stromerzeugung begonnen;

2.      er hat mit den Bauarbeiten für das genannte Investitionsvorhaben begonnen;

3.      er ist die bindende Verpflichtung eingegangen, Ausrüstung für den Bau einer Produktionsanlage zu bestellen;

4.      er ist alle anderen Verpflichtungen eingegangen, die das Investitionsvorhaben unumkehrbar machen, mit Ausnahme des Erwerbs des Grundstücks, auf dem sich die Produktionsanlage befindet, der Einholung von Genehmigungen und der Vorbereitungen, die nicht Teil der Verpflichtungen sind, die das Investitionsvorhaben unumkehrbar machen.

(23)      Wenn der Erzeuger beim Übertragungsnetzbetreiber einen Bescheid darüber beantragt, ob er die in Abs. 22 dieses Paragrafen genannten Bedingungen erfüllt, muss dieser Bescheid innerhalb von 90 Tagen nach Eingang dieses Antrags erteilt werden.

…“.

 Ausgangsverfahren, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

10.      Im Hinblick auf die Errichtung eines Windparks mit 28 Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 64,4 MW in Päite-Vaivina im Gebiet der Gemeinde Toila (Estland) unternahm EWP die folgenden Schritte: Am 27. April 2004 schloss EWP mit dem Übertragungsnetzbetreiber Elering einen Anschlussvertrag ab und zahlte dafür Anschlussgebühren in Höhe von 522 813,93 Euro; im Jahr 2008 installierte EWP dort Windmessmasten und trug dafür Kosten in Höhe von 212 002,15 Euro; mit Vertrag vom 11. Mai 2010 erwarb EWP die Bebauungsrechte an den 28 für die Errichtung des geplanten Windparks vorgesehenen Grundstücken.

11.      Am 19. Januar 2016 veröffentlichte die Gemeindeverwaltung Toila die Anforderungen an das Konzept des Windparks, und EWP beantragte am 4. Februar 2016 die Erteilung einer Baugenehmigung. Am 20. April 2016 lehnte das Verteidigungsministerium es ab, dem Vorhaben der Errichtung des Windparks zuzustimmen, und mit Erlass vom 26. April 2016 lehnte die Gemeindeverwaltung Toila es ab, die erforderliche Baugenehmigung zu erteilen. Nach dieser Ablehnung erhob EWP Klagen gegen diese ablehnenden Entscheidungen.

12.      Am 29. September 2020 beantragte EWP bei Elering einen Bescheid nach § 59 Abs. 2  ELTS darüber, ob das Investitionsvorhaben die Voraussetzungen nach § 59 Abs. 22 dieses Gesetzes erfülle. In ihrem Bescheid vom 13. April 2021 war Elering der Auffassung, dass das Vorhaben die in dieser Bestimmung festgelegten Voraussetzungen nicht erfülle und EWP daher nicht als „bestehender Erzeuger“ im Sinne der nationalen Rechtsvorschriften eingestuft werden könne.

13.      Am 13. Mai 2021 erhob EWP beim Tallinna Halduskohus (Verwaltungsgericht Tallinn, Estland), dem vorlegenden Gericht, Klage auf Aufhebung dieses Bescheids und beantragte, Elering aufzugeben, ihren Antrag nochmals zu prüfen.

14.      Das vorlegende Gericht führt aus, dass es im Rahmen des Ausgangsverfahrens gemäß Art. 29 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2015/1589(4) die Kommission um eine Stellungnahme zur Auslegung des 42. Erwägungsgrundes des Beschlusses von 2017 und insbesondere zu dem darin enthaltenen Begriff „bestehender Erzeuger“ ersucht habe.

15.      Die Kommission antwortete mit einer Stellungnahme vom 17. Januar 2020, dass der 42. Erwägungsgrund des Beschlusses von 2017 dahin ausgelegt werden müsse, dass er erfordere, dass am 1. Januar 2017 „den Bauträgern die staatliche Genehmigung für die Durchführung des Projekts vorgelegen hat und dass sie nach dem Gesetz berechtigt waren, das Grundstück, auf dem das Vorhaben durchgeführt werden soll, zu nutzen“. Zudem müssten diese beiden Voraussetzungen zusammen mit einem der in Rn. 19 Abs. 44 Satz 1 der Leitlinien von 2014 genannten Fallgruppen vorliegen, um das Unternehmen als „bestehenden Erzeuger“ ansehen zu können und ihm somit nach dem Beschluss von 2017 eine mit dem Binnenmarkt vereinbare staatliche Beihilfe gewähren zu können.

16.      In Anbetracht dieser Stellungnahme hält das vorlegende Gericht es für erforderlich, weiteren Aufschluss über die Begriffe „Beginn der Arbeiten“, „Bauarbeiten für die Investition“, „andere Verpflichtung, die die Investition unumkehrbar macht“ und „staatliche Genehmigung für die Durchführung eines Investitionsvorhabens“ in Rn. 19 Abs. 44 und Rn. 126 der Leitlinien von 2014 sowie die Anforderungen zu erhalten, die sich für eine nationale Behörde hinsichtlich der Bewertung der Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ein Investitionsvorhaben erfolgreich durchgeführt wird.

17.      Unter diesen Umständen hat das Tallinna Halduskohus (Verwaltungsgericht Tallinn) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Sind die Vorschriften der Europäischen Union über staatliche Beihilfen, insbesondere die erste Fallgruppe des Begriffs „Beginn der Arbeiten“ in Rn. 19 Abs. 44 der Leitlinien von 2014, nämlich „Beginn der Bauarbeiten für die Investition“, dahin auszulegen, dass darunter der Beginn jeglicher mit einem Investitionsvorhaben verbundener Bauarbeiten zu verstehen ist oder nur der Beginn solcher Bauarbeiten, die im Zusammenhang mit der Anlage des Investitionsvorhabens stehen, das die Erzeugung erneuerbarer Energien erlaubt?

2.      Sind die Vorschriften der Europäischen Union über staatliche Beihilfen, insbesondere die erste Fallgruppe des Begriffs „Beginn der Arbeiten“ in Rn. 19 Abs. 44 der Leitlinien von 2014, nämlich „Beginn der Bauarbeiten für die Investition“, dahin auszulegen, dass die zuständige Behörde des Mitgliedstaats in einer Situation, in der sie den Beginn der Bauarbeiten im Zusammenhang mit einer Investition festgestellt hat, nach dem Grundsatz des Vertrauensschutzes zusätzlich das Entwicklungsstadium des Investitionsvorhabens und die Wahrscheinlichkeit der Fertigstellung dieses Vorhabens beurteilen muss?

3.      Falls die vorstehende Frage zu bejahen ist: Können andere objektive Umstände, z. B. anhängige Rechtsstreitigkeiten, die die Fortsetzung des Investitionsvorhabens behindern, bei der Beurteilung des Entwicklungsstadiums des Investitionsvorhabens berücksichtigt werden?

4.      Ist es im vorliegenden Fall von Bedeutung, dass der Gerichtshof in den Rn. 61 und 68 des Urteils vom 5. März 2019, Eesti Pagar (C‑349/17, EU:C:2019:172), festgestellt hat, dass das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Anreizeffekts nicht als klares und von den nationalen Behörden einfach anzuwendendes Kriterium angesehen werden kann, da seine Überprüfung die Vornahme komplexer wirtschaftlicher Beurteilungen im Einzelfall erfordert, weshalb ein solches Kriterium nicht mit dem Erfordernis im Einklang ist, dass die Kriterien für die Anwendung einer Freistellung klar und von den nationalen Behörden einfach anzuwenden sind?

5.      Falls die vorstehende Frage bejaht wird: Sind die Vorschriften der Europäischen Union über staatliche Beihilfen, insbesondere Fn. 66 zu Rn. 126 der Leitlinien von 2014 in Verbindung mit Rn. 19 Abs. 44 dieser Leitlinien, dahin auszulegen, dass die nationale Behörde bei der Prüfung des Kriteriums des Beginns der Arbeiten keine wirtschaftliche Beurteilung des Investitionsvorhabens im Einzelfall vornehmen muss?

6.      Falls die vorstehende Frage bejaht wird: Sind die Vorschriften der Europäischen Union über staatliche Beihilfen, insbesondere die letzte Fallgruppe des Begriffs „Beginn der Arbeiten“ in Rn. 19 Abs. 44 der Leitlinien von 2014, nämlich „eine andere Verpflichtung, die die Investition unumkehrbar macht“, dahin auszulegen, dass eine beliebige andere Verpflichtung – mit Ausnahme des Kaufs von Grundstücken und Vorarbeiten (wie die Einholung einer Baugenehmigung) – die Investition unumkehrbar macht, unabhängig von den Kosten der eingegangenen Verpflichtung?

7.      Sind die Vorschriften der Europäischen Union über staatliche Beihilfen und insbesondere der Begriff „Beginn der Arbeiten“ in Rn. 19 Abs. 44 der Leitlinien von 2014 dahin auszulegen, dass die unabdingbaren Voraussetzungen für den Beginn der Arbeiten das Vorliegen eines Nutzungsrechts an dem Grundstück durch den Erzeuger und das Vorliegen einer staatlichen Genehmigung für die Durchführung des Investitionsvorhabens sind?

8.      Falls die vorstehende Frage bejaht wird: Ist der Begriff „staatliche Genehmigung für die Durchführung eines Investitionsvorhabens“ im Licht des nationalen Rechts auszulegen und kann es sich dabei nur um eine Genehmigung handeln, auf deren Grundlage die Bauarbeiten im Zusammenhang mit dem Investitionsvorhaben durchgeführt werden dürfen?

18.      Schriftliche Erklärungen haben EWP, Elering, die estnische Regierung und die Kommission abgegeben. Ferner haben diese Parteien in der Sitzung vom 12. Januar 2023 mündlich verhandelt.

 Würdigung

 Zur Zulässigkeit der Vorlagefragen eins bis sechs

19.      Zunächst ist die Einrede der Unzulässigkeit, die die Kommission hinsichtlich der Fragen eins bis sechs erhoben hat, zu prüfen.

20.      Die Kommission ist der Ansicht, dass die Fragen eins bis sechs in Anbetracht der Antworten, die auf die Vorlagefragen sieben und acht zu geben seien, unzulässig oder jedenfalls unerheblich seien.

21.      Die Kommission trägt vor, dass die Gewährung der Beihilfe u. a. nach dem 42. Erwägungsgrund des Beschlusses von 2017 voraussetze, dass der Erzeuger, um als bereits am 1. Januar 2017 bestehender Erzeuger angesehen werden zu können, die staatliche Genehmigung, die für die Durchführung des Vorhabens erforderlich sei, erhalten haben müsse und dass er nach dem Gesetz zur Nutzung des Grundstücks, auf dem das Vorhaben durchgeführt werden solle, berechtigt sein müsse. Das sei hier aber nicht der Fall, da sich aus der Vorlageentscheidung ergebe, dass EWP zu diesem Zeitpunkt nicht die für die Errichtung des in Rede stehenden Windparks erforderliche Genehmigung der estnischen Behörden besessen habe. Nach Ansicht der Kommission ist somit eine der in dem Beschluss von 2017 vorgesehenen Voraussetzungen nicht erfüllt, so dass die Fragen eins bis sechs nicht erheblich seien.

22.      Es wird zwar nicht bestritten wird, dass die „[für die Durchführung des Vorhabens erforderliche] staatliche Genehmigung“ eine der notwendigen Voraussetzungen dafür ist, dass ein Investor als bestehender Erzeuger betrachtet werden kann, so dass er eine Beihilfe nach der estnischen Regelung über staatliche Beihilfen erhalten kann, doch weder in dem Beschluss von 2017 noch in den Leitlinien von 2014 wird dieser Begriff definiert oder die Art der erforderlichen staatlichen Genehmigung erläutert (das ist im Übrigen der Grund für das Ersuchen des vorlegenden Gerichts um Erläuterung der Art der erforderlichen Genehmigung, die Gegenstand der Vorlagefragen sieben und acht ist).

23.      Somit bin ich der Ansicht, dass, da der Begriff „staatliche Genehmigung“ von den Beteiligten unterschiedlich ausgelegt wird und darüber noch keine endgültige Entscheidung getroffen wurde, die Fragen eins bis sechs, die die Definition des Hauptkriteriums für die Gewährung der Beihilfe betreffen, weiterhin erheblich sind und dass die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit daher zurückzuweisen ist.

 Zur Begründetheit

 Vorbemerkungen

24.      Mit seinen acht Vorlagefragen ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um Auslegung der Leitlinien von 2014, um zu bestimmen, ob die zuständige nationale Behörde, d. h. die Übertragungsnetzbetreiberin Elering, es zu Recht abgelehnt hat, EWP bezogen auf den 31. Dezember 2016 die Rechtsstellung einer „bestehenden Erzeugerin“ zuzuerkennen, eine Rechtsstellung, die EWP berechtigt hätte, nach einer früheren, am 1. Januar 2017 ersetzten, Regelung Beihilfen zu beanspruchen.

25.      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Beschluss von 2017 vorsah, dass ab dem 1. Januar 2017 Beihilfen für Erzeuger von Energie aus erneuerbaren Quellen in Estland nach Durchführung eines wettbewerblichen Verfahren gewährt werden. Diese Pflicht, eine solche Beihilfe im Rahmen eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens zu gewähren, galt jedoch ausnahmsweise nicht für „Anlagen, bei denen der Beginn der Arbeiten vor dem 1. Januar 2017 erfolgt war und für die vor diesem Zeitpunkt eine Bestätigung der Beihilfe von dem Mitgliedstaat erteilt worden war“.

26.      Mit seinen Fragen möchte das vorlegende Gericht gerade den Anwendungsbereich dieser Ausnahme klären lassen.

27.      Vor der meiner Analyse halte ich es für notwendig, wegen ihrer Relevanz für die vom Gerichtshof beantwortenden Fragen zu der in der mündlichen Verhandlung erörterten Frage Stellung zu nehmen, welche Bedeutung den Leitlinien von 2014 zukommt und ob sie in der vorliegenden Rechtssache verbindlich sind.

28.      Insoweit ist daran zu erinnern, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs für die Beurteilung der Vereinbarkeit von Beihilfemaßnahmen mit dem Binnenmarkt gemäß Art. 107 AEUV ausschließlich die Kommission zuständig ist, die dabei der Kontrolle der Unionsgerichte unterliegt. Hierbei verfügt die Kommission über ein weites Ermessen, dessen Ausübung komplexe wirtschaftliche und soziale Wertungen voraussetzt. Bei der Ausübung dieses Ermessens kann die Kommission Leitlinien erlassen, um die Kriterien festzulegen, auf deren Grundlage sie die Vereinbarkeit der von den Mitgliedstaaten geplanten Beihilfemaßnahmen mit dem Binnenmarkt zu beurteilen beabsichtigt(5).

29.      Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung beschränken die Leitlinien, die die Kommission im Wege von Mitteilungen erlässt, nur diese bei der Ausübung ihres Ermessens und können keine selbständigen rechtlichen Pflichten zu Lasten der Mitgliedstaaten begründen(6). Somit sind im Bereich der staatlichen Beihilfen nur die von der Kommission erlassenen Beschlüsse für die Mitgliedstaaten verbindlich, die deren Einhaltung sicherstellen müssen.

30.      Der Beschluss von 2017 stützt sich jedoch auf die Leitlinien von 2014 und nimmt ausdrücklich auf sie Bezug, was geeignet ist, ihnen Verbindlichkeit zu verleihen. Die in den Leitlinien von 2014 aufgezählten Voraussetzungen, die im Beschluss von 2017 als Kriterien für die Vereinbarkeit wiedergegeben und festgelegt sind, sind nämlich integraler Bestandteil dieses Beschlusses, so dass die Kommission von der Republik Estland deren Einhaltung verlangt(7).

31.      Darüber hinaus geht sowohl aus dem Beschluss von 2017 als auch aus den Erklärungen der estnischen Regierung klar hervor, dass die Republik Estland ihr staatliches Beihilfesystem an dem in den Leitlinien von 2014 vorgesehenen Rahmen ausgerichtet hat, so dass die Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Beihilfen zwar nicht identisch sind, doch zumindest den Leitlinien von 2014 entsprechen(8). Indem ein Mitgliedstaat eine geplante staatliche Beihilfe, die den Leitlinien entspricht, anmeldet, will er sich daher „vergewissern“, dass die Kommission die angemeldete Beihilfe für mit Art. 107 Abs. 3 AEUV vereinbar erklärt, da die Leitlinien eine Selbstbeschränkung der Kommission bei der Ausübung ihres Ermessens bewirken(9).

32.      In der vorliegenden Rechtssache davon auszugehen, dass die Bestimmungen der Leitlinien, die von der Kommission in dem Beschluss von 2017 als Kriterien für die Genehmigung der gewährten Beihilfe genannt wurden, keine bindende Wirkung für die Republik Estland haben, würde im vorliegenden Fall bedeuten, dass die Republik Estland nicht an den Beschluss von 2017 gebunden wäre und sich daher den sich daraus ergebenden Verpflichtungen entziehen könnte, ein Ergebnis, das ganz offensichtlich nicht mit der in Nr. 29 der vorliegenden Schlussanträge angeführten ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs vereinbar ist.

33.      Ich bin außerdem der Ansicht, dass der Umstand, dass das vorlegende Gericht im Wortlaut seiner Vorlagefragen nicht (unmittelbar) auf die Erwägungsgründe des Beschlusses von 2017, in denen auf die Bestimmungen der Leitlinien von 2014 verwiesen wird, Bezug genommen hat, sondern vielmehr auf diese Leitlinien, weder die vorstehenden Feststellungen in Frage stellen noch irgendwelche Zweifel an der Zulässigkeit der Vorlagefragen aufwerfen kann.

 Zur ersten Vorlagefrage

34.      Mit seiner ersten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, wie die erste Fallgruppe des in Rn. 19 Abs. 44 der Leitlinien von 2014 genannten Begriffs „Beginn der Arbeiten“, nämlich „Beginn der Bauarbeiten für die Investition“, auszulegen ist.

35.      Genauer gesagt ist die erste Frage in Anbetracht der Tatsache, dass EWP bereits Messmasten aufgestellt und die notwendigen Anschlüsse hergestellt hat, darauf gerichtet, ob solche Arbeiten den „Beginn der Bauarbeiten für die Investition“ im Sinne der oben genannten Vorschrift darstellen, wie EWP vorträgt, oder ob dieser Begriff nur den Beginn der Bauarbeiten von Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen erfasst, d. h. im vorliegenden Fall Windkraftanlagen, wie Elering und die estnische Regierung vortragen(10).

36.      Zunächst ist festzuhalten, dass es nach der Definition in Rn. 19 Abs. 44 Satz 1 der Leitlinien von 2014, die in den 36. Erwägungsgrund des Beschlusses von 2017 übernommen wurde, weder möglich ist, die Art der unter den Begriff „Bauarbeiten für die Investition“ fallenden Arbeiten zu bestimmen, noch einen Schwellenwert hinsichtlich der Kosten festzulegen, ab dem die begonnenen Arbeiten als beihilfefähig angesehen werden sollten.

37.      Es ist jedoch daran zu erinnern, dass der Begriff „Beginn der Arbeiten“ gemäß dem 42. Erwägungsrund des Beschlusses von 2017 darauf abzielt, festzustellen, ob der Bauträger am 1. Januar 2017 als „bestehender Erzeuger“ von Energie aus erneuerbaren Quellen angesehen werden konnte. Um den Bauträger als „bestehenden Erzeuger“ ansehen zu können, musste sich das das Vorhaben nach diesem Erwägungsgrund zu diesem Zeitpunkt „in einem solchen Entwicklungsstadium“ befinden, „dass es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit(11) fertiggestellt werden konnte“. Im selben Erwägungsgrund heißt es, dass ein Investor, der die Voraussetzungen für die Einstufung als „bestehender Erzeuger“ erfüllt, die Beihilfe auf der Grundlage der bestehenden Beihilferegelung erhalten sollte, insbesondere im Hinblick auf den „Grundsatz des Vertrauensschutzes“(12).

38.      Außerdem ist zu betonen, dass mit der Beihilferegelung des estnischen Staates gewährleistet werden soll, dass nur eine bestimmte Kategorie von Erzeugern als „bestehende Erzeuger“ eingestuft werden kann, um ausnahmsweise Beihilfen auf der Grundlage der alten Regelung zu erhalten, ohne dem neuen System eines wettbewerblichen Verfahrens zu unterliegen, wobei eine solche Ausnahme auch dazu beiträgt, den Übergang vom alten zum neuen Beihilfesystem zu erleichtern(13).

39.      Aus dem 42. Erwägungsgrund des Beschlusses von 2017 geht ferner hervor, dass das Ziel der (von der Kommission in diesem Beschluss genehmigten) Änderungen, die die Republik Estland an ihrer Regelung über staatlichen Beihilfen vorgenommen hat, einschließlich der Änderungen in Bezug auf den Begriff „bestehender Erzeuger“, gerade darauf abzielten, den bereits auf dem Markt tätigen Erzeugern von Energie aus erneuerbaren Quellen eine bestimmte Kategorie von Erzeugern gleichzustellen, deren Eintritt in den Markt angesichts des (bereits erfolgten) Baufortschritts sowie der Sicherheiten, die sie von den nationalen Behörden in diesem Zusammenhang bereits erhalten hatten, sehr wahrscheinlich war.

40.      Nach alledem bin ich der Meinung, dass die von EWP vertretene Auslegung, wonach der bloße Beginn der Arbeiten für das im Investitionsvorhaben ausreichen soll, um als „bestehender Erzeuger“ eingestuft zu werden und die Beihilfe nach dem Beschluss von 2017 zu erhalten, abzulehnen ist.

41.      Zwar wird nicht bestritten, dass die von EWP durchgeführten Arbeiten tatsächlich eine der notwendigen Etappen für den Bau und den Betrieb des geplanten Windparks darstellen, doch ist die von dieser Gesellschaft vorgebrachte Auslegung kaum mit den Voraussetzungen für die Gewährung der Beihilfe, wie sie aus dem Beschluss von 2017 hervorgehen, in Einklang zu bringen.

42.      Die von EWP vertretene Auslegung würde erstens zu einer Ausweitung des Begriffs „bestehender Erzeuger“ führen, die von diesem Beschluss nicht gestützt wird, da sie dazu führen würde, dass mit den bereits auf dem Markt tätigen Erzeugern (und solchen, deren Markteintritt unmittelbar bevorsteht) Erzeuger gleichgesetzt würden, deren Arbeiten sich in einem frühen Stadium befinden und für die es (am 31. Dezember 2016) keine Garantie gibt, dass sie zu Ende geführt werden. Die von EWP zugrunde gelegte Auslegung würde jedoch jedem Erzeuger, unabhängig von der Art der durchgeführten Arbeiten und der bereits getätigten Investitionen, die Möglichkeit geben, Anspruch auf staatliche Beihilfen zu erheben.

43.      Zweitens reicht es nicht aus, wie in den Nrn. 37 bis 39 der vorliegenden Schlussanträge festgestellt worden ist, dass die Arbeiten für den Bau eines Windparks einfach nur begonnen wurden, sondern sie müssen auch so weit fortgeschritten sein, dass die Investition unumkehrbar gemacht wird, so dass eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Arbeiten durchgeführt werden.

44.      Dies bedeutet aber meiner Meinung nach, dass der Begriff „Beginn der Arbeiten“ nicht nur voraussetzt, dass alle Vorarbeiten durchgeführt wurden (einschließlich der Erteilung einer Baugenehmigung), sondern auch eine Beurteilung des Umfangs der entstandenen Kosten, der getätigten Investitionen und der eingegangenen Verpflichtungen im Verhältnis zu den Gesamtkosten des Vorhabens. EWP bestreitet zwar die von Elering vorgenommenen Beurteilungen hinsichtlich des Anteils der Kosten der von ihr durchgeführten Arbeiten an den Gesamtkosten des in Rede stehenden Vorhabens, zwischen den Parteien ist aber unstreitig, dass der Bau der Windkraftanlagen (der im vorliegenden Fall noch nicht einmal begonnen hat) den größten Teil der Gesamtkosten dieses Vorhabens darstellt(14).

45.      Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen (und insbesondere des 42. Erwägungsgrundes des Beschlusses von 2017) bin ich der Auffassung, dass der Begriff „Beginn der Bauarbeiten für die Investition“ dahin auszulegen ist, dass er im vorliegenden Fall auf die Errichtung von Anlagen zur Stromerzeugung gerichtet ist.

46.      Drittens ist daran zu erinnern, dass von der Definition Beginn der Arbeiten in Rn. 19 Abs. 44 der Leitlinien von 2014 „Vorarbeiten wie die … Erstellung vorläufiger Durchführbarkeitsstudien“ ausdrücklich ausgenommen sind.

47.      Vorbehaltlich der tatsächlichen Feststellungen, die in dieser Hinsicht vom vorlegenden Gericht zu treffen sind, scheinen die Merkmale und Ziele einer Anlage wie das Aufstellen von Windmessmasten (sowie die von EWP unternommenen Schritte zur Herstellung der erforderlichen Anschlüsse) vielmehr einer „vorläufigen Durchführbarkeitsstudie“ zu ähneln, mit der der betreffende Investor feststellen kann, ob der gewählte Standort für die Errichtung eines Windparks geeignet ist, bevor er die für die Durchführung dieser Investition erforderlichen Arbeiten vornimmt(15).

48.      Die vorstehenden Punkte scheinen darauf hinzudeuten, dass sich das Vorhaben von EWP am 1. Januar 2017 nicht in einem solchen Entwicklungsstadium befand, dass es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit hätte fertiggestellt werden können und es auf der Grundlage der bestehenden Beihilferegelung im Sinne des 42. Erwägungsgrundes des Beschlusses von 2017 beihilfefähig gewesen wäre.

49.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die erste Vorlagefrage in dem Sinne zu antworten, dass die Unionsvorschriften über staatliche Beihilfen, insbesondere die erste Fallgruppe des in Rn. 19 Abs. 44 der Leitlinien von 2014 genannten Begriffs „Beginn der Arbeiten“, nämlich „Beginn der Bauarbeiten für die Investition“, dahin auszulegen sind, dass der Ausdruck „Bauarbeiten“ nicht den Beginn jeglicher Bauarbeiten für ein Investitionsvorhaben erfassen kann, sondern nur den Beginn der Bauarbeiten von Windkraftanlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen.

 Zur achten Vorlagefrage

50.      Mit seiner achten Frage möchte das vorlegende Gericht zunächst wissen, ob der Begriff „staatliche Genehmigung für die Durchführung eines Investitionsvorhabens“ im Hinblick auf das nationale Recht auszulegen ist. Darüber hinaus möchte das Gericht eine Klarstellung dazu erhalten, welche Art von Genehmigung für die Errichtung eines Windparks erforderlich ist. Genauer gesagt verlangt der 42. Erwägungsgrund des Beschlusses von 2017, dass „die Bauträger die für die Durchführung des Projekts erforderliche staatliche Genehmigung erhalten haben“, während Rn. 19 Abs. 44 der Leitlinien von 2014 die Art der erforderlichen Genehmigung nicht spezifiziert(16).

51.      Zunächst ist festzustellen, dass unter den Parteien des Ausgangsverfahrens keine Einigkeit darüber besteht, wie der Begriff „staatliche Genehmigung“ inhaltlich auszulegen ist. Einerseits sind Elering, die estnische Regierung und die Kommission der Ansicht, dass die staatliche Genehmigung eine Baugenehmigung voraussetze, d. h. eine Genehmigung, die unmittelbar das Recht zur Errichtung des Windparks verleihe. Andererseits ist EWP der Ansicht, dass es sich nicht notwendigerweise um die endgültige Genehmigung für den Bau aller Teile des Vorhabens handeln müsse und dass in diesem Fall das Kriterium der staatlichen Genehmigung bereits dadurch erfüllt sei, dass es einen allgemeinen Bebauungsplan gebe, in dem der Windpark ausgewiesen sei.

52.      Da im Beschluss von 2017 keine näheren Angaben zur Art der erforderlichen Genehmigung gemacht wurden und eine Harmonisierung auf der Ebene des Unionsrechts fehlt, ist zunächst festzuhalten, dass der Begriff „staatliche Genehmigung“ im Hinblick auf das nationale Recht auszulegen ist. Hierzu ist zum einen festzustellen, dass, wie sich aus der ständigen Rechtsprechung ergibt, es nicht Sache des Gerichtshofs ist, sich zur Auslegung der nationalen Regelung zu äußern(17). Zum anderen ist zu betonen, dass das vorlegende Gericht im Rahmen seines Ermessens zur Beachtung des Beschlusses von 2017 verpflichtet ist(18).

53.      In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass der Erhalt der staatlichen Genehmigung eine der Voraussetzungen dafür ist, dass ein Investor als „bestehender Erzeuger“ eingestuft werden und als solcher in den Genuss der alten Beihilferegelung kommen kann, wobei der Erhalt dieser Genehmigung in der Regel vor dem Eintritt eines Ereignisses liegt, das mit den drei in Rn. 19 Abs. 44 der Leitlinien von 2014 genannten Fallgruppen in Zusammenhang steht.

54.      Genauer gesagt verlangt der 42. Erwägungsgrund des Beschlusses von 2017, dass der Erzeuger am 1. Januar 2017 die für die Durchführung des Vorhabens erforderliche staatliche Genehmigung erhalten hatte (und dass er nach dem Gesetz das Recht hat, das Grundstück, auf dem das Vorhaben durchgeführt werden soll, zu nutzen). Aus der in diesem Erwägungsgrund vorgenommenen Anknüpfung an den Grundsatz des Vertrauensschutzes ergibt sich zudem, dass die staatlichen Genehmigungen so eingeholt werden müssen, dass ein Vertrauensschutz im Hinblick auf die Durchführung des Investitionsvorhabens entsteht. Mit anderen Worten: Das fragliche Vorhaben muss sich in einem solchen Stadium befinden, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit fertiggestellt werden wird, wobei sowohl der Stand der Arbeiten als auch die von den nationalen Behörden diesbezüglich erhaltenen Sicherheiten zu berücksichtigen sind.

55.      Es wird daher letztlich Sache des vorlegenden Gerichts sein, zu beurteilen, ob nach nationalem Recht die Voraussetzungen für die Planung des Windparks von EWP am 31. Dezember 2016 erfüllt waren, und insbesondere, ob der von der Gemeindeverwaltung Toila am 19. Januar 2016 veröffentlichte Bebauungsplan als ausreichend angesehen werden kann, um festzustellen, ob EWP die erforderliche „staatliche Genehmigung“ im Sinne des 42. Erwägungsgrundes erhalten hatte.

56.      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sich aus den Feststellungen des vorlegenden Gerichts ergibt, dass der Bebauungsplan zwar die Durchführung des Vorhabens zuließ, indem er einige seiner Parameter festlegte, dass dieser Plan jedoch nur ein Dokument mit allgemeiner Geltung darstellt, das für sich genommen die Errichtung eines Windparks nicht zulässt. Denn es scheinen zusätzliche Genehmigungen, einschließlich einer Baugenehmigung, für den Bau der verschiedenen Bauwerke, aus denen sich der Windpark zusammensetzt, darunter insbesondere die Errichtung der Windkraftanlagen, erforderlich zu sein(19).

57.      In Anbetracht des im 42. Erwägungsgrund des Beschlusses von 2017 hergestellten Zusammenhangs zwischen dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und der erforderlichen staatlichen Genehmigung teile ich zudem die Auffassung von Elering und der estnischen Regierung, dass bei einem Unternehmen kein Vertrauensschutz in Bezug auf die Durchführung eines Investitionsvorhabens entstehen kann, solange nicht alle sich aus dem innerstaatlichen Recht ergebenden Anforderungen erfüllt sind. Denn nur eine rechtmäßig erworbene Position kann unter den Grundsatz des Vertrauensschutzes fallen. Folglich kann dieser Grundsatz nicht geltend gemacht werden, wenn eine Rechtsstellung nicht endgültig erworben wurde oder wenn nur einige der erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, während andere nicht erfüllt sind. Außerdem schützt dieser Grundsatz nicht die bloße Möglichkeit oder Aussicht, ein Recht in der Zukunft zu erwerben, insbesondere wenn dieses Recht weiterhin an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft ist, wie es hier der Fall zu sein scheint (da der Bebauungsplan später, aber vorbehaltlich des Erhalts weiterer Genehmigungen, die Erteilung einer Baugenehmigung erlauben würde).

58.      Der Umstand, dass nach den im Vorabentscheidungsersuchen enthaltenen Informationen das Verteidigungsministerium am 20. April 2016 dem Vorhaben zur Errichtung des Windparks nicht zugestimmt hat und die Gemeindeverwaltung Toila mit Bescheid vom 26. April 2016 die Erteilung der Baugenehmigung abgelehnt hat, scheint jedoch darauf hinzudeuten, dass die erforderlichen staatlichen Genehmigungen im Sinne des 42. Erwägungsgrundes des Beschlusses von 2017 bis zum 31. Dezember 2016 nicht vollständig vorlagen (und angesichts der oben genannten Ablehnungen jedenfalls nicht vorliegen konnten).

59.      Nach alledem schlage ich vor, auf die achte Frage in dem Sinne zu antworten, dass der Begriff „staatliche Genehmigung für die Durchführung eines Investitionsvorhabens“ im Hinblick auf das nationale Recht zu bestimmen ist. Außerdem kann in dem Fall, dass für ein Investitionsvorhaben Bauarbeiten durchgeführt werden müssen, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, die „staatliche Genehmigung für die Durchführung des Investitionsvorhabens“ nur eine Baugenehmigung sein, d. h. eine endgültige Genehmigung, die Grundlage für die Durchführung der Bauarbeiten ist.

 Ergebnis

60.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des Tallinna Halduskohus (Verwaltungsgericht Tallinn, Estland) wie folgt zu antworten:

1.      Rn. 19 Abs. 44 der Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020

ist dahin auszulegen, dass

die erste Fallgruppe des Begriffs „Beginn der Arbeiten“, nämlich „Beginn der Bauarbeiten für die Investition“, nicht den Beginn jeglicher Bauarbeiten für ein Investitionsvorhaben erfassen kann, sondern nur den Beginn der Bauarbeiten von Windkraftanlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen.

2.      Die Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020

sind dahin auszulegen, dass

–      der Begriff „staatliche Genehmigung für die Durchführung eines Investitionsvorhabens“ im Hinblick auf das nationale Recht zu bestimmen ist, wobei er mit den Beschlüssen, die die Kommission im Bereich der staatlichen Beihilfen erlassen hat, im Einklang stehen muss;

–      in dem Fall, dass für ein Investitionsvorhaben Bauarbeiten durchgeführt werden müssen, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, die „staatliche Genehmigung für die Durchführung des Investitionsvorhabens“ nur eine Baugenehmigung sein kann, d. h. eine endgültige Genehmigung, die Grundlage für die Durchführung der Bauarbeiten ist.





















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