Bundesgerichtshof bestätigt Unwirksamkeit zweier Preisklauseln eines Onlineanbieters für Veranstaltungstickets
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 141/2018
Bundesgerichtshof bestätigt Unwirksamkeit zweier Preisklauseln
eines Onlineanbieters für Veranstaltungstickets
Urteil vom 23. August 2018 – III ZR 192/17
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in einem gestern verkündeten Urteil die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt, durch die einem Unternehmen, das Eintrittskarten für künstlerische Veranstaltungen (z.B. Konzerte, Theater, Shows, Kleinkunst) vertreibt, auf die Klage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V. die Verwendung zweier Preisklauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen untersagt worden ist.
Sachverhalt:
Die Beklagte vertreibt teils als Veranstalterin, teils als Vermittlerin und teilweise als Kommissionärin (§ 383 HGB) über das Internet Eintrittskarten. Im Zuge des Bestellvorgangs wird für jede Eintrittskarte ein sogenannter „Normalpreis“ angegeben mit dem Hinweis: „Angezeigte Ticketpreise inkl. der gesetzl. MwSt., Vorverkaufsgebühr, Buchungsgebühr von max. € 2,00 zzgl. Service- & Versandkosten“. Nachdem der Kunde das Ticket in den virtuellen Warenkorb gelegt hat, werden ihm Auswahlmöglichkeiten zu dessen Versand angeboten. Für die Versandart „Premiumversand“ berechnet die Beklagte zusätzlich zum Ticketpreis 29,90 € „inkl. Bearbeitungsgebühr“. Wählt der Kunde die Option „ticketdirect – das Ticket zum Selbstausdrucken“ (sogenannte print@home-Option), bei der ihm die Beklagte über einen Link die Eintrittskarte als pdf-Datei zur Verfügung stellt, erhöht sich deren Preis um eine „Servicegebühr“ von 2,50 €. Die Berechnung dieser Gebühren beruht auf zwei in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltenen Preisklauseln.
Prozessverlauf:
Das Landgericht hat der Beklagten untersagt, folgende Preisklauseln zu verwenden:
„Premiumversand 29,90 EUR
inkl. Bearbeitungsgebühr„
und
„ticketdirect – das Ticket
zum Selbst-Ausdrucken Drucken Sie sich ihr ticketdirect einfach und bequem selber aus! 2,50 EUR„
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Bremen zurückgewiesen. Der Senat hat die von der Beklagten verwendeten beiden Klauseln als Preisnebenabreden bewertet. Damit unterliegen sie im Gegensatz zu Vereinbarungen über den Veranstaltungspreis selbst der Inhaltskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Die von der Beklagten verwendeten Klauseln weichen, jedenfalls soweit die Beklagte über die Karten als Kommissionärin im eigenen Namen mit den Kunden Kaufverträge schließt, von dem Grundgedanken des § 448 Abs. 1 BGB ab. Danach hat der Käufer beim Versendungskauf nur die eigentlichen Versendungskosten (z.B. Porto, Verpackung und ggf. Versicherung) zu tragen, nicht aber den internen Geschäftsaufwand des Verkäufers für die Bereitstellung der Ware zur Versendung.
Die streitigen Klauseln benachteiligen die Käufer durch die Abweichung von der gesetzlichen Bestimmung entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben in unangemessener Weise (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Tätigkeiten, zu denen er gesetzlich oder – wie beim Versendungskauf – nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt, grundsätzlich kein gesondertes Entgelt verlangen.
Zwar kann es im Einzelfall zu rechtfertigen sein, den für verschiedene Versandarten unter Umständen sehr unterschiedlich anfallenden Geschäftsaufwand nicht in die allgemeine Preiskalkulation einzubeziehen, sondern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hierfür jeweils verschiedene Versandentgelte vorzusehen. Die Beklagte hat jedoch zum Geschäftsaufwand beim sogenannten Premiumversand vorinstanzlich keine Tatsachen vorgetragen, die die Annahme eines besonderen Geschäftsaufwands tragen könnte; sie hat vielmehr noch im Berufungsrechtszug den Standpunkt vertreten, ihre Kalkulation nicht offen legen zu müssen. Ferner war nicht erkennbar, welche konkreten erstattungsfähigen Aufwendungen mit der „Servicegebühr“ von 2,50 € für die „ticketdirect“-Option geltend gemacht werden; der Kunde druckt bei dieser Versandart die Eintrittskarte nach ihrer elektronischen Übermittlung selbst aus, so dass weder Porto- noch Verpackungskosten anfallen. Da nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zudem die Übermittlung des Links auf die als Eintrittskarte ausdruckbare pdf-Datei per Mail an den Kunden in der von der Beklagten zur Umsetzung ihres Geschäftsmodells vorgehaltenen elektronischen Infrastruktur automatisiert erfolgt, bleibt unklar, welcher Geschäftsaufwand hierdurch vergütet werden soll.
Die Klauseln sind auch unwirksam, soweit sie sich auf das Vermittlungs- und Eigenvertriebsgeschäft der Beklagten beziehen, da die Reduktion zu beanstandender Klauseln auf einen noch zulässigen Inhalt ausscheidet, wenn sie – wie hier – nicht sprachlich und inhaltlich teilbar sind.
Vorinstanzen:
Landgericht Bremen – Urteil vom 31. August 2016 – 1 O 969/15
Oberlandesgericht Bremen – Urteil vom 15. Juni 2017 – 5 U 16/16
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
§ 383 HBG:
(1) Kommissionär ist, wer es gewerbsmäßig übernimmt, Waren oder Wertpapiere für Rechnung eines anderen (des Kommittenten) in eigenem Namen zu kaufen oder zu verkaufen.
(2) Die Vorschriften dieses Abschnittes finden auch Anwendung, wenn das Unternehmen des Kommissionärs nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert und die Firma des Unternehmens nicht nach § 2 in das Handelsregister eingetragen ist. In diesem Fall finden in Ansehung des Kommissionsgeschäfts auch die Vorschriften des Ersten Abschnittes des Vierten Buches mit Ausnahme der §§ 348 bis 350 Anwendung.
§ 448 Abs. 1 BGB Kosten der Übergabe und vergleichbare Kosten
(1) Der Verkäufer trägt die Kosten der Übergabe der Sache, der Käufer die Kosten der Abnahme und der Versendung der Sache nach einem anderen Ort als dem Erfüllungsort.
…
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB Inhaltskontrolle:
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
…
Karlsruhe, den 24. August 2018
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501
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